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Beschlussvorlage (Energie und Klima – Landwirtschaft und Klimaschutz)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Federführende Stelle: St. Umwelt
Sachbearbeitung: Kaiser

Drucksache Nr.: 54/2022
Az.:

An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Vorlagenkonferenz

20.04.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Vorlagenkonferenz

27.04.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Umweltausschuss

14.07.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Gemeinderat

18.07.2022

beschließend

öffentlich

Betreff:
Energie und Klima – Landwirtschaft und Klimaschutz

Beschlussvorschlag:
Die Stadt Lahr verpachtet städtische Flächen bei einem Pachtwechsel zukünftig vorrangig
an Bewirtschaftende aus der Stadt Lahr und den unmittelbar angrenzenden Gemeinden,
die auf den gepachteten Flächen die Kriterien des ökologischen Landbaus nach den Mindestkriterien der EG-Öko-Basisverordnung bzw. den Richtlinien der deutschen Anbauverbände des Ökologischen Landbaus einhalten bzw. an Bewirtschaftende in Umstellung auf
den ökologischen Landbau. Gibt es für die städtische Fläche keine Interessenten aus dem
ökologischen Landbau, dann erfolgt die Verpachtung wie bisher. Eine günstige CO2-Bilanz soll erreicht werden.

Zusammenfassende Begründung:
Klimaschutzmaßnahmen sind in allen Handlungsfeldern erforderlich. Einen Beitrag zu den
lokalen und überregionalen Klimaschutzzielen kann und sollte auch die Landwirtschaft
leisten. In diesem Handlungsfeld sollen die direkten und indirekten Emissionen gemindert
sowie der Humusaufbau und die Kohlenstoffspeicherpotenziale vergrößert werden. Diese
Zielsetzungen werden durch den ökologischen Landbau wirkungsvoller erreicht, daher
sollen ökologisch Bewirtschaftende bzw. Umsteller auf den ökologischen Landbau zukünftig bei der Vergabe von Pachtflächen bevorzugt werden, als ein Beitrag zu dem Ziel klimaneutrale Stadt Lahr.

Drucksache 54/2022

Seite 2

Sachdarstellung
Aktuelle Situation und Handlungsnotwendigkeit:
Die Stadtverwaltung wurde im Dezember 2019 durch den Gemeinderat beauftragt, Vorschläge für ergänzende Maßnahmen zum Schutze des Klimas und zur Anpassung an den menschengemachten
Klimawandel zu erarbeiten. Mit dem „Energie und Klima – Arbeitsprogrammplus“ (siehe Drucksache
32/2021) wurden die erarbeiteten Vorschläge für verschiedene Handlungsfelder in den Gemeinderat
gebracht. In der Sitzung am 13.12.2021 hat der Gemeinderat beschlossen: „Das Thema Bevorzugung
des ökologischen Landbaus bei Verpachtung städtischer Flächen nach Ziffer 6.34 wird in einer gesonderten Vorlage zur Beratung und Entscheidung in die zuständigen Gremien verwiesen.“
Landwirtschaft und Klimaschutz
Die Landwirtschaft hat mit 7,2 Prozent einen substantiellen Anteil an den Emissionen von Treibhausgasen (THG) in Deutschland, vergleichbar mit dem Beitrag der gesamten Industrieprozesse (7,5 Prozent), und hat daher eine besondere Verpflichtung zu Klimaschutzmaßnahmen. Die Emissionen in der
Landwirtschaft bestehen vorrangig aus Lachgas, Methan und Ammoniak, die aus natürlichen Prozessen im Boden, bei der Verdauung in der Tierhaltung und der Lagerung von Mist und Gülle entstehen.
Diese Gase sind deutlich klimawirksamer als Kohlendioxid, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger freigesetzt wird. Die Schwerpunkte der Klimaschutzbemühungen in der Landwirtschaft liegen
darin, die Emissionen zu mindern, Ressourcen effizienter einzusetzen und Kohlenstoffspeicherpotenziale zu fördern.
Mit dem Klimaschutzgesetz des Bundes sind gesetzlich verbindliche Ziele mit jährlich sinkenden
THG-Budgets für die Sektoren Verkehr, Energie, Industrie, Gebäude, Abfallwirtschaft sowie Landwirtschaft vorgegeben. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im April 2021 (aktive Vorbeugung durch den Staat, so dass es in Zukunft nicht zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der
Freiheitsgrundrechte der heute jüngeren Menschen kommt) wurde das Klimaschutzgesetz novelliert
und die Zielvorgaben erhöht: Verringerung der THG-Emissionen im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 bis 2030 um 65 Prozent, bis 2040 um 88 Prozent, Netto-Treibhausgasneutralität
bis 2045, nach 2050 negative Treibhausgasemissionen. Diese Zielvorgaben wirken sich auch auf die
THG-Budgets der einzelnen Sektoren aus. Für den Sektor Landwirtschaft ist eine Reduzierung von 70
Millionen Tonnen THG im Jahr 2020 zu 56 Millionen Tonnen THG im Jahr 2030 erforderlich. Bisher
sinken die THG-Emissionen nicht schnell genug.
Damit die gesetzlichen Zielvorgaben eingehalten werden, hat das Bundeslandwirtschaftsministerium
zehn Maßnahmen entwickelt, die Teil des Klimaschutzprogramms 2030 des Bundes geworden sind
und mit dem Klimaschutz-Sofortprogram 2022 nochmals gestärkt wurden:
1. Senkung der Stickstoffüberschüsse einschließlich Minderung der Ammoniakemissionen und gezielte
Verminderung der Lachgasemissionen, Verbesserung der Stickstoffeffizienz
2. Stärkung der Vergärung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft und landwirtschaftlichen Reststoffen
3. Ausbau des Ökolandbaus
4. Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Tierhaltung
5. Energieeffizienz in der Landwirtschaft
6. Humuserhalt und -aufbau im Ackerland
7. Erhalt von Dauergrünland
8. Schutz von Moorböden, einschließlich Reduzierung der Torfverwendung in Kultursubstraten
9. Erhalt und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und Holzverwendung
10. Nachhaltige Ernährungsweisen einschließlich Vermeidung von Lebensmittelabfällen und Programm zur
Stärkung der Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung der Bundesverwaltung

Drucksache 54/2022

Seite 3

Ökologische Landbau
Der ökologische Landbau ist eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nachhaltigkeit orientiert. Er verursacht laut dem Umweltbundesamt geringere Emissionen, unter anderem weil keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und
Düngemittel eingesetzt werden, Lachgasemissionen geringer sind und der Bodenkohlenstoffgehalt
häufig höher ist. Das Minderungspotential durch einen Ausbau des ökologischen Landbaus in
Deutschland liegt zwischen 1,9 bis 7,5 Millionen Tonnen THG pro Jahr.
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wurde im November 2021 das Ziel vereinbart, den
Anteil der ökologischen Anbaufläche bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland auszuweiten. Das Land Baden-Württemberg verfolgt schon seit 2020 das gesetzlich festgelegte Ziel, bis zum Jahr 2030 den Anteil des ökologischen Landbaus auf 30 bis 40 Prozent
zu erhöhen. Im Jahr 2020 wirtschafteten zehn Prozent der baden-württembergischen landwirtschaftlichen Betriebe ökologisch auf einer Fläche von 14 Prozent.
Um die Ziele des ökologischen Landbaus zu erreichen, wird laut des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums
• der Boden schonend bearbeitet und es wird auf den Einsatz schnell wirkender Mineraldünger verzich•
•
•
•
•
•
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•
•

tet,
zur natürlichen Stickstoffdüngung auf etwa einem Drittel der Äcker keine Marktfrüchte angebaut,
beim Pflanzenschutz nicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen,
weniger Tiere pro Flächeneinheit gehalten,
werden die Tiere artgerecht gehalten und fast ausschließlich mit ökologischem Futter,
ein vermehrter Arbeitsaufwand, vor allem im Pflanzenschutz, in Kauf genommen,
sowohl im Pflanzenbau als auch in der Tierhaltung auf Höchsterträge beziehungsweise -leistungen verzichtet,
bei der Weiterverarbeitung der Rohstoffe auf den Einsatz vieler Hilfs- und Zusatzstoffe verzichtet und
auf natürliche Zutaten gesetzt,
bei der Lebensmittelherstellung auf ionisierende Strahlen und auf Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) verzichtet,
ein erhöhter Aufwand für die Verarbeitung hingenommen und auf die Trennung von ökologischen und
konventionellen Waren geachtet.

Mit der EU-Öko-Verordnung werden die ökologische Erzeugung und Verarbeitung sowie die Kontrolle,
der Handel, der Import und die Kennzeichnung europaweit einheitlich geregelt. Darüber hinaus gibt es
die Richtlinien der Bio-Anbauverbände, die zum Teil über die rechtlichen Anforderungen der EU-ÖkoVerordnung hinausgehen.

Zielsetzung:
Im Bereich der Landwirtschaft hat die Stadt Lahr nur geringe Handlungsmöglichkeit. Aufgrund der unterschiedlichen Wirtschaftsformen kann der ökologische Landbau einen größeren Beitrag zum lokalen
und globalen Klimaschutz leisten. Ökologisch Bewirtschaftende bzw. Bewirtschaftende in Umstellung
auf den ökologischen Landbau sollen daher von der Stadtverwaltung bei der Verpachtung von städtischen Flächen bevorzugt werden, als Beitrag zu dem Ziel klimaneutrale Stadt Lahr. Die Unterstützung
des ökologischen Landbaus fördert außerdem eine nachhaltige Landwirtschaft und unterstützt dadurch weitere Umwelt- und Naturschutzziele und damit auch mehrere Nachhaltigkeitsentwicklungsziele (SDGs).

Drucksache 54/2022

Seite 4

Maßnahmen:
Die Lahrer Stadtverwaltung verpachtet im städtischen Eigentum befindliche Flächen zu landwirtschaftlichen Zwecken. Bei der Neu- bzw. Wiederverpachtung städtischer Flächen ist zukünftig zu prüfen, ob
die Interessenten die Flächen konventionell oder ökologisch bewirtschaften möchten. Gibt es für die
jeweilige Fläche mehrere Interessenten, dann sind die ökologisch Bewirtschaftenden bzw. Umsteller
auf den ökologischen Landbau bei der Verpachtung zu bevorzugen. Gibt es für die Fläche keine Interessenten aus dem ökologischen Landbau, dann erfolgt die Verpachtung wie bisher.
Bei der Verpachtung der städtischen Fläche spielen weitere ökologische Gesichtspunkte eine Rolle.
Hierzu gehören sowohl die Betriebsart als auch der Betriebsstandort des potentiellen Pächters. Da im
Sinne der Ökologie kurze Wege zur Pflege, Bewirtschaftung und Überwachung eine entscheidende
Rolle spielen, werden Betriebe in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Pachtfläche bevorzugt behandelt;
dies werden in aller Regel Betriebe mit Betriebsstandorten auf den Lahrer Gemarkungen sein.

Alternativ geprüfte Maßnahmen:
Für das Handlungsfeld Landwirtschaft und Klimaschutz wurden momentan keine anderen städtischen
Einflussmöglichkeit gefunden.

Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen:
Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen
Begründung:
Wie andere Bereiche im städtischen Einflussbereich, so soll auch die Landwirtschaft einen Beitrag zu
den städtischen Klimaschutzzielen leisten. Die Lahrer Stadtverwaltung wird der Landwirtschaft weiterhin städtische Flächen verpachten, diese aber bei entsprechender Nachfrage bevorzugt an den ökologisch Bewirtschaftende und dann erst an konventionell Bewirtschaftende. Es ergeben sich dadurch
keine finanziellen oder personellen Auswirkungen bei der Lahrer Stadtverwaltung.
Anlage(n):
Anlage0
Hinweis:
Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen.
Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.