Beschlussvorlage (Gewerbesteuer; Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab Jahr 2026)
Sitzung: Ortschaftsrat Sulz (10. Sitzung)
18. November 2024
Beschlussvorlage (Gewerbesteuer;
Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab Jahr 2026)
Beschlussvorlage (Anlage 0)
Beschlussvorlage (Hebesatzsatzung - Änderungssatzung ab 2026)
Beschlussvorlage (Hebesatzsatzung - Hebesatzsatzung ab 2026)
18. November 2024
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 202 Sachbearbeitung: Singler Drucksache Nr.: 148/2024 Az.: 963.11 An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Haupt- und Personalausschuss 04.11.2024 vorberatend nichtöffentlich 9 Ja-Stimmen 4 Nein-Stimmen 3 Enthaltungen Ortschaftsrat Reichenbach 06.11.2024 vorberatend öffentlich 6 Ja-Stimmen 3 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Ortschaftsrat Hugsweier 07.11.2024 vorberatend öffentlich 6 Ja-Stimmen 1 Nein-Stimmen 2 Enthaltungen Ortschaftsrat Kippenheimweiler 12.11.2024 vorberatend öffentlich 7 Ja-Stimmen 1 Nein-Stimmen 1 Enthaltungen Ortschaftsrat Langenwinkel 12.11.2024 vorberatend öffentlich 6 Ja-Stimmen 0 Nein-Stimmen 3 Enthaltungen Ortschaftsrat Kuhbach 13.11.2024 vorberatend öffentlich 4 Ja-Stimmen 2 Nein-Stimmen 3 Enthaltungen Ortschaftsrat Sulz 14.11.2024 vorberatend öffentlich 6 Ja-Stimmen 5 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Ortschaftsrat Mietersheim 14.11.2024 vorberatend öffentlich 7 Ja-Stimmen 2 Nein-Stimmen 1 Enthaltungen Gemeinderat 18.11.2024 beschließend öffentlich Betreff: Gewerbesteuer; Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab Jahr 2026 Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat beschließt die als Anlage beigefügte Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) ab dem 01.01.2026. Drucksache 148/2024 Zusammenfassende Begründung: Begründung für eine nichtöffentliche Beschlussfassung im Gemeinderat: Seite 2 Drucksache 148/2024 Seite 3 Sachdarstellung Aktuelle Situation und Handlungsnotwendigkeit: Der Hebesatz der Gewerbesteuer liegt aktuell bei 390. v.H. Der Hebesatz soll neu auf 420 v.H. festgesetzt werden. Zielsetzung: Festlegung des neuen Hebesatzes ab dem 01.01.2026. Maßnahmen: Beschluss der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung). Alternativ geprüfte Maßnahmen: Keine Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☐ Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen ☐ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50.000 EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20.000 EUR ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen mehr als 50.000 Euro und/oder die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich mehr als 20.000 Euro Einmalige (Investitions-)Kosten Aufwand / Einmalig verminderter Ertrag / Investition / Auszahlung Ertrag / Einmalig verminderter Aufwand / Zuschüsse / Drittmittel (ohne Kredite) SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-) Jährliche Folgekosten Aufwand (inkl. dauerhafter Personalmehrkosten) / Verminderung von Ertrag Ertrag / Verminderung von Aufwand SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-) 2024 2025 2026 2027 in EUR 830.000 € 2.500.000 € Jährlich ab Inbetriebnahme / nach Abschluss der Maßnahme in EUR 2028 ff. Drucksache 148/2024 Begründung: 1. Kommunale Finanzhoheit Die kommunale Finanzhoheit bezeichnet das Recht und die Befugnis von Kommunen (Gemeinden, Städten und Landkreisen), ihre eigenen Finanzen autonom zu verwalten. Dies umfasst die Erhebung von Steuern, Gebühren und Abgaben, sowie die Entscheidung über die Verwendung der Einnahmen im Rahmen ihrer Aufgaben. Aspekte der kommunalen Finanzhoheit: Einnahmehoheit: • • Kommunen haben das Recht, eigene Einnahmequellen zu erschließen, wie zum Beispiel die Grundsteuer, die Gewerbesteuer oder kommunale Gebühren (z.B. für Müllabfuhr oder Parkplätze). Sie können über die Höhe bestimmter Steuern innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens selbst entscheiden. Ausgabenhoheit: • • Kommunen entscheiden selbstständig über die Verwendung ihrer finanziellen Mittel. Dies umfasst Investitionen in öffentliche Infrastruktur (z.B. Straßenbau, Schulen), soziale Leistungen oder die Bereitstellung öffentlicher Dienste. Die Ausgabenhoheit ermöglicht es den Kommunen, lokale Bedürfnisse und Prioritäten zu berücksichtigen. Haushaltsautonomie: • • Kommunen erstellen und verabschieden ihre Haushaltspläne eigenständig. Dabei müssen sie jedoch gesetzliche Vorgaben, wie die Verpflichtung zu einem ausgeglichenen Haushalt, beachten. Die Haushaltsplanung umfasst die Einnahmen und Ausgaben für das kommende Jahr und legt fest, wie die kommunalen Aufgaben finanziert werden sollen. Kreditaufnahme: • Die Kommunen können, innerhalb bestimmter gesetzlicher Rahmenbedingungen, Kredite aufnehmen, um Investitionen zu finanzieren. Dies ist jedoch oft mit Auflagen verbunden, um eine übermäßige Verschuldung zu vermeiden. Bedeutung der kommunalen Finanzhoheit: Die Finanzhoheit ist ein wesentlicher Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung, die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert ist (Art. 28 Grundgesetz). Sie garantiert den Kommunen eine gewisse Unabhängigkeit vom Staat und ermöglicht es ihnen, auf lokale Bedürfnisse und Herausforderungen flexibel zu reagieren. Zugleich stärkt sie die demokratische Legitimation, da kommunale Entscheidungen direkt auf die Bürger vor Ort wirken. Zu der Aufgabenverantwortung muss demnach zwingend auch die Einnahmenverantwortung hinzukommen. Die gemeindliche Finanzhoheit ist nur dann gegeben, wenn die Kommune nicht nur über ihre Ausgaben, sondern auch über die Höhe ihrer Einnahmen selbständig entscheiden kann. Dies bedeutet, dass den Kommunen ein gewisser Spielraum über die Erhebung und Erhöhung von Einnahmen verbleiben muss. Seite 4 Drucksache 148/2024 Aus Sicht des kommunalen Selbstverwaltungsrechts ist ein besonderes Augenmerk auf die eigenen Steuerquellen zu legen. Das kommunale Steuersystem muss dabei die örtliche Verbundenheit zwischen der Kommune und den Steuerzahlern berücksichtigen. Die eigenständige Festsetzung der Einnahmen steht in einem finanzpolitischen Spannungsverhältnis zwischen einem möglichst hohen Niveau der öffentlichen Leistungen und andererseits dem Wunsch nach einer geringen Abgabenbelastung. Für die Benutzung von öffentlichen Einrichtungen und für die Inanspruchnahme von Verwaltungseinrichtungen werden für die aus der Nutzung entstehenden Vorteile von den einzelnen Nutzern Benutzungs- und Verwaltungsgebühren erhoben. Diese haben als spezielle Entgelte Vorrang vor den allgemeinen Deckungsmitteln. Daneben haben die Grundstückseigentümer für die wirtschaftlichen Vorteile aus der Möglichkeit bestimmte öffentliche Einrichtungen nutzen zu können Beiträge (Erschließungsbeiträge, Abwasserbeiträge) zu leisten. Zwar stellen Steuern im Gegensatz zu den Gebühren und Beiträgen keine leistungsbezogenen speziellen, sondern allgemeine Deckungsmittel ohne konkrete Gegenleistung der öffentlichen Hand dar. Aber die örtliche Bindung der kommunalen Aufgaben legt es bei kommunalen Steuern an die örtlichen Tatbestände anzuknüpfen. Solche Anknüpfungspunkte, welche die Struktur und das Kommunenleben entscheidend bestimmen, die zugleich auch die örtliche Wirtschaftskraft prägen sind: - Gewerbe und Industrie - Grundbesitz - Einwohner unter Berücksichtigung ihres Einkommens. Alle drei Elemente verursachen zugleich finanzielle Belastungen der Gemeinde aus der Bereitstellung einer leistungsfähigen Infrastruktur. Hierzu zählen beispielsweise die Bereitstellung von Straßeninfrastruktur, Kindergärten und Schulinfrastruktur. Daher bietet es sich an, sie als wichtige Faktoren für ein gemeindliche Steuersystem heranzuziehen. Die kommunalen Steuereinnahmen setzen sich zusammen aus der Grundsteuer A und Grundsteuer B, der Gewerbesteuer abzüglich der Gewerbesteuer- und Finanzausgleichsumlagen, dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer sowie den Einnahmen aus den kommunalen Verbrauchs- und Aufwandssteuern (Hundesteuer, Vergnügungssteuer, Zweitwohnungssteuer). Die Gewerbesteuer und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer bilden dabei die größten Einnahmenpositionen im städtischen Haushalt. 2. Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer ist eine kraft Bundesrecht geregelte Realsteuer, der stehende Gewerbebetriebe und Reisegewerbebetriebe im Inland unterliegen. Sie wurde als Ausgleich dafür eingeführt, dass den Kommunen aus der Gewerbeansiedlung besondere Lasten erwachsen. Erstmals wurde sie rechtlich durch das Realsteuergesetz von 1936 geregelt. Bis zur Gemeindefinanzreform 1969 brachte die Gewerbesteuer fast 80 % des Gesamtaufkommens der Kommunen. Diese Einseitigkeit bewirkte enorme Streukraftunterschiede unter den Kommunen und forderte zur Industrieansiedlung um jeden Preis heraus. Die Ertragshoheit der Gewerbesteuereinnahmen liegt bei den Kommunen. Die Verwaltungshoheit ist auf die Landesverwaltungen (Finanzamt) und die Kommunen aufgeteilt. Die Gewerbesteuer wird auf den Gewerbeertrag erhoben, der den Gewinn aus dem Gewerbebetrieb vermehrt und vermindert um Hinzurechnungen und Kürzungen darstellt. Dieser Gewerbeertrag wird nach den Regeln des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes ermittelt. Seite 5 Drucksache 148/2024 Bei natürlichen Personen und Personengesellschaften wird der Gewerbeertrag um einen Freibetrag von 24.500 € gekürzt. Das Finanzamt berechnet aus dem Gewerbeertrag multipliziert mit der Steuermesszahl den Steuermessbetrag. Anschließend multipliziert die Kommune den ermittelten Steuermessbetrag mit dem jeweils örtlichen Hebesatz, um den Gewerbesteuerbetrag festzusetzen. Gesellschafter von Personengesellschaften können die Gewerbesteuer anteilig auf ihre Einkommensteuer anrechnen lassen. Für Kapitalgesellschaften ergibt sich die Gewerbesteuer aus dem Gewerbesteuermessbetrag multipliziert mit dem Hebesatz. Das verfassungsrechtlich verankerte Hebesatzrecht der Kommunen ist eine tragende Säule der kommunalen Einnahmehoheit. Bei der Festsetzung der Realsteuerhebesätze hat die Rechtsprechung den Kommunen einen weiten Ermessensspielraum eingeräumt. Deshalb kann die Gewerbesteuer keinesfalls durch eine Steuerzuweisung ersetzt werden. Alleine die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer hat trotz finanziellen Ausgleichs die kommunale Einnahmehoheit geschwächt. Hinzu kommt, dass die Gewerbesteuer relativ einfach zu erheben ist. Außerdem knüpft sie logisch an wichtige örtliche Wirtschafts- und Belastungsfaktoren an. Wegen ihrer Gewerbesteuereinnahmen sind die Kommunen besonders aufgeschlossen für Belange von Industrie und Gewerbe. Die Gewerbesteuer hat sich zu einer festen Klammer zwischen Kommunen und ihren örtlichen Industrie- und Gewerbetrieben entwickelt. 3. Gewerbesteuerumlage Mit der Beteiligung der Kommunen an der Einkommenssteuer wurde im Rahmen der Gemeindefinanzreform zugleich die Gewerbesteuerumlage eingeführt. Deren Rechtsgrundlage findet sich in Artikel 106 Abs. 6 Grundgesetz. Diese öffentlich-rechtliche Geldleistung ist an Bund und Land abzuführen. Die Kommune muss ihr jeweiliges Gewerbesteuer-Istaufkommen mit einem festgesetzten Multiplikator vervielfältigen und dann durch den örtlichen Hebesatz teilen. Dadurch wird eine Hebesatzneutralität erreicht. Hebesatzänderungen haben demnach keine Auswirkung auf die Umlage, jedoch auf das der Kommune verbleibende Gewerbesteuernettoaufkommen. Ursprünglich erhielten Bund und Länder jeweils die Hälfte des Aufkommens. Der Multiplikator wurde in den vergangenen Jahrzehnten jedoch mehrfach geändert. Seit 1991 hat der Gesetzgeber Zuschläge für die Finanzierung der Deutschen Einheit erhoben. Eine deutliche Erhöhung der Gewerbesteuerumlage brachte das Steuersenkungsgesetz 2000. Durch den Wegfall des Landesvervielfältigers für die Annuitäten Fonds „Deutsche Einheit“ sank die Gewerbesteuerumlage im Jahr 2019 auf 64 Prozent. Die westdeutschen Kommunen wurden hierdurch ab dem Jahr 2019 um ca. 500 Mio. € jährlich entlastet. Zum Jahr 2020 lief die um 29 Prozentpunkte erhöhte Solidarpaktumlage aus. Insgesamt beläuft sich die Gewerbesteuerumlage in den Jahren 2020 ff somit bundeseinheitlich auf 35 Prozent. Seite 6 Drucksache 148/2024 Jahr 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2016 2017 2018 2019 2020 - ff Seite 7 "Normal-Umlage" Bund 19 Erhöhung Fonds "Deutsche Einheit" Erhöhung durch den Solidarpakt Erhöhung infolge GewerbekapitalsteuerAbschaffung Gesamtumlage Länder 19 9 29 7 83 24 30 36 20 19 16 16 12 13 14,5 14,5 14,5 24 30 36 20 19 16 16 12 13 14,5 14,5 14,5 8 7 7 7 8 7 6 6 5 7 6 5 29 29 29 29 29 29 29 29 29 29 29 29 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 6 91 102 114 82 81 74 73 65 66 71 70 69 14,5 14,5 14,5 14,5 14,5 14,5 14,5 14,5 4,5 4,3 29 29 29 6 6 6 6 68,5 68,3 64 35 4. Finanzausgleichsumlage Die Finanzausgleichsumlage ist ein Instrument des horizontalen Finanzausgleichs zwischen den Kommunen in Deutschland. Sie wird von besonders finanzstarken (abundanten) Kommunen gezahlt und dient dazu, die finanzielle Ausstattung der anderen Kommunen zu unterstützen. Die Umlage wird auf Basis der Steuerkraftmesszahl zuzüglich Zuweisung = Steuerkraftsumme berechnet und fließt in die Finanzausgleichsmasse ein, die dann im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs auf die kommunalen Gebietskörperschaften umverteilt wird. Die Steuerkraftmesszahl einer Kommune zeigt die Steuerkraft im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs an. Sie stellt die Summe aus dem Grundsteuer- und Gewerbesteuernettoaufkommen, den Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer und den Zuweisungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs, jeweils im zweiten vorangegangenen Jahr dar. Es wird jedoch nicht das Ist-Aufkommen der Grund- und Gewerbesteuer zugrunde gelegt, sondern ein auf einen einheitlichen Hebesatz (Anrechnungshebesatz) umgerechnetes Aufkommen. Die Steuerkraftmesszahl ist nur ein Indikator dafür, inwieweit eine Kommune in der Lage ist, ihren Finanzbedarf, also die notwendigen Ausgaben zur Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben, abzudecken. Als Finanzbedarf wird im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die Bedarfsmesszahl einer Kommune zugrunde gelegt. Drucksache 148/2024 Die Finanzausgleichsumlage ist also ein Mechanismus, um sicherzustellen, dass Kommunen mit einer überdurchschnittlich hohen Finanzkraft einen Beitrag zur Unterstützung von Kommunen in Haushaltsnotlagen leisten. Dabei wird ein Teil der Steuerkraft dieser Kommunen abgeschöpft und den anderen Kommunen zur Verfügung gestellt, um eine gewisse Ausgleichswirkung zu erzielen. In Baden-Württemberg beträgt die Finanzausgleichsumlage 22,10 Prozent der Bemessungsgrundlagen, wobei die Umlage bei 32% der Bemessungsgrundlage gedeckelt ist, was bestimmte Kommunen betrifft, deren Bemessungsgrundlage 225% der Messzahl übersteigt. Der Finanzausgleich in Baden-Württemberg basiert auf verschiedenen Faktoren, darunter die Gemeinschaftssteuereinnahmen, die Finanzausgleichsumlage und die Steuerkraft der Kommunen und Kreise. Die Finanzausgleichsmasse definiert den Umfang der zu verteilenden Mittel und setzt sich aus den Gemeinschaftssteuereinnahmen und der Finanzausgleichsumlage zusammen. Der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer des 2. vorangegangenen Jahres wird mit 80 % einbezogen, und die verfügbaren Mittel erhalten die Kommunen durch Zuweisungen, die in allgemeine und zweckgebundene Zuweisungen unterteilt sind Insgesamt ist der Finanzausgleich ein komplexes System, das die Verteilung der dem Land und den kommunalen Gebietskörperschaften zur Verfügung stehenden Finanzmittel regelt. Er hat sowohl vertikale als auch horizontale Effekte und dient der Sicherstellung einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen und Kreise in Deutschland. Die genaue Berechnung und Anwendung der Finanzausgleichsumlage kann je nach Bundesland variieren, da die Regelungen zum Finanzausgleich in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet sind. Insgesamt ist die Finanzausgleichsumlage also ein wichtiger Bestandteil des Finanzausgleichssystems in Deutschland, der dazu beiträgt, die finanzielle Solidarität zwischen den Kommunen zu gewährleisten und eine angemessene Finanzausstattung sicherzustellen. Durch die Umlagenbelastungen verbleibt der Stadt Lahr nur rund 25 Prozent der gesamten Gewerbesteuereinnahmen. Eine Erhöhung des Hebesatzes ändert dabei das der Stadt verbleibende Aufkommen nur marginal. Im Wesentlichen verbleibt das der Stadt durch eine Hebesatzerhöhung zufließende Mehraufkommen. 4. Entwicklung Hebesatz / Gewerbesteuerentwicklung 4.1. Hebesatzentwicklung 1948 – 1971 1972 – 1975 1976 – 1979 1980 – 2010 2011 - 310 v.H. 340 v.H. 370 v.H. 350 v.H. 390 v.H. Seite 8 Drucksache 148/2024 Seite 9 4.2. Gewerbesteuerentwicklung Gewerbesteuer Soll Ist Gewerbe- Nettoertrag steuerumlage € Jahr HH-Ansatz 2010 14.000.000 13.018.431 12.694.655 1.948.746 10.745.909 2011 15.500.000 15.610.697 15.387.569 3.155.823 12.231.746 2012 17.000.000 17.562.618 17.355.227 3.200.230 14.154.997 2013 18.000.000 21.568.668 21.296.259 3.417.867 17.878.392 2014 19.000.000 20.193.465 19.367.928 3.376.338 15.991.590 2015 20.000.000 23.399.614 23.182.592 4.611.137 18.571.455 2016 23.000.000 25.385.871 25.354.806 4.225.563 21.129.244 2017 23.750.000 31.796.062 31.481.182 5.436.608 26.044.573 2018 27.000.000 33.429.487 33.176.633 6.228.290 26.948.342 2019 30.000.000 34.399.179 33.659.734 5.551.029 28.108.705 2020 36.000.000 39.203.847 37.923.982 3.419.169 34.504.813 2021 37.000.000 43.245.169 43.297.903 3.508.699 39.789.204 2022 37.000.000 35.712.009 34.503.679 3.399.729 31.103.949 2023 37.000.000 33.070.119 30.458.410 3.303.618 27.154.792 2024 36.000.000 29.507.887 15.408.757 3.321.000 12.087.757 * 2024 Plan und Ist-Zahlen (Stand 09.08.2024) 5. Interkommunaler Vergleich der Hebesätze Die Realsteuerhebesatzumfrage des Deutschen Städtetags für die Jahre 2024/23 ergab unter den 118 teilnehmenden Städten in Baden-Württemberg für das Jahr 2024 einen durchschnittlichen Hebesatz von 378,5 v.H.(Vj.: 380,13 v.H.). In der Größenklasse der Städtetagsgruppe B des Städtetags Baden-Württemberg > 40.000 Einwohner = 42 Städte an der Umfrage teilnehmende Städte liegt der durchschnittliche Hebesatz im Jahr 2024 bei 392,02 v.H. (Vj.: 389,52 v.H.) Die Hebesätze der Städte ab 40.000 Einwohnern gliedern sich wie folgt auf: 345 v.H. 350 v.H. 360 v.H. 365 v.H. 375 v.H. 380 v.H. 385 v.H. 390 v.H. 395 v.H. 400 v.H. 405 v.H. 410 v.H. 420 v.H. 430 v.H. 435 v.H. 450 v.H. 1 Stadt 1 Stadt 4 Städte 1 Stadt 1 Stadt 7 Städte 1 Stadt 9 Städte (Lahr) 2 Städte 5 Städte 1 Stadt 2 Städte 2 Städte 2 Städte 2 Städte 1 Stadt 16 Städte haben einen Hebesatz von > 390 v.H. 17 Städte haben einen Hebesatz von > 390 v.H. Drucksache 148/2024 Seite 10 Der Hebesatz der Stadt Lahr liegt in der entsprechenden Gruppe der Städte derzeit knapp oberhalb des Durchschnitts der Vergleichgsruppe. Bei den Großen Kreisstädten im Ortenaukreis liegen die Gewerbesteuerhebesätze wie folgt: Achern Kehl Oberkirch Offenburg 360 v.H. 400 v.H. 380 v.H. 435 v.H. 6. Auswirkungsrechnungen Hebesatz (v.H.) Gewerbesteueraufkommen 390 400 410 420 32.500.000,00 € 33.333.333,33 € 34.166.666,67 € 35.000.000,00 € Veränderung 833.333,33 € 1.666.666,67 € 2.500.000,00 € Das jährliche Gewerbesteueraufkommen ist geprägt von Nachzahlungen und Erstattungen für vergangene Jahre. Daher wird sich die volle Auswirkung einer Hebesatzänderung erst mit einem zeitlichen Versatz zeigen. 7. Hebesatzvorschlag ab 2026 Mit Vorlage Nr. 106/2024 werden die in den nächsten Jahren zu tätigenden Investitionen sowie deren Wirkung auf den Haushalt der Stadt dargestellt. Gleichzeitig werden dort die zur Finanzierung der Ausgaben notwendigen Anpassungen der Einnahmen der Stadt aufgezeigt. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen geht die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander. Dem Haushalt der Stadt würde sonst eine noch deutlich stärkere Schieflage drohen. Nur durch entsprechende Anpassungen auf der Einnahmeseite lassen sich die umfangreichen Investitionen in die Schul-, Kindergarten- und Gesundheitsinfrastruktur, und damit in die Zukunft unserer Stadt seriös gegenfinanzieren. Die Verwaltung schlägt daher vor, den Gewerbesteuerhebesatz zum 01.01.2026 auf 420 v.H. neu festzusetzen. Auf einen synoptischen Vergleich wurde angesichts der geringfügigen Satzungsänderungen verzichtet. Durch die frühzeitige Beschlussfassung sollen die Unternehmen die Möglichkeit bekommen, sich rechtzeitig auf die neue Gewerbesteuerhöhe vorzubereiten. Zudem wird dadurch auch dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Unternehmen sich derzeit in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld bewegen. Aktuell leisten die drei ehemals größten Gewerbesteuerzahler keine oder im Vergleich zu früher nur noch marginale Gewerbesteuerzahlungen an die Stadt. Dies spiegelt sich in der aktuellen Gewerbesteuerentwicklung wieder. Die Verwaltung geht davon aus, dass wieder eine wirtschaftliche Erholung eintritt und die Gewerbesteuerzahlungen wieder steigen werden. Drucksache 148/2024 Seite 11 Den Unternehmen kommt im Übergangsjahr auch zu Gute, dass die Grundsteuerreform in Summe zu deutlichen Entlastungen der bebauten Industrie- und Gewerbegrundstücken führt. Die Grundsteuerrückgänge alleine der 10 größten Grundsteuerzahler beläuft sich auf 450.000 €. Dies kommt ihnen im aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu Gute. Mit der Anpassung des Gewerbesteuerhebesatzes im Jahr 2026 wird diese Gruppe der Steuerzahler wieder mehr an der Finanzierung der kommunalen Infrastruktur beteiligt. Markus Ibert Oberbürgermeister Markus Wurth Stadtkämmerer Anlage(n): Hebesatzsatzung - Änderungssatzung ab 2026 Hebesatzsatzung - Hebesatzsatzung ab 2026 Anlage 0 Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.