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Beschlussvorlage (Gesetzentwurf-zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes, Stand April 2020)

                                    
                                        Gesetz zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und
Landeskulturgesetzes
Vom
Artikel 1
Änderung des Naturschutzgesetzes
Das Naturschutzgesetz vom 23. Juni 2015 (GBl. S. 585), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. November 2017 (GBl. S. 597, zuletzt ber. 2018 S. 4) geändert worden
ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 1 wird folgender § 1a eingefügt:
㤠1a
Artenvielfalt
Über die Verwirklichung der Ziele des § 1 Absatz 2 BNatSchG hinaus verpflichtet
sich das Land, dem Rückgang der Artenvielfalt in Flora und Fauna und dem Verlust
von Lebensräumen entgegenzuwirken sowie die Entwicklung der Arten und deren
Lebensräume zu befördern.“
2. § 2 wird wie folgt geändert:
a) Nach der Überschrift werden folgende Absätze 1 und 2 eingefügt:
„(1) Die öffentliche Hand trägt für den Artenschutz eine besondere Verantwortung. Auf öffentlichen parkartig oder gärtnerisch gestalteten Grünflächen sowie
im Umfeld von öffentlichen Einrichtungen soll eine insektenfreundliche Gestaltung und Pflege erfolgen, soweit keine überwiegenden öffentlichen Interessen
entgegenstehen. Die Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes bleiben unberührt.
(2) Mindestens ein Fünftel der gemähten landeseigenen Grünflächen sollen als
ökologisch hochwertige Blühflächen und naturschutzfachlich wertvolle Lebensräume gepflegt werden.“

b) Die bisherigen Absätze 1 und 2 werden die Absätze 3 und 4.
3. In § 7 Absatz 3 werden nach dem Wort „Fischereiwirtschaft“ ein Komma und die
Wörter „insbesondere mit dem Ziel, die biologische Vielfalt in der Produktion zu erhalten und zu fördern,“ eingefügt.
4. § 18 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Das Wort „Naturschutzbehörde“ wird durch die Wörter „untere Naturschutzbehörde“ ersetzt.
bb) Es werden folgende Sätze angefügt:
„Bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg wird eine öffentliche, über das Internet einsehbare Plattform für Angaben zu den Kompensationsmaßnahmen eingerichtet. Die unteren Naturschutzbehörden übermitteln die erforderlichen Angaben auf diese Plattform.“
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Zur Aufnahme in das Kompensationsverzeichnis übermitteln die Gemeinden
der unteren Naturschutzbehörde die vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach § 1a Absatz 3 BauGB und § 200a BauGB, soweit diese außerhalb
der Eingriffsfläche des Bebauungsplans, in einem räumlich getrennten Teilgeltungsbereich des Eingriffsbebauungsplans, im Geltungsbereich eines anderen
Bebauungsplans, auf von der Gemeinde außerhalb des Eingriffsbebauungsplans bereitgestellten Flächen oder auf Flächen in einer anderen Gemeinde
durchgeführt werden.“
c) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 3 eingefügt:
„3. Schadensbegrenzungsmaßnahmen bei erheblichen Beeinträchtigungen
von Natura 2000-Gebieten,“

bb) Die bisherigen Nummern 3 bis 6 werden die Nummern 4 bis 7.
cc)

In der neuen Nummer 6 wird nach der Angabe „BNatSchG“ das Wort „und“
durch ein Komma ersetzt.

dd) In der neuen Nummer 7 wird nach der Angabe „BNatSchG“ das Wort „und“
eingefügt.
ee) Nach der neuen Nummer 7 wird folgende Nummer 8 angefügt:
„8. Maßnahmen zur Schaffung eines ökologischen Mehrwertes bei Flurneuordnungsverfahren“
ff)

Nach dem Wort „Flurneuordnungsverfahren“ werden in der nächsten Zeile
die Wörter „im Verzeichnis“ und nach dem Wort „erfassen“ die Wörter „und
hierzu von den jeweiligen Zulassungsbehörden und Gemeinden sowie dem
Naturschutzfonds zu übermitteln“ eingefügt.

5. § 21 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
㤠21
Beleuchtungsanlagen, Werbeanlagen, Himmelsstrahler“
b) Absatz 1 werden folgende Absätze 1 bis 3 vorangestellt:
„(1) Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich sind zu vermeiden. Beim Aufstellen von Beleuchtungsanlagen im Außenbereich müssen die Auswirkungen auf die Insektenfauna, insbesondere deren
Beeinträchtigung und Schädigung, überprüft und die Ziele des Artenschutzes
berücksichtigt werden. Beleuchtungen, die sich in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Naturdenkmalen, geschützten Landschaftsbestandteilen und gesetzlich geschützten Biotopen befinden oder in diese hineinstrahlen, sind nur in
Ausnahmefällen von der zuständigen Naturschutzbehörde oder mit deren Einvernehmen zu genehmigen.

(2) Es ist im Zeitraum
1. vom 1. April bis zum 30. September ganztägig und
2. vom 1. Oktober bis zum 31. März in den Stunden von 22 Uhr bis 6 Uhr
verboten, die Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand zu beleuchten, soweit dies nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder
durch oder auf Grund einer Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist.
(3) Ab dem 1. Januar 2021 neu errichtete Beleuchtungsanlagen an öffentlichen
Straßen, Wegen und Plätzen sind mit einer den allgemein anerkannten Regeln
der Technik entsprechenden insektenfreundlichen Beleuchtung auszustatten,
soweit die Anforderungen an die Verkehrssicherheit eingehalten sind, Gründe
der öffentlichen Sicherheit nicht entgegenstehen oder durch oder aufgrund von
Rechtsvorschriften nichts Anderes vorgeschrieben ist. Gleiches gilt für erforderlich werdende Um- und Nachrüstungen bestehender Beleuchtungsanlagen. Im
Übrigen sind bestehende Beleuchtungsanlagen unter den in Satz 1 genannten
Voraussetzungen bis zum Jahr 2030 um- oder nachzurüsten.“
c) Die bisherigen Absätze 1 bis 6 werden die Absätze 4 bis 9.
d) Im neuen Absatz 5 Satz 2 werden die Wörter „eine Ausnahme“ durch die Wörter
„Ausnahmen von den Absätzen 2 und 4“ ersetzt.
6. Nach § 21 wird folgender § 21a eingefügt:
㤠21a
Gartenanlagen
Es ist darauf hinzuwirken, dass Gartenanlagen insektenfreundlich gestaltet werden
und Gartenflächen vorwiegend begrünt werden. Schotterungen von privaten Gärten sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 1 LBO. Gartenflächen sollen ferner wasseraufnahmefähig belassen
oder hergestellt werden.“

7. § 22 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) In Baden-Württemberg wird auf der Grundlage des Fachplans Landesweiter Biotopverbund einschließlich des Generalwildwegeplans ein Netz räumlich
und funktional verbundener Biotope geschaffen, das bis zum Jahr 2023 mindestens 10 Prozent Offenland und bis zum Jahr 2027 mindestens 13 Prozent
Offenland der Landesfläche umfassen soll. Ziel ist es, den Biotopverbund bis
zum Jahr 2030 auf mindestens 15 Prozent Offenland der Landesfläche auszubauen.“
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 eingefügt:
„(2) Alle öffentlichen Planungsträger haben bei ihren Planungen und Maßnahmen die Belange des Biotopverbunds zu berücksichtigen. Für die Umsetzung
erstellen die Gemeinden für ihr Gebiet auf Grundlage des Fachplans Landesweiter Biotopverbund einschließlich des Generalwildwegeplans Biotopverbundpläne oder passen die Landschafts- oder Grünordnungspläne an."
c) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden die Absätze 3 und 4.
d) Im neuen Absatz 3 werden nach den Wörtern „Fachplan Landesweiter Biotopverbund“ die Wörter „einschließlich des Generalwildwegeplans“ und nach
dem Wort „den“ das Wort „funktionalen“ eingefügt.
8. Nach § 33 wird folgender § 33a eingefügt:
㤠33a
Erhaltung von Streuobstbeständen
(1) Streuobstbestände im Sinne des § 4 Absatz 7 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG), die eine Mindestfläche von 1 500 m2 umfassen, sind zu
erhalten.
(2) Streuobstbestände im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur mit Genehmigung in
eine andere Nutzungsart umgewandelt werden. Die Genehmigung soll versagt

werden, wenn die Erhaltung des Streuobstbestandes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Streuobstbestand für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder für den Erhalt der Artenvielfalt von wesentlicher
Bedeutung ist. Maßnahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und Nutzung
sowie Pflegemaßnahmen sind keine Umwandlung.
(3) Umwandlungen von Streuobstbeständen im Sinne des Absatzes 1 sind auszugleichen. Der Ausgleich erfolgt vorrangig durch eine Neupflanzung innerhalb einer
angemessenen Frist.“
9. § 34 wird wie folgt gefasst:
㤠34
Verbot von Pestiziden
(1) Die Anwendung von Pestiziden (Pflanzenschutzmittel und Biozide) gemäß Artikel 3 Nummer 10 der Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für
die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 71,
ber. ABl. L 161 vom 29.6.2010, S. 11), die zuletzt durch Verordnung (EU)
2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 241) geändert worden ist, in der jeweils
geltenden Fassung ist
1. in Naturschutzgebieten außerhalb von intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen, ab dem 1. Januar 2022 auf der gesamten Fläche und
2. in Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten, gesetzlich geschützten Biotopen und bei Naturdenkmalen außerhalb von intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen
verboten.
In Landschaftsschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten sowie auf intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen in Kern- und Pflegezonen von
Biosphärengebieten, in gesetzlich geschützten Biotopen und bei Naturdenkmalen
erfolgt eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach den Grundsätzen des
Landes zum Integrierten Pflanzenschutz gemäß § 17c LLG. Satz 2 gilt in Naturschutzgebieten bis zum 31. Dezember 2021 entsprechend.

(2) Das für die Landwirtschaft zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit
dem für den Naturschutz zuständigen Ministerium für das ganze Land oder Teile
des Landes befristete Ausnahmen vom Verbot des Absatzes 1 Satz 1 zulassen,
wenn und soweit dies zur Bekämpfung von Schadorganismen im Sinne des § 6
Absatz 4 des Pflanzenschutzgesetzes, die erhebliche Schäden verursachen, erforderlich ist.
(3) Die Anwendung von Bioziden kann als befristete Ausnahme von dem Verbot
des Absatzes 1 Satz 1 zugelassen werden, soweit dies zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit oder des menschlichen Wohlbefindens erforderlich ist.
(4) Auf Antrag kann die Verwendung bestimmter Mittel für land- und fischereiwirtschaftliche Betriebe zugelassen werden, wenn das Verbot nach Absatz 1 Satz 1
Nummer 1 eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche, insbesondere naturschutzfachliche Interessen, gebotene Härte zur Folge hätte oder die Verwendung bestimmter Mittel zur Erhaltung des Schutzgebiets unerlässlich ist.
(5) Weitergehende Vorschriften bleiben unberührt.“
10. Nach § 34 wird folgender § 34a eingefügt:
㤠34a
Verbot von Pflanzenschutzmitteln in privaten Gärten
(1) In Naturschutzgebieten, Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten, gesetzlich geschützten Biotopen und bei Naturdenkmalen ist die Anwendung von
Pestiziden im Sinne des § 34 Absatz 1 Satz 1 in privaten Gärten verboten.
(2) In Entwicklungszonen von Biosphärengebieten, Landschaftsschutzgebieten,
Natura 2000-Gebieten und Naturparken ist die Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in privaten Gärten verboten.
(3) Soweit die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zulässig ist, sind die Grundsätze des Landes zum Integrierten Pflanzenschutz gemäß § 17c LLG einzuhalten.

(4) § 34 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.“
11. § 58 Absatz 3 wird wie folgt geändert:
a) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 eingefügt:
„2. die Erteilung von Ausnahmen nach § 34 Absatz 3 und 4,“

b) Die bisherigen Nummern 2 bis 9 werden die Nummern 3 bis 10.
12. § 62 wird wie folgt geändert:
In Absatz 5 werden die Sätze 3 und 4 aufgehoben.
13. § 69 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 eingefügt:
„6. entgegen § 33a Absatz 2 einen Streuobstbestand ohne die erforderliche
Genehmigung der Naturschutzbehörde umwandelt,“
b) Die bisherigen Nummern 6 bis 8 werden die Nummern 7 bis 9.
14. Die Inhaltsübersicht ist entsprechend anzupassen.
Artikel 2
Änderung des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes
Das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz vom 14. März 1972 (GBl. S. 74), das
zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Mai 2019 (GBl. S. 161, 184) geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 4 werden folgende Absätze 6 bis 8 angefügt:
„(6) Integrierter Pflanzenschutz im Sinne dieses Gesetzes ist eine Kombination von
Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau- und kulturtechnischer Maßnahmen die

Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt
wird.
(7) Streuobstbestände sind eine historisch gewachsene Form des extensiven
Obstbaus, bei dem großteils starkwüchsige, hochstämmige und großkronige Obstbäume in weiträumigen Abständen stehen. Charakteristisch für Streuobstbestände
ist die regelmäßige Unternutzung als Dauergrünland. Daneben gibt es Streuobstäcker mit ackerbaulicher oder gärtnerischer Unternutzung, Streuobstalleen sowie sonstige linienförmige Anpflanzungen. Häufig sind Streuobstbestände aus
Obstbäumen verschiedener Arten und Sorten, Alters- und Größenklassen zusammengesetzt. Sie sollten eine Mindestflächengröße von 1500 m² umfassen. Im Unterschied zu modernen Obst-Dichtpflanzungen mit geschlossenen einheitlichen
Pflanzungen ist in Streuobstbeständen stets der Einzelbaum erkennbar.
(8) Refugialflächen sind Habitate, in die sich Tier- oder Pflanzenarten zurückziehen, weil in ihren ursprünglichen, oftmals durch frühere Landnutzungsformen im
Offenland entstandenen Lebensräumen aus verschiedenen Gründen kein Überleben mehr möglich ist. Refugialflächen dienen daher vorrangig als Lebens- und
Rückzugsräume für Tier- und Pflanzenarten.“
2. § 8 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die Artenvielfalt und der ökologische Landbau sind ein vorrangiges Bildungsziel.“
b) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt:
„(4) In der Bildung der landwirtschaftlichen Berufe sowie den Fortbildungsangeboten des Landes, insbesondere den für den beruflichen Pflanzenschutzmitteleinsatz nötigen Schulungen für den Sachkundenachweis, bildet die Reduktion
von Pflanzenschutzmitteln einen inhaltlichen Schwerpunkt.“
c) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 5.
3. § 9 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 1 wird das Komma am Ende durch ein Semikolon ersetzt und die
Wörter „Betriebe werden gezielt zu vorbeugenden, biologischen und mechanischen Pflanzenschutzmethoden beraten, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu minimieren und alternative Möglichkeiten aufzuzeigen,“ werden angefügt.
b) In Nummer 5 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt.
c) Es wird folgende Nummer 6 angefügt:
„6. im Bereich des Artenschutzes auf die Sicherung von Biodiversität und
Artenvielfalt.“
4. § 16 wird wie folgt geändert:
a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
b) Es wird folgender Absatz 2 angefügt:
„(2) Die oberste Landwirtschaftsbehörde erstellt alle drei Jahre eine Bodenbilanz
mit Angaben über die Art der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen. Die
oberste Landwirtschaftsbehörde erstellt alle fünf Jahre im Rahmen einer Standorteignungskartierung eine Bewertung der landwirtschaftlichen Flächen nach natürlichen und landwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Das Nähere regelt die oberste
Landwirtschaftsbehörde in einer Verwaltungsvorschrift, insbesondere die Bewertung landwirtschaftlicher Flächen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit sowie in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung für die landwirtschaftlichen Betriebe und die
Agrarstruktur.“
5. § 16 a wird wie folgt geändert:
a) In der Überschrift werden nach dem Wort „Erhaltung“ die Wörter „und Förderung“ eingefügt und die Wörter „Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsausgleich“ gestrichen.

b) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „und besondere, dem Umweltschutz und
der Marktentlastung dienende Erzeugungspraktiken“ durch die Wörter „, dabei
besonders dem Umwelt- und Ressourcenschutz dienende Erzeugungspraktiken," ersetzt.
c) In Absatz 2 werden die Wörter „Das Ministerium“ durch die Wörter „Die oberste
Landwirtschaftsbehörde“ ersetzt.
6. Nach § 16 a werden folgende §§ 17 a bis 17 d eingefügt:
㤠17 a
Ökologischer Landbau
(1) Zur Förderung der Artenvielfalt im Sinne von § 1a des Naturschutzgesetzes
(NatSchG) verfolgt das Land das Ziel, dass bis zum Jahr 2030 30 bis 40 Prozent
der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Baden-Württemberg nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des
Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die
Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung
der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (ABl. L 189 vom 20.7.2007, S. 1, ber. ABl. L
300 vom 18.10.2014, S. 72), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 917/2013 des
Rates vom 5. Mai 2013 (ABl. L 158 vom 10.6.2013, S. 1) geändert worden ist, sowie der Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 1, zuletzt ber.
ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 59) und des Öko-Landbaugesetzes vom 7. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2358), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 94 des Gesetzes
vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666, 1674) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung bewirtschaftet werden.
(2) Das Land fördert den ökologischen Landbau über § 16a hinaus insbesondere
durch die folgenden Maßnahmen:
1. Das Land bietet mit dem Programm „Beratung.Zukunft.Land“ Beratungsmodule
für landwirtschaftliche Unternehmen an, um die Umstellung auf eine Bewirtschaftung nach ökologischen Grundsätzen zu begleiten; Beratungsmodule wie

die Gesamtbetriebliche Biodiversitätsberatung oder Öko-Umstellung sollen
noch stärker in den Fokus gestellt werden;
2. Im Bereich der Bildung erfolgt die Förderung nach § 8 Absatz 4, im Bereich der
Beratung nach § 9 Absatz 2, der Vermarktung nach § 20 Absatz 4 und der Ernährung nach § 21 Absatz 1;
3. Das Land baut Demonstrationsbetriebe mit vorbildlichen Naturschutzmaßnahmen auf; Diese dienen als Anschauungsbetriebe für die ökologische und konventionelle Branche; Über den Aufbau eines Lernnetzwerks von Praktikern für
Praktiker und regelmäßige Feldtage wird der Austausch verstärkt;
4. Das Land erstellt einen Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg", in dem
Handlungsfelder und Maßnahmen formuliert und gebündelt sind; Dieser ist regelmäßig zu aktualisieren und fortzuschreiben;
(3) Forschungseinrichtungen und Landesanstalten sollen zukünftig neben der konventionellen Bewirtschaftung auch ökologisch bewirtschaftete Teilbetriebe führen,
um Versuchs- und Forschungsarbeiten für alle Landbauformen zu ermöglichen.
(4) Landeseigene Flächen werden bei künftigen Pachtverträgen vorrangig an Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen verpachtet, die auf den gepachteten Flächen
die Kriterien des ökologischen Landbaus einhalten.
(5) Die eigenbetrieblich bewirtschafteten Flächen des Landes, mit Ausnahme der
unter Absatz 3 genannten, werden in der Regel nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Ausnahmen müssen begründet werden.
(6) Näheres kann durch eine Verwaltungsvorschrift der zuständigen obersten Verwaltungsbehörden geregelt werden.
§ 17 b
Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes
(1) Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln wird bis zum
Jahr 2030 landesweit um 40 bis 50 Prozent der Menge reduziert werden.

(2) Die Reduktion der Pflanzenschutzmittel umfasst Maßnahmen in der Landwirtschaft, im Forst, im Haus- und Kleingarten, bei öffentlichen Grünflächen sowie im
Verkehrsbereich.
(3) Das zuständige Ministerium ermittelt jährlich den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln anhand der Daten eines repräsentativen Betriebsmessnetzes in der Landwirtschaft sowie durch Datenerhebung für die Bereiche Forst, Haus und Kleingarten, öffentliche Grünflächen und Verkehr. Dabei werden auch weitere qualifizierte
Daten berücksichtigt. Die Landwirtschaftsverwaltung wird in enger Zusammenarbeit mit der Praxis für die unterschiedlichen Betriebstypen und in den verschiedenen Regionen ein Netz von Muster- und Demonstrationsbetrieben aufbauen. In
diesen Betrieben sollen insbesondere praxistaugliche Maßnahmen zur Reduktion
von Pflanzenschutzmitteln als Diskussion- und Schulungsplattform etabliert werden.
(4) Das zuständige Ministerium berichtet dem Landtag jährlich in schriftlicher Form
über die Ergebnisse der Pflanzenschutzmittelreduktion und führt in den Jahren
2023 und 2027 jeweils eine umfassende Evaluierung durch. Der Bericht umfasst
auch eine Bewertung hinsichtlich des Risikopotenzials einzelner Wirkstoffe auf der
Basis der Risikobewertung des Kapitels 7 des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln der Bundesregierung vom 10. April
2013 (BAnz. AT 15.05.2013 B I).
(5) Ungeachtet von den spezifischen Landesvorgaben gelten die Ziele des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
§ 17 c
Integrierter Pflanzenschutz
(1) Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gemäß § 34 Absatz 1 Satz 2 NatSchG
erfolgt nach den Grundsätzen des Integrierten Pflanzenschutzes. Neben den allgemeinen Grundsätzen nach § 4 Absatz 6 sind dabei zusätzliche landesspezifische
Vorgaben zum Integrierten Pflanzenschutz einzuhalten. Ziel ist den Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Die landesspezifischen Vorgaben sind insbesondere:

1. die Einhaltung einer Fruchtfolge zur Vorbeugung von Fruchtfolgeschadorganismen,
2. die konsequente Bestandsbeobachtung auf Schadorganismen,
3. die Behandlung nach vorhandenen Prognosemodellen,
4. die Beachtung von vorgegebenen Schadschwellen,
5. die Verwendung von nützlingsschonenden Pflanzenschutzmitteln und
6. das Anlegen von Spritzfenstern zur Beurteilung der Behandlungsnotwendigkeit.
Darüber hinaus sollen innerhalb einer Übergangszeit von 5 Jahren Maßnahmen
zur kulturspezifischen Förderung von Nützlingen etabliert sowie eine Applikationstechnik mit hoher Abdriftminderung verwendet werden.
(2) Die Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen ist von den Betrieben zu dokumentieren und wird im Rahmen des landwirtschaftlichen Fachrechts kontrolliert.
(3) Näheres kann durch eine Verwaltungsvorschrift der obersten Landwirtschaftsbehörde geregelt werden.
§ 17 d
Refugialflächen
Das Land wird den Anteil an Refugialflächen mittelfristig landesweit auf mindestens
10 Prozent der Fläche je Landnutzungsart ausbauen. Ziel des Landes ist es, dass
jeder landwirtschaftliche Betrieb einen Mindestanteil von 5 Prozent an ökologisch
wirksamen Maßnahmen umsetzt. Welche Nutzungsformen oder Flächen als Refugialflächen anerkannt werden, wird durch eine Verwaltungsvorschrift der zuständigen obersten Landwirtschaftsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Naturschutzbehörde geregelt.“
7. § 20 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Eine Schlüsselrolle in der weiteren Entwicklung des ökologischen Landbaus
kommt der Vermarktung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen im Sinne
von Artikel 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2018/848 zu. Das Land wird die Entwicklung der Nachfragesteigerung gezielt unterstützen. Entsprechende Marketingkonzepte unter Berücksichtigung bestehender Anforderungen an die Prozess- und
Produktqualität werden entwickelt. Bereits laufende Projekte zur Vermarktung werden verstärkt.“
8. § 21 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden nach dem Wort „verbrauchergerechter“ die Wörter „und nachhaltig erzeugter“ eingefügt.
b) In Satz 2 wird das Wort „Gesundheitsvorsorge“ durch das Wort „Gesundheitsförderung“ ersetzt.
c) In Satz 3 wird das Wort „Aufklärung“ durch die Wörter „Bildung und Information“ ersetzt.
d) Es wird folgender Satz angefügt:
„Das Land verstärkt nachhaltige Essensangebote in Landeskantinen und wirbt
in Schulen für die Umsetzung einer nachhaltigen Schulverpflegung.“
9. § 29 Absatz 7 werden folgende Sätze angefügt:
„Soweit eine Aufgabe aufgrund ihrer überregionalen Bedeutung sachgerecht nur
landeseinheitlich wahrgenommen werden kann, kann die oberste Landwirtschaftsbehörde die Zuständigkeit an sich ziehen. Die Notwendigkeit landeseinheitlicher
Wahrnehmung ist in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.“
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Stuttgart, den

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg: