Beschlussvorlage (Standards für Wohnbauvorhaben)
26. Mai 2025
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 61 Sachbearbeitung: Löhr Drucksache Nr.: 66/2025 Az.: - 0680/Lö An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Verwaltungs- und Vorlagen- 22.04.2025 konferenz vorberatend nichtöffentlich Freigabe Technischer Ausschuss 07.05.2025 vorberatend nichtöffentlich Einstimmig vertagt Technischer Ausschuss 14.05.2025 vorberatend nichtöffentlich Einstimmig Gemeinderat 26.05.2025 beschließend öffentlich Betreff: Standards für Wohnbauvorhaben Beschlussvorschlag: Die vorgeschlagenen rahmengebenden Standards bei Wohnbauvorhaben werden beschlossen. Sie dienen als einheitliche Vorgaben ab dem Projektbeginn. Abweichungen davon sind in gut begründeten Einzelfällen möglich und den politischen Gremien zur Entscheidung vorzulegen. Zusammenfassende Begründung: Die Verwaltung schlägt vor, für Wohnbauprojekte Standards zu definieren, die bereits zu Beginn einer Projektentwicklung als zu beachtender Rahmen Orientierung geben. Das umfasst sowohl städtebauliche Parameter als auch die Art und Qualität der vorzulegenden Angaben. Davon verspricht sie sich bessere gebaute Ergebnisse, Verfahrenserleichterungen bzw. -beschleunigungen, mehr Transparenz sowie ein höheres Maß an Gleichbehandlung von Projekten und Investoren. Drucksache 66/2025 Seite 2 Sachdarstellung Lahr wächst – es besteht eine ungebrochen hohe Nachfrage nach Wohnraum und an der Entwicklung von neuem Wohnraum. Für die Stadt gilt, dies in einem quantitativ zu bewältigenden Maß zu ermöglichen – Stichworte sind hier Anzahl der Wohnungen und Bewohner, Folgen für die technische (Straßen, Leitungen, Kanäle …) und soziale (Betreuung, Bildung …) Infrastruktur sowie deren Kosten. Gleichzeitig sind für Alt- und Neubürger möglichst hohe Qualitäten (Freiräume, Grün, Zusammenleben …) zu sichern. Ein Großteil der in den letzten Jahren realisierten und der kurz- bis mittelfristig zur Realisierung anstehenden Wohnbauvorhaben sind Investorenprojekte. Das heißt, Eigentümer, Entwickler oder Bauträger wenden sich mit einem Vorhaben an die Stadt – sehr häufig bereits mit konkreten Vorstellungen bzw. Konzepten – und bitten um eine erste Einschätzung, idealerweise um sofortige Zustimmung. Viele der Entwürfe weisen jedoch eine hohe bis sehr hohe Verdichtung (die so nicht dem geltenden Baurecht entspricht), gestalterische Defizite, (zu) kleine Grün- / Freiflächen ohne erkennbare Qualitäten sowie unvollständige Angaben zum Projekt auf. Mit ihren Verbesserungsvorschlägen zu diesen Aspekten dringt die Stadt häufig nicht bei den Investoren durch, stattdessen suchen diese den Weg über ein politisches Gremium. In der Bewertung durch den Technischen Ausschuss ist bei einem Vergleich der unterschiedlichen Vorhaben und -phasen kaum eine Konsistenz, ein roter Faden erkennbar. Sehr dezidierten und fachlich überzeugenden Beurteilungen durch den TA können (unbeschadet fachlicher Empfehlungen) stark davon abweichende mehrheitlich getragene Haltungen zu anderen Entwürfen oder gar zum gleichen Projekt folgen. Dies ist für Verwaltung und Gremium gleichermaßen unbefriedigend. Daher schlagen wir vor, Standards zu definieren und zu beschließen, die bereits zu Beginn einer Projektentwicklung als zu beachtender Rahmen Orientierung geben und klar kommuniziert werden. Das umfasst sowohl städtebauliche Parameter als auch die Art und Qualität der vorzulegenden Angaben (siehe unten). Abweichungen davon wären lediglich in gut begründeten Einzelfällen möglich und den zuständigen politischen Gremien zur Entscheidung vorzulegen. Davon verspricht sich die Verwaltung nicht nur bessere gebaute Ergebnisse, sondern auch Verfahrenserleichterungen bzw. -beschleunigungen, mehr Transparenz sowie ein höheres Maß an Gleichbehandlung von Projekten und Investoren. RAHMENGEBENDE STANDARDS DER STADT LAHR Die Stadt Lahr legt folgende quantitative, qualitative und grafische Standards für Konzeptionen bei Wohnbauvorhaben fest. Sie sind von Beginn der Projektentwicklung an zu beachten. Abweichungen sind in gut begründeten Einzelfällen möglich. 1. QUANTITATIV - STÄDTEBAULICHE RAHMENDATEN Die numerischen Werte und ergänzenden Festlegungen richten sich nach der jeweiligen Lage bzw. Umgebung sowie den Orientierungswerten der Baunutzungsverordnung (§ 17). Ziel ist, sich am Bestand zu orientieren und gleichzeitig Entwicklungsmöglichkeiten hin zu zeitgemäßen platzsparenden Lösungen zu eröffnen. In Kombination mit der in der Drucksache 44/2025 vorgeschlagenen Priorisierung (bei Wohnbauprojekten) sollen die Rahmendaten auch eine bessere Steuerung der Wohnbaulandund Einwohnerentwicklung unterstützen. Drucksache 66/2025 Kriterien: • Lage (Innen- / Altstadt, Kernstadt verdichtet bzw. locker bebaut, Stadtteil) • Umgebende Bestandsbebauung • Vorhandene Grünstrukturen Parameter: • Grundflächenzahl • Geschossflächenzahl • Geschossigkeit / Gebäudehöhe (Mindest- und Höchstwerte, bei Gewerbe jew. + 1 m) • Bauweise • Dachform • Anzahl der Wohneinheiten • Unversiegelte / nicht unterbaute / begrünte Mindestfläche Innen- / Altstadt: • Grundflächenzahl (inklusive Nebenanlagen) - 0,6 bis 0,8 • Geschossflächenzahl - 1,2 bis 3,0 • Geschossigkeit - 3 bis 5 VG / Gebäudehöhe TH 9,0 bis 15,0 m • Bauweise - i.d.R. geschlossen bzw. an einer Seite grenzständig • Dachform - i.d.R. Sattel- / geneigtes Dach • Anzahl der Wohneinheiten - situationsabhängig • Unversiegelte / nicht unterbaute / begrünte Mindestfläche – 20% der Grundstücksfläche Kernstadt verdichtet bebaut: • Grundflächenzahl (inklusive Nebenanlagen) - 0,5 bis 0,7 • Geschossflächenzahl - 1,0 bis 2,5 • Geschossigkeit - 3 bis 5 VG / Gebäudehöhe TH 9,0 bis 15,0 m • Bauweise - i.d.R. offen bzw. an einer Seite grenzständig • Dachform - situationsabhängig • Anzahl der Wohneinheiten - situationsabhängig • Unversiegelte / nicht unterbaute / begrünte Mindestfläche – 30% der Grundstücksfläche Kernstadt locker bebaut: • Grundflächenzahl (inklusive Nebenanlagen) - 0,4 bis 0,6 • Geschossflächenzahl - 1,0 bis 1,8 • Geschossigkeit - 2 bis 4 VG / Gebäudehöhe TH 6,0 bis 12,0 m • Bauweise - i.d.R. offen • Dachform - situationsabhängig • Anzahl der Wohneinheiten – maximal 10 WE • Unversiegelte / nicht unterbaute / begrünte Mindestfläche – 40% der Grundstücksfläche Stadtteil dörflich geprägt: • Grundflächenzahl (inklusive Nebenanlagen) - 0,4 bis 0,6 • Geschossflächenzahl – 0,8 bis 1,5 • Geschossigkeit - 2 bis 3 VG / Gebäudehöhe TH 6,0 bis 10,0 m • Bauweise - offen • Dachform – i.d.R. Sattel- / geneigtes Dach • Anzahl der Wohneinheiten – maximal 8 WE • Unversiegelte / nicht unterbaute / begrünte Mindestfläche – 40% der Grundstücksfläche Seite 3 Drucksache 66/2025 Seite 4 2. QUALITATIV – THEMATISCHE GRUNDAUSSAGEN Auch Gebäude, die in einer Phase hoher Nachfrage nach Wohnraum geschaffen werden, prägen das Ortsbild und die Lebensqualität ihrer Bewohner über viele kommende Jahrzehnte. Deshalb ist es von elementarer Bedeutung bei großen Bauvorhaben die Schaffung beständiger Qualitäten einzufordern. • Für eine bessere Qualifizierung der städtebaulichen und hochbaulichen Entwürfe und der Gestaltung der Gebäude bei bedeutsamen Bauprojekten (d.h. im Gesamtprojekt werden 80 oder mehr Wohneinheiten neu geschaffen, das Vorhaben befindet sich an einer besonders exponierten Stelle) oder auf Forderung des Gemeinderates ist eine Mehrfachbeauftragung (alternativ: ein Wettbewerb nach den Richtlinien für Planungswettbewerbe) durchzuführen. Teilnehmende Architektur- und Planungsbüros sowie Preisgericht sind paritätisch von Investor und Stadt zu besetzen. • Bei Projekten mit mehr als 30 neuen Wohneinheiten oder mit mindestens drei Mehrfamilienhäusern ist ein Entwurf für die Freiflächengestaltung vorzulegen, der auch Gegenstand des städtebaulichen Vertrags wird. Hierbei sind folgende Aspekte zu beachten und darzustellen: o Standorte großkroniger Laubbäume (mindestens ein Baum / 400 m² angefangene Grundstücksfläche) sowie andere Pflanzelemente wie Hecken o Aufenthaltsflächen im Freiraum für die Bewohner (statt Restflächen zwischen Stellplätzen) o Spielplätze (in geeigneter Größe) und deren Begrünung o Feuerwehraufstell- und Umfahrungsflächen (klarstellend gegenüber tatsächlichen Freiflächen) • Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Klimaanpassung: Es ist darzulegen, welche Maßnahmen ergriffen wurden, die dem Klimaschutz (dies umfasst neben den gesetzlichen geregelten Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Wärmedämmung auch solche Maßnahmen, die ebenfalls geeignet sind, ein CO2 sparendes und Ressourcen schonendes Bauen und Betreiben der Gebäude zu ermöglichen) sowie der Klimaanpassung – insbesondere im Hinblick auf die in der Rheinebene steigende Hitzebelastung gerecht zu werden. Hier werden aktuell bewusst noch keine Standards in absoluten Werten eingefordert, vielmehr soll aber der sensiblere Umgang mit der Herausforderung des Klimawandels etabliert werden. • Umgang mit Oberflächenwasser: Städtebauliche Entwürfe sollen künftig frühzeitig auch erste Lösungsansätze für den Umgang mit dem Niederschlagswasser durch Versickerung und Rückhalt auf dem Grundstück entsprechend des Leitbilds der „Schwammstadt“ enthalten. Diese Vorgehensweise ist nachhaltig und kann nachteilige Auswirkungen auf die technische Infrastruktur durch eine zunehmende Beanspruchung der Kanalisation der Stadt Lahr vermeiden. 3. GRAFISCH – ART DER DARSTELLUNG Die Beurteilung von Bauvorhaben hängt (nicht nur bei Laien) stark von der Art der Darstellung ab. Aufwendige Renderings und 3D-Visualisierungen, (zu) großzügig dargestellte Grünflächen (z.B. auch Dächer, Tiefgaragen, Stellplätze) und Bepflanzungen, Schattierungen bei Bestandsgebäuden etc. beeinflussen die Bewertung sehr stark und stehen oft in einem deutlichen Widerspruch zu den eigentlichen Planinhalten sowie zur später gebauten Realität. Daher schlägt die Verwaltung vor, einheitliche einfache Vorgaben zur Darstellung zu machen: den Schwarzplan (Projekt in der Umgebungsbebauung), ein (digitales) Klötzchenmodell, eine Straßenabwicklung und eine Karte, auf der in festgelegten Farben die einzelnen Flächennutzungen eingetragen sind. Dies ist zu ergänzen durch die entsprechenden totalen und prozentualen Flächenangaben. Drucksache 66/2025 Seite 5 Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☒ Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen Tilman Petters Stefan Löhr Anlage(n): - Anlage 0 Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.