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Beschlussvorlage (Liquiditätshilfen der Stadt Lahr im Jahr 2021 an Unternehmen und Gewerbetreibende zur Bewältigung der Auswirkungen des Coronavirus)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Amt: 202
Singler

Datum: 01.12.2020 Az.: 963.1/968.4 Drucksache Nr.: 342/2020

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Haupt- und Personalausschuss

08.02.2021

vorberatend

nichtöffentlich

13 Ja-Stimmen
2 Nein-Stimmen
0 Enthaltungen

Gemeinderat

22.02.2021

beschließend

öffentlich

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

Haupt- und Personalamt
Abt. 10/101

Kämmerei

Stabsstelle
Recht

Betreff:

Liquiditätshilfen der Stadt Lahr im Jahr 2021 an Unternehmen und Gewerbetreibende zur Bewältigung der Auswirkungen des Coronavirus

Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt, den in Lahr tätigen Unternehmen und Gewerbetreibenden, die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich von den Auswirkungen des Coronavirus betroffenen sind bis zum
30.06.2021 bzw. 31.12.2021 weitere Liquiditätshilfen in Form von zinslosen
Stundungen der Grund-, Gewerbe- und Vergnügungssteuern, Gewährung von
Vollstreckungsaufschüben und dem Erlass von verwirkten Säumniszuschlägen
nach Maßgabe der nachfolgend dargestellten Voraussetzungen zu gewähren.

Anlage(n):
Anlage 0

BERATUNGSERGEBNIS

Sitzungstag:

Bearbeitungsvermerk

 Einstimmig  lt. Beschlussvorschlag  abweichender Beschluss (s. Anlage)
 mit Stimmenmehrheit

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

Drucksache 342/2020

Seite - 2 -

Angaben über finanzielle und personelle Auswirkungen
☐ Die Maßnahme hat keine finanziellen und personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen
☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50 T EUR und die dauerhaft entstehenden
Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20 T EUR
☒ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Tabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung enthalten oder als Anlage beigefügt
-In diesen Fällen ist die Tabelle nicht auszufüllenFinanzielle und personelle Auswirkungen (Prognose)
☐ Investition

Nicht investive
☐ Maßnahme oder
Projekt
Aufwand/ Einmalig
verminderter Ertrag
Ertrag / Einmalig verminderter Aufwand

Investition/
Auszahlung
Zuschüsse/Drittmittel
(ohne Kredite)
SALDO: FinanzieSALDO:
rungsbedarf:
Überschuss (+) /
Eigenmittel oder KrediFehlbetrag (-)
te
Folgekosten p.a. /
Aufwendungen und Erträge
Aufwand (inklusive Personalmehrkosten, s.u.) /
Verminderung von Ertrag
Ertrag /
Verminderung von Aufwand

2020

2021

2022

2023

2024 ff.

in EUR

Jährlich ab Inbetriebnahme /
nach Abschluss der Maßnahme in EUR

SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-)
Personalmehrbedarf (dauerhaft)
Entgeltgruppe/ BeArbeitgeberaufwand p.a.
Stelle / Bezeichnung
soldungsgruppe
(Lohn- und Nebenkosten) in EUR
1.
2.
3.
SUMME Personalmehrkosten (dauerhaft)
Ist die Maßnahme im Haushaltsplan berücksichtigt?
☐Ja, mit den angegebenen Kos☐Ja, mit abweichenden Kosten (Erläuterung in der Begründung)
☐Nein
ten
Ist die Maßnahme in der mittelfristigen Planung berücksichtigt?
☐Ja, mit den angegebenen Kos☐Ja, mit abweichenden Kosten (Erläuterung in der Begründung)
☐Nein
ten

Drucksache 342/2020

Seite - 3 -

Sachdarstellung:
Der Gemeinderat hat vor dem Hintergrund des ersten bundesweiten Lockdowns am
27.04.2020 mit Beschlussvorlage Nr. 84/2020 steuerliche Maßnahmen für in Lahr tätige Unternehmen zur Berücksichtigung des Coronavirus beschlossen. Die Stadt hatte sich dabei am Schreiben vom 19.03.2020 des Bundesministeriums der Finanzen
an die obersten Finanzbehörden orientiert. Die von der Stadt beschlossenen Maßnahmen sind bis zum 31.12.2020 begrenzt.
In der Folge haben bislang 96 Gewerbetreibende und Unternehmen Anträge auf
Stundungen im Bereich der Gewerbesteuer, Grundsteuer und Vergnügungssteuer
mit einem Volumen von fast 835.000 € gestellt. Neben den Anträgen auf Stundungen
wurden bei den Finanzämtern erfolgreich mehrere Hundert Anträge auf Herabsetzung der Gewerbesteuern gestellt. Das so herabgesetzte Gewerbesteueraufkommen
liegt bei deutlich mehr als 4 Mio. €. Im Laufe des Jahres gab es in einer Vielzahl von
Fällen später jedoch wieder Heraufsetzungen.
Mit dem zweiten (Teil-)Lockdown, der ursprünglich nur im November gelten sollte
und zwischenzeitlich verlängert und nochmal verschärft wurde, sind wieder zahlreiche Einrichtungen geschlossen worden. Die Schließung betraf beim anfänglichen
Teillockdown zunächst im Wesentlichen gastronomische Betriebe sowie Vergnügungsstätten. Später wurden durch den vollständigen Lockdown fast alle Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe geschlossen. Lediglich die Einzelhandelsgeschäfte, die der Nahrungsmittelversorgung dienen und Geschäfte, die Dinge
des täglichen Bedarfs anbieten, dürfen weiterhin geöffnet sein. Bei den von der
Schließung unmittelbar Betroffenen führt dies dazu, dass diese ihren steuerlichen
Pflichten wieder nicht nachkommen können. Dies traf zunächst in größerem Ausmaß
nur auf die Vergnügungssteuer zu. Zudem war in Teilen auch die Gewerbesteuer betroffen. Mit dem vor Weihnachten verkündeten weiteren Lockdown ist der Kreis der
betroffenen deutlich ausgeweitet worden. Nunmehr ist vermehrt und vorrangig die
Gewerbesteuer betroffen.
Neben den unmittelbar von den Schließungen Betroffenen gibt es auch mittelbar Betroffene und Betroffene, deren Gewerbe sich seit dem ersten Lockdown durch den
wirtschaftlichen Abschwung noch nicht adäquat erholten. Insbesondere durch den
zweiten Lockdown steigt das Aufkommen an Stundungsanträgen nun wieder deutlich
an. Die neuen Stundungsanträge reichen, teilweise sehr deutlich, bis ins Jahr 2021
hinein.
Nach derzeitiger Beschlusslage unterliegen diese Anträge nicht mehr den erleichterten Voraussetzungen und müssten grundsätzlich so bearbeitet werden, wie dies vor
Aufkommen der Coronapandemie üblich und geboten war. Die Antragsteller verbinden mit ihren Stundungsanträgen erneut die Erwartung, dass diese unbürokratisch
ohne allzu strengen Prüfmaßstab bearbeitet und vor allem, dass wiederum zinsfrei
gestundet wird.
Die Verwaltung sprach zunächst bei den Betreibern von Geld- und Unterhaltungsspielgeräten Stundungen für die Vergnügungssteuer aus, die bis ins Jahr 2021 reichen. Zudem steigen durch den weiteren Lockdown wiederum Stundungsanträge zur
Gewerbesteuer an, die aktuell ebenfalls bewilligt werden.
…

Drucksache 342/2020

Seite - 4 -

Vor dem Hintergrund, dass der Gemeinderat noch nicht über den Umgang mit den
Stundungszinsen entschieden hat, werden die separat davon zu treffenden Zinsentscheidungen zunächst zurückgestellt.
Das Bundeministerium der Finanzen hat sich in einem weiteren Schreiben am
22.12.2020 zu steuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung des Coronavirus geäußert. Darin werden den obersten Finanzbehörden folgende Empfehlungen für den
Umgang mit Stundungsanträgen für das Jahr 2021 ausgesprochen:
1. Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31. März 2021 unter Darlegung ihrer
Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zum 31. März 2021 fälligen Steuern
stellen. Die Stundungen sind längstens bis zum 30. Juni 2021 zu gewähren.
2. Über den 30. Juni 2021 hinaus können Anschlussstundungen für die bis zum 31.
März 2021 fälligen Steuern im Zusammenhang mit einer angemessenen, längstens bis zum 31. Dezember 2021 dauernden Ratenzahlungsvereinbarung gewährt werden.
3. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für (Anschluss-)Stundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Die Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im
Einzelnen nachweisen können.
Daneben finden sich in den Empfehlungen noch Regelungen zur Vollstreckung und
zu Herabsetzungen von Steuern.
Die Vorgabe des Bundesministeriums der Finanzen bindet die Kommunen nicht.
Deshalb ist auf lokaler Ebene erneut zu entscheiden, wie mit gestellten Anträgen
umzugehen ist und in welchem Umfang der Vorgabe gefolgt werden soll.
Die gesetzliche Grundlage für Stundungen und die Erhebung von Stundungszinsen
findet sich in §§ 234, 238 Abgabenordnung (AO). Demnach werden für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis Zinsen
erhoben. Die Zinsen betragen für jeden Monat 0,5 Prozent.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass diese gesetzliche Zinsregelung seit einigen Jahren
in Bezug auf die Gewerbesteuervollverzinsung massiv rechtlich angegangen wird. Im
Wesentlichen wird dabei die Höhe der Nachzahlungszinsen beanstandet. Teilweise
wurden in diesem Zusammenhang auch die Stundungs- und Aussetzungszinsen
schon angegriffen, die auf der gleichen gesetzlichen Grundlage wie die Nachzahlungszinsen erhoben werden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu steht schon länger aus.
Eine zinsfreie Stundung stellt faktisch einen Verzicht (=Erlass einer Forderung) dar.
Der Erlass von Forderungen ist in § 227 AO geregelt. Demnach können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen,
wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Bei einem Erlass nach der Abgabenordnung ist daher zu prüfen, ob sachliche und/oder persönliche Unbilligkeit vorliegt.
…

Drucksache 342/2020

Seite - 5 -

Bei der sachlichen Unbilligkeit ist die Unbilligkeit in der zu entscheidenden Sache
selbst begründet und daher unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Abgabenpflichtigen. Sie liegt vor, wenn das Ergebnis der Anwendung der gesetzlichen
Vorschrift, unter Benutzung der üblichen Auslegungsmethoden, die Besonderheiten
des Einzelfalls nicht angemessen berücksichtigt.
Ein Erlass aus persönlichen Gründen setzt Bedürftigkeit voraus. Entscheidend ist
dabei die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen. Bedürftigkeit liegt grundsätzlich
vor, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichtet würde oder ernstlich gefährdet wäre.
In Normalzeiten dürfte sowohl weder die sachliche noch die persönliche Unbilligkeit
gegeben sein, um zinsfrei zu stunden. Daneben ist zu bedenken, dass ein Erlassverfahren eine auf einem Antrag gestützte Einzelfallentscheidung ist. Dieser wird der aktuellen Lage nicht annähernd gerecht. Die Verwaltung schlägt daher vor, die Empfehlung des Bundesministeriums der Finanzen vollumfänglich umzusetzen. Dies umfasst
die generelle Zinsfreiheit der Stundungen, das unbürokratische Vorgehen sowie nicht
allzu strenge Anforderungen zu stellen.
Folgende Vorgehensweise wird demnach vorgeschlagen:
A. Stundung von Gewerbesteuer
Nach der Hauptsatzung ist der Oberbürgermeister ermächtigt Stundungen bis zu
einem Betrag von 100.000 € für die Dauer von 12 Monaten zu bewilligen. Zinsfreie
Stundungen sind hiervon nicht umfasst. Bei Übernahme der Empfehlungen sollen
Stundungen demnach auf Antrag zunächst bis zum 30.06.2021 zinsfrei ausgesprochen werden. Sollten Anschlussstundungen erforderlich werden, sind diese ebenfalls zinsfrei auszusprechen. In diesen Fällen sind Ratenzahlungen bis längstens
zum 31.12.2021 vorzusehen. Anträge sollen nicht deshalb abgelehnt werden, weil
die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen
nachweisen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sollen keine strengen Anforderungen gestellt werden (=erleichterte Verfahren).
B. Stundung von Grundsteuer
Das Bundesministerium hat seine Empfehlung mangels Zuständigkeit erneut nur
auf die Gewerbesteuer bezogen. Teilweise kommt es gibt es aber auch zu Betroffenheiten bei der Grundsteuer. Tatsächlich wurden auch hierauf gerichtete, nachvollziehbare Anträge gestellt. Die Grundsteuerforderungen sollen deshalb analog
zur Handhabung der Gewerbesteuerforderungen ebenfalls zinsfrei gestundet.
D. Stundung von Vergnügungssteuer
Gaststätten, Spielhallen sind explizit von der Verordnung des Landes wegen der
verfügten Schließung der Einrichtungen betroffen. Den Gewerbetreibenden fehlen
damit die Möglichkeiten Einnahmen zur Bezahlungen der Steuerforderungen zu generieren. Die in 2020 gestellten Stundungsanträge betreffen noch das dritte Quartal
2020. Das vierte Quartal 2020 ist für die Monate Oktober und November teilweise
auch betroffen. Die Steuerveranlagungen für dieses Quartal erfolgen voraussichtlich
im Februar 2021. Dann ist wieder mit neuen Stundungsanträgen zu rechnen. Die
Verwaltung empfiehlt hier eine zur Gewerbesteuer gleichgelagerte Vorgehensweise.
…

Drucksache 342/2020

Seite - 6 -

D. Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen im vereinfachten Verfahren
Bezüglich der Vollstreckungsmaßnahmen empfiehlt das Bundesministerium der Finanzen, für die Fälle, in denen bis zum 31. März 2021 aufgrund einer Mitteilung des
Vollstreckungsschuldners bekannt wird, dass der Vollstreckungsschuldner nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen ist, bis zum 30.
Juni 2021 von Vollstreckungsmaßnahmen bei bis zum 31. März 2021 fällig gewordenen Steuern abgesehen werden soll. In diesen Fällen sind die im Zeitraum vom 1.
Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021 entstandenen Säumniszuschläge grundsätzlich
zu erlassen. Bei Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung ist eine Verlängerung des Vollstreckungsaufschubs für die bis zum 31. März 2021 fälligen Steuern
längstens bis zum 31. Dezember 2021 einschließlich des Erlasses der bis dahin insoweit entstandenen Säumniszuschläge möglich.
Im Gegensatz zur Finanzverwaltung können die Kommunen dies nicht über eine Allgemeinverfügung regeln. Daher ist hierzu angesichts der zu erwartenden Höhe von
vorzunehmenden Erlassen eine Festlegung des hierfür zuständigen Gemeinderats
erforderlich. Gleichzeitig ist dazu eine Handlungsanweisung an die Verwaltung nötig.
Die Verwaltung schlägt in diesem Punkt ebenfalls die Anlehnung an die Empfehlung
des Bundesministeriums der Finanzen vor. Demnach sollen die entstandenen Säumniszuschläge unter den genannten Voraussetzungen erlassen werden.
Die finanziellen Auswirkungen lassen sich nicht verlässlich einschätzen, auch nicht
näherungsweise. Angesichts der außergewöhnlichen Lage mit den enormen Auswirkungen für die Betroffenen sind gemeinsame Anstrengungen aller Akteure erforderlich, um die Folgen der Coronapandemie abzufedern. Nur so wird ein wirtschaftlicher
Aufschwung nach der Pandemie gelingen können.
Die Verwaltung bittet den Gemeinderat um Zustimmung und Billigung der vorgeschlagenen Vorgehensweisen.

Markus Ibert
Oberbürgermeister

Jürgen Trampert
Stadtkämmerer