Informationsvorlage (Vergleichende Gegenüberstellung von Kunststoffwuchshüllen und neuem Alternativprodukt auf Naturbasis und dessen Verwendung im städtischen Forstbetrieb)
Vorlage: Vergleichende Gegenüberstellung von Kunststoffwuchshüllen und neuem Alternativprodukt auf Naturbasis und dessen Verwendung im städtischen Forstbetrieb
15. Juni 2021
Informationsvorlage (Vergleichende Gegenüberstellung von Kunststoffwuchshüllen und neuem Alternativprodukt auf Naturbasis und dessen Verwendung im städtischen Forstbetrieb)
Informationsvorlage (Anlage 0)
Informationsvorlage (Kunststofftubex_Beispielfläche)
Informationsvorlage (Naturtubex_Beispielfläche)
15. Juni 2021
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Informationsvorlage (Vergleichende Gegenüberstellung von Kunststoffwuchshüllen und neuem Alternativprodukt auf Naturbasis und dessen Verwendung im städtischen Forstbetrieb)
Informationsvorlage (Kunststofftubex_Beispielfläche)Informationsvorlage (Naturtubex_Beispielfläche)Informationsvorlage (Anlage 0)
Information Amt: 622 Brucker Datum: 10.02.2021 Az.: 62/622/Br Drucksache Nummer: 23/2021 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Umweltausschuss 15.06.2021 Zur Kenntnis öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Mitwirkung UB Amt 20 Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Stabstelle Recht Betreff: Vergleichende Gegenüberstellung von Kunststoffwuchshüllen und neuem Alternativprodukt auf Naturbasis und dessen Verwendung im städtischen Forstbetrieb Mitteilung: I. II. III. Der städtische Forstbetrieb wird für Neupflanzungen zukünftig alternative Produkte zu den bisher verwendeten Kunststoffwuchshüllen testen und verwenden. Sollten die Erfahrung damit keine wesentlichen Nachteile aufzeigen, ist die Verwendung der kunststofffreien Alternativen grds. für alle Neuanlagen anzustreben. Dem Umweltausschuss wird nach spätestens drei Jahren ein erster Erfahrungsbericht vorgelegt. Anlage(n): Anlage 0 Kunststofftubex_Beispielfläche Naturtubex_Beispielfläche BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 23/2021 Seite - 2 - Angaben über finanzielle und personelle Auswirkungen ☐ Die Maßnahme hat keine finanziellen und personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50 T EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20 T EUR ☐ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Tabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung enthalten oder als Anlage beigefügt -In diesen Fällen ist die Tabelle nicht auszufüllenFinanzielle und personelle Auswirkungen (Prognose) ☒ Investition Nicht investive ☐ Maßnahme oder Projekt Aufwand/ Einmalig verminderter Ertrag Ertrag / Einmalig verminderter Aufwand SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-) Investition/ Auszahlung Zuschüsse/Drittmittel (ohne Kredite) SALDO: Finanzierungsbedarf: Eigenmittel oder Kredite Folgekosten p.a. / Aufwendungen und Erträge Aufwand (inklusive Personalmehrkosten, s.u.) / Verminderung von Ertrag Ertrag / Verminderung von Aufwand SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-) 2020 2021 2022 2023 2024 ff. in EUR 2.750,-€ 13.750,-€ 13.750,-€ 13.750,-€ 13.750,-€ - 13.750,-€ - 13.750,-€ - 13.750,-€ - 13.750,-€ .. - 2.750,-€ Jährlich ab Inbetriebnahme / nach Abschluss der Maßnahme in EUR 3.500,- € (verminderte Entsorgungskosten im Jahr 2026) 17.500,-€/Jahr (verminderte Entsorgungskosten ab 2027) - 2.750,- € im Jahr 2021 - 13.750,-€ in den Jahren 2022- 2025) - 10.250 ,- im Jahr 2026 + 3.750,- €/Jahr nachhaltig ab 2027 Entgeltgruppe/ BeArbeitgeberaufwand p.a. soldungsgruppe (Lohn- und Nebenkosten) in EUR Personalmehrbedarf (dauerhaft) Stelle / Bezeichnung 1. 2. 3. SUMME Personalmehrkosten (dauerhaft) Ist die Maßnahme im Haushaltsplan berücksichtigt? ☒Ja, mit den angegebenen Kosten ☐Ja, mit abweichenden Kosten (Erläuterung in der Begründung) Ist die Maßnahme in der mittelfristigen Planung berücksichtigt? ☒Ja, mit den angegebenen Kosten ☐Ja, mit abweichenden Kosten (Erläuterung in der Begründung) ☐Nein ☐Nein Drucksache 23/2021 Seite - 3 - Sachdarstellung: I. Derzeitige Situation: Bei Neuanlagen mit Baumpflanzungen werden derzeit im städtischen Forstbetrieb Kunststoffwuchshüllen (Tubex) eingesetzt. Diese Methode ist derzeit Stand der Technik und erfüllt zwei Funktionen: 1. Die Jungpflanze kann im Tubex gut anwachsen und ist insbesondere vor Wildverbiss ausreichend geschützt. 2. Innerhalb der Tubex stellt sich ein grds. feuchtes Klima ein, welchen dem Wuchs der Pflanze förderlich ist. Die Jungpflanzen gedeihen dabei schneller. 3. Die Nettokosten pro Wuchshülle betragen derzeit 1,50 € und werden aktuell mit genau diesem Betrag für Stileichentrupppflanzungen im Auewald öffentlich gefördert, so dass der Stadt derzeit für die Wuchshüllen keine Materialkosten entstehen. 4. Eine Förderung für Naturtubex gibt es augenblicklich noch nicht. Die aktuell verwendeten Wuchshüllen bestehen aus Polypropylen (unverrottbarem Kunststoff) und werden mittels Kunststoffkabelbinder an einem Trägerholzstab befestigt. Die Tubex haben eine Sollbruchstelle, die bei erweitertem Dickenwachstum der Baumpflanze das „Aufsprengen“ der Tubexhülle erleichtert, damit sich der Baum im weiteren Wuchsstadium ungehindert ausdehnen kann. Er hat dann eine Größe erreicht, bei der ein Wildverbiss nicht mehr zu befürchten ist. Nach einigen Jahren, wenn die Bäume ihre Wuchshüllen allesamt aufgebrochen haben, werden die Kunststoffhüllen von den städtischen Forstarbeitern eingesammelt und werden einer geordneten Entsorgung zugeführt. Die Erfahrungen in den letzten Jahren haben hierbei folgende Nachteile gezeigt: 1. Das Demontieren und anschließende Einsammeln der Wuchshüllen ist zeitaufwändig und verursacht einen Entsorgungsaufwand, der mit mind. 3,50 €/Wuchshülle zu beziffern ist. 2. Die Demontage gestaltet sich sehr oft als schwierig, da dichter Unterwuchs teilweise in die Tubex mit eingewachsen ist. Ein sortenreines Aussortieren der Kunststoffhüllen ist zumeist gar nicht mehr möglich. 3. Durch die Witterungseinflüsse und das „Aufsprengen“ der Wuchshülle, sowie bei der Demontage ist es unvermeidlich, dass kleinere Kunststoffteilchen (Kabelbinder, Bruchstücke der Tubex) auf dem Waldboden verbleiben. Ein gewisser Teil an Microplastik ist ebenfalls unvermeidlich und bleibt auf Dauer auf der Waldfläche zurück. 4. Ästhetisch sehen die Neuanlagenfläche mit den zahlreichen Kunsttoffteilen der Tubex, die teilweise schon von den Bäumen abgelöst sind, nicht sehr schön aus und entsprechen nicht dem Anspruch des Forstbetriebes, den Waldanbau so ökologisch wie möglich zu garantieren. Derzeit werden auf städtischen Waldflächen für Neuanpflanzungen pro Jahr ca.5.000 Tubex verwandt. Das bedeutet bei einer möglichen Verweildauer der Tubex von ca. 10 Jahren eine Menge von 50.000 Kunststoffbehältern gleichzeitig im Stadtwald. Gerade bei den aktuell neu anzulegenden Versuchs-(Ersatz-)pflanzungen für klimaresilente Baumarten im Auewald ist es dem derzeit Verantwortlichen für das Lahrer Forstrevier, Herrn Holger Rappenecker, als unpassend erschienen, an diesen Stellen hektarweise Flächen mit Kunststoffbehältern zu versehen. Gerade hier ist nach seiner Ansicht ein umsichtiges und nachhaltiges Handeln gefragt. So positiv sich die Tubex-Pflanzungen auch auf das Waldwachstum auswirken, war die Verwendung des Kunststoffes im Naturraum Wald den städtischen Förstern nie angenehm. Drucksache 23/2021 II. Seite - 4 - Alternatives Angebot: Neuerdings werden auf dem Markt Wuchshüllen angeboten, die eine vollständige natürliche Verrottung garantieren und die aus 100% nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind. Das System basiert auf einem Furnierholzgeflecht, welches mit einem Baumwollvlies bespannt ist und damit die notwendige Stabilität und Schutzwirkung garantieren soll. Die Wuchshüllen werden mittels Holzkabelbinder an einem hölzernen Fixierstab montiert. Nach einer Zeit von ca. 6 – 8 Jahren verrotten sämtliche Bestandteile dieser Konstruktion auf dem Waldboden und werden dort in einem natürlichen Zersetzungsprozess hauptsächlich zu Humus, Kohlenstoffdioxid und Wasser. Herr Rappenecker hat diesbezüglich eingehend recherchiert, so dass dieses Produkt als geeignete Alternative angesehen werden kann. Diese Konstruktion erfüllt in Bezug auf Zu 1. (Verbissschutz) dem Grunde nach die gleiche Funktion. Zu 2. Wuchsförderliches Mikroklima evtl. nicht in vollem Umfang die Anforderungen wie der Plastikbehälter. Es ist noch nicht endgültig geklärt, ob ein feuchtes Kleinklima entsteht, da die Baumwollhülle diffusionsoffen ist und deshalb eher nicht die Feuchtigkeit innerhalb der Wuchshülle in dem Maß halten kann wie dies eine Kunststoffhülle garantiert. Demgegenüber kann in der Stoffhülle ein Hitzestau vermieden werden. Was dem Baumwachstum im Endeffekt zuträglicher ist kann noch nicht beurteilt werden, da es hier vergleichende Untersuchungen über ein gesamtes Baumalter hinweg mit beiden Methoden geben müsste; das gibt es allerdings noch nicht. Erste Erfahrungen anderer Kommunen (Zeitraum 2 Jahre) deuten darauf hin, dass es in der Jungphase der Pflanzen wohl eher keine Unterschiede gibt. Schlimmstenfalls würde ein Baum, der im „Naturtubex“ herangezogen wurde, nach Einschätzung der Förster, evtl. 2 -4 Jahre in seiner Entwicklung gegenüber einem „KunststofftubexGewächs“ hinter her hinken, was bei einem durchschnittlichen Baumalter von 80 Jahren als vollkommen unerheblich angesehen wird. Zu 3. Das Alternativprodukt ist noch relativ unbekannt und wird derzeit noch nicht für Eichentrupppflanzungen im Auewald gefördert. Der städtische Forst wird jedoch in dieser Richtung beim Amt für Waldwirtschaft intervenieren und um Unterstützung bitten, damit in Zukunft auch das umweltfreundliche Produkt gefördert werden kann. Was bei der derzeitigen Pflanzweise mit Kunststofftubex als Nachteil aufgezeigt wurde, kehrt sich beim Naturtubex zum Vorteil, nämlich: 1. Die aufwändige Demontage und das Einsammeln der Wuchshüllen kann unterbleiben, da sich die natürlichen Bauteile vollständig selbst zersetzen und auf dem Waldboden verbleiben können. 2. Da die Demontage vollständig entfällt kehrt sich der zunächst in der Beschaffung bestehende Kostennachteil somit in den bei der finanziellen Betrachtung weiter oben aufgeführten Kostenvorteil, den wir überschlägig pro Jahr bei 5.000 Stck. mit ca. 17.500,- € ermittelt haben. In den ersten 6 Jahren der Umstellung wären die erhöhten Anschaffungskosten zu beachten, die mit 68.000,- € kalkuliert sind. Ab dem sechsten Jahr wirken dann die geminderten Kosten für die Demontage, die sich dann in den Folgejahren fortsetzen (3.750,- €/Jahr), so dass nach 19 Jahren der investive Mehraufwand durch die eingesparten Demontagekosten aufgehoben wird. In den Folgejahren würde der Forstbetrieb vollumfänglich von den vermiedenen Demontagekosten finanziell profitieren. 3. Der Forst könnte damit dauerhaft und nachhaltig ein Eintrag von Kunststoff in den Wald vermeiden. 4. Ästhetisch passt eine Wuchshülle aus natürlichen Rohstoffen besser in einen Wald. Die rasch entstehende Patina auf dem Holzprokukt lässt die Flächen innerhalb kürzester Zeit sehr viel natürlicher erscheinen. Durch den schnelleren Verfall können die Neuanlagenfläche ihr Erscheinungsbild als unberührte Waldfläche eher wieder erlangen. Drucksache 23/2021 Seite - 5 - III. Fazit/Handlungsoption/Ausblick: Mit der jetzt auf dem Markt vorhandenen Alternative aus natürlichen Materialien kann die Stadt Lahr auch die Ziele "Beachtung nachhaltiger und sozialer Kriterien" der DA Vergabe umsetzen. Im Rahmen der DA Vergabe ist unter den am Markt befindlichen und für den vorgesehenen Verwendungszweck gleichwertig geeigneten Erzeugnissen beziehungsweise Dienstleistungen das Angebot zu bevorzugen, das bei der Herstellung, im Gebrauch und/oder in der Entsorgung die geringsten Umweltbelastungen hervorruft. Der Forstbetrieb hat für Neuanpflanzungen im Jahr 2021 versuchsweise eine Charge von 1.000 Naturtubex bestellt und wird diese auf Neuanlageflächen im Auewald ausbringen. In den Folgejahren soll diese versuchsweise Ausbringung verstetigt werden, damit der Forstbetrieb ausreichend Erfahrung sammeln kann, um dann ggf. für die weitere Zukunft vollständig auf Naturtubex umzustellen (ca. 5.000 Stck./Jahr). Der Forstbetrieb verspricht sich von einer Umstellung die o.g. Vorteile und befürchtet allenfalls marginale Nachteile in einer minimal verlängerten Wuchszeit. Da sich der Forstbetrieb Stadt Lahr auch immer als Vorbild für andere Waldeigentümer sieht (Privatwaldeigentümer , Staats- oder Kirchenforstflächen) hoffen wir bei positiven Erfahrungen auch andere Forstbetriebe in Lahr für dieses System gewinnen zu können und damit flächendeckend Kunsttofftubex aus Lahrer Wäldern verbannen zu können. Die erwartete „Amortisationszeit“ von 19 Jahren erscheint der Verwaltung im Hinblick auf den gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen dieser Maßnahme als akzeptabel. Sollte sich diese Neuentwicklung durchsetzen ist davon auszugehen, dass eine öffentliche Förderung für dieses Produkt möglich erscheint, was die finanzielle Betrachtung dann natürlich nochmals stark ins Positive verrücken würde. Bei einer der nächsten Waldbegehungen würden wir die Mitglieder des Stadtrates gerne wieder über dieses Projekt informier und unsere Erfahrungen mitteilen. Tilman Petters Bürgermeister Ralph Brucker