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Beschlussvorlage (3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013)

                                    
                                        Jahresbericht des Projektjahres 2013
des Projektes
„Viel-Stimmig!“
der Stadt Lahr im Rahmen des Programmes
„Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration“
Berichtszeitraum: 01.01.2013 – 31.12.2013

Projektleitung und Kontakt:
Andreas May
Stadt Lahr - Bürgerzentrum K2
Gemeinwesenarbeit Lahr-West
Kanadaring 2, 77933 Lahr
Telefon: 07821 - 94082 / 94086
E-Mail: Andreas.May@lahr.de

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Einleitung
Das Projekt „Viel-Stimmig!“ des Programms „Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration“
der Baden-Württemberg Stiftung in Kooperation mit dem Ministerium für Integration
(Az 1.45400.12) wurde am 01.01.2013 offiziell gestartet. Die Projektleitung und
Projektdurchführung obliegt der Gemeinwesenarbeit Lahr-West des Amtes für
Soziales, Schulen und Sport der Stadt Lahr und wird in enger Abstimmung und
Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern vorgenommen.
Zentrales Ziel des Projektes ist zum einen die Steigerung der Wahlbeteiligung bei
Personen mit und ohne Migrationshintergrund bei politischen Wahlen (Bundestagsund Oberbürgermeisterwahl 2013, Kommunalwahl und Europawahl 2014) und zum
anderen die Erhöhung des Migrantenanteils in lokalen politischen Gremien und
Parteien im Zuge eines politischen Empowerments.
Über die genaue Projektkonzeption und die geplante Projektumsetzung geben der
Projektantrag sowie die beim ersten Zwischenbericht zur Verfügung gestellte PowerPoint-Präsentation einen umfänglichen Überblick, so dass an dieser Stelle auf
weiterführende Erläuterungen verzichtet werden kann. Im Folgenden wird nun der
bisherige Verlauf des Projektes im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013
skizziert und dargestellt.

Projektstart und Projektverlauf 2013
In den ersten Wochen und Monaten 2013 stand zunächst einmal eine recht
zeitintensive „Vorstellungsrunde“ des Projektes „Viel-Stimmig!“ bei allen potentiellen
Kooperationspartnern und Multiplikatoren auf dem Programm. Neben einer Vielzahl
von Einzelpersonen waren dies zum Beispiel:
- Lahrer Stadtverwaltung und Verwaltungsspitze
- Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. (Ortsgruppe Lahr)
- Gemeinderat der Stadt Lahr
- Interkultureller Beirat der Stadt Lahr
- Scheffel-Gymnasium Lahr
- Otto-Hahn-Realschule

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- Netzwerk „Migration und Integration“
- Wohngebietsrunde Kanadadring
- Ortsverwaltungen Kippenheimweiler und Langenwinkel
- Jugendgemeinderat
- Rektorenkonferenz
- Bürger Aktiv Lahr e. V. (Migrantenselbstorganisation)
- Volkshochschule Lahr
- Ortschaftsrat Langenwinkel, Kippenheimweiler und Hugsweier
- lokale Pressevertreter (Badische Zeitung, Lahrer Zeitung)
Die Resonanz und Rückmeldungen in den verschiedenen Gremien und Einrichtungen war durchweg positiv; lediglich bei den Ortschaftsräten von Langenwinkel,
Kippenheimweiler und Hugsweier gab es einige Bedenken bzgl. der Ambitionen und
Umsetzbarkeit der Projektziele, da dort zum Teil noch die negativen Erfahrungen
bzgl. der Aktivierungs- und Mobilisierungsmöglichkeiten bei Personen mit Migrationshintergrund zu überwiegen scheinen. Insgesamt erklärten sich erfreulicherweise alle
bereit, gemäß den jeweiligen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, aktiv bei dem
Projekt

mitzuwirken.

Die

beiliegenden

Zeitungsartikel

dokumentieren

diese

Anfangsphase des Projektes z. T. recht ausführlich und gewährleisten somit einen
exemplarischen Überblick.
Bei der konkreten Planung, Ausgestaltung und Umsetzung der einzelnen Projektbausteine im Jahr 2013 konnten sich die verschieden Akteure und Kooperationspartner
ganz unterschiedlich in das Projekt einbringen und dieses entscheidend mitbestimmen und prägen.
Besonders großes Engagement legte dabei der Interkulturelle Beirat an den Tag:
Im Zuge eines Work-Shops am 23.03.2013 wurde hier eine Arbeitsgruppe „VielStimmig!“ gebildet, welche sich 2013 mehrmals traf und insbesondere die verstärkte
Mobilisierung von Personen mit Migrationshintergrund zur Teilnahme an den
Bundestags- und Oberbürgermeisterwahlen am 22.09.2013 anvisierte. Hierfür
wurden eigens mehrsprachige Plakate und Werbebanner erstellt, die zur Teilnahme
an den Wahlen animieren sollten. Zudem wurde in Kooperation mit der Lokalpresse
auch eine Interview-Reihe erstellt, die der Frage nachging, weshalb man wählen
gehen sollte (vgl. hierzu die beiliegenden Presseartikel). Bei einem Wohngebietsfest

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am 07.09.2013 im Wohngebiet Kanadaring bot der Interkulturelle Beirat zudem einen
Info-Stand zur Bundestagswahl an, bei dem man mit Hilfe des Wahl-O-Mats auch die
jeweiligen politischen Präferenzen und Standpunkte genauer ausloten konnte.
Auch der Ortsverein der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V.
setzte sich mit Unterstützung des Projektes „Viel-Stimmig!“ für ein politisches
Empowerment von Personen mit Migrationshintergrund ein. So konnte z. B. einer
Gruppe von jugendlichen Spätaussiedlern/-innen eine Teilnahme an politischen
Bildungsseminaren der Konrad-Adenauer-Stiftung ermöglicht werden. Einige der
Teilnehmer/-innen werden infolgedessen nun bei den kommenden Gemeinderatswahlen 2014 tatsächlich kandidieren und haben sich zudem innerhalb der Partei um
einen aussichtsreicheren Listenplatz bemüht. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013
war die Landsmannschaft zudem ebenfalls sehr bestrebt, durch persönliche
Ansprache und verschiedene Veranstaltungen die Wahlbeteiligung zu verbessern.
Im schulischen Bereich existiert auch ein großes Interesse bzgl. einer Mitwirkung
an dem Projekt. Allerdings benötigte der organisatorische Vorlauf hier - wie erwartet doch etwas mehr Zeit, so dass die konkreten Kooperationen und Aktivitäten nun
Anfang 2014 mit der Otto-Hahn-Realschule sowie mit einer 8. und 10. Klasse des
Scheffel-Gymnasiums begonnen werden. Für Schulklassen ab der Klassenstufe 8
konnte überdies mit der Landeszentrale für politische Bildung für Mai 2014 die
Durchführung eines kommunalpolitischen Planspieles vereinbart werden. Und auch
die Lahrer Volkshochschule wird sich ab dem Programmjahr 2013/2014 in das
Projekt „Viel-Stimmig!“ einklinken und mehrere Seminare für junge Erstwähler und
bisherige Nichtwähler anbieten.
Der Jugendgemeinderat der Stadt Lahr ist ebenfalls bei „Viel-Stimmig!“ mit dabei
und startete in Abstimmung mit dem städtischen Kinder- und Jugendbüro auf seiner
Facebook-Seite einen Wahlaufruf zur Teilnahme an der Bundestags- und
Oberbürgermeisterwahl 2013. Zusätzlich hatten einige der Jugendgemeinderäte
auch Interesse bekundet, als Wahlhelfer aktiv zu werden. Nachdem im Dezember
2013 die Neuwahlen des Jugendgemeinderats anstanden und durchgeführt wurden,
wird man mit den neuen Jugendvertreter/-innen nun 2014 sicherlich weitere
spannende Ideen und Maßnahmen planen und umsetzen können.

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Dem Verein Bürger Aktiv Lahr und der evangelischen Luthergemeinde ist auch
sehr viel daran gelegen, die politische Teilhabe und Mitbestimmung von Migranten/innen entscheidend zu verbessern. In enger Kooperation mit „Viel-Stimmig!“ wurde
infolgedessen ein Bürger-Forum zur Bundestagswahl 2013 geplant und organisiert,
welches am 21.08.2013 stattfand. Die Kandidatinnen und Kandidaten der im
Bundestag etablierten Parteien des Wahlkreises Emmendingen/Lahr standen hier
den Bürgerinnen und Bürger im Zuge einer moderierten Diskussionsrunde zu
Themen wie Integration, Soziale Gerechtigkeit und Zukunftssicherung ausführlich
Rede und Antwort (vgl. beiliegende Zeitungsartikel). Zudem engagierten sich auch
einige Mitglieder von Bürger Aktiv Lahr mit großem Zeitaufwand für eine
Verbesserung

der

Wahlbeteiligung,

indem

sie

unterstützungsbedürftigen

Migrantinnen und Migranten beim Vollzug der Briefwahl behilflich waren.
2013 wurden in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung auch
zwei Seminare „Kommunalpolitik für Migrantinnen und Migranten“ angeboten und
durchgeführt. Thematisch ging es im ersten Seminar um ein niederschwelliges
Kennenlernen der lokalen politischen Akteure und der jeweiligen potentiellen
Mitwirkungsmöglichkeiten. Im zweiten Seminar wurde mit Hilfe eines politischen
Planspieles der politische Aushandlungsprozess verdeutlicht und probeweise
eingeübt. Beide Seminare waren gut besucht und für die Teilnehmer/-innen sehr
informativ und lehrreich.
Des Weiteren wurde 2013 auch zweimal ein Besuch des Landtages BadenWürttembergs organisiert und durchgeführt (Besuch des Integrationsausschusses
und einer Anhörung zum Wahlrecht für EU-Bürger) sowie eine Wanderausstellung
des Deutschen Bundestages in der Volksbank Lahr zum Anlass genommen,
interessierte Migrantinnen und Migranten mit den demokratischen Institutionen und
Verfahren vertrauter zu machen. Eine Anfrage zum Besuch des Europäischen
Parlamentes wurde ebenfalls erfolgreich auf den Weg gebracht, so dass man im
April 2014 nun mit einer größeren Gruppe diese wichtige Europäische Institution
genauer kennenlernen kann. Zudem ist auch eine politische Bildungsfahrt nach
Berlin geplant, die wohl ebenfalls 2014 durchgeführt werden kann.

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Jahresbilanz 2013 und weitere Planungen
Das Projekt „Viel-Stimmig!“ konnte 2013 erfolgreich gestartet und etabliert werden.
Erfreulicherweise erklärten sich von Anfang an viele verschiedene Personen,
Gremien und Einrichtungen bereit, sich aktiv in das Projekt einzubringen und an der
Erreichung der ja ambitionierten Projektziele mitzuwirken, so dass man im Grunde
schon diese „Aktivierung“ von diversen Mitstreitern und Multiplikatoren als ein erstes
geglücktes „politisches Empowerment“ bezeichnen darf.
Trotz der vielfältigen Anstrengungen und Maßnahmen zur Steigerung der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013 (Wahlaufrufe, Plakatierungen, Wahl-O-MatAktion, Bürger-Forum, Zeitungsinterviews, Info-Stand beim Mieterfest, BriefwahlHelfer, u. v. a. m.) ließ sich allerdings die Wahlbeteiligung in Lahr leider nicht
sonderlich verbessern: Mit nur 58,1 Prozent sank diese gesamtstädtisch sogar noch
um 1,1 Prozent im Vergleich zum Ergebnis von 2009. In den für „Viel-Stimmig!“
besonders relevanten Wohngebieten Kanadaring (- 3,1%) und Schornsiedlung (- 3,8
%) sank die Wahlbeteiligung ebenfalls, während diese zumindest im Ortsteil
Langenwinkel (+ 1,6 %) leicht anstieg.
Insofern ist eine eindeutige Bilanzierung hier nur sehr schwierig vorzunehmen: Der
Interpretationsmöglichkeit, dass nahezu sämtliche Bemühungen quasi wirkungslos
„verpufft“ sind, kann entgegengehalten werden, dass ohne diese Bemühungen die
Wahlbeteiligung eventuell sogar noch schlechter ausgefallen wäre. Schlussfolgern
kann man sicherlich, dass eine bloße „Aufklärungskampagne“ bzgl. des konkreten
Wahlvorganges (was? wann? wo? wie? wer?) zur Steigerung der Wahlbeteiligung
nicht hinreichend ist und dass hierfür wohl eine tiefergreifende und umfassende
politische Bildungsarbeit von Nöten wäre.
Des Weiteren spielt in diesem Zusammenhang sicherlich auch der jeweilige Ausprägungsgrad des sozio-ökonomischen Status und des individuellen Bildungsniveaus
eine ganz entscheidende Rolle. Unter dem Stichwort „Prekäre Wahlen“ liegt hierzu
mittlerweile eine äußerst interessante Bertelsmann-Studie vor (Prekäre Wahlen –
Milieus und soziale Selektivität der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013),
die wissenschaftlich belegt, dass überdurchschnittlich viele der sogenannten
„Wahlverweigerer“ aus sozial schwachen Milieus stammen. Das Resümee der Studie
lässt sich gewiss auch auf Lahr und insbesondere auf die Wohngebiete Kanadaring
und Schornsiedlung übertragen: „Je schwieriger die soziale Situation in einem
Stadtviertel, desto niedriger die Wahlbeteiligung. Wahlmüde sind vor allem

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Menschen in sozial schwachen Regionen, in denen die Arbeitslosigkeit hoch, die
Wohnverhältnisse schlechter, der Bildungsgrad und die Kaufkraft niedrig sind.“

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Ein besonderes Highlight war im ersten Projektjahr natürlich die Organisation und
Durchführung des Bürger-Forums im Gemeindehaus der Luthergemeinde (s. o.). Bei
dieser Veranstaltung konnte eine Vielzahl von Migrantinnen und Migranten erstmalig
live eine spannende politische Diskussionsrunde mitverfolgen und sogar persönlich
mit den Bundestags-Kandidaten ins Gespräch kommen. Aber auch die vermeintlich
kleineren Dinge, die das Projekt mitangestoßen hat, sollten nicht übersehen werden,
so zum Beispiel die überaus gelungene Interview-Serie in der Badischen Zeitung
(vgl. die beiliegenden Zeitungsartikel) oder die Seminarreihe „Kommunalpolitik für
Migrantinnen und Migranten“.
Stellt man infolgedessen in Rechnung, dass das Projekt erst ein Jahr am Laufen ist
und zudem nicht gerade einfache Zielsetzungen verfolgt, kann man mit dem ersten
Projektjahr insgesamt zufrieden sein.
Auch die nächsten Projektschritte sind bereits detaillierter geplant und vorbereitet (z.
B: Besuch des Europa-Parlamentes und des Bundestages, Start der konkreten
Kooperation mit den Schulen und der VHS, diverse Aktionen und Maßnahmen in
Hinblick auf die Kommunal- und Europawahlen 2014, Kommunalpolitisches Planspiel
in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, Info-Bus der
Landesregierung zur Europawahl, Fortführung der Seminarreihe „Kommunalpolitik für
Migrantinnen und Migranten“, usw.), so dass das Projekt auch 2014 einen relativ
guten Verlauf zu nehmen vermag.
Grundsätzlich ist das Projekt dabei natürlich weiterhin in elementarer Weise auf eine
gute Mitwirkung und Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kooperationspartnern
und Multiplikatoren angewiesen. Dies verlangt von vielen ein hohes Maß an
zusätzlichem Engagement und ehrenamtlicher Mitarbeit, welches hoffentlich über die
gesamte Projektdauer erbracht werden kann.
Zu berücksichtigen ist hierbei auch der hohe zeitliche Aufwand des Projektes: Die
Organisation, Leitung und Durchführung des Projektes profitiert zwar sehr davon,
dass die Gemeinwesenarbeit Lahr-West bereits seit vielen Jahren ein fester und
unverzichtbarer Bestandteil der Lahrer Integrationsarbeit ist und infolgedessen eben
auch sehr gut in den lokalen Netzwerken bekannt und präsent ist. Gleichwohl hat das
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www.spiegel.de/politik/deutschland/datenlese-deutschland-die-zwei-klassen-demokratie-a-938299.html

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Projekt bislang doch sehr viel mehr Zeit beansprucht als ursprünglich veranschlagt.
Insofern ist hier zukünftig doch noch stärker auf ein optimiertes Zeit- und
Ressourcenmanagement zu achten, welches insbesondere auch die Aufwändigkeit
der einzelnen Projektbausteine genauer analysiert und im Blick behält.

Gez.: Andreas May, 20.01.2014