Beschlussvorlage (- Sondagebericht)
Sitzung: Technischer Ausschuss (2. Sitzung)
25. Februar 2019
Beschlussvorlage (Bebauungsplan KLEINFELD-NORD, 5. Änderung
- Archäologische Ausgrabung Leopoldstraße
- Bericht und weiteres Vorgehen)
Beschlussvorlage (- Geophysikalische Prospektion)
Beschlussvorlage (- Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis (Entwurf))
Beschlussvorlage (- Öffentlich-Rechtliche Investorenvereinbarung (Entwurf))
Beschlussvorlage (- Sondagebericht)
25. Februar 2019
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Beschlussvorlage (Bebauungsplan KLEINFELD-NORD, 5. Änderung
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REGIERUNGSPRÄSIDIUM STUTTGART REFERAT ARCHÄOLOGISCHE DENKMALPFLEGE DIENSTSITZ FREIBURG Sondagebericht / Baubegleitung Abbildung 1 1. Daten Grabungsnummer 2018-0437 Landkreis Ortenaukreis Gemeinde Lahr Gemarkung Lahr Adresse/Flurnummer/Flurname Leopoldstraße; Flst.: 24324/12, 24324/13 Zeitstellung/Befunde römischer Vicus Anlass der Maßnahme Geplanter Bau eines Mehrfamilienhauses Sondage durchgeführt von Inga Willmes Zuständige Referentin Dr. Gertrud Kuhnle Dauer der Maßnahme 5 Tage inklusive Nachbereitung Frau Bischler (2 Tage), Herr Wehler (1 Tag), Herr Steinborn (Ehrenamtlicher) Frau Koch von Wohnbau Stadt Lahr GmbH Maschineller Oberbodenabtrag und Anlegen eines Schurfes Zusätzliche Mitarbeiter Ansprechpartner vor Ort Vorgehensweise bzw. Art der Sondage Größe des Untersuchungsgebietes in qm Größe der tatsächlich geöffneten Fläche in qm Eingesetztes Gerät / Eigentümer Ca. 1232 m² Ca. 556 m² 20t Bagger mit zahnlosem Schwenklöffel und Bediener, Firma Singler GmbH 2 2. Bericht Einleitung Mit Blick auf das Grabungsschutzgebiet bestanden seitens der archäologischen Denkmalpflege erhebliche Bedenken gegen den Bebauungsplan „Kleinfeld-Nord, 5. Änderung“ und das LAD hatte angeregt, Alternativstandorte außerhalb des Grabungsschutzgebiets in Betracht zu ziehen. Begründung: Der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Kleinfeld-Nord, 5. Änderung“ liegt innerhalb des seit 20.06.1955 nach § 22 DSchG Baden-Württemberg ausgewiesenen Grabungsschutzgebietes „Lahr-Mauerfeld, römische Siedlung“, Listen-Nr. 9, auf der Gemarkung Lahr (Abb. 1). Seit dem frühen 19. Jahrhundert ist im Gewann „Mauerfeld“ in Lahr-Dinglingen ein ausgedehntes römisches Straßendorf (Vicus) bekannt. Die Siedlung lag an der von Basel nach Heidelberg und Mainz führenden römischen Rheintalstraße, die der heutigen B 3 entspricht. 1963 bis 1965 kamen bei Grabungen im Südteil des Vicus mehrere Töpferöfen ans Tageslicht. Die in den Jahren 1991 bis 2002 großflächig durchgeführten Grabungen im Gewann „Schillinger“ ermöglichten einen Einblick in den südlichen Randbereich des Vicus, wo Wohn- und Gewerbehäuser, Brunnen, Darren, Brennöfen usw. freigelegt wurden. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans Kleinfeld-Nord liegt im Nordteil des Vicus, wo die Ergebnisse der oft nur flüchtig durchgeführten archäologischen Beobachtungen bei Aushubarbeiten die Organisation der römischen Siedlung nur lückenhaft erahnen lässt. Unmittelbar westlich und östlich bzw. nordöstlich des Geltungsbereichs sind drei wichtige Befunde bekannt: 1) 1965 wurden beim maschinellen Ausheben der Baugrube für einen Wohnblock auf Parzelle 5672 – heute Leopoldstraße 25 (Flst.-Nr. 25669/8, nur 15 m westlich der Westgrenze des Geltungsbereichs) – mindestens drei, vielleicht vier, Mauerzüge sowie Böden aus Kiesestrich von zwei Räumen angeschnitten und zerstört. Es handelte sich um ein größeres Steingebäude, dessen Ausmaße nicht bekannt sind. 2) 1950 wurden bei den Ausschachtungen von zwei Tanks einer Tankanlage – heute Freiburger Straße 11 (Flst.-Nr. 25560, ca. 35 m östlich der Ostgrenze des Geltungsbereichs) – zwei Ost-West ausgerichtete, parallele (Abstand: 14 m) Steinreihen beobachtet. Beide Reihen bestanden aus großen Steinquadern (0,50 m × 0,50 m × 0,50 m), die durchschnittlich 0,30 m voneinander entfernt lagen; die Zwischenräume waren mit kopfgroßen Kalksteinbrocken ausgefüllt. Auch hier muss es sich um ein größeres Gebäude gehandelt haben. 3) 1970 wurden in sechs Flächen auf dem Areal einer weiteren Tankanlage – heute Freiburger Straße 9 (Flst.-Nr. 20391/18, ca. 50 m nord-östlich der Nordostecke des Geltungsbereichs) – Teilabschnitte des bislang größten Steinbaubefunds von Lahr beobachtet. Es handelt sich um ein 25 m × 10 m großes Gebäude, das durch seine charakteristische Bauweise (massive Mauern mit, in regelmäßigen Abständen vorgelagerten, Stützpfeilern sowie Pfeiler im Gebäudeinneren für einen hochliegenden, unterlüfteten Boden) als Getreidespeicher interpretiert werden kann. 3 Diese Befunde von unterschiedlichen Großbauten lassen vermuten, dass im Umkreis des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Kleinfeld-Nord, 5. Änderung“ der Kernbereich des Vicus liegen könnte. Die Sadt Lahr hatte in den Vorgesprächen darauf hingewiesen, dass auf Grund des dringenden Bedarfes an Sozialwohnungen nicht auf das Projekt verzichtet werden kann und keine Alternativstandorte zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund sollte eine Lösung gefunden werden, wie das Projekt denkmalgerecht durchgeführt werden kann. Untersuchungsmethoden Das Landesamt für Denkmalpflege, Referat 84.2 im Regierungspräsidium Stuttgart, Dienststelle Freiburg, hat am 12.11. und 13.11.2018 auf dem Grundstück des Bebauungsplans „Kleinfeld-Nord, 5. Änderung“ archäologische Voruntersuchungen durchgeführt. Die Prospektion umfasste einen archäologiegerechten Oberbodenabtrag der zentralen Fläche von 556 m2 sowie, im südlichen Bereich des Untersuchungsgebietes, eine Baggersondage von 10 m2 zur qualitativen und quantitativen Beurteilung der Befunde (Abb. 2). Oberbodenabtrag und Baggersondage wurden mit einem Kettenbagger mit zahnlosem Schwenklöffel, von der Firma Singler GmbH, durchgeführt; das Aushubmaterial wurde abgefahren und auf einem Grundstück am Kanadaring zwischengelagert. Das Baggerplanum wurde lediglich partiell feingeputzt (Abb. 3). Am 15.11.2018 konnte Dr. Harald von der Osten, LAD, auf der abgezogenen Fläche zusätzlich ein Bodenradar erstellen; die Ergebnisse dieses elektromagnetischen Reflexionsverfahrens sind in seinem Bericht vom 2.12.2018 vorgelegt (Annex). Abbildung 2 4 Abbildung 3 Untersuchungsergebnisse Der flächige Abtrag des Oberbodens (Befund 1, siehe Abb. 3 und 8) erfolgte bis auf das Niveau der römischen Kulturschicht (Befund 2 / 13, siehe Abb. 3 und 8), welche bereits 1965 in der Baugrube des Wohnblocks Leopoldstraße 25 beobachtet und durch Herrn Dr. Fingerlin dokumentiert worden ist (Anlage 1). Da das Baugrundstück (Flurstücke 24324/12 und 24324/13) bis 2017 als Schrebergärten genutzt wurde, variiert die Oberbodenabdeckung von durchschnittlich 0,20 m im Detail um bis zu 0,15 m. Die darunter erhaltene römische Kulturschicht ist nahezu ungestört auf der gesamten freigelegten Fläche angetroffen worden. Im nördlichen Bereich der abgezogenen Fläche sind zwei relativ kleine, moderne Bodeneingriffe zu verorten (Befunde 3 und 4, Abb. 4). Ebenfalls im Norden ist eine kleine, kreisrunde Verfärbung von ca. 0,20 m Durchmesser (Befund 5, Abb. 5) untersucht worden. Beim Anlegen eines Profils konnten jedoch weder klare Grenzen noch Sedimentunterschiede festgestellt werden. Es handelt sich wohl eher um ein hydrologisches Phänomen als um ein Pfostenloch oder die Standspur eines Pfostens. 5 Abbildung 4 Abbildung 5 Insbesondere im mittleren Bereich der abgezogenen Fläche lassen römische Dachziegelkonzentrationen und Sandsteinquader in verschiedenen Größen (Abb. 7) sowie schemenhafte lineare Strukturen, Reste von Gebäudegrundrissen vermuten (Befund 6, Abb. 6). Abbildung 7 Abbildung 6 Mit dem durch die Dokumentation von 1965 (Anlage 1) erlangten Wissen, dass im Prinzip unter der bis zu 0,40 m mächtigen Kulturschicht intakte römische Schichten anzutreffen sind, wurde lediglich im Süden des Untersuchungsgebietes eine kleine Baggersondage (Schurf) angelegt. 6 Abbildung 8 In dem ca. 2,5 m × 4,0 m messenden Schurf konnten die Befunde 7 bis 12 dokumentiert werden (Abb. 8). Das rötliche, lehmige Sediment mit geringem grobkörnigem Anteil von Befund 11 ist als gewachsener Boden anzusehen. Darauf ist flächig Befund 9 anzutreffen. Befund 9 beschreibt einen, bis ca. 0,30 m mächtigen, mittelbraun-grauen, recht kompakten Lehm. Der Befund ist mäßig durchsetzt mit Holzkohleflittern, gelegentlich können auch Ziegel- und Keramikpartikel erkannt werden. Im Nord-Osten des Schurfes sind einige Buntsandsteinbruchsteine (Kantenlängen bis ca. 0,25 m × 0,40 m) mit größeren Ziegelfragmenten in das Sediment von Befund 9 eingetieft. Eine intentionell angelegte Struktur ist in diesem kleinen Ausschnitt nicht zu erkennen. Die Grenzen zu der darüberliegenden Schicht 7 sind fließend, aber durch Farbe und Sedimentzusammensetzung deutlich zu erkennen. Befund 7 ist ebenfalls sehr kompakt und besteht aus einem hellen bis fahlgelben, feinschluffigem Sediment. An Einschlüssen können vereinzelt kleine Kiesel (Ø bis 0,01 m), Ziegelpartikel und Holzkohleflitter erkannt werden. Die ca. 0,15 m mächtige Schicht ist mit Wurzel- und Tiergängen durchsetzt. Sie wird von einer grabenähnlichen Struktur geschnitten (Befund 8). Befund 10 beschreibt eine, nur an der Nord-östlichen Grabungsgrenze zu erkennende, gräulich-braune, lehmig-schluffige Schicht. Auf oder in Befund 10 befindet sich eine Konzentration von Kalkbruchsteinen (Befund 12), mit Kantenlängen bis max. 0,35 m. Die Steine befinden sich direkt an der Nord-östlichen Grabungsgrenze und scheinen sich gen Norden weiter fortzusetzen. Um eine Aussage über ihre Funktion treffen zu können ist der Ausschnitt des Schurfes zu klein. Das stratigraphische Verhältnis zwischen Befund 10 und Befund 8 konnte durch den Sondageschnitt nicht abschließend geklärt werden. 7 Befund 8 ist eine ca. 0,75 m breite, Nord-Süd orientierte lineare Struktur. Die Ausdehnung gen Norden fluchtet nicht in die bereits abgezogene Fläche (Abb. 9) und konnte daher von der Bodenradarmessung nicht erfasst werden. Der Graben schneidet eindeutig Befund 7 und ist in Befund 9 eingetieft. Die Grenzen sind dabei scharf und deutlich. Auch hier können Einschlüsse anthropogener Art erkannt werden. Auffällig sind die verhältnismäßig vielen Schlacken. Befund 13 entspricht der allgegenwärtigen Kulturschicht (Befund 2). Im Bereich des Schurfes sind die Einschlüsse jedoch von geringerem Kaliber im Vergleich zu den beobachteten Einschlüssen an der freigelegten Oberfläche der Schicht. Über Befund 8 hat sich die Schicht gesetzt und beinhaltet hier wiederum gröberes Material. Abbildung 4 Zusammenfassung Das Baugrundstück „Kleinfeld-Nord“ liegt innerhalb des seit 20.06.1955 nach § 22 DSchG Baden-Württemberg ausgewiesenen Grabungsschutzgebietes „Lahr-Mauerfeld, römische Siedlung“ (Denkmallisten-Nr. 9) auf der Gemarkung Lahr. Unterschiedliche römische Großbauten, die bei Baumaßnahmen zwischen 1950 und 1970 im näheren Umfeld des Baugrundstücks nur lückenhaft beobachtet werden konnten, lassen vermuten, dass der Geltungsbereich „Kleinfeld-Nord“ im Kernbereich der römischen Siedlung – Vicus – liegt. Im November 2018 führte das LAD auf dem Baugrundstück (Fläche: ca. 1200 m2) archäologische Voruntersuchungen durch: Dazu wurde zunächst auf ca. 560 m2 der Oberboden flächig abgetragen und in der Südostecke des Grundstücks auf 4 × 2,5 m ein Schurf angelegt, um die Stratigraphie der römischen Schichten zu erfassen (12.-13.11.2018). Zudem wurde kurzfristig eine Bodenradar-Untersuchung angesetzt (15.11.2018). Direkt unter dem Oberboden, ca. 0,20 m unter der heutigen Oberfläche des Baugrundstücks, wurde eine nahezu ungestörte römische Kulturschicht angetroffen, in deren erhaltener Oberfläche scheinbar Reste der jüngsten römischen Bebauung in situ erhalten sind. Im angelegten Profil ist diese Kulturschicht ca. 0,40 m mächtig: Sie verbirgt vermutlich drei aufeinanderfolgende Siedlungsschichten; die Ergebnisse der Bodenradar-Untersuchung zeigen unter der Oberfläche dieser römischen Kulturschicht Anomalien in Tiefen von 0,16 und 0,40 m (ca. 0,36 und 0,60 m unter der heutigen Oberfläche). 8 Unter dieser dunkelfarbigen Kulturschicht wurden im angelegten Schurf, in der Südostecke des Grundstücks, bis ca. 1,20 m unter der heutigen Oberfläche sowohl Steinlagen (in eventuellen Fundamentgräbchen?) als auch ein Graben angetroffen. Im nördlichen Teil des Baugrundstücks bildeten die Bodenradar-Untersuchung ca. 1,20 m unter der heutigen Oberfläche eine etwa 2,50 m breite, bogenförmige Struktur sowie etwa 4,50 m östlich davon und ca. 0,20 m tiefer (ca. 1,40 m unter der heutigen Oberfläche) ein ebenfalls bogenförmiges Lineament ab. Zusammenfassend haben die Voruntersuchungen gezeigt, dass auf der gesamten Fläche (1200 m2) Befunde und Funde aus dem römischen Vicus anzutreffen sind. Unter dem ca. 0,20 m hohen Oberboden, reichen die ungestörten, römischen Schichten von insgesamt etwa 1,20 m Höhe (Stratigraphie) bis ca. 1,40 m unter die heutige Oberfläche. Einzelne Befunde wie Brunnen oder Latrinen können tiefer reichen. Beim Ortstermin am 15.11.2018 mit Baubürgermeister Tilman Petters wurde festgehalten, dass in das römische Bodendenkmal (= Teilbereich des Vicus) nicht ohne eine archäologische Flächenausgrabung eingegriffen werden kann. 3. Funde Das bei der Voruntersuchung geborgene Fundmaterial reicht von Gebrauchskeramik, darunter die sog. „Lahrer Ware“, über Tafelgeschirr aus Terra Sigillata, römische Dachziegel, Fundamentsteine und Steinmauerschutt bis zu Metallartefakten und römischen Münzen aus dem 2. Jahrhundert. 4. Dokumentation Die Dokumentation umfasst Einzelbefundbeschreibungen, digitale Fotografien (Übersicht-, Einzelbefund- und Fotogrammetrieaufnahmen) und die Vermessungsrohdaten sowie die daraus resultierenden Pläne. Gemessen wurde in UTM Zone 32 (EPSG 25832). Die Höhenangaben beziehen sich auf Normalhöhennull des DHHN2016. 5. Datum/Verfasser 8. Februar 2018, Frau Willmes, Frau Dr. Kuhnle 9 Anlage 1 10 11 12 Annex Geophysikalische Prospektion archäologischer Denkmale Die geophysikalische Prospektion in Lahr, Leopoldstrasse, Ortenaukreis vorgelegt von Dr. Harald von der Osten am 02. Dezember 2018