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Beschlussvorlage (- Zwischenbericht VEP Kap. 3.4.1-3.4.2)

                                    
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3.4

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Verkehrsmodell

Ein Verkehrsmodell stellt ein zentrales Werkzeug dar, um die verkehrlichen Strukturen einer Stadt
und Region besser zu verstehen, eventuelle Probleme zu analysieren und schließlich die zu entwickelnden Maßnahmen im Hinblick auf ihre voraussichtlichen Wirkungen und Wechselwirkungen
fundiert bewerten zu können. Im Rahmen des Verkehrsentwicklungsplans wurde daher ein strukturdatenbasiertes, makroskopisches Verkehrsmodell für den motorisierten Individual- sowie
Schwerverkehr (Kfz/Tag) im Gebiet der Stadt Lahr erarbeitet.
Mithilfe des Modells wurde das aktuelle und zukünftige Verkehrsverhalten (Wegeaufkommen und
-zwecke, Verkehrsmittel- und Routenwahl, Darstellung der Streckenbelastung) simuliert. Basierend
auf einer umfassenden Grundlage an Netz-, Struktur- und Verhaltensdaten (u. a. Straßen-/Wegenetze, Bevölkerungszahlen und Altersstruktur, Arbeitsplatzangebot, Ergebnisse aktueller Verkehrsund der Mobilitätsbefragung) wurde – zusammenfassend gesagt – eine vereinfachte Abbildung der
verkehrlichen Realität in Lahr erstellt.
Das Verkehrsmodell beinhaltet in der Enddarstellung alle Wege der Bevölkerung von Lahr (Binnenwege und Auspendler), die Wege der Einpendler in die Stadt sowie den Durchgangsverkehr. Der
öffentliche Verkehr (Bus und Bahn) sowie der Rad- und Fußverkehr wurden beim Netzaufbau berücksichtigt und als vollwertige Verkehrsmittel im Rahmen der Verkehrsmittelwahl eingepflegt.
Dargestellt und nähergehend analysiert wird mittels des Modells jedoch nur der Kfz-Verkehr.
Die Erstellung des Verkehrsmodells erfolgte mit der Software VISUM Expert – Version 17.

3.4.1

Aufbau und Datengrundlage des Verkehrsmodells

Der Aufbau des Ver- Abbildung 69: Schema zum Aufbau des Verkehrsmodells
kehrsmodells erfolgt in
mehreren Schritten. Es
handelt sich um ein sogenanntes nachfragebasiertes

4-Stufen-

Modell. Diese Stufen
stellen Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsmittelwahl und die abschließende Verkehrsumlegung dar.
Nach jedem Schritt
wurde das Modell mittels empirischer Daten

Quelle: Eigene Darstellung

und Erhebungswerten kalibriert und validiert. Wesentliche Datengrundlagen und Vorgehensweisen
beim Aufbau des Verkehrsmodells werden in Abbildung 69 skizziert.

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Gliederung in Modellbezirke
Das Verkehrsmodell greift sowohl die räumliche als auch statistische Gliederung der Stadt Lahr auf.
Auf Grundlage der Wahlbezirke und Stadtteilgrenzen sowie der Raumnutzungs- und Siedlungsstrukturen wurde das Stadtgebiet sowie das nähere Umland in einzelne Verkehrsbezirke bzw. -zellen
unterteilt, für die daraufhin – auf Basis der bezirksspezifischen Strukturdatengrößen – die Verkehrsnachfrage je Reisezweck für Quell- und Zielverkehr generiert wurde.
Die Übernahme der politischen Abgrenzungen (Stadtteile und Wahlbezirke) ermöglicht eine bessere Kompatibilität mit den in überwiegend dieser Gliederungsebene vorliegenden statistischen
Daten. Die Orientierung der Modellbezirke an Stadtstruktur, Realnutzung und Wegeinfrastruktur
ermöglicht eine feinteilige Gliederung und realitätsnahe Zuordnung der Quell-Ziel-Beziehungen.
Insgesamt wurden für das Stadtgebiet Lahr im Verkehrsmodell 78 Bezirke gebildet. Zusätzlich wurden Verkehrszellen im Umland zur Darstellung und Anbindung der Pendler- und Durchgangsverkehre in/ aus den Nachbarkommunen und -regionen generiert. Die Gliederung der Bezirke des Verkehrsmodells werden in Abbildung 70 dargestellt.
Abbildung 70: Gliederung der Modellbezirke (Auszug)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © OpenStreetMap-Mitwirkende

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Modellierung der Verkehrsnetze
Auf GIS-Basis wurden die relevanten Straßen-, Wege- und ÖPNV-Liniennetze der Stadt Lahr in das
Verkehrsmodell übertragen. Mit entsprechenden Strecken- und Knotenparametern wurde das Netz
realitätsgetreu auf makroskopischer Ebene nachgebildet. Zu den Daten zählen u. a. die Streckenlängen, die Spurenzahl je Fahrbahn, die vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten, der Straßentyp (Klassifizierung und Kapazität), eventuelle Nutzungsbeschränkungen sowie Einbahnregelungen.
Dabei wurde neben eigenen Bestandserhebungen und städtischen Daten auch auf frei verfügbare
Datenquellen (z. B. Open Street Map) zurückgegriffen.

Erhebung von verkehrsrelevanten Struktur- und Verhaltensdaten
Bei der Zusammenstellung der für das Verkehrsmodell maßgeblichen Strukturdaten erfolgte eine
detaillierte Erfassung der verkehrserzeugenden Strukturen (Quellen und Ziele) nach Lage und Kenngrößen. Die Strukturdaten wurden nach Verkehrsbezirken den Personengruppen und Reisezwecken zugeordnet und damit die jeweiligen Verkehrserzeugungsraten bestimmt.
Darunter fallen einerseits die einwohnerbezogenen Strukturdaten (Quellen; Zuordnung über relevante Personengruppen, z. B. Schüler, Studenten, Beschäftigte, Senioren etc., u. a. definiert nach
Altersklassen und soziodemografischen Statistiken) und andererseits die stadt- und nutzungsstrukturellen Daten (Ziele; z. B. Arbeitsplätze, Schulstandorte, Freizeiteinrichtungen, Verkaufsflächen
des Einzelhandels sowie Nahversorgungsstandorte).
Hinzu kamen stadtspezifische Daten zum Mobilitätsverhalten, die über die aktuelle Haushaltsbefragung (vgl. Kapitel 2.3) vorliegen. Aus der Haushaltsbefragung konnte durch Detailauswertungen
das Verkehrsverhalten der Lahrer Bevölkerung ermittelt werden. Dazu zählen u. a. personengruppenbezogene Kennwerte wie z. B. die Wegehäufigkeit, die Reisezweckverteilung, die Wegelänge
und -dauer sowie die jeweilige Verkehrsmittelwahl. Sie wurden durch allgemeine Verhaltensdaten
aus der deutschlandweiten Erhebung MiD (Mobilität in Deutschland) ergänzt.

Pendler- und Durchgangsverkehr
Neben den einwohner- und stadtbezogenen Daten spielt auch das Umland eine bedeutende Rolle
im Verkehrsgeschehen der Stadt Lahr. Insbesondere der Durchgangsverkehr wird auch im Rahmen
der Öffentlichkeit immer wieder thematisiert.
Unter Pendlerdaten werden im Verkehrsmodell nicht nur die Berufs- und Ausbildungspendler subsummiert, sondern auch alle anderen stadtgrenzüberschreitenden Verkehre (z. B. Freizeitwege).
Der Berufsverkehr stellt bei den Pendlern allerdings in der Regel den nachfragestärksten Reisezweck dar. Zur Ermittlung der Pendlerverkehre wurden die Datengrundlagen der Stadt-UmlandBeziehung (Pendlerzahlen und -ziele) analysiert und zur Einarbeitung in das Modell aufbereitet. Die
erforderlichen Daten lassen sich z. B. über die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zu den so-

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zialversicherungspflichtigen Beschäftigten am Wohn- und Arbeitsort ableiten. Einen weiteren Orientierungsrahmen boten auch hier Daten aus der Haushaltsbefragung. Gestützt wurde die Datengrundlage durch die Erhebung des Durchgangsverkehrs mittels Kordonzählung11 (vgl. Kapitel 3.5.6).

3.4.2

Wie sieht die Verkehrsbelastung in Lahr heute aus? – Analysefall 2019

Zunächst wurde ein Analysefall für die Stadt Lahr mit Datenbasis 2019 erstellt. Der Analysefall stellt
den Ist-Zustand dar. Er wurde auf Grundlage der aktuellen Verkehrserhebungen erstellt bzw. kalibriert und dient vorrangig zur Identifikation von möglichen Problemstellen bzw. allgemeinen Analysezwecken.
Die Erstellung beinhaltet den bereits beschriebenen Aufbau des Modells mit aktuellen Netzdaten,
der Ermittlung des Verkehrsaufkommens (Verkehrserzeugung, u. a. nach Siedlungs- und Bevölkerungsstrukturen sowie Mobilitätsverhalten), der Quell-Ziel-Beziehungen und Verkehrsverteilung
(klassifiziert nach Personengruppen und Aktivitäten, z. B. Wohnen, Arbeit, Freizeit; basierend auf
einem Logit-Ansatz12), die Simulation der Verkehrsmittelwahl (mittels Nutzenfunktion, kalibriert
u. a. auf Grundlage der Haushaltsbefragung) sowie die Routenwahl und iterative Umlegung des
Verkehrs im Netz inklusive einer umfassenden Kalibrierung der Ergebnisse anhand von aktuellen
Verkehrszählungsdaten.
Anhand dessen konnte eine realistische Abbildung des städtischen Verkehrsgeschehens als Ausgangspunkt für später folgende Prognosen und Planfalluntersuchungen (z. B. Folgen möglicher
Netzänderungen) erstellt werden. Die Ergebnisse des Analysefalls ergänzen zudem das bekannte
Belastungsbild (Pkw-Belastung der Straßen an einem durchschnittlichen Werktag, DTVw) im gesamten Straßennetz flächendeckend, welches bislang durch die Verkehrszählungen nur punktuell bzw.
max. abschnittsbezogen vorlag.
Das Modell kann somit auch als übergeordnete Datengrundlage für den städtischen Planungsalltag
(z. B. Aussage zur Belastung von Straßen bei möglichen Umgestaltungen oder Hinweise zur Lärmbelastung) dienen.

Ist-Belastung im Analysefall 2019
Im Analysefall 2019 (Darstellung des Ist-Zustands) ergeben sich die in den folgenden Abbildungen
und Belastungsplots dargestellten Belastungswerte. Die Ergebnisse wurden mittels der eigens
durchgeführten Verkehrserhebungen kalibriert und erreichen insgesamt sehr gute Übereinstimmungswerte. An wenigen Stellen, z.B. rund um das Fachmarktzentrum Mietersheim und auf der
Otto-Hahn-Straße sowie weiter auf der Schwarzwaldstraße Richtung Innenstadt, liegen die Modellwerte tendenziell etwas unter den Zählwerten, insgesamt etwas zu viel Verkehr weist das Modell

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Zeitgleiche Verkehrszählung mit Kennzeichenerfassung an allen Ein- und Ausfahrtknoten eines vorher definierten Bereiches (hier Gesamt-Lahr sowie einige Zwischenpunkte). Durch Abgleich der Daten an unterschiedlichen
Punkten kann ein durchfahrendes Fahrzeug identifiziert werden. Anhand der Durchfahrzeit erfolgt eine Zuordnung zum Durchgangs- oder Quell-Ziel-Verkehr (mit relevanten Zwischenstopps oder ohne).
Logit-Modell (logistische Regression): mathematisches Verfahren, um eine Verteilung in Abhängigkeit von verschiedenen Variablen zu simulieren (hier die Zielwahl von Verkehrsteilnehmenden)

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hingegen auf der westlichen B 415 auf. Das könnte in Teilen daran liegen, dass das Modell nicht von
Wegeketten (z. B. Arbeit-Einkaufen-Zuhause) ausgeht, sondern von Wegepaaren. Erledigungen auf
dem Nachhauseweg werden also z. B. nicht simuliert, Einkaufswege beginnen im Modell stets am
Wohnort. Insgesamt betrachtet liegen jedoch 95 % der Vergleichsstellen innerhalb eines vertretbaren Abweichungsrahmens (Kalibrierung mittels GEH-Faktor13). Bei den dargestellten Werten handelt es sich um das durchschnittliche, werktägliche Kfz-Aufkommen (DTVw) der Lahrer Wohnbevölkerung sowie der Einpendler und des Durchgangsverkehrs. Die Werte sind querschnittsbezogen
dargestellt und wurden auf 100 Fahrzeuge/Tag gerundet.

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Qualitätsindikator der modellierten Verkehrsstärke, welcher sowohl die absolute, als auch prozentuale Abweichung eines Vergleichspunktes zwischen Modell und Zählung berücksichtigt.

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Abbildung 71: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Gesamtstadt (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

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Abbildung 72: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Ausschnitt Innenstadt (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

Abbildung 73: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
westliche Kernstadt (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

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Abbildung 74: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Ausschnitt östl. Stadtteile (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

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Abbildung 75: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Ausschnitt Mietersheim/ Sulz (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

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Abbildung 76: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Ausschnitt Kippenheimweiler/ Langenwinkel (Kfz/24h: durchschnittl., werktägl. Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

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Abbildung 77: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Ausschnitt westl. Bahnhof (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

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Abbildung 78: Analysefall 2019 – Darstellung der modellierten Verkehrsbelastung in Lahr
Ausschnitt Hugsweier und Einsteinallee (Kfz/24h: durchschnittliche, werktägliche Verkehrsbelastung, DTVw)

Quelle: Eigene Darstellung; Kartengrundlage: © Open Street Map Mitwirkende

Neben der stärksten Belastung im Untersuchungsgebiet auf der Autobahn (rd. 63.000 Kfz/Tag) fallen die Bundesstraßen mit 16–33.600 Kfz/Tag (B 415) bzw. 12–25.000 Kfz/Tag (B 3) ins Auge. Ebenfalls stärker belastet sind die Dr.-Georg-Schaeffler-Straße (11–13.000 Kfz/Tag) sowie die innerstädtischen
(7– 14.000

Ost-West-Verbindungen
Kfz/Tag),

Dinglinger

Schwarzwaldstraße

Hauptstraße/
(5–13.000

Kaiserstraße/

Kfz/Tag)

und

Turmstraße

Tramplerstraße

(7– 11.000 Kfz/Tag). Auch die Burgheimer Straße nach/ aus Heiligenzell wird täglich von rd.
8– 11.000 Kfz befahren. Grundsätzlich konzentriert sich der Verkehr jedoch auf das dafür angedachte Hauptverkehrsstraßennetz.

3.4.3

Wie wird sich der Verkehr in Lahr entwickeln? – Prognose-Nullfall 2030

Für die Stadt Lahr wurde ein sogenannter Prognose-Nullfall 2030 entwickelt. Dieser bildet aufbauend auf dem Analysefall 2019 ein ohne weiteres städtisches Eingreifen und ohne zusätzliche Maßnahmen des VEP als am wahrscheinlichsten eintretendes Zukunftsszenario mit dem Zeithorizont
2030 ab. Dabei werden offizielle und zuvor abgestimmte rahmengebende Entwicklungen zu Hilfe
genommen. Diese Entwicklungen nehmen allesamt Einfluss auf das Verkehrsgeschehen in der Stadt
sowie auf die Pendler- und Durchgangsverkehre.

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