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Beschlussvorlage (Umgestaltung der Ortsdurchfahrt Reichenbach: neues Votum des Ortschaftsrats zum Umbau der Bushaltestellen)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Amt: 605
Lau

Datum: 14.07.2020 Az.: 60/605 Lau

Drucksache Nr.: 199/2020

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Technischer Ausschuss

15.07.2020

vorberatend

nichtöffentlich

Gemeinderat

27.07.2020

beschließend

öffentlich

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

61

302

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

Haupt- und Personalamt
Abt. 10/101

Kämmerei

Rechts- und
Ordnungsamt

Betreff:

Umgestaltung der Ortsdurchfahrt Reichenbach: neues Votum des Ortschaftsrats zum
Umbau der Bushaltestellen

Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt, dem Votum des Ortschaftsrates Reichenbach nicht
nachzukommen. Die Haltestellen West sollen als Buskaps und nicht als Busbuchten
ausgebaut werden, wie es die Planung und der Bauvertrag vorsehen.

BERATUNGSERGEBNIS

Sitzungstag:

Bearbeitungsvermerk

 Einstimmig  lt. Beschlussvorschlag  abweichender Beschluss (s. Anlage)
 mit Stimmenmehrheit

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

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Sachdarstellung:
Die Stadt Lahr und das Regierungspräsidium Freiburg führen gemeinsam den Umbau und
die Sanierung der Ortsdurchfahrt Reichenbach (B 415) durch.
Im Jahr 2018 wurde die Entwurfsplanung im Ortschaftsrat Reichenbach vorgestellt. Die Planungsunterlagen hingen in den Räumen der Ortsverwaltung zur Ansicht aus. Zudem fand im
Juni 2019 eine Bürgerversammlung zum Ausbau der Reichenbacher Hauptstraße statt.
Die Baumaßnahme umfasst unter anderem auch den barrierefreien Ausbau der sechs vorhandenen Bushaltestellen. Diese sind im Bestand teilweise als Bucht und teilweise als Kap
(Halt auf der Fahrbahn) ausgebildet. Alle Haltestellen sollen im Zusammenhang der Umgestaltung in sogenannte Buskaps umgebaut werden, entsprechend des Grundsatzbeschlusses
des Gemeinderates (Barrierefreier Umbau von Bushaltestellen im Zeitraum 2018 – 2022,
Drs.Nr. 240/2017). Hieraus resultiert, dass der Bus zukünftig an allen Haltestellen in Reichenbach auf der Fahrbahn halten soll. Im Rahmen der laufenden Baumaßnahme sind zwischenzeitlich vier dieser Haltestellen entsprechend der vorgestellten Planung umgebaut worden.
Die bisherige Beschlusslage stützt sich auf mehrfache Abstimmungen mit der Polizei, der
Straßenverkehrsbehörde und dem Straßenbaulastträger, der Bundesrepublik Deutschland,
zur Ausgestaltung aller Haltestellen. Nach Prüfung aller Kriterien und Regelwerke auch in
Bezug auf die Veränderungen des Verkehrsflusses kam man zum Schluss, dass die in der
Planung dargestellten Varianten von allen Seiten vertreten werden. Das wurde auch in der
fortgeführten Ausführungsplanung so dar- und vorgestellt. Ein Ziel hierbei war den öffentlichen Personennahverkehr zu optimieren und Verlustzeiten beim Halten und Wiedereinfädeln
zu minimieren. Ebenso ist aus technischer und räumlicher Sicht der geringere Platzbedarf zu
sehen. Für ein barrierefreies Buskap werden lediglich 18 m Haltestellenlänge benötigt. Um
die gleiche Barrierefreiheit in einer Busbucht abzubilden, bedarf es rund 90 m neben der
Fahrbahn, um ein Ein- und Ausschwenken des Busses zu gewährleisten. Diese Voraussetzungen sind bei den Haltestellen in Reichenbach an keiner Stelle im Bestand realisierbar.
Bereits am 23.10.2017 hat der Gemeinderat den barrierefreien Umbau von Bushaltestellen
beschlossen. Hintergrund ist die zum 01.01.2013 in Kraft getretene Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)1, welche u.a. neue Regelungen zur Barrierefreiheit enthält. Für
die Schaffung eines barrierefreien Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hat der Gesetzgeber eine politische Zielbestimmung im PBefG verankert: Die Aufgabenträger werden
verpflichtet, in den Nahverkehrsplänen die Belange von in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, bis zum 01.01.2022 eine vollständig barrierefreie Nutzung der öffentlichen Nahverkehrsangebote zu erreichen. In dem im Jahr
2016 neu aufgestellten Nahverkehrsplan für den Ortenaukreis ist diese Zielvorgabe enthalten. Er erfüllt somit auch die Anforderungen des ÖPNV-Gesetzes Baden-Württemberg. Seitdem wurden in Lahr 16 Haltestellen (teilweise beidseitig) barrierefrei umgebaut. Für zehn
weitere Haltestellen läuft bereits ein Förderantrag.
Die Stadt Lahr lässt aktuell einen Verkehrsentwicklungsplan (VEP) von einem Fachbüro erstellen. Ein besonderer Baustein des VEP ist ein ÖPNV-Konzept. Am 11. März 2020 wurde
im Technischen Ausschuss der Zwischenbericht zum VEP vorgestellt. Von besonderer Bedeutung war dabei das Zielkonzept, welches gemeinsam mit dem begleitenden Arbeitskreis
entwickelt wurde und das Fundament für die Maßnahmenentwicklung und das Handlungskonzept bildet. Das Zielkonzept trägt das Leitmotiv "Lahr: nachhaltig mobil" und besteht aus
sechs Oberzielen. Jedem Oberziel sind mehrere Unterziele zugeordnet. Dem barrierefreien
Ausbau von Haltestellen sowie die Anlage von Haltestellen als Buskap anstatt als Busbucht
können mehrere Ober- und Unterziele zugeordnet werden. Zum einen handelt es sich um

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das Oberziel "Förderung sicherer Mobilität für alle" mit den Unterzielen "Förderung generationsgerechter Mobilität", "Verbesserung und Ausbau der Barrierefreiheit", "Erhöhung der objektiven Verkehrssicherheit" und "Stärkung der Rücksichtnahme zwischen den Verkehrsteilnehmenden". Zum anderen passt die Maßnahme zum Oberziel "Etablierung eines attraktiven
ÖPNV" mit dem Unterziel "Berücksichtigung des ÖPNV als Rückgrat des Umweltverbunds",
d.h. eine Förderung des ÖPNV in all seinen Facetten und dazu zählt auch die Bevorrechtigung nach dem Halt und kein Einfädeln in den fließenden Verkehr.
Der Technische Ausschuss hat das Zielkonzept einstimmig beschlossen.
Die Förderung des ÖPNV ist aber auch beim Land selbst, d.h. beim Ministerium für Verkehr
Baden-Württemberg hoch angesiedelt. Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den
Treibhausgasausstoß des Verkehrs im Land bis 2030 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu
senken. Die sog. Verkehrswende 2030 beinhaltet Ziele im Verkehrssektor für alle Verkehrsmittel, u.a. wird eine Verdopplung des ÖV angestrebt. Der Gemeinderat hat im Umlaufverfahren Anfang April 2020 beschlossen, dass die Stadt Lahr dem erweiterten Kommunennetzwerk des Kompetenznetz Klima Mobil beitritt. Mit dem Beitritt bekennt sich die Stadt Lahr zu
den Landeszielen "Verkehrswende 2030" und leistet einen größtmöglichen Beitrag. Ein besseres ÖPNV-Angebot besteht nicht nur aus attraktiven Verbindungen (Linienweg, Takt, Fahrtag), sondern auch aus den allgemeinen Rahmenbedingungen wie bspw. Barrierefreiheit und
Haltestellenanordnung (Buskap anstatt Busbucht).
Am 08.07.2020 ist die Verwaltung nach Kritik aus dem Ortschaftsrat mit einer Vorlage
(Drs.Nr. 178/2020) in der Sitzung des Ortschaftsrates Reichenbach gewesen. Die Sachlage
und die Planung wurden nochmals erläutert. Im dortigen Sachvortrag wurde auch darauf hingewiesen, dass wenn trotz aller Argumente und entgegen der bisher gefassten Beschlüsse
des Gemeinderates der Stadt Lahr eine Planänderung zum gegenwärtigen Zeitpunkt eingefordert werden sollte, Mehrkosten in der Planung und Ausführung entstehen. Der finanzielle
Umfang zusätzlicher Kosten könnte durchaus noch weitergehende Gremienbeschlüsse des
Gemeinderates zur Folge haben müssen. Zudem sind Bauverzögerungen zu befürchten, da
eine Umplanung notwendig werden würde und das entsprechende Material durch die bauausführende Firma dann noch bestellt werden müsste.
Die Verwaltung hatte dem Ortschaftrat Reichenbach aus vorgenannten Gründen vorgeschlagen, die vorliegende und genehmigte Ausführungsplanung nicht zu ändern und wie vorgesehen die Busbuchten der Haltestellen West entsprechend der Grundsatzbeschlüsse in barrierefreie Buskaps umzubauen.
Der Ortschaftsrat votierte mit knapper Mehrheit (4 Ja, 5 Nein, 1 Enthaltung) gegen den Verwaltungsvorschlag und für die Beibehaltung von zwei Busbuchten im Westen. Hierdurch haben die Mitglieder des Ortschaftsrats, wie in der Hauptsatzung §13 (2) verankert, von ihrem
Recht Gebrauch gemacht, im Rahmen einer Anhörung über ein stadtteilbetreffendes Thema
zu befinden, was nunmehr eine Befassung im Technischen Ausschuss und im Gemeinderat
nach sich zieht.
Die Verwaltung vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Umbau in barrierefreie Buskaps
der Haltestellen West die Forderungen der vorgenannten Gremienbeschlüsse und Abstimmungen zwischen dem Straßenbaulastträger, der Polizei, der Verkehrsbetriebe und der Stadt
vollumfänglich darstellt. Die Verwaltung schlägt dem Gemeinderat vor, zu beschließen, entgegen dem Votum des Ortschaftsrates Reichenbach die bisherige Planung und Beauftragung
unverändert beizubehalten.

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Begründung der Eilbedürftigkeit:
Auf Grund der Tatsache, dass sich die Baumaßnahme in der Realisierung befindet, ist eine
Eilbedürftigkeit der Befassung in den Gremien des Gemeinderats erforderlich (§ 34 Abs. 2
GemO BW). Eine nachträgliche Aufnahme des Tagesordnungspunktes in die Sitzung des
Technischen Ausschusses ermöglicht eine Vorberatung, um nachfolgend unter Einhaltung
der Formvorschriften eine Befassung des Sachverhaltes im Gemeinderat am 27.07.2020 zu
gewährleisten. Von daher bittet die Verwaltung, eine Behandlung einer Tischvorlage ausnahmsweise zuzulassen.

Tilman Petters

Udo Lau