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Beschlussvorlage (Stadttauben IV- mögliche Vorgehensschritte)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Federführende Stelle: 602
Sachbearbeitung: Sottru

Drucksache Nr.: 26/2022
Az.: 60/602

An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Vorlagenkonferenz

11.05.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Vorlagenkonferenz

18.05.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Umweltausschuss

14.07.2022

beschließend

öffentlich

Gemeinderat

18.07.2022

beschließend

öffentlich

Betreff:
Stadttauben IV- mögliche Vorgehensschritte

Beschlussvorschlag:
Das Gremium sieht die Einrichtung eines Taubenhauses unter städtischer Regie nicht als
vorrangige freiwillige Aufgabe. Da davon ausgegangen werden muss, dass eine wirksame
Unterbindung der unerlaubten Fütterungen nicht umsetzbar sein wird, bestehen auch von
dem hinzugezogen Fachmann Zweifel am leistbaren Effekt zur Reduktion der Taubenpopulation in der Stadt.

Zusammenfassende Begründung:
Im Umweltausschuss im Dezember 2021 gab es das Ergebnis: "Der Umweltausschuss
schlägt vor, dass die Stadtverwaltung eine Vorlage mit verschiedenen Arbeitspaketen erarbeitet (u.a. Bestandserfassung, Gutachten, Projektplan, Personalplan), damit auf dieser
Basis über das weitere Vorgehen stufenweise entschieden werden kann."

Begründung für eine nichtöffentliche Beschlussfassung im Gemeinderat:

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Sachdarstellung
Aktuelle Situation und Handlungsnotwendigkeit:
Von der Verwaltung wird keine Handlungsnotwendigkeit gesehen.
Zielsetzung:
Der Antrag der Fraktion Linke Liste Tierschutzpartei beinhaltet, dass die Stadt Lahr ein Taubenhaus
einrichtet und gegebenenfalls auch unterhält.
Maßnahmen:
1.
2.
3.
4.

Ermittlung des Taubenbestandes
Einrichtung einer 20 % Stelle als Taubenbeauftragter
Einrichtung einer 30 % Stelle als Pflegeperson für das Taubenhaus.
Beauftragung einer Fachfirma zum regelmäßigen Abfangen der Tauben in der Innenstadt (2
Jahre)
5. Bau- und Betrieb eines Taubenhauses in oder bzw. auf einer städtischen Liegenschaft

Alternativ geprüfte Maßnahmen:
Situation belassen

Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen:
Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen
Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in
der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt
Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50.000 EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20.000
EUR
Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen mehr als 50.000 Euro und/oder die dauerhaft
entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich mehr als
20.000 Euro
Einmalige (Investitions-)Kosten

2022

15000

2025

180000

Jährlich ab Inbetriebnahme /
nach Abschluss der Maßnahme in EUR

Jährliche Folgekosten

Ertrag /
Verminderung von Aufwand

2024
in EUR

Aufwand / Einmalig verminderter Ertrag / Investition / Auszahlung
Ertrag / Einmalig verminderter Aufwand / Zuschüsse / Drittmittel (ohne Kredite)
SALDO:
Überschuss (+) / Fehlbetrag (-)

Aufwand (inkl. dauerhafter Personalmehrkosten) / Verminderung von Ertrag

2023

25.000

2026 ff.

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SALDO:
Überschuss (+) / Fehlbetrag (-)
Davon: Dauerhafter Personalmehrbedarf
Stellenbezeichnung, Umfang

Entgelt-/ Besoldungsgruppe

Jährlicher Arbeitgeberaufwand
(Lohn- und Nebenkosten) in EUR

1.
2.

SUMME

25.000

Finanzierung:
Ist die Maßnahme im Haushaltsplan berücksichtigt?
Ja, mit den angegebenen Kosten

Ja, mit abweichenden Kosten

Nein

Ist die Maßnahme in der mittelfristigen Planung berücksichtigt?
Ja, mit den angegebenen Kosten

Ja, mit abweichenden Kosten

Nein

Begründung:
Das erste Mal hat die Verwaltung In der Vorlage 03/2012 über die Stadttauben in Lahr informiert.
Unter anderem wurde Folgendes berichtet:
Die Größe des Taubenbestandes in Lahr ist schwer abzumessen. Die Schätzungen des Taubenbestandes in der Stadt reichen derzeit von ca. 50 bis 60 Tauben bis zu ca. 450 Tieren
(pauschale Annahme mit ca. 1% der Stadtbevölkerung). Die genaue Zahl sowie die Frage, ob
der Tierbestand noch ortsüblich ist und/oder sich überhaupt wirkungsvoll reduzieren ließe,
müsste ggf. durch ein Fachgutachten geklärt werden. Der Landestierschutzbeirat Baden-Württemberg beim Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum hat 2005 Handlungsempfehlungen zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten formuliert. Hierin wird grundsätzlich
auf Seite 2 festgestellt, dass „jedes systematische Eingreifen in den Taubenbestand mit erheblichem Aufwand hinsichtlich der Lösung fachlicher Fragen sowie der Kommunikation und
Zusammenarbeit mit Interessengruppen und berührten Stellen und ggf. erheblichen Kosten
verbunden ist. Deshalb ist zunächst die zentrale Frage zu beantworten, ob ein solches Eingreifen tatsächlich erforderlich ist.“ Diese Betrachtung des Kosten-Nutzen-Effektes gilt es nun
erneut zu diskutieren. Grundsätzlich ist die Regulierung des Taubenbestandes eine Daueraufgabe, die u.a. aufgrund der Standorttreue der Tauben zu ihren Brutstätten erst langfristig Erfolge bringt.
Der Landestierschutzbeirat empfiehlt folgendes Vorgehen:
1. Bestandserhebung und –bewertung
2. Einbindung aller Beteiligten in geeignetem Forum/Ansprechpartner
3. Gezielte Betreuung vorhandener Taubenschwärme
4. Begrenzung des Futterangebots, kontrollierte Fütterung
5. Begleitende Maßnahmen (Öffentlichkeitsarbeit, Kontrollen)
6. Sonstige Maßnahmen
Zu 1. Bestandserhebung und –bewertung:
Im Zuge einer fachkundigen Bestandserhebung und Begutachtung sollten die Anzahl und
Hauptaufenthaltsorte, das Angebot an Brutmöglichkeiten, das Futterangebot und der Gesund

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heitszustand der Tiere ermittelt werden. Darauf aufbauend sollen der tatsächliche Eingriffsbedarf bewertet werden und konkrete Lösungsvorschläge unterbreitet werden. Weiterhin sollte
die langfristige Kontrolle der Bestandsentwicklung durch wiederholte Erhebungen vorgesehen
werden.
Für Lahr könnte eine solche Erhebung z.B. vom Biologen Dr. Martin Boschert (Büro Bioplan,
Bühl) erarbeitet werden. Die Kosten hierfür werden abhängig vom genauen Auftragsumfang
mit 6.500 € bis 10.000 € angegeben. Der Gesundheitszustand der Tiere müsste von einem
Veterinär ermittelt werden.
Zu 2. Einbindung aller Beteiligten in geeignetem Forum/Ansprechpartner
Hierfür sollte ein möglichst ehrenamtlicher Ansprechpartner benannt werden, der alle Aktionen und die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten koordiniert. Dieser ist weiterhin auch für
die erforderliche intensive Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Hierfür ist
besonders in der Anfangsphase von einem nicht unerheblichen Zeitaufwand auszugehen.
Zu 3. Gezielte Betreuung vorhandener Taubenschwärme.
Zur Brutregulierung der Tauben muss den Tauben ein attraktiver Platz zum Brüten angeboten werden. Als wichtigste Maßnahme wird hier das Einrichten von gut erreichbaren Taubenhäusern, Taubentürmen oder Taubenschlägen (z.B. im Dach von Gebäuden) an lokalen
Brennpunkten empfohlen. Die Taubenhäuser oder -schläge bieten spezielle Nistkammern an,
außen sind geeignete Anflugbretter/Sitzmöglichkeiten so anzubringen, dass eine unerwünschte Verschmutzung der Umgebung weitestgehend vermieden wird.
Damit Taubenschläge angenommen werden, müssen alle Idealvoraussetzungen erfüllt werden. Zwei bis drei Mal pro Woche müssen hier bei Kontrollen die Gelege durch Gipseier ausgetauscht und der anfallende Kot entfernt werden. Es muss eine regelmäßige Fütterung und
das Auffüllen von Trinkwasser angeboten werden. Kranke Tauben müssen behandelt werden. Mindestens drei- bis viermal jährlich ist eine intensive Grundreinigung und Desinfektion
durchzuführen. Diese Unterhaltungsarbeiten sind z.T. mühsam und können nur mit Schutzanzügen durchgeführt werden, so dass sich in vielen Städten keine ehrenamtlichen Helfer
hierfür finden lassen.
Ein Dachboden, in dem ein Taubenschlag eingerichtet werden könnte, sollte in einer Höhe
zwischen 10 und 20 Metern liegen. Es wird i.d.R. eine Größe von min. 20 – 25 m² Bodenfläche angestrebt, die ca. 100 Tauben Platz bietet. Der Taubenschlag muss fugendicht und bequem zugänglich sein, einen Stromanschluss und möglichst einen Vorraum als Lagerraum
bieten. Das Gebäude muss langfristig genutzt werden können. Eine geschützte Einflugöffnung muss eingebaut werden können. Günstig wäre auch eine zweite Lüftungsöffnung Ein
Taubenschlag kann nur dort eingerichtet werden, wo sich bislang schon Tauben aufgehalten
haben. Zeitgleich muss das Angebot anderer Brut- und Futterplätze deutlich reduziert werden. Es besteht die Möglichkeit, dass durch dieses Angebot weitere Tauben angelockt werden. Grundsätzlich sind bei der Suche nach einem Standort die hygienischen Belange zu bedenken, d.h. dass eine solche Einrichtung in der Nachbarschaft von gastronomischen Betrieben oder Arztpraxen problematisch sein kann. Auch die Einrichtung in Wohngebäuden
könnte größere Konflikte hervorrufen und sollte ausgeschlossen werden.
In Vorlage 316/2020 hat sich die Verwaltung auf Antrag der Partei Linke Liste und Tierschutzpartei
erneut mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Verwaltung wurde im genannten Antrag beauftragt,
mögliche Standorte für ein Taubenhaus/ Taubenschlag zu benennen und die Kosten zu beziffern. Im
Gremium wurden die vom Fachamt benannten Kosten für Bau und Unterhalt angezweifelt und auf die
Möglichkeit ehrenamtlich tätiger Taubenhausbetreuer hingewiesen. Da die Aussagen der Verwaltung

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hinsichtlich Einrichtung und Betrieb eines Taubenhauses und dessen Auswirkungen auf den lokalen
Bestand bezweifelt wurde, wurde der Vortrag eines externen Fachmanns gewünscht.
Diesem Wunsch ist die Verwaltung am 09.12.2021 nachgekommen. Geladen wurde Herr Frank Wilm
von der Firma ASTUM (Art-u. Tierschutzgerechte Stadttaubenumsiedlung) in Regensburg, unter dessen Regie bereits mehrere Taubenhäuser betrieben werden, deren Erfolg auch dokumentiert ist.
Ergebnis dieser Sitzung:
Ein kontrollierter – reduzierter - Taubenbestand in einer Stadt ist möglich. Hierzu sind folgende Bedingungen zu erfüllen:
• Ermittlung der Bestandsgröße auch um die erforderliche Größe des Schlages zu bestimmen.
• Zumindest in der Anfangszeit regelmäßiges Abfangen der Tiere und Einbringungen in einen
– zunächst – geschlossenen Taubenschlag.
• Einrichtung eines Taubenschlages in Entfernung möglichst nicht weiter als 300 m.
• Taubenschlag an einem sicheren, gut zugänglichen Ort, auf oder in einem Gebäude.
• Taubenschlag mit Vorbereitungsraum, Innenraum und Freiflugvoliere
• Betreuung durch Fachmann, Ehrenamt lediglich als Zuarbeit geeignet. Strenge Hygienerichtlinien wegen übertragbarer Virosen und anderer Krankheiten.
• Stelle eines Taubenbeauftragten bei der Stadt zur Koordination und regelmäßigen Aufklärungskampagnen.
• Keine wilden Fütterungen mehr in der Stadt.
• Verhinderung von Nistmöglichkeiten
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann auch langfristig ein kontrollierter – reduzierter –
Taubenbestand in der Stadt erreicht werden. Es darf aber nicht davon ausgegangen werden,
dass damit alle Tauben aus der Stadt verschwinden.
Denn:
Maßgeblich für einen Taubenbestand ist die Verfügbarkeit von Nahrung sowie Nistmöglichkeiten. Nistmöglichkeiten gibt es in der Stadt z.B. durch offene Dachstühle verwahrloste Altbauten etc. viele. Auch Fütterung, ob ungewollt durch Abfälle oder ganz gezielte, massive
Ausbringungen von Futter sind in der Stadt alltäglich. Solange dies so bleibt wird es unabhängig von einem betreuten Taubenschlag immer auch einen freilebenden Taubenbestand
mit all seinen Nebeneffekten in der Stadt geben.
Die Verfügbarkeit von Nahrung und Nistmöglichkeit ließe derzeit sogar eine weitaus größere
Population zu als auf den ersten Blick zu beobachten ist. Demnach kann davon ausgegangen
werden, dass auch natürliche Regulatoren vorhanden sind welche die vorhandene Populationsgröße begrenzen. Neben üblichen Krankheiten könnten dies auch Nachstellungen durchandere Vögel (Krähen o.Ä.) sein.
Aufwand und mögliche nächste Schritte:
Die in der Vorlage 316/2020 von der Verwaltung prognostizierten Kosten in Höhe von ca. 50-60.000
€ scheinen angesichts der geschilderten Anforderungen an einen Taubenschlag z.B. auf dem Dach
des MPG und der erforderlichen Ausstattung auch ohne detaillierte Kostenberechnung als deutlich
zu gering veranschlagt.
Für das regelmäßige Abfangen der Tiere in der Stadt bisher freilebenden Tiere ist ein längerer Zeitraum mit intensivem Personalaufwand vorzusehen.

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Als wesentliches Element hat Frank Wilm auch die dauernde Öffentlichkeitsarbeit hervorgehoben und
den Begriff eines Taubenbeauftragten eingebracht. Hierfür wären dauerhaft Personalleistungen einzuplanen.
Folgt man den Aussagen des Fachmanns hinsichtlich der Pflege, sind auch die jährlichen Aufwendungen mit 20.000 wie in der Vorlage 316/2020 benannt eher zu gering eingeschätzt. Vor allem vor
dem Hintergrund, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit sich aufgrund der fachlichen Erfordernisse nahezu ausschließt. Im Übrigen darf hier konstatiert werden, dass sich trotz unübersehbarem medialen
Aufruf zum Vortrag am 09.12.2021 lediglich zwei interessierte Bürger eingefunden haben – die auf
direkte Nachfrage eine tätige Unterstützung sogleich ausschlossen. Kostenmäßig noch nicht erfasst
ist der Aufwand für die Einrichtung eines sogenannten Taubenbeauftragten bei der Stadt, der das
Thema als Daueraufgabe betreut.
Sollte an der Idee einen betreuten Taubenschlag zur Reduktion der Taubenpopulation in der Stadtfestgehalten werden, ist für eine einigermaßen fundierte Planung zu empfehlen, zunächst den örtlichen Bestand zu erfassen. Bei den erforderlichen Aufwendungen hierfür sei auf die Ausführungen
der Verwaltung aus der Vorlage 03/2012 verwiesen. Angepasst an die allgemeine Lohn- und Kostenentwicklung wäre dann hierfür in 2023 ein Betrag von 15.000 € vorzusehen.
Sollte mit dem Taubenschlag anders als von der Verwaltung angenommen, nicht das Ziel einer Reduktion der Population von Stadttauben verfolgt werden, sondern lediglich – sozusagen als Projekt
der Tierliebe – eine zusätzliche Population in einem freien Taubenhaus aufgebaut und gepflegt werden, kann eine Zählung des Bestands ausbleiben, da dieser unbeeinflusst bliebe. (vgl. Ausführung
von Frank Wilm). In diesem Fall würde sich auch der Aufwand für die Erstellung und Pflege eines
Taubenhauses auf das in Vorlage 316/2020 benannte Maß beschränken. Bau ca. 50.000 € Unterhalt
ca. 20.000 € p.a. In jedem Fall gilt es zu bedenken, dass ein Tierbestand in einem Taubenhaus zu
einer in der Verantwortung der Kommune stehende Daueraufgabe würde, die der Kontrolle des zuständigen Veterinäramtes unterliegt.

Tilman Petters

Richard Sottru

Anlage(n):
Anlage 0
Hinweis:
Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen.
Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.