Beschlussvorlage (Neuregelung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts - Stadt Lahr -)
19. Dezember 2022
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 201 Sachbearbeitung: Dinger Drucksache Nr.: 265/2022 Az.: 20/201/Dg An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Verwaltungs- und Vorlagenkonfe- 23.11.2022 renz vorberatend nichtöffentlich Freigabe Haupt- und Personalausschuss 05.12.2022 vorberatend nichtöffentlich Einstimmig Gemeinderat 19.12.2022 beschließend öffentlich Betreff: Neuregelung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts - Stadt Lahr - Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat beschließt die Anwendung der alten Rechtslage gem. § 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz a.F. bis zum 31.12.2023. Drucksache 265/2022 Seite 2 Sachdarstellung Aktueller Stand der „Umsetzung der Neuregelung der Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ bei der Stadt Lahr Die Umsetzung der „Neuregelung der Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“, bekannt auch als § 2b Umsatzsteuergesetz, ist bei der Stadt Lahr sehr weit fortgeschritten, da nach bisheriger Rechtslage davon ausgegangen werden musste, dass deren Umsetzung zum 01.01.2023 erfolgt sein muss. Der Gemeinderat hat der Verlängerung der „Umsetzung der Neuregelung der Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ für die Stadt Lahr letztmalig in seiner Sitzung am 27.09.2021 (Beschlussvorlage 178/2021) zugestimmt. Aus dieser Vorlage können weitere Erläuterungen und Ausführungen zur Neuregelung entnommen werden. Neben einer Kick-Off-Veranstaltung, bei dem die Führungskräfte über das neue Umsatzsteuerrecht informiert und sensibilisiert worden sind, erfolgte eine Erfassung des steuerlichen IST-Zustandes, bei dem alle steuerrelevanten Unterlagen, auch von Beteiligungen, sowie Auslandssachverhalte und Investitionen ausgiebig gesichtet worden sind. Daneben wurde eine Einnahmenanalyse, bei der alle Einnahmen der Stadt in einem ersten Schritt erfasst und auf deren Vollständigkeit hin überprüft worden sind, durchgeführt. In einem zweiten Schritt wurden alle Einnahmen der Jahre 2019, 2020 und 2021 einer umsatzsteuerlichen Bewertung nach altem und neuem für die Stadt geltenden Umsatzsteuerrecht unterzogen. Auch wurden die Rechtsgrundlagen für die Einnahmen überprüft, inklusive einer Auswertung der Ergebnisse. In der Folge wurden interne Regelungen für den Umgang mit neuartigen/erstmaligen Einnahmen erstellt, so dass diese zukünftig vom „Sachgebiet Stadt als Steuerschuldnerin“ automatisch auf ihre steuerliche Relevanz überprüft werden können. Auch erfolgte eine Durchsicht aller Verträge (Vertragsscreening) der Stadt inklusiv deren Erfassung und steuerrechtlicher Beurteilung. Eventuell notwendige Vertragsanpassungen/-ausgestaltungen wurden auf den Weg gebracht und es wurden interne Regelungen für den Abschluss neuer Verträge erstellt, damit diese zukünftig gem. den steuerrechtlichen Vorgaben/Gegebenheiten angepasst werden können. Es wurden intern Empfehlungen zu Preisanpassungen betreffend die Gebühren und Entgelte gegeben, um das jeweilige Fachamt in diesem Bereich zu unterstützen. Sachverhalte wurden auf ihr Vorsteuerabzugspotenzial hin beurteilt. Die Implementierung der § 2b-Lösung in SAP, die steuerliche Implementierung im Hallenbelegungsprogramm sowie auch die Vorbereitungen zur Einführung des Programms „SD-Pauschalen Fakturierung“ wurden bereits Anfang 2022 angegangen. Insgesamt wird der Umsetzungsstand zum jetzigen Zeitpunkt von der Verwaltung auf 90% geschätzt. Aus gemeinsamen Projektsitzungsrunden mit anderen Kommunen ist der Verwaltung bekannt, dass die Stadt bei der Umsetzung des Projektes im Vergleich sehr weit fortgeschritten ist. Wie oben erwähnt, wurden u.a. Vorbereitungen zur Einführung des Programms „SD-Pauschalen Fakturierung“ bereits Anfang 2022 getroffen. Das Programm ist so konzipiert, dass der einzelne (steuerfachfremde) Anwender bei der Erstellung von z.B. Rechnungen sich keine Gedanken über die steuerliche Einordnung des vorliegenden Sachverhaltes machen muss, da die steuerliche Einordnung bereits im Programm vom „Sachgebiet Stadt als Steuerschuldnerin“ hinterlegt worden ist. Ursprünglich geplant war eine Programmübergabe an die Stadt Mitte Mai 2022, damit mit der Testphase begonnen und die Einführung abteilungsweise durchgeführt werden kann. Leider verzögert sich die Einführung dieses Programms seitens des Rechenzentrums Komm.One seit Monaten. Ursächlich hierfür war ein über Monate andauernder Releasewechsel in SAP, der anfänglich gegenüber der Stadt nicht kommuniziert worden war. Daher konnte das Programm „SD-Pauschale Fakturierung“ seitens Komm.One nicht nach den Anforderungen der Stadt Lahr programmiert werden und es konnten in der Folge dann auch keine internen Schulungen für dieses Programm angeboten werden. Es ist beabsichtigt, mit den Schulungen Drucksache 265/2022 Seite 3 so schnell wie möglich zu beginnen, sobald die Programmierung des Programms „SD-Pauschale Fakturierung“ seitens des Rechenzentrums Komm.One abgeschlossen ist. Neueste Entwicklungen Der Deutscher Städtetag hat am 16.11.2022 mitgeteilt, dass das Bundesfinanzministerium am 15.11.2022 gegenüber dem Deutschen Städtetag bestätigt habe, dass das Ministerium an einer Formulierungshilfe für die Regierungsfraktionen im Bund arbeite, mit welcher im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2022 die bestehende Übergangsregelung um weitere zwei Jahre verlängert werden solle. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können dann das alte Umsatzsteuerrecht voraussichtlich noch bis einschließlich des Jahres 2024 weiterhin anwenden. Nach derzeitigem Stand soll die Umsetzung durch das Jahressteuergesetz 2022 erfolgen, welches am 02.12.2022 im Bundestag und am 16.12.2022 im Bundesrat ist. Weiteres Vorgehen Anhand des weit fortgeschrittenen Standes der „Umsetzung der Neuregelung der Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ bei der Stadt Lahr, ist die Einführung des für die Stadt geltenden neuen Umsatzsteuerrechtes zum 01.01.2023 grundsätzlich möglich. Aufgrund dessen, dass das Programm „SD-Pauschalen Fakturierung“ noch nicht eingeführt werden kann und dies bezüglich noch keine internen Schulungen stattgefunden haben, wird die Einführung des für die Stadtgeltenden neuen Umsatzsteuerrechtes zum 01.01.2023, vor dem Hintergrund der geplanten gesetzlichen Verlängerung um weitere zwei Jahre, verwaltungsseitig nicht empfohlen. Ohne die programmgestützte steuerliche Einordnung von Sachverhalten, müsste jeder Sachverhalt auf seine steuerliche Relevanz hin händisch geprüft werden. Daneben bestehen bei der Auslegung der neuen Rechtslage (§ 2b UStG) weiterhin noch einige Unsicherheiten, da der Gesetzestext eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen enthält. Erst Ende Oktober 2022 ist ein Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht worden, welches im Original den Vorsteuerabzug von unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts weiter konkretisieren soll. Da es sich beim Vorsteuerabzug um einen nicht unwesentlichen Aspekt der Besteuerung handelt, sich das vorgenannte BMF-Schreiben noch im Entwurf und in der Abstimmung u.a. mit den Verbänden befindet, können die Auswirkungen dieses BMF-Schreibens derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Verlängerung der „Umsetzung der Neuregelung der Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ bei der Stadt Lahr bis zum 31.12.2023 würde die Möglichkeit eröffnen, das Programm „SD-Pauschale Fakturierung“ mit (wieder) genügend Vorlaufzeit einzuführen, zu testen und die Mitarbeitenden sachgerecht zu schulen. Auch könnten weitere, neue BMF-Schreiben in den Umstellungsprozess einfließen und müssten nicht im „Echtbetrieb“ erfasst werden. Aufgrund des doch weit fortgeschrittenen Einführungsprozesses, wird eine mögliche Umsetzung bis zum 31.12.2024 zunächst nicht angestrebt. Zusammenfassend eröffnet die Verschiebung der Umsetzung der „Neuregelung der Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ um ein Jahr die Möglichkeit, das Programm „SD-Pauschale Fakturierung“ mit (wieder) genügend Vorlaufzeit einzuführen und auch weitere BMF-Schreiben in den Umstellungsprozess einfließen lassen zu können. Aus diesen Gründen bittet die Verwaltung um Zustimmung, bei der Stadt Lahr die alte Rechtslage gem. § 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz a.F. bis zum 31.12.2023 anzuwenden. ____________________ Markus Ibert Oberbürgermeister ____________________ Markus Wurth Stadtkämmerer Drucksache 265/2022 Seite 4 Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☒ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt Anlage(n): Anlage 0 Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.