Informationsvorlage (Situation der Flüchtlingsunterbringung im Bereich der Stadt Lahr)
26. November 2014
Information Amt: 30 Datum: 08.10.2014 Az.: 103.53 Beratungsfolge Termin Ausschuss für Soziales, Schulen und Sport 26.11.2014 Drucksache Nummer: 244/2014 Beratung Kennung Abstimmung öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Abt. 302 Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Situation der Flüchtlingsunterbringung im Bereich der Stadt Lahr Mitteilung: Der Ausschuss für Soziales, Schulen und Sport nimmt die Situation der Unterbringung von Flüchtlingen in Lahr zur Kenntnis Anlage(n): Entwicklung Asylantragszahlen BERATUNGSERGEBNIS Einstimmig Sitzungstag: lt. Beschlussvorschlag mit Stimmenmehrheit Bearbeitungsvermerk abweichender Beschluss (s. Anlage) Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 244/2014 Seite - 2 - Begründung: I. Einleitung Die Stadtverwaltung hat die gemeinderätlichen Gremien zuletzt im Herbst 2011 ausführlich über die Situation der Unterbringung von Flüchtlingen in Lahr informiert. Seither haben sich die rechtliche Situation, insbesondere aber die Zugangszahlen bei den Flüchtlingen erheblich verändert. Diese Entwicklung und die sich daraus ergebenden Folgen für die Stadt Lahr sollen im Folgenden dargestellt werden. II. Rechtliche Grundlagen Rechtliche Grundlage für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen ist das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG). Die Unterbringung ist dabei dreistufig geregelt. Die sogenannte Erstaufnahme erfolgt in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen. Für diese ist das Land Baden-Württemberg verantwortlich und hier das Regierungspräsidium Karlsruhe. Die Unterbringung in der Erstaufnahmestelle beträgt längstens drei Monate. Insbesondere, wenn wie derzeit hohe Aufnahmezahlen zu verzeichnen sind, erfolgt eine schnelle Weiterverteilung der Flüchtlinge. An die Erstaufnahme schließt sich die vorläufige Unterbringung, die im Regelfall in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt, an. Zuständig hierfür sind die Landratsämter und die Stadtkreise als untere Verwaltungsbehörden. Die vorläufige Unterbringung erfolgt im Prinzip für die Dauer des Asylverfahrens. Endet auch die vorläufige Unterbringung, so folgt hierauf die Anschlussunterbringung. Verantwortlich für die Anschlussunterbringung sind die kreisangehörigen Gemeinden. Dies bedeutet insbesondere die Verantwortlichkeit für die Beschaffung von Wohnraum (nicht aber für dessen Finanzierung), aber auch für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, soweit solche notwendig sind. Das Flüchtlingsaufnahmegesetz wurde vom Landtag mit Beschluss vom 19.12.2013 neu gefasst (vorher Flüchtlingsunterbringungsgesetz). Dabei zeichnen sich insbesondere zwei für die Stadt Lahr bedeutende Änderungen ab: Zum einen wurde die pro Person vorzuhaltende durchschnittliche Wohn- und Schlaffläche von 4,5 auf 7 m² erhöht. Diese Änderung tritt zum 01.01.2016 in Kraft. Zum zweiten wurde die Dauer der vorläufigen Unterbringung deutlich reduziert und insbesondere eine Maximalfrist von 24 Monaten nach Aufnahme in die vorläufige Unterbringung festgelegt. Dies hat zur Folge, dass zukünftig mehr Personen in der Anschlussunterbringung unterzubringen sein werden. III. Entwicklung der Flüchtlingszahlen Bei den Flüchtlingszahlen in Deutschland ist seit dem Jahr 2010 ein starker, seit dem Jahr 2012 ein rasanter Anstieg zu verzeichnen. Die für das Jahr 2014 bundesweit erwartete Anzahl von über 200.000 Erstanträge auf Asyl stellt eine Steigerung im Vergleich zum Jahr 2011 um mehr als das Vierfache und im Vergleich zum Jahr 2009 um mehr als das Siebenfache dar. Auch im historischen Vergleich sind die derzeitigen Zahlen sehr hoch. Nur in den Jahren 1991 bis 1993 gab es in der Geschichte der Bundesrepublik höhere Asylantragszahlen und führten Drucksache 244/2014 Seite - 3 - damals zur umstrittenen Asylrechtsreform inklusive einer Änderung des Grundgesetztes (System der sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten). Die Entwicklung der Asylantragszahlen kann der Anlage entnommen werden. Die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Deutschland erfolgt nach einem insbesondere an Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft ausgerichteten Schlüssel. Danach hat BadenWürttemberg ca. 12,9 % der Flüchtlinge aufzunehmen. Insofern wird für das Land BadenWürttemberg mit etwa 26.000 aufzunehmenden Personen im Jahr 2014 gerechnet. Hiervon hat der Ortenaukreis entsprechend seinem Bevölkerungsanteil einen Anteil von 3,98 %, d.h. also etwas mehr als 1.000 Personen aufzunehmen. In der Anschlussunterbringung werden im Jahr 2014 im Ortenaukreis ca. 350 bis 400 Personen unterzubringen sein. Die Verteilung innerhalb des Ortenaukreises erfolgt ebenfalls an Hand der Bevölkerungszahl. Dies bedeutet ein Anteil für Lahr von ca. 10,6 %. Allerdings werden auf die in der Anschlussunterbringung aufzunehmenden Personen die in der jeweiligen Gemeinde vorhandenen Plätze in der vorläufigen Unterbringung, sowie bereits in Vorjahren über den eigentlichen Anteil hinaus untergebrachte Personen angerechnet. Insofern ergeben sich für Lahr derzeit keine unterzubringenden Personen in der Anschlussunterbringung. Auch in absehbarer Zukunft werden sich die Antragszahlen voraussichtlich nicht verringern. So wird bundesweit auch für das Jahr 2015 mit einem Zugang von mindestens 200.000 Flüchtlingen gerechnet. Für die Anschlussunterbringung im Ortenaukreis können seitens des Landratsamtes derzeit noch keine Zahlen genannt werden. Es ist aber von einer weiteren Steigerung gegenüber 2014 auszugehen. IV. Situation in Lahr Bereits seit längerer Zeit besteht in der Geroldsecker Vorstadt 73 in Lahr eine Gemeinschaftsunterkunft für die vorläufige Unterbringung von ca. 80 Personen. Im Jahr 2011 trat das Landratsamt an die Stadt Lahr mit dem Wunsch heran wegen der sich bereits abzeichnenden steigenden Asylbewerberzahlen weitere Unterkunftsmöglichkeiten in Lahr zu schaffen. Eine Lösung wurde dahingehend gefunden, dass die Stadt Lahr über die städtische Wohnungsbau eine neue Obdachlosenunterkunft errichtete und die für diesen Zweck bisher genutzte kreiseigene Liegenschaft in der Geroldsecker Vorstadt 81 an den Kreis zurückgab. Nach einer Phase, in der die Gebäude 73 und 81 durch den Kreis renoviert wurden, stehen seit Juli 2014 die beiden Liegenschaften für die Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung. Während der Sanierungsphase wurde das Gebäude Willy-Brandt-Straße 6 (ehemaliges Wohnheim Malerfachschule) zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass in den beiden Liegenschaften 160 Unterbringungsplätze zur Verfügung stehen, verständlicherweise hat jedoch das Landratsamt bei der Renovierung die ab 2016 geltenden Anforderungen (7 m² pro Person) bereits berücksichtigt. Von daher kann nur eine geringere Anzahl an Flüchtlingen (116) untergebracht werden. Laut Aussage des Landratsamtes sind aktuell in der Einrichtung ca. 140 Personen untergebracht. Zwischenzeitlich hat das Landratsamt Ortenaukreis angefragt, ob weitere Kapazitäten für die vorläufige Unterbringung in Lahr geschaffen werden können. Hintergrund ist, dass sich im Laufe der Verhandlungen im Jahre 2011 die Stadt Lahr grundsätzlich mit der vorläufigen Unterbringung von bis zu 160 Flüchtlingen in Lahr einverstanden erklärt hat und angesichts der hohen Flüchtlingszahlen für das Landratsamt Ortenaukreis weiterhin hoher Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten (auch über die Zahl von 160 Flüchtlingen) besteht. Drucksache 244/2014 Seite - 4 - In der Anschlussunterbringung mussten in den vergangenen Jahren in Lahr keine Personen untergebracht werden. Zwar wären für das Jahr 2014 auf die Stadt Lahr rechnerisch ca. 40 Personen zur Anschlussunterbringung entfallen, aufgrund der Plätze in der vorläufigen Unterbringung und der bereits früher überobligatorisch in die Anschlussunterbringung übernommenen Personen, ergab sich für Lahr diesbezüglich keine Verpflichtung. Perspektivisch wird wohl nur dann weiterhin eine Anschlussunterbringung für die Stadt Lahr entfallen, wenn zusätzliche Plätze in der vorläufigen Unterbringung in Lahr geschaffen werden. V. Haltung und Vorgehen der Stadtverwaltung Die Zahl der in Lahr unterzubringenden Flüchtlinge wird entweder im Wege der vorläufigen Unterbringung durch das Landratsamt oder im Rahmen der Anschlussunterbringung, die durch die Stadt Lahr zu leisten wäre, weiter ansteigen. Angesichts des bei der Anschlussunterbringung entstehenden Aufwands für Betreuung und für die Organisation der Unterbringung, hier vor allem nicht vorhandener, geeigneter Wohnraum (die Kosten der Unterkunft werden auch bei der Anschlussunterbringung vom Landkreis als Sozialhilfeträger getragen) empfiehlt die Stadtverwaltung, das Landratsamt bei der Schaffung weiterer Kapazitäten im Rahmen der vorläufigen Unterbringung zu unterstützen, um so eine Anschlussunterbringung zu vermeiden. Derzeit sucht die Stadtverwaltung geeignete Grundstücke und/oder Liegenschaften, die dem Landratsamt für die vorläufige Unterbringung angeboten werden können. Ein Ergebnis in Bezug auf diesen Suchlauf gibt es derzeit noch nicht. Das Gebäude Willy-Brandt-Straße 6 (ehemals Wohnheim Malerfachschule) soll aus Sicht der Stadtverwaltung angesichts der den Anwohnern gegenüber gemachten Zusagen, dass dort nur eine übergangsweise Unterbringung stattfindet, nicht dauerhaft als Unterkunft genutzt werden. Zudem hat sich an der Einschätzung der Stadtverwaltung, dass es sich beim Gebäude Willy-Brandt-Straße 6 nicht um einen besonders geeigneten Standort für die Flüchtlingsunterbringung handelt, nichts geändert. Allerdings wurde dem Landratsamt auf Anfrage hin in der aktuellen Notsituation zugesagt, vorerst eine weitere Belegung zu dulden. Sobald Ergebnisse des Suchlaufs vorliegen, wird die Stadtverwaltung wieder auf die gemeinderätlichen Gremien zukommen. Unabhängig von diesem städtischen Suchlauf ist auch das Landratsamt weiterhin auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten. Teilweise melden sich auch Personen/Institutionen, die Unterbringungsmöglichkeiten anbieten. Soweit dies bei der Stadt geschieht, erfolgt eine Weitervermittlung an das Landratsamt. Insgesamt ist es Haltung der Stadtverwaltung, dass angesichts der aktuell schwierigen Situation auch die Stadt Lahr ihren Beitrag bei der Unterbringung von Flüchtlingen leisten muss, wie sie dies auch in der Vergangenheit bereits getan hat. Allerdings bleibt auch in der aktuellen schwierigen Situation wichtig, dass auf die Geeignetheit von Standorten, z.B. in Bezug auf Plätze in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, Infrastruktur und soziales Umfeld geachtet wird. Dies dient einer angemessenen Unterbringung der Flüchtlinge und sichert auch eine möglichst hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Dem Landratsamt wurde deutlich gemacht, dass die Stadt Lahr insofern eine gute Zusammenarbeit und gegenseitige Information für wichtig erachtet. Guido Schöneboom Erster Bürgermeister Tobias Biendl Lucia Vogt