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Beschlussvorlage (- Artenschutzrechtliche Betrachtung)

                                    
                                        LAHR
AKAD Gelände
Artenschutzrechtliche
Betrachtung
Statusbericht

März 2015
i.A. MAIO Immobilien /
Lahr

AKAD Lahr

artenschutzrechtliche Betrachtung

MAIO Immobilien

Impressum
© ÖKO-LOG Freilandforschung,
Trippstadt, 23.03.2015.

i. A. MAIO Immobilien
Herrn Luigi Maio / Christian Moretto
Kaiserstraße 2
77933 Lahr

Beauftragung: 17.02.2015.

Bearbeitung:
EurProBiol Heiko Müller-Stieß,
Dipl.-Biogeograph.

Titelbild: Eindruck des Geländes.

Öko-log Freilandforschung

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Seite 2

AKAD Lahr

artenschutzrechtliche Betrachtung

Inhalt

1

2

MAIO Immobilien

Seite

Anlass / Aufgabenstellung
1.1

Anlass

1.2

Aufgabenstellung

5

Die Untersuchungsfläche
2.1

Struktur

2.2

Planung

2.3

FFH-Gebiet

6

3

Methoden und Untersuchungszeit

9

4

Ergebnisse

10

5

Bewertung

12

6

Artenschutzrechtliche Betrachtung

13

7

Literatur / Quellen

21

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artenschutzrechtliche Betrachtung

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Abbildungen

Abb. 1:

Lage des AKAD Geländes

Abb. 2:

Struktur des Geländes

Abb. 3:

Bebauungsplanung

Abb. 4:

Schutzgebietsflächen

Abb. 5:

Hohbergsee

Abb. 6:

Erhaltenswerte Bäume

Tabellen

Tab. 1:

Relevanzprüfung

Danksagung: Herr Baum / NABU war so freundlich seine Kenntnisse zu der Fläche und
dem Umfeld zur Verfügung zu stellen, wofür ich ihm ganz besonders an dieser Stelle danke.

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artenschutzrechtliche Betrachtung

1

Anlass / Aufgabenstellung

1.1

Anlass

MAIO Immobilien

Auf dem AKAD Gelände in Lahr ist eine neue Wohnbebauung geplant. In Absprache mit der
Stadt Lahr, der Werkgruppe Lahr, Maio Immobilien und dem Planungsbüro Kamm + Pohla /
Lörrach soll für das ca. 2.1 ha große Gelände eine kurze artenschutzrechtliche Beurteilung
nach §44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) durchgeführt werden.

Abb. 1: Lage des AKAD Geländes in
Lahr (Bing Luftbild, modifiziert). Schraffiert

ist

der

Teil

des

Schwarzwald-Westrand

FFH-Gebiets
von

Herbolz-

heim bis Hohberg (DE7713341; Details
siehe Kapitel 2).

1.2

Aufgabenstellung

Dazu sind Aussagen zu möglichen Beeinträchtigungen („Verbotstatbestände“) gem. § 44
BNatSchG zu den relevanten Arten/gruppen notwendig. Vorliegend wird eine erste Stellungnahme vorgestellt.

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artenschutzrechtliche Betrachtung

2

Die Untersuchungsfläche

2.1

Struktur

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Die ca. 2.1 ha große Untersuchungsfläche weist Bebauung der ehemaligen Akademie, Vielschnittrasen (mit quasi wöchentlichem Schnitt zur Vegetationsperiode; mdl. Mitt. Herr
Baum/NABU), Altbaumbestand (vorwiegend Blutbuche), zudem Koniferengehölze, kleine
Strauchinseln und Wege/Straßen auf (Abb. 2). Momentan wird die Fläche nicht genutzt.

Abb. 2: Struktur des AKAD-Geländes.
(Luftbild; Quelle: Werkgruppe Lahr, modifiziert). Gut zu erkennen sind die Blutbuchen, die in ihrer Ästhetik prägend im
Gelände sind.

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2.2

artenschutzrechtliche Betrachtung

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Planung

Die aktuelle Planung sieht folgende Bebauung unter weitgehendem Erhalt des älteren
Baumbestandes vor (Abb. 3).

Abb. 3: Bebauungsplanung
(Stand Februar 2015) für das
AKAD Gelände (Werkgruppe
Lahr, modifiziert).

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2.3

artenschutzrechtliche Betrachtung

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FFH-Gebiet

Das südlich angrenzende FFH-Gebiet „Schwarzwald-Westrand von Herbolzheim bis Hohberg“ (DE7713341, vgl. Abb. 1, 4) hat gesamt eine Flächengröße von 1.990,58 ha. Im
Standarddatenbogen (http://natura2000.eea.europa.eu/) sind die folgenden Zielarten für
dieses Gebiet genannt: Grünes Besenmoos, Prächtiger Dünnfarn, Gelbbauchunke, Spanische Flagge, Hirschkäfer, Großer Feuerfalter, Heller und Dunkler Ameisen-Bläuling, Bechstein- und Wimpernfledermaus, Großes Mausohr, Große Hufeisennase und Kammmolch.
Für diese Arten wird geprüft inwieweit ein Vorkommen in der Untersuchungsfläche möglich
ist und ob gegebenenfalls eine Beeinträchtigung besteht. Im funktionalen Umfeld (Abb. 4)
sind zudem zwei Waldbiotope und ein Offenlandbiotop kartiert.

Abb. 4: Lage der
Schutzgebietsflächen im funktionalen
Umfeld der Planungsfläche (LUBW,
modifiziert).

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Methoden und Untersuchungszeit

Im Gelände wurden zwei Begehungen durchgeführt:


am 23.02.15: Strukturkartierung, Besprechung des Vorhabens im Gelände (Büros:
Werkgruppe Lahr, Kamm + Pohla, Maio Immobilien), erste avifaunistische Erfassung.



am 10.03.15: eine Kartierung der Baumhöhlen, Rindenspalten, Astfaullöcher... also
allem was sich potenziell als Fledermausquartier oder Brutstätte für höhlenbrütende
Vögel eignet/eignen könnte; zudem eine avifaunistische Kartierung im Gelände sowie
ein ausführliches Gespräch mit Herrn Baum / NABU Lahr. Herr Baum ist örtlicher Vertreter des NABU, zuständig auch für den ökologisch wertvollen Hohbergsee (Abb. 4).
Herr Baum informierte über die Historie des Geländes, die bioökologische Ausstattung sowie die funktionalen Umfeldbeziehungen soweit es ihm möglich war.

Abb. 5: Hohbergsee nördlich des AKAD Geländes; vom Gelände durch den Hohbergweg getrennt. Das Schutzgebiet wird von einer hohen Dichte von Erdkröte, Grasfrosch und Bergmolch, vereinzelt Teichmolch besiedelt; an
Vögeln kommen Teich- und Bläßhuhn, Stockente vor, der Eisvogel ist regelmäßiger Nahrungsgast (weitere Details sind den Aufzeichnungen des NABU Lahr zu entnehmen).

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4

Ergebnisse

4.1

Baumquartiere

artenschutzrechtliche Betrachtung

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Die vom Boden aus ersichtlichen Baumhöhlen, Rindenspalten, Astfaullöcher, die potenziell
als Quartiere für Fledermäuse oder Vögel geeignet erschienen sowie weitere bei den Erkletterungen der Bäume festgestellte Höhlungen wurden endoskopiert.

Bei den >10 Bäumen mit einem BHD (Brusthöhendurchmesser) von 25 bis über 1.0m und
einer Höhe von 10-20m wurden mehrere Höhlen/Spalten gefunden, die sich als Quartiere
eignen könnten. Besetzt ist momentan lediglich eine Höhle mit einer Tannenmeise (Parus
ater; ein Pärchen, beginnend mit der Brut). Die anderen Höhlen waren noch unbesetzt, sind
aufgrund ihrer geringen Dimensionierung nicht als Fledermausquartiere oder für größere
Vogelarten geeignet.

Auf den Bäumen wurden keine (vorjährigen oder älteren) Vogelnester gefunden.

4.2

Fledermäuse

In den Bäumen (Blutbuchen, Weide/Salix spec., Birke, Koniferen) gibt es keine geeigneten
Quartierstrukturen für Fledermäuse.

Von außen sind an den Gebäuden keine Hinweise zu erkennen (Kot- oder Harnanspritzungen an Hauswänden, größere Lücken in Wänden, Dächern), die daraufhin deuten, dass sich
innen Fledermausquartiere befinden (potenziell möglich wären Zwergfledermaus, Breitflügelfledermausquartiere als die typischen synanthropen Fledermausarten).

Die Nahrungssituation des gesamten Geländes ermöglicht eine zeitweilige potentielle jagdliche Nutzung durch Zwerg- und Breitflügelfledermaus, evtl. auch der für das FFH-Gebiet gelisteten Art Großes Mausohr.

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artenschutzrechtliche Betrachtung

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Das Große Mausohr ist ein Bodenjäger, könnte von der hohen Schnittfolge des Vielschnittrasens dann profitieren, wenn sich gleichzeitig ein hohes Angebot an großen Käfern einstellt.
In diesem angenommenen Fall wäre ca. eine Fläche <5.000m² betroffen. Der Vielschnittrasen ist jedoch teilweise standfeucht, stark vermoost; eine hohe Dichte an größeren (für das
Große Mausohr attraktiven, meist Carabiden/Laufkäfern oder Geotrupidae/Mistkäfern) Käfern besteht aufgrund dieser Standortbedingungen nicht.
4.3

Amphibien / Reptilien

Amphibien

Das Betonbecken mit dem Kunstwerk ist nicht als Amphibienlaichgewässer geeignet. Für
den ausgesprochen seltenen Fall, dass es ein Individuum schafft die Umzäunung/Umgitterung/Umschachtung des AKAD-Geländes zu überwinden und in das Betonbecken zu gelangen (was dann auch noch – wiederum selten, weil es dauernd austrocknet –
Wasser beinhaltet) gibt es kaum die Möglichkeit aus dieser „Falle“ herauszukommen, so
glatt, hoch und unüberwindbar sind die Wände.

Das gesamte Gelände ist durch Amphibienzäune, vergitterte Bodenschächte gegen Amphibien abgeschrankt, nur in Ausnahmefällen kann selbst theoretisch nur mal ein kletteraktiver
Grasfrosch in die Fläche gelangen. Ansonsten war es der Wunsch des NABU keine straßentoten Amphibien mehr zuzulassen, was dazu führte, dass das AKAD-Gelände als amphibienfrei bezeichnet werden kann. In dieser Abschrankung hat das gesamte Gelände keine Funktionen für den Erhalt und Verbund von Amphibienpopulationen. Amphibien - Winter- und
Sommerlebensräume gibt es dementsprechend keine im Gelände. Dies bezieht sich auch
auf die europäisch artenschutzrelevante Art Gelbauchunke, die für das angrenzende FFHgebiet gelistet ist. Ein Vorkommen dieser Art im Gelände ist ausgesprochen unwahrscheinlich: es gibt keine diesbezüglichen Lebensräume, der Zugang ist nahezu verunmöglicht.
Reptilien

Ausgeprägte Trockenbereiche gibt es im Gelände keine.

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artenschutzrechtliche Betrachtung

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Es kann davon ausgegangen werden, dass keine artenschutzrechtlich relevanten Reptilienarten (Mauer-, Zauneidechse, Glattnatter) im Gelände vorkommen.

4.4

Vogelvorkommen

Im Planungsbereich wurden mehr als 15 Vogelarten nachgewiesen, weitere (wie Kleinspecht, Schwanzmeise etc.) könnten kurzzeitig als Nahrungsgäste vorkommen.

Die potenziellen Brutvogelarten des Geländes sind Haussperling, Hausrotschwanz, Kohl-,
Blau- und Tannenmeise, Buchfink, Amsel, Rotkehlchen, Zaunkönig, Singdrossel... Stark
spezialisierte und/oder gefährdete Vogelarten als Brutvögel werden auf der Fläche nicht
erwartet.

Als Nahrungsgäste könnten aus dem umliegenden Waldbereich des deutlich größeren FFHGebiets oder vom Gebiet des Hohbergsees weitere Arten wie Eichelhäher, Grünspecht,
Schwarzspecht, Kernbeißer, Kleiber u.a. kurzzeitig vorkommen.

4.5

Säugetiervorkommen

Außer Rötelmaus, Waldmaus, Maulwurf, Eichhörnchen und Steinmarder können vereinzelt
Rehe, Fuchs u.a. das Gelände nutzen.

5

Bewertung

Eine besondere Bedeutung besteht für die genannten Arten innerhalb des AKAD-Geländes
nicht. Das Gelände ist vglw. klein, wurde intensiv genutzt (Gebäude, Vielschnittrasen), ist
nach außen für bodenlebende Arten nahezu abgeschottet (Amphibiensperrzäune), ist i.d.R.
für flugaktive Arten zugänglich, die sich auf die wenigen Altbäume, Sträucher und Konifereninseln konzentrieren, zudem vereinzelt sich in den Gebäuden ansiedeln (synanthrope
Arten wie Haussperling, Hausrotschwanz, Steinmarder).

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artenschutzrechtliche Betrachtung

6

Artenschutzrechtliche Betrachtung

6.1

Prüfrelevanz

MAIO Immobilien

Der Bundesgesetzgeber hat durch die Neufassung der §§ 44 und 45 BNatSchG die europarechtlichen Regelungen zum Artenschutz, die sich aus der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie ergeben, umgesetzt. Im vorliegenden Fachbeitrag zur behördlichen artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz werden:


die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5
BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten (alle heimischen
europäischen Vogelarten, Arten des Anhangs IV FFH-Richtlinie, Arten für die eine nationale Verantwortung besteht und die per Rechtsverordnung bestimmt sind), die
durch das Vorhaben erfüllt werden können, ermittelt und dargestellt.

6.2

Rechtliche Grundlagen

6.2.1

Verbotstatbestände

Zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen sind auf gemeinschaftsrechtlicher - nationaler Ebene viele Vorschriften erlassen worden.

Europarechtlich ist der Artenschutz in den Artikeln 12, 13 und 16 der Richtlinie

92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden
Tiere und Pflanzen vom 21.05.1992 - FFH-Richtlinie - (ABl. EG Nr. L 206/7) sowie in den
Artikeln 5 bis 7 und 9 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten vom 02.04.1979 - Vogelschutzrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 103) verankert.
Aufgrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Urteil vom 10.01.2006
(C-98/03) wurde das Bundesnaturschutzgesetz zum 12.12.2007 (BGBl I S 2873), in Kraft
getreten am 18.12.2007, geändert. Im März 2010 ist das neue Bundesnaturschutzgesetz
(BNatSchG) in Kraft getreten (BGBl 2009 Teil I Nr. 51). Alle Gesetzeszitate beziehen sich im
Folgenden auf diese Neufassung.

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artenschutzrechtliche Betrachtung

MAIO Immobilien

Im März 2010 ist das neue Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Kraft getreten (BGBl
2009 Teil I Nr. 51). Der Bundesgesetzgeber hat durch die Neufassung der §§ 44 und 45
BNatSchG die europarechtlichen Regelungen zum Artenschutz, die sich aus der FFHRichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie ergeben, umgesetzt. Dabei hat er die Spielräume, die
die Europäische Kommission bei der Interpretation der artenschutzrechtlichen Vorschriften
zulässt, rechtlich abgesichert.
Die Verbotstatbestände des § 44 Absatz 1 BNatSchG sind wie folgt gefasst.
Es ist verboten,
1.

wild lebenden Tieren der besonders geschützten* Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

2.

wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten
während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch
die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,

3.

Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,

4.

wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu
zerstören."

(*Besonders und streng geschützte Arten sind in § 7 Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG definiert; Die Liste mit
den Namen der besonders und streng geschützten Tier- und Pflanzenarten ist im Bundesanzeiger (Jhg. 53, Nr.
35a, ISSN 0720 - 6100) veröffentlicht worden; vgl. auch TRAUTNER et.al. (2006).

Mit der Erweiterung des § 44 BNatSchG durch den Absatz 5 wird eine im Vollzug praktikable
Lösung bei der Anwendung der Verbotsbestimmungen des Absatzes 1 erzielt:

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1

artenschutzrechtliche Betrachtung

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Für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig
sind,

gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe von

Satz 2 bis 5.
2

Sind in Anhang IVa der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten oder europäische
Vogelarten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach §54 Abs. 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 und im Hinblick
auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch
gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der
von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im
räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

3

Soweit erforderlich, können vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden.

4

Für Standorte wildlebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie
92/43/EWG aufgeführten Arten gilt Satz 2 und 3 entsprechend.

5

Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens ein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und
Vermarktungsverbote nicht vor.

Entsprechend §44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG gelten die artenschutzrechtlichen Verbote bei
nach § 15 zulässigen Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des §
18 Abs. 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, nur für in
Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführte Tier- und Pflanzenarten sowie die heimischen
europäischen Vogelarten gem. Art. 1 Vogelschutzrichtlinie (sowie für nationale Verantwortungsarten, für die jedoch bisher keine rechtsverbindliche Auflistung besteht).
Alle anderen lediglich national besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten sind nicht
Gegenstand der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung i.S.d. Paragraphen, insofern auch
nicht Gegenstand der vorliegenden Einschätzung

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6.2.2

artenschutzrechtliche Betrachtung

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Ausnahmeregelung

Werden Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten erfüllt bzw. können nicht ausgeschlossen werden,
müssen für eine Projektzulassung die Ausnahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 7
BNatSchG erfüllt sein. Artikel 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie sind zu beachten.
Als Ausnahmevoraussetzungen gem. §45 Abs. 7 BNatSchG gilt, dass:


zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher
sozialer oder wirtschaftlicher Art, vorliegen müssen,



keine zumutbare Alternativen, die zu keinen oder geringeren Beeinträchtigungen der relevanten Arten führen, gegeben sind,



keine Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes der Population einer Art zu
erwarten ist bzw. bei derzeitig schlechtem Erhaltungszustand eine Verbesserung nicht
behindert wird.

Unter Berücksichtigung des Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie bedeutet dies bei Arten des
Anhangs IV der FFH-Richtlinie:


das Vorhaben/die Planung darf zu keiner Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes führen und



das Vorhaben/die Planung darf bei Arten, die sich derzeit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden, diesen nicht weiter verschlechtern und eine Wiederherstellung
eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern.

Bei europäischen Vogelarten darf das Vorhaben/die Planung den aktuellen Erhaltungszustand nicht verschlechtern (Aufrechterhaltung des Status Quo).

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6.3

artenschutzrechtliche Betrachtung

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Artenschutzrechtliche Wirkfaktoren des Vorhabens

6.3.1

Planung

Die aktuelle Planung des Gebiets ist unter Punkt 2.2 und in Abb. 3 dargestellt. Abb. 6 zeigt
den nach aktuellem Stand zu erhaltenden Baumbestand.

Abb. 6: Erhaltenswerte und soweit wie möglich zu
sichernde Bäume (Werkgruppe Lahr, Auszug).

6.3.2

Auswirkungen

Die Auswirkungen der Umsetzung der Planung auf Tiere (europäisch besonders geschützte
Pflanzen kommen nicht vor) können im Grundsatz sein


Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (z.B. Quartieren, Nestern) sowie essentiellen Nahrungs-, Jagdhabitaten durch Überbauung

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

Verlust von Individuen (Verbot des Tötens)



Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (z.B. Quartieren, Nestern) sowie essentiellen Nahrungs-, Jagdhabitaten durch Rodungs- und Baumaßnahmen



Störökologische Aspekte.

Folgend wird in 2 Schritten überprüft, ob artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen bestehen
könnten:

6.4



Schritt 1: Relevanzprüfung (prüfrelevante Arten, welche sind auszuschließen?)



Schritt 2: Detaillierte Prüfung (der verbleibenden relevanten Arten).

Prüfschritt 1: Relevanzprüfung

(Betrachtete Artengruppen und erste Analyse des Vorkommens)
Aus der Gruppe betrachteter Arten werden im Rahmen der Relevanzprüfung diejenigen
Arten „herausgefiltert“, für die eine verbotstatbeständliche Betroffenheit durch die Planung
bereist zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann (Relevanzschwelle) und die einer
detaillierten artenschutzrechtlichen Prüfung nicht mehr unterzogen werden müssen.
In der folgenden Tabelle 1 ist die Einschätzung des Vorkommens und der Betroffenheit der
Arten im Untersuchungsgebiet dargelegt.

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Tab. 1: Relevanzprüfung.

Gruppe

Arten

Verbotstatbestand (in
diesem Prüfstadium)

Vorkommen ausschließlich wenig störanfälliger und
meist kulturfolgender und ungefährdeter Arten (Kohlmeise, Blaumeise, Buchfink, Amsel...), geringes
Brutangebot (vorwiegend in den älteren Bäumen),
Bäume sollen so weit wie möglich erhalten werden, der
mögliche Verlust einzelner Brutstätten betrifft an sich
häufige, in der Region typische und weit verbreitete
Arten; bei Erhalt der meisten zu erhaltenden Bäume ist
der Brutverlust minimal, zudem ergeben sich auch in
den nachfolgenden Grünanlagen des Gebietes (geplant ist eine ausgeprägte Eingrünung) weiterhin Brutund Nahrungsmöglichkeiten für die evtl. betroffenen
Arten

Vögel

Fledermäuse

Die Fläche kann von verschiedenen Fledermausarten
(Zwergfledermaus, Breitflügelfledermaus, Großes
Mausohr...) jagdlich genutzt werden. Die Jagdflächen
sind Teil deutlich größerer (individueller) Nahrungsgebiete; essentielle Jagdgebiete werden nicht beeinträchtigt. Quartiere werden nicht beeinträchtigt.

Reptilien,
Amphibien
Andere

Verbotstatbestand
nach §44 BNatSchG
unwahrscheinlich.

Keine weitere
Prüfung im
2. Schritt
Notwendig.

Kein Vorkommen
artenschutzrechtlich
relevanter Arten

Arten
Für die weitere Betrachtung verbleiben folgende Arten/Gruppen
 Lediglich ubiquitäre Vogelarten (Amsel, Buchfink, Kohl- und Blaumeise, Grünfink...) , die jedoch durch Erhalt /Sicherung des größten Teils des alten Baumbestandes sowie durch die geplante Ein- und Durchgrünung des Geländes
auch zukünftig im Gelände Lebensraum finden und sich ansiedeln können.

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6.5

artenschutzrechtliche Betrachtung

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Artenschutz-Maßnahmen

Die speziellen Maßnahmen sind:


Erhalt/Sicherung des in Abb. 6 dargestellten Altbaumbestandes soweit möglich



Rodung in den gesetzlichen Zeiten



Ein- und Durchgründung: Strauch-, Hecken- und Baumareale um das Gelände, auch
Grünbereiche innerhalb des Geländes.

6.6

Fazit

Mit den aufgezeigten Maßnahmen verbleiben keine artenschutzrechtlichen Betroffenheiten.
Ein zweiter Prüfschritt (die eigentliche Artenschutzprüfung) ist nicht notwendig.
Mit den geforderten Maßnahmen verbleiben keine Verbotstatbestände; §44 BNatSchG ist
nicht einschlägig.
Eine Ausnahmeprüfung i.S.d. Gesetzes n. § 45 ist nicht notwendig.

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Verwendete Literatur / Quellen

7.1

Gesetzestexte

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Die wichtigsten Gesetze sind aufgeführt bei Beck-Texte im DTV (2010): Naturschutzrecht.
Deutscher Taschenbuchverlag. 11., neu bearbeitete Auflage. Stand 01. Oktober 2010.

7.2

Internet

Geodatenviewer (Flächenberechnung, Abstände zu Schutzgebieten)
www.geoportal-bw.de/geoportal/opencms/de/geoviewer.html

Schutzgebiete im Umfeld der Untersuchungsfläche
http://udoprojekte.lubw.baden-wuerttemberg.de

Rote Listen
Säugetiere BW (Stand: 2001)
lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/29039/rl_saeuger_glw_kap23.pdf?command=downloadContent&filename=rl_saeuger_gl
w_kap23.pdf

Vögel BW (Stand: 2004)
http://www.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/34758/rote_liste_brutvogelarten.pdf?command=downloadContent&filename=r
ote_liste_brutvogelarten.pdf

Amphibien und Reptilien BW (Stand: 1998)
http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/50109/pasw05.pdf?command=downloadContent&filename=pasw05.pdf&FIS=200

7.3

Literatur

HAUPT, H. ET. AL. (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands.
Naturschutz und Biologische Vielfalt, Band 70 (1). Bundesamt für Naturschutz. Bonn-Bad
Godesberg.

LBM (2011): Bewertung / Einschätzung der Erhaltungszustände der Arten in Rheinland-Pfalz
und Deutschland. Excel-Tabelle. Koblenz.

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artenschutzrechtliche Betrachtung

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NOWAK, E. ET. AL. (1994): Rote Liste der gefährdeten Wirbeltiere in Deutschland. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz. Heft 42. Bonn-Bad-Godesberg.

RECK, H. (1995): Bewertungsfragen im Arten- und Biotopschutz und ihre Konsequenzen für
biologische Fachbeiträge zu Planungsvorhaben. Laufener Seminarbeiträge 3/96: 37-52. HEINER

RECK quantifiziert in diesem Artikel “Seltenheit:

RECK, H. (1996): Grundsätze und allgemeine Hinweise zu Bewertungen von Flächen aufgrund der Vorkommen von Tierarten. VUBD-Rundbrief 16/96: 10-20.

TRAUTNER, J. ET. AL. (2006): Geschützte Arten in Planungs- und Zulassungsverfahren. BoD,
Norderstedt.

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