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Beschlussvorlage (Digitale Musiklernplattform)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Amt: StM
Himmelsbach

Datum: 16.09.2020 Az.: 333.56

Drucksache Nr.: 253/2020

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Haupt- und Personalausschuss

02.11.2020

vorberatend

nichtöffentlich

Abgesetzt

Haupt- und Personalausschuss

30.11.2020

vorberatend

nichtöffentlich

14 Ja-Stimmen
0 Nein-Stimmen
1 Enthaltung

Gemeinderat

14.12.2020

beschließend

öffentlich

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

Haupt- und Personalamt
Abt. 10/101

Kämmerei

Rechts- und
Ordnungsamt

Betreff:

Digitale Musiklernplattform

Beschlussvorschlag:

1. Der Gemeinderat nimmt den Entwicklungsstand der Software zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat stimmt einer kostenlosen Veröffentlichung der Software (Variante A) zu. Der finanzielle Vorteil liegt in einer dauerhaften kostenfreien Nutzung der
verschiedenen Apps durch die Stadt Lahr.
3. Der Gemeinderat stimmt der Lizenzbestimmung zu.
4. Der Gemeinderat stimmt der beiliegenden Lizenzbestimmung (Rechteübertragung) mit Herrn Tobias Meinen zu
5. Der Gemeinderat stimmt der Veröffentlichung der Software über die Plattform
GitHub zum Download zu.

Anlage(n):
Software-Lizenz-Vertrag
Vereinbarung zur Rechteübertragung
Anlage 0

BERATUNGSERGEBNIS

Sitzungstag:

Bearbeitungsvermerk

 Einstimmig  lt. Beschlussvorschlag  abweichender Beschluss (s. Anlage)
 mit Stimmenmehrheit

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

Drucksache 253/2020

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Sachdarstellung:
Am 23. September 2019 stellte die Stadt Lahr für das Projekt „Digitale Musiklernplattform“
(MLP) der Städtischen Musikschule Lahr im Rahmen der Ausschreibung „Gemeinden, Städte
und Landkreise 4.0 – Future Communities“ beim Ministerium für Inneres, Digitalisierung und
Migration einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung. Dieser wurde am 10. Dezember
2019 positiv beschieden und das Projekt mit 100.000 EUR unterstützt. Der vom Gemeinderat
beschlossene Eigenanteil zur Cofinanzierung beläuft sich ebenfalls auf 100.000 EUR.
Projektstart war am 01.01.2020. Das Projekt wurde am 16.11.2020 abgeschlossen und kann
veröffentlicht werden.
Ziel ist es, einen „Open Source“-Gedanken zu verfolgen. Musikschulen und Firmen sollen die
Möglichkeit erhalten, die programmierte App zu nutzen und die Inhalte für alle Musikschulen
und deren Schüler*innen gewinnbringend im Unterricht oder zu Hause einzusetzen.
Entwicklungsstand der APP „Digitale Musiklernplattform“ (MLP)
Nach Ausschreibung und Auftragserteilung hat die Ausschreibungsgewinnerin, die Firma Sinusquadrat GmbH aus Offenburg, direkt mit der Programmierung der App begonnen.
Das Datenmodell, die architektonische IT-Grundlage, die Multimediaplayer und die weiteren
Anforderungen wurden umgesetzt. Der Quellcode steht zur Veröffentlichung bereit.
Die maximalen Kosten sind auf die zur Verfügung stehenden 200.000 EUR begrenzt. Nach
jetzigem Stand kann das Projekt im vorgesehenen Kostenrahmen wie geplant umgesetzt werden.
Open Source - Lizenzierung
Die aus dem Projekt der digitalen Musiklernplattform entstehenden Apps, können sich in ihrer
Umsetzung durch die Inanspruchnahme der Lizenznehmer sehr unterscheiden. Die Geschäftsmodelle reichen von kostenfreien, werbefinanzierten bis hin zu kostenpflichtigen Angeboten. Aus diesem Grund hat die Verwaltung unterschiedliche Lizenzierungsmodelle untersucht. Für die Beurteilung gibt es im Wesentlichen zwei Ausrichtungen. Entscheidend ist eine
Abwägung, ob die Hürde einer Lizenzierung niedrig oder hoch liegen soll. Das Innenministerium möchte mit dem Förderprojekt „Future Communities“ innovative Impulse setzen und im Bereich Digitalisierung neue Wege gehen. Diese Ziele sprechen für eine weite Verbreitung des
Quellcodes der Digitalen Musiklernplattform, um möglichst viele Lizenznehmer zu erreichen.
Variante A verfolgt den Ansatz einer kostenfreien Lizenzvergabe an lizenznehmende Firmen.
Sie ist verbunden mit einer dauerhaften kostenfreien Nutzung der verschiedenen Apps durch
die Stadt Lahr. Hierbei ist die Hürde einer Lizenzierung für potenzielle Lizenznehmer niedrig
und der Open Source Gedanke wird am konsequentesten weiterverfolgt. Der finanzielle Vorteil
liegt für die Stadt dabei in der dauerhaften kostenfeien Nutzung der App.
Die folgende Modellberechnung beruht auf der Annahme, dass lizenznehmenden Firmen einen kostenpflichtigen Vertrieb für ihre Nutzer*innen wählen.
Modellrechnung A für den jährlichen finanziellen Vorteil der Stadt Lahr
Berechnungsgrundlage für die Städtische Musikschule Lahr als lizenznehmende Nutzerin:
Von rund 2.000 Schüler*innen der Städtischen Musikschule ist die App abzüglich der 1.000
Schüler*innen in Kita- und Schulkooperationen für rund 1.000 im Instrumental- und Vokalunterricht sehr interessant.
Bei monatlichen Kosten von 2 EUR pro Schüler*in läge der jährliche Vorteil bei 24.000 EUR.
Finanzieller Vorteil in fünf Jahren 120.000 EUR, in 10 Jahren: 240.000 EUR

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Bei monatlichen Kosten von 5 EUR pro Schüler*in käme es zu einem jährlichen Vorteil von
60.000 EUR. Finanzieller Vorteil in fünf Jahren: 300.000 EUR, in 10 Jahren: 600.000 EUR
Es ist davon auszugehen, dass die Anbieter der Apps jeweils mit den öffentlichen Musikschulen Verträge schließen und die Kosten abrechnen. Trotz kostenfreier Nutzung durch die Stadt
Lahr könnte ein Digitalisierungsbeitrag von den Nutzern*innen erhoben werden. Der Gemeinderat kann entscheiden, ob der finanzielle Vorteil durch die kostenfreie Nutzung auf diesem
Weg über eine Erhöhung der Entgelte monetarisiert wird.
Mit Variante B steht eine kostenpflichtige Weitergabe des Quellcodes durch die Stadt Lahr an
potentielle Lizenznehmer gegenüber. Diese werden für die weitere Umsetzung und die Weiterentwicklung der App zusätzliche Kosten aufwenden müssen, was diese Vorgehensweise für
Interessenten nicht sonderlich attraktiv macht. Alternativ könnten die Lizenznehmer die Programmierarbeiten selbst beauftragen bzw. umsetzen.
Modellrechnung Variante B für Einmalzahlungen von lizenzierenden Unternehmen
Der Quellcode wird in diesem Modell kostenpflichtig mit einer Einmalzahlung an die lizenznehmenden Firmen weitergegeben. Die Stadt Lahr hat insgesamt 200.000 EUR für die Musiklernplattform aufgewendet, 100.000 EUR Eigenmittel und 100.000 EUR Fördermittel. Um den
Quellcode für potentielle Lizenznehmer preislich interessant zu gestalten, wurde im Modell B
mit maximal 80% der von der Stadt eingesetzten Gelder für die Umsetzung gerechnet. Danach
könnte die Stadt Lahr von jeder lizenznehmenden Firma einmalig 160.000 EUR für die Lizenz
einnehmen. Die Verwaltung schätzt jedoch ein, dass dieser Betrag in der Start-Up-Szene
schwer bis gar nicht zu erzielen sein dürfte.
Fazit:
Aus den vorgenannten Gründen und unter Berücksichtigung der Grundgedanken des
Fördermittelgebers wird seitens der Verwaltung Variante A empfohlen.
Sollten weitere Förderungen von Kreis, Land oder Bund kommen, muss von Fall zu Fall betrachtet werden, wie die Stadt als Lizenzgeberin davon zusätzlich profitieren kann.
Veröffentlichung
Nach Fertigstellung soll die App auf der Plattform GitHub mit einer Lizenzbestimmung der
Stadt Lahr kostenlos abrufbar sein. GitHub ist ein netzbasierter Dienst zur Versionsverwaltung
für Software-Entwicklungsprojekte. Namensgebend war das Versionsverwaltungssystem Git.
Die Firma gehört zu Mircrosoft und ist die bedeutendste Anbieterin in diesem Bereich. Die
Plattform GitHub wird von 50 Millionen Programmierern/Softwareentwicklern weltweit genutzt.
Rechteinhaberschaft
Für den Fall, dass der Stadt Lahr nicht bereits sämtliche notwendigen Rechte, insbesondere
am Quellcode zustehen sollten, ist der Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Leiter der
Musikschule, Herrn Tobias Meinen, und der Stadt Lahr zur Rechteübertragung bzw.
Rechteeinräumung erforderlich (siehe Anlage 2). Hierbei gibt es aus rechtlicher Sicht im Wesentlichen zwei Risiken:
-

Bei Lizenzen an Urheberrechten handelt es sich grundsätzlich um Dauerschuldverhältnisse
mit dem Urheber auf unbestimmte Zeit. Denn urheberrechtliche Persönlichkeits- und Verwertungsrechte verbleiben beim Urheber; diese Rechte können nicht vollständig vom Urheber (wie etwa Forderungen oder das Eigentum) abgetreten bzw. übertragen werden. Es
können hieran nur Nutzungsrechte eingeräumt werden. Im vorliegenden Fall der unentgeltlichen Einräumung derartiger Nutzungsrechte (Schenkung) ist allerdings nicht eindeutig
geklärt, ob auch hier ein kündbares Dauerschuldverhältnis vorliegt. Insoweit kann das
grundlegende Risiko, dass die mit Herrn Meinen zu treffende Vereinbarung wie jedes Dau-

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erschuldverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden könnte, niemals
vollständig ausgeschlossen werden.
-

Auch wenn es sich hier um eine unentgeltliche Rechteeinräumung handeln soll, kann
ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass Herrn Meinen (oder seinen Rechtsnachfolgern) etwa bei großem wirtschaftlichen Erfolg der Software Ansprüche auf Zahlung einer
angemessenen Vergütung nach § 32 des Urhebergesetzes (UrhG) zustehen könnten.
Zwar ist dies angesichts der Natur einer Open Source-Software weitgehend unwahrscheinlich, dennoch soll den Lizenznehmern der Stadt Lahr nach der angedachten Lizenzregelung auch eine kommerzielle/gewerbliche Nutzung ermöglicht werden. Letzteres kann derartige Ansprüche dem Grunde nach entstehen lassen.

In beiden Fällen handelt es sich um vertraglich nicht abdingbare, gesetzlich zwingende Regelungen. Es ist aber nicht sicher, dass diese Risiken an die weiteren Lizenznehmer weitergebgeben werden kann. Soweit sich die Stadt Lahr nämlich vorbehalten möchte, Lizenzen zu beenden bzw. zu kündigen, greift dieses Kündigungsrecht nicht, wenn aufgrund der Natur des
Open Source-Lizenzvertrags als Schenkung die Lizenz aus rechtlicher Sicht als nicht kündbares Dauerschuldverhältnis zu bewerten sein sollte. In diesem Fall besteht dann das nicht ausschließbare Risiko, dass die Stadt Lahr die Lizenz zu diesen Dritten daher nicht mehr einseitig
beenden könnte. Dies ist – wie bereits oben geschildert – eine bislang höchstrichterlich nicht
entschiedene Rechtsfrage.
Nachrichtlich:
Herr Tobias Meinen, Leiter der Städtischen Musikschule, musste im Verfahren seine Befangenheit erklären, weil er Mitgesellschafter einer Lahrer GmbH ist, die plant, die Open Source
Daten der Stadt Lahr zu lizenzieren.

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Guido Schöneboom
Erster Bürgermeister

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Claudia Bühler
Stellvertretende Schulleiterin