Informationsvorlage (Bericht zu Biotopen und Ausgleichsflächen)
Sitzung: Umweltausschuss (1. Sitzung)
15. Juni 2021
15. Juni 2021
Information Amt: 602 Stahl Datum: 26.05.2021 Az.: 60/602 St Drucksache Nummer: 125/2021 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Umweltausschuss 15.06.2021 zur Kenntnis öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Mitwirkung Abt. 10/102 Amt 20 Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Stabstelle Recht Betreff: Bericht zu Biotopen und Ausgleichsflächen Mitteilung: Der Umweltausschuss nimmt den Bericht zu Biotopen und Ausgleichsflächen der Stadt Lahr zur Kenntnis. Anlage(n): Kartenauszug Biotop- und Ausgleichsflächenkataster Auszug Tabelle Ausgleichs- und Ökokonto-Flächen Verfügbare Ökokontomaßnahmen BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 125/2021 Seite - 2 - Angaben über finanzielle und personelle Auswirkungen ☒ Die Maßnahme hat keine finanziellen und personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50 T EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20 T EUR ☐ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Tabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung enthalten oder als Anlage beigefügt -In diesen Fällen ist die Tabelle nicht auszufüllenFinanzielle und personelle Auswirkungen (Prognose) ☒ Investition Nicht investive ☐ Maßnahme oder Projekt Aufwand/ Einmalig verminderter Ertrag Ertrag / Einmalig verminderter Aufwand SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-) Investition/ Auszahlung Zuschüsse/Drittmittel (ohne Kredite) SALDO: Finanzierungsbedarf: Eigenmittel oder Kredite Folgekosten p.a. / Aufwendungen und Erträge Aufwand (inklusive Personalmehrkosten, s.u.) / Verminderung von Ertrag Ertrag / Verminderung von Aufwand 2020 2021 2022 2023 2024 ff. in EUR Jährlich ab Inbetriebnahme / nach Abschluss der Maßnahme in EUR SALDO: Überschuss (+) / Fehlbetrag (-) Personalmehrbedarf (dauerhaft) Entgeltgruppe/ BeArbeitgeberaufwand p.a. Stelle / Bezeichnung soldungsgruppe (Lohn- und Nebenkosten) in EUR 1. 2. 3. SUMME Personalmehrkosten (dauerhaft) Ist die Maßnahme im Haushaltsplan berücksichtigt? ☐Ja, mit den angegebenen Kosten ☐Ja, mit abweichenden Kosten (Erläuterung in der Begründung) ☐Nein Ist die Maßnahme in der mittelfristigen Planung berücksichtigt? ☐Ja, mit den angegebenen Kosten ☐Ja, mit abweichenden Kosten (Erläuterung in der Begründung) ☐Nein Drucksache 125/2021 Seite - 3 - Sachdarstellung: Im Umweltausschuss am 15. November 2018 wurde zuletzt ein umfassender Sachstandsbericht zu Kompensationsmaßnahmen gegeben. Beginnend mit der vorliegenden Informationsvorlage soll nun – vergleichbar zum Bericht zu den städtischen Bäumen - jährlich ein Überblick über die Situation und Veränderungen bei städtischen Ausgleichsflächen und Biotopen gegeben werden. 1. Vorinformation: Typen von Kompensationsflächen: Naturschutzrechtliche und baurechtliche Ausgleichsmaßnahmen gemäß Eingriffsregelung Seit 1976 gibt das Bundesnaturschutzgesetz vor, dass erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft (sog. „Eingriffe“) vorrangig zu vermeiden und – wo dies nicht möglich ist – durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen vom Verursacher zu kompensieren sind. Unterschieden wird hier zwischen Eingriffen im Rahmen von Bauleitplanverfahren – der Ausgleich hierfür wird im Baugesetzbuch geregelt – sowie Eingriffen im Rahmen von sonstigen Verfahren, wie privaten Bauvorhaben im Außenbereich oder Planfeststellungsverfahren. Dementsprechend wird auch zwischen baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen unterschieden. Die baurechtlichen Ausgleichsmaßnahmen werden i.d.R. von Kommunen zum Ausgleich von Baugebieten hergestellt und dauerhaft unterhalten. Für Ausgleichsmaßnahmen nach dem Naturschutzgesetz muss die Ökokontoverordnung BadenWürttemberg zugrunde gelegt werden, es gelten grundsätzlich höhere inhaltliche Anforderungen als für die baurechtlichen Ausgleichsmaßnahmen. Mit der Ökokontoverordnung wurde 2011 ein rechnerisches Bewertungsverfahren für die Ermittlung der Eingriffsschwere und der Bemessung des erforderlichen Ausgleichs für die Schutzgüter Arten und Biotope sowie Boden vorgegeben, das seither regelmäßig als Methodenstandard angewandt wird. Beide Typen von Ausgleichsflächen können bevorratet werden, d.h. im Vorgriff auf mögliche Eingriffe hergestellt werden. Die Maßnahmen, die im naturschutzrechtlichen Ökokonto bevorratet werden, können an Dritte verkauft werden. Seit der Einführung der Ökokontoverordnung 2011 müssen auch Beeinträchtigungen des Schutzguts Boden separat erhoben und ausgeglichen werden. Die Bewertung von Eingriff und Ausgleich erfolgt ebenfalls mit Punkten. Die Verordnung listet hier einen abschließenden Katalog an Maßnahmen auf, z.B. Entsiegelung, nachträgliche (freiwillige) Dachbegrünungen etc. Im Ortenaukreis wird auch die Kalkung von Waldgebieten mit Bodenversauerung als Boden-Ausgleichsmaßnahme anerkannt. Für all diese Maßnahmen sind die Flächen und Möglichkeiten jedoch begrenzt. Daher kann im Ortenaukreis i.d.R. schutzgutübergreifend ausgeglichen werden. Hierbei wird ein Komplementärschlüssel von 1:1 zwischen Ökopunkten für Biotope und Ökopunkten für das Schutzgut Boden angenommen. Artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) Zusätzlich zur Betrachtung von seltenen und besonderen Arten im Rahmen der Eingriffsregelung müssen seit einigen Jahren auch die direkten Regelungen des Artenschutzrechtes beachtet werden, die dem Schutz der Populationen und deren Lebensstätten dienen. Es gilt als direkte Rechtsvorgabe und unabhängig davon, ob bereits Baurecht besteht. Im Prinzip muss überall und jederzeit bei Veränderungsmaßnahmen sichergestellt werden, dass keine Tiere der geschützten Arten betroffen sind. Die Regelungen in den §§ 44 und 45 Bundesnaturschutzgesetz sehen vor, dass Fangen, Tötung oder Verletzung der besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten sowie die Beschädigung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten streng verboten sind. Bei den streng geschützten Arten ist zusätzlich eine Störung der Arten untersagt. Es liegt jedoch dann kein Verbotstatbestand vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt ist oder wenn dies durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (sog. CEF-Maßnahmen) erreicht werden kann. Die Anforderungen an Ersatzmaßnahmen für geschützte Arten sind deutlich strenger als die Anforderungen an naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen, da sie sich nur an den Bedürfnissen der Arten orientieren. Das Weiterbestehen der Popula- Drucksache 125/2021 Seite - 4 - tion der geschützten Art muss garantiert und nachgewiesen sein, bevor der Eingriff bzw. die Zerstörung des ursprünglichen Lebensraums beginnt. Die Maßnahmen können somit auch nicht durch Ökopunkte abgegolten werden. Zudem müssen sich die Ersatzflächen häufig in unmittelbarer Nähe der Eingriffsprojekte befinden und eine besondere Biotopausstattung aufweisen, die den Bedürfnissen der Art entspricht. Die CEF-Maßnahmen können jedoch häufig auch parallel als naturschutzrechtliche Aufwertungsmaßnahme angerechnet werden oder auf bereits bestehenden Ausgleichsflächen durch zusätzliche und artspezifische Maßnahmen umgesetzt werden, eine Überlagerung der Funktionen ist also möglich und wird verstärkt angestrebt. Das Verständnis für den Artenschutz gerät stellenweise an Grenzen, wenn manche Arten, die bei uns häufig sind, als streng geschützte Arten aufwändige Maßnahmen erfordern, wie z.B. Mauereidechse, Zauneidechse, Saatkrähe, Rotmilan, etc.. Bei diesen Arten befinden wir uns jedoch im Zentrum des Verbreitungsgebietes und haben daher eine besondere Verantwortung für diese Arten. Wenn sie bei uns verschwinden, besteht die große Gefahr, dass sie überall verschwinden, da auch wesentliche Lücken in das Verbreitungs- und Austauschnetz der Arten gerissen werden (Inselpopulationen ohne genetischen Austausch sterben leichter aus). Waldersatzflächen Müssen klassifizierte Waldflächen für nicht forstliche Zwecke, z.B. ein kommunales Baugebiet oder den Bau einer Windkraftanlage, gerodet werden, muss der Vorhabenträger diese Rodung nach dem Waldrecht ausgleichen. Dies erfolgt i.d.R. durch eine Aufforstung in gleicher Größe an anderer Stelle. Gesetzlich Geschützte Biotope Sobald im Rahmen von Bauvorhaben oder anderen Eingriffen gesetzlich geschützte Biotope geschädigt oder beseitigt werden, muss eine Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde beantragt werden. In der Regel ist dann das Biotop an anderer Stelle in gleicher Größe und Wertigkeit wiederherzustellen und dauerhaft zu erhalten. Retentionsflächen In Einzelfällen kann für Bauvorhaben in Überschwemmungsgebieten eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, wenn u.a. die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfangs-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird. 2. Ausgleichsflächen- und Biotopkataster Eine Katasterübersicht über alle Ausgleichsflächen und Biotopflächen auf der Gemarkung Lahr wird bereits seit längerem parallel zur laufenden Arbeit bei der Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt erarbeitet und ist zu ca. 80 % fertiggestellt. Im Anhang (1 und 2) ist ein Auszug aus der Tabelle sowie aus der Plandarstellung enthalten. Das Kataster listet derzeit 190 rechtlich gebundene Ausgleichsflächen für verschiedene private und städtische Bauprojekte und Bebauungspläne sowie Ersatzflächen für geschützte Biotope (z.B. Pappelersatzpflanzungen für Saatkrähen) auf. Hiervon sind 130 Maßnahmenflächen im Eigentum der Stadt Lahr. Bei der letzten Erhebung 2018 wurden zudem auf städtischen Flächen 831 gesetzlich geschützte Biotope gezählt, zum größten Teil sind dies Feldhecken, Hohlwege, aber auch verpachtete Mähwiesen. Bereits seit 2011 sind die Unteren Naturschutzbehörden zur Führung eines Kompensationsverzeichnisses verpflichtet. Bislang mussten hierin jedoch nur die naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen verzeichnet sein. Seit der Novelle des Landesnaturschutzgesetzes vom Dezember 2020 sind nun auch Kommunen verpflichtet, ihre bauplanungsrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen der unteren Naturschutzbehörde mitzuteilen. Die Details, in welcher (elektronischen) Form und welcher Inhaltsschärfe die Ausgleichsmaßnahmen übermittelt werden sollen, werden erst noch geregelt. Hierfür ist vom Land eine Novelle der Landes-Kompensationsverzeichnisverordnung vorgesehen. Drucksache 125/2021 Seite - 5 - Im aktuellen Kompensationsverzeichnis des Landratsamts für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen sind auf Lahrer Gemarkung derzeit acht Maßnahmen verzeichnet. Neben einer Ersatzzahlung für die Erneuerung des Windrads auf dem Kempfenbühl/Schlossbühl sind dies bislang Maßnahmen des Landratsamtes zum Ausgleich von Straßenbaumaßnahmen. 3. Stand der Biotope und Ausgleichsflächen Biotopflächen Aktuell werden für 34 städtische Biotop- und Ausgleichsflächen sowie die Blühwiesen in den Randflächen der LGS-Parks jährliche Mahd- und Biotoppflegemaßnahmen an verschiedene lokale Landwirte beauftragt. Hinzu kommen jährlich wechselnd weitere Flächen, auf denen gelegentliche Einzelmaßnahmen z.B. zum Gehölzschnitt (Hecken auf-den-Stock-Setzen) erforderlich sind. Die Mahd von Graben- und Gewässerufern erfolgt unter Federführung des städtischen Bau- und Gartenbetriebs (BGL). Weitere einzelne Biotoppflegemaßnahmen im Bereich des Stadtwalds oder z.B. die Unterhaltung der Amphibienzäune in Sulz und am Hohbergsee werden ebenfalls durch den BGL durchgeführt. Seit 2020 werden in den meisten Wiesenflächen jährlich wechselnde Altgrasstreifen belassen, die als ungemähte Struktur bis zum Frühjahr stehenbleiben und den Insekten zum Überwintern dienen. Zuletzt neu hergestellte Ausgleichsflächen Die CEF-Maßnahmen für den Bebauungsplan Hosenmatten II, 3. Änderung konnten in den letzten Monaten umgesetzt werden. Ersatzlebensräume für die im Baugebiet gefundenen Arten (Eidechsen, Schlingnattern, Brutvögel, Hirschkäfer, Fledermäuse) wurden vor allem im nördlich und östlich an das Baugebiet angrenzenden Grüngürtel realisiert. Zusätzliche Heckenstrukturen für Brutvögel wurden auf zwei nördlich gelegenen städtischen Flächen angepflanzt. Die bereits als städtisches Biotop extensiv gemäht Wiese in der ehemaligen Kalksteingrube wurde durch zusätzliche Pflanzungen und Umstellung auf zweimalige Mahd ebenfalls als Lebensraum für Vögel aufgewertet. Zudem wurden hier Steinriegel für Eidechsen angelegt, die bereits erfolgreich bezogen wurden. Ergänzend werden hier noch 3,2 ha Wald zur Entwicklung von Alt- und Totholzstrukturen für Fledermäuse aus der Nutzung genommen werden. Aktuell steht die Fertigstellung des Pflege- und Entwicklungskonzeptes an. Als Ausgleichsmaßnahme für das Regenüberlaufbecken in Sulz wurde östlich des Sulzbachs auf Höhe des Sportplatzes das1800 qm große städtische Flurstück 1074 aufgewertet, es befindet sich noch im Umbau. Auf dieser ehemaligen Wiesen- und Ackerfläche hatte sich im Laufe der Jahre durch Verbrachung und Sukzession ein junger Gehölzbestand entwickelt. Das bestehende Schilf wurde durch den Gehölzbestand zunehmend bedrängt. Als Maßnahme wurde der junge Gehölzbestand gerodet. Auf dem Gelände wurden für den Retentionsausgleich etwa 300 cbm Gelände abgetragen und Flachtümpel angelegt. Im kommenden Herbst werden hier zur randlichen Abgrenzung weitere Sträucher gepflanzt. Darüber hinaus soll sich hier wieder ein flächiges Schilfgebiet einstellen, bzw. offene Flachtümpel verbleiben, die Ersatzhabitate für Amphibien und Vögel bieten. Hierdurch wird auch der Verlust des geschützten Schilfbestands am Regenüberlaufbecken ausgeglichen. Im angrenzenden städtischen Baumbestand wurden Fledermaushöhlen als Habitatangebot aufgehängt Als neue Maßnahme umgesetzt wurde auch eine Sandlinse für Eidechsen im Seepark als artenschutzrechtlicher Ausgleich für den Parkplatz Haus am See. Im vergangenen Jahr wurden Hinweisschilder an städtischen Biotopen, Ausgleichsflächen und Blühwiesen aufgestellt. Es wurden im ersten Schritt 50 Schildern an 30 Standorten verteilt. Hierdurch soll auf die Nutzung und die extensive Pflege als Biotopfläche hingewiesen werden. In Hinsicht auf die Frage der Obstnutzung von städtischen Streuobstwiesen hat die Stadt Lahr im vergangenen Herbst ihren Ansatz betont, dass die Ernte und Nutzung von städtischen Streuobstwiesen gemeinnützigen Zwecken dienen sollte. Dies wird bereits durch ehrenamtliche Gruppen bereits an mehreren Stellen praktiziert. Zudem hat inzwischen ein weiterer Verein sein Interesse bekundet, Drucksache 125/2021 Seite - 6 - die Obsternte in einer gemeinnützigen Aktion durchzuführen. Hierdurch sollen Bürgerinnen und Bürger auch animiert werden, sich selbst aktiv um eine der wertvollen Streuobstflächen zu kümmern, die es in unserer Landschaft zu erhalten gilt. Ökokonto 2020 wurde eine städtische Ökokontomaßnahme für eine Baumaßnahme abgebucht. Das 2012 durch Gehölzrodung und veränderte Flächenpflege angelegte Schilfröhricht und Hochstaudenflur am Niedermattengraben in Kippenheimweiler wurde als zweite Ausgleichsmaßnahme des Projektes mit 41.600 Ökopunkten dem Regenüberlaufbecken Sulz zugeordnet. Das städtische Ökokonto weist derzeit somit fünf Maßnahmen auf, von denen die Fischtreppe Hammerschmiede als naturschutzrechtliche Ökokonto-Maßnahmen mit 111.909 Ökopunkten anerkannt wird und extern verkauft werden könnte (siehe Anlage 3). Die anderen stehen bislang als Reserve-Maßnahmen für die Bauleitplanung zur Verfügung. Aus zwei Maßnahmen kann ein Ökopunktewert in Höhe von ca. 36.000 Ökopunkten ermittelt werden, die Ökopunkte aus der Realisierung der Gartenschau müssen noch einmal überprüft werden. Zwei weitere Ökokontomaßnahmen sind derzeit in der Umsetzung. Im Ökokontoverzeichnis des Ortenaukreises sind für Lahr derzeit zwei private Maßnahme als verfügbare und verkäufliche Ökokontomaßnahme aufgeführt: Sägewerk Benz (Lahr-Kuhbach) Bau einer Fischaufstiegsanlage linksseitig des Wehrs in der Bauweise Vertical-Slot-Fischpass (Schlitzpass), Bewertung nach Herstellungskostenansatz: 262.626 Euro x 4 Ökopunkte/Euro = 1.050.504 ÖP Gewässerrandstreifen an der Unditz: Entwicklung eines gewässerbegleitenden Auwaldstreifens am rechten Unditzufer, auf 12.254 qm, 243.002 ÖP Darüber hinaus sind aktuell 104 Ökokonto-Maßnahmen im Ortenaukreis zum Verkauf eingestellt. Ausgleichsflächen Boden Im Lahrer Stadtwald wurden bislang drei große Teilflächen den Lahrer Stadtwalds gekalkt als Ausgleich für Eingriffe in das Schutzgut Boden. Von den insgesamt ca. 230 ha einmal gekalkter Waldflächen stehen aktuell noch 3,4 ha als Reserveguthaben zur Verfügung. Angerechnet wurden die Kalkungen als Bodenausgleichsmaßnahme für die Bebauungspläne LGSSeepark und Bürgerpark, Kleinfeld Süd, 6. Änderung, Moschee sowie für die Erweiterung der Kiesgrube Waldmatt durch die Fa. Vogel-Bau. Waldersatzflächen Als Waldersatz für entfallene Waldfläche im Bebauungsplan Riedmatten und im Bebauungsplan Hosenmatten wurde 2020 eine Aufforstungsfläche im Bereich Nadlergasse genehmigt. Die hier aufkommende Naturverjüngung wurde in den vergangenen Wochen im Rahmen von waldpflegerischen Maßnahmen aufgewertet, um den gewünschten Baumbestand zu etablieren und zu sichern. Retentionsflächen Eine Übersicht bzw. ein Konto für Retentionsflächen wird aktuell erarbeitet. Eine genaue Auflistung an rechtlich gesicherten Retentionsflächen kann daher aktuell noch nicht gegeben werden. Erforderlicher Ersatz ist bislang immer im Rahmen von Eingriffsmaßnahmen gefunden worden. Ein Beispiel hierfür ist die leichte Abgrabung der Ausgleichsfläche am Sulzbach für das Regenüberlaufbecken Sulz. Neben dem Nachweis einer erhöhten Wasserrückhaltefunktion auf dieser Fläche wird die Fläche auch als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche aufgewertet. 4. Aktuell in Umsetzung befindliche Ausgleichsflächen Für den Bau der Feuerwache West, der Erschließungsstraße sowie dem im Bebauungsplan enthaltenen Ausbau des Ostgrabens wurden insgesamt an sieben Stellen Ausgleichs- und CEFMaßnahmen umgesetzt. Innerhalb des Bebauungsplangebietes werden große Flächen aus der baulichen Nutzung ausgenommen und zum Erhalt sowie zur Entwicklung von wertvollen Lebensräumen Drucksache 125/2021 Seite - 7 - festgesetzt. Als externe Flächen konnten kurzfristig sechs Flächen gefunden werden, die seit Februar 2021 als artenschutzrechtliche Ausgleichsflächen bzw. CEF-Flächen hergestellt werden. Bei der Flächensuche spielte neben der fachlichen Lebensraumeignung und Lage vor allem die kurzfristige Verfügbarkeit eine Rolle sowie die Absicht, der Landwirtschaft möglichst keine größeren wertvollen Ackerflächen zu entziehen. Die Ausgleichsflächen Limbruchmatten sowie Ausgleichsfläche und Retentionsbecken Rheinstraße Süd konnten durch zusätzliche Maßnahmen für Brutvögel bzw. als Eidechsenlebensraum aufgewertet werden. Der Bogensportclub Lahr zeigte großes Entgegenkommen, indem auf einem Teil des Geländes Steinriegel gebaut und Eidechsen angesiedelt werden konnten. Auch zwei bislang intensiv gemähte Rasenflächen in den Randbereichen des Flugplatzes (David-Schieni-Straße und Fläche nördlich des Kontrollturms) werden in Absprache mit startkLahr und der Flugbetriebs GmbH & Co KG als neue Lebensräume für Reptilien und (ortsweise) Brutvögel aufgewertet. Schließlich wurde die ursprünglich ins Auge gefasste Streuobstwiese am Ortsrand von Hugsweier in Absprache mit dem Pächter durch eine in seinem Eigentum befindliche Ackerfläche südwestlich des Friedhofs Hugsweier getauscht, auf der inzwischen bereits die Erdbauarbeiten und die Wiesenansaat durchgeführt wurden. In einem zweiten Bauabschnitt im Herbst 2021 werden die Wiesenfläche beim Friedhof Hugsweier sowie der Wegrandstreifen vom Bogensportgelände zum Schutterentlastungskanal weiter bepflanzt. Weiterhin wird die Flugplatzfläche nördlich des Kontrollturms hergestellt. Auf diesen Flächen sollen ab 2022 die Eidechsen aus der Fläche des Ostgrabens umgesiedelt werden, bevor hier der bauliche Eingriff für die Aufweitung erfolgt. Weitere Auflagen zum naturschutzrechtlichen Ausgleich im Baugebiet betreffen die Pflanzung von Bäumen an der Erschließungsstraße, am Retentionsgraben sowie in den Außenanlagen der Feuerwache. Bei der Aufwertung des Gereutertalbachs sind die Planungen aktuell etwas ins Stocken gekommen. Während die Knöterichbekämpfung und die Umwandlung bzw. Auflichtung der Fischteichflächen bereits umgesetzt werden, wird aktuell gerade die Entwurfsplanung für den Umbau des Wehres und der anderen Umbaubereiche fertiggestellt. Ein Bau wird voraussichtlich erst 2022 erfolgen. 5. Weitere Planungen Als Ersatz für eine gesetzlich geschützte Feldhecke im Gewerbegebiet Langenwinkel ist die Pflanzung einer Ersatzhecke am Südrand des Gebiets geplant. Ein von der Stadt Lahr bereits 2016 gepflanztes Gehölz aus heimischen Sträuchern auf den Böschungsflächen der Bruckhirschbrücke über die B 36 wird vom Landratsamt für den Radwegebau Hugsweier als Ausgleichsfläche herangezogen. Hierfür sowie für weitere, in der Vergangenheit externen Dritten bereitgestellte Ausgleichsflächen muss die Refinanzierung der Maßnahmen geregelt werden. Um Reserveflächen für das „Waldflächenkonto“ zu sichern, sollen für weitere ungenutzte städtische Flächen am Burgheimer Waldrand, die sich bereits durch Sukzession selbst bestocken, Aufforstungsanträge gestellt werden. 6. Ausblick. In den letzten Jahren wurden viele Bebauungspläne nach dem beschleunigten Verfahren nach §§ 13a und 13b BauGB erstellt. Für diese Fälle entfällt nach den Vorgaben des Gesetzes die Pflicht zur Vorlage eines Umweltberichts und zur Herstellung von baurechtlichen Ausgleichsmaßnahmen. Da diese Verfahrensart voraussichtlich auch zukünftig noch häufig durchgeführt werden wird, ist zumindest vorrübergehend mit einem eher niedrigen Bedarf an klassischen Ökopunkten und Ausgleichsmaßnahmen zu rechnen. Trotzdem ist es angezeigt, sich auf künftigen Ausgleichsflächenbedarf vorzubereiten. Eine Erfassung der anstehenden baulichen Eingriffe mit erforderlichem Ausgleichsbedarf sollte spätestens im Zuge der anstehenden Novelle des Flächennutzungsplans erfolgen. Drucksache 125/2021 Seite - 8 - Als zeitlich vorgelagertes Gutachten zum Flächennutzungsplan sollte ein inhaltlich umfassender Landschaftsplan erarbeitet werden. Dieser sollte sinnvollerweise Aussagen zu einem Ausgleichsflächenkonzept sowie zu einer Biotopverbundplanung enthalten. Die Erstellung einer Biotopverbundplanung wird aktuell mit 90% der Kosten vom Land gefördert. Aus fachlicher Sicht empfehlen wir bereits seit längerem für die Stadt Lahr, über das klassische Basismodul der Biotopverbundplanung noch hinauszugehen, indem zusätzlich Vorkommen besonderer Tier- und Pflanzenarten auf der Gemarkung kartiert werden. Der Verbund von Lebensräumen kann dann noch zielführender und aussagekräftiger durchgeführt werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch für diesen sogenannten „Biodiversitätscheck“ die Basisleistungen des Biotopverbundkonzepts anteilig mit 90% gefördert werden können. Mit einem erhöhten Bedarf an artenschutzrechtlichen Ersatzmaßnahmen wird jedoch weiterhin bei vielen Baumaßnahmen zu rechnen sein. Der Umfang wird hierbei von der Bestandsqualität der Eingriffsfläche als Lebensraum für geschützte Tiere abhängen. Für solche Eingriffe bereits präventiv Ersatzmaßnahmen als Reserve vorzusehen, ist sehr schwierig. Hierzu bedarf es immer der detaillierten Kenntnis, ob und welche geschützten Arten in welchem Umfang betroffen sind. An die benötigten Ersatzflächen werden hohe Anforderungen hinsichtlich der Eignung als Ersatzlebensraum gestellt. Vielmehr wird es künftig unumgänglich sein, bei Eingriffen in potentielle Lebensräume geschützter Arten einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf einzuplanen, um diese Arten vorher kartieren und erfolgreich umsiedeln zu können. Jedoch wird auch die Verfügbarkeit geeigneter Ausgleichsflächen immer schwieriger. Diese Umstände sollten zukünftig bei allen Planungen stärker mitbedacht werden. Tilman Petters Richard Sottru