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Beschlussvorlage (Unterstützung von inklusionsfördernder Arbeit durch die Stadtverwaltung)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Federführende Stelle: BM
Sachbearbeitung: Podachmann

Drucksache Nr.: 9/2022
Az.:

An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen
Dezernat I

Dezernat II

Dezernat III

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Vorlagenkonferenz

19.01.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Vorlagenkonferenz

06.04.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Vorlagenkonferenz

25.05.2022

vorberatend

nichtöffentlich

Freigabe

Beirat für die Belange von

22.06.2022

beschließend

nichtöffentlich

Einstimmig

Ausschuss für Soziales, Schulen 29.06.2022
und Sport

beschließend

nichtöffentlich

Einstimmig

Gemeinderat

beschließend

öffentlich

Menschen mit Behinderung

18.07.2022

Betreff:
Unterstützung von inklusionsfördernder Arbeit durch die Stadtverwaltung

Beschlussvorschlag:
1. Eine verstärkte Inanspruchnahme von Angeboten von Inklusionsbetrieben wird im Rahmen
der rechtlichen Möglichkeiten angestrebt. Die gesetzlichen Regelungen zur Bevorzugung von
Bewerbern sind dabei zu beachten.
2. Unternehmen mit sozialem Hintergrund, die nicht unter die Regelungen der bevorzugten
Bewerbern fallen, sind regelmäßig bei Vergabeverfahren einzubeziehen. Über die Umsetzung wird von den Abteilungen der Dezernate in einem Jahr Bericht erstattet.
3. Abteilungen, die bis jetzt noch wenig bis keine inklusionsfördernde Aufträge vergeben haben,
sollen Vorschläge unterbreiten, im Rahmen welcher ihrer Aufgaben dies geschehen könnte.

Zusammenfassende Begründung:
Förderung von Inklusion von Menschen mit Behinderungen hat einen hohen Stellenwert in unserer sozial geprägten Gesellschaft. Inklusion ist, wenn jeder die Chance auf Teilhabe am Arbeitsleben und damit am Alltagsleben hat. Neben Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes spielen
Inklusionsbetriebe, bspw. anerkannte Werkstätten und andere soziale Einrichtungen, bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen eine wichtige Rolle, indem sie neben einer geschützten
Arbeitsumgebung auch besondere Unterstützung, Förderung und Hilfestellung für diese Personengruppen anbieten, um sie in die alltäglichen Arbeitskreisläufe einzubinden. Um die Förderung
von Inklusionsbetrieben und damit die Inklusion an sich zu ermöglichen, sieht der Gesetzgeber innerhalb des Vergaberechts Spielräume vor, die Anreize bieten, vermeintliche Nachteile in Kauf zu
nehmen.
Das Ziel dieser Vorlage ist es aufzuzeigen, inwiefern die Stadt Lahr aktuell bei Dienstleistungen
und Produkten Externer bereits auf Inklusionsbetriebe und Betriebe mit sozialem Hintergrund zurückgreift und anzuregen, zukünftig diesen Betrieben mehr Relevanz beizumessen und nach Möglichkeit mehr Aufträge zu vergeben.

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Sachdarstellung
Das Dezernat I und die Abteilungen des Dezernats II und III sowie der BGL wurden um Auskunft gebeten, in
welchen Bereichen sie bereits Waren und Dienstleitungen von Inklusionsbetrieben und Betrieben mit sozialem
Hintergrund bezogen haben. Die Rückmeldungen lassen sich zusammenfassend wie folgt darstellen:
Die Abteilung Ratsarbeit, Marketing und Internationales des Dezernats I betreibt eine Kooperation mit Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Hierbei werden Kugelschreiber, Holzbrettchen und Filzuntersetzer erstanden. Würden neue Produkte geplant, gehe man aktiv auf entsprechende Einrichtungen zu. Die Abteilung
Personal und Organisation begrüßt generell den Vorschlag einer verstärkten Auftragsvergabe an Inklusionsbetriebe und weist darauf hin, dass Rechnungen dieser Betriebe von der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe
abgesetzt werden können.
Im Dezernat II wurden ebenfalls bereits Inklusionsbetriebe in Anspruch genommen, z. B. bei der Erweiterung
des Interkulturellen Gartens.
Im Dezernat III werden in der Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt (602) Projekte regelmäßig auf Leistungsbestandteile, welche für eine Vergabe an Inklusionsbetriebe geeignet sind, untersucht. So finden regelmäßige Vergaben kleinerer, geeigneter Projekte statt, zuletzt als Teilleistung bei der Sanierung der Laufbahn
Dammenmühle oder bei der Betreuung der Pedelecs.
Beim BGL wurden ebenfalls bereits Inklusionsbetriebe in Anspruch genommen, z. B. bei der Fertigung von
Grabkreuzen. Auch im Bereich Grünpflege wurden mit Inklusionsbetrieben Projekte abgeschlossen.
In der Abteilung Tiefbau (605) wurden bisher keine Inklusionsbetriebe eingesetzt. Einsatzmöglichkeiten sehe
man hier allenfalls für Baumfällarbeiten.
Hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten im Grünbereich lässt sich für 602, 605 und BGL allgemeingeltend sagen,
dass das Leistungsspektrum der Inklusionsbetriebe überwiegend auf einfache manuelle Arbeiten ohne größeren Maschineneinsatz beschränkt ist, was es bei der Auswahl zu einer geeigneten Leistungsvergabe zu beachten gilt. Eine Beauftragung ist hier vor allem unter einem sozialen Aspekt zu sehen und zu praktizieren.
In der Abteilung Gebäudemanagement (603) kamen bei regulären Vergabeverfahren z.B. bei den Rohbauarbeiten der Bewirtungserweiterung im Hallensportzentrum oder bei den Schreinerarbeiten der Sporthalle+ Inklusionsbetriebe und Betriebe mit sozialem Hintergrund zum Zuge. Für Wohnungsentrümpelungen wurden ebenfalls bereits Betriebe mit sozialem Hintergrund beauftragt. Derartige Leistungen können ohne großes Vergabeverfahren beauftragt werden. Ebenso die Lieferung von z.B. Tüchern oder Bürsten im Bereich des Gebäudeservice.
Die Vergabestelle der Stadt (622) weist regelmäßig auf die Möglichkeiten der Bevorzugung von Inklusionsbetrieben bei Vergabeverfahren hin. Die Dienstanweisung Vergabe enthält hierzu einen entsprechenden Passus.
Die fachliche Beurteilung, ob ein Inklusionsbetrieb für die Auftragserfüllung geeignet ist, obliegt den Facheinheiten.
Die gesetzliche Regelung zur Bevorzugung von Bewerbern bestimmt die Art der Bevorzugung bei der Auftragsvergabe hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und des heranzuziehenden Preises mit einem Abschlag von bis zu
15 %. Zu Bevorzugten Bewerbern zählen anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und ähnliche soziale Unternehmen. Voraussetzung für ein privilegiertes Unternehmen ist, dass mindestens 30 % der in
den Werkstätten oder Unternehmen beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen
sind. Eine Bevorzugung von Unternehmen mit sozialem Hintergrund sieht der Gesetzgeber zwar nicht vor, aus
sozialen Aspekten gebietet es sich jedoch, diese Firmen regelmäßig im Vergabeverfahren miteinzubeziehen.

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Zielsetzung:
Durch verstärkte Auftragsvergabe an Inklusionsbetriebe und Unternehmen mit sozialem Hintergrund wird die
Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und deren Eingliederung unterstützt. Mit jedem Auftrag erhöht
man außerdem die Sichtbarkeit und Relevanz dieser Betriebe und ihrer Mitarbeiter. Dies wirkt sich in Verbindung mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit auch positiv auf die Vorbildwirkung der Stadt Lahr aus. Eine Ausweitung der Aufträge, u. a. auf weitere Abteilungen, ist anzustreben.

Maßnahmen:
Mit der konsequenten Anwendung des BevorzugtenVwV innerhalb der Stadtverwaltung sollen sich gegebenenfalls künftig mehr Einsatzmöglichkeiten für Inklusionsbetriebe ergeben. Dabei werden Mehrkosten von bis zu
15 % gegenüber Anbietern, die keine Inklusionsbetriebe sind, akzeptiert.
Die auftragvergebenden Facheinheiten stimmen mit der Pressestelle ab, ob eine Auftragsvergabe an einen Inklusionsbetrieb Gegenstand einer Pressemitteilung werden soll.
Zur Eigenrecherche von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen kann folgender Link genutzt werden: https://www.rehadat-wfbm.de/werkstaetten-finden .
Unternehmen mit sozialem Hintergrund werden bei Vergabeverfahren gezielt regelmäßig miteinbezogen und
zu Angebotsabgabe aufgefordert. Zu solchen gehören beispielsweise die ortsansässigen Firmen Integra Lahr,
NAI-Neue Arbeit Inklusiv, NAL – Neue Arbeit Lahr, R’elan gGmbh, und Afög Ortenau.
Es soll generell eine Klarstellung im Hinblick auf stete Beteiligung der Firmen, Beteiligung bei bestimmten Vergaben und/oder bevorzugte Vergaben bei bestimmten Aufgaben und freien Vergabe bei bestimmten Aufgaben
geben.
Zusätzliche und alternative Möglichkeiten einer verstärkten Einbindung inklusionsfördernder Arbeit sollen von
den Abteilungen entwickelt werden.

Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen:
Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen
Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in
der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt
Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50.000 EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20.000
EUR
Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen mehr als 50.000 Euro und/oder die dauerhaft
entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich mehr als
20.000 Euro
Begründung:
Die Teilhabe am Arbeitsleben spielt für Menschen mit Behinderung eine ebenso große Rolle wie für alle Menschen. Sie ist eine zentrale Voraussetzung sozialer Anerkennung und damit für Selbstwert, persönliche Identität und gesellschaftliche Teilhabe maßgeblich. Über die täglichen Kontakte wirkt eine Arbeit außerdem der Gefahr einer sozialen Isolierung entgegen.
Im geschützten Rahmen von Inklusionsbetrieben wird Menschen mit Behinderung ein niederschwelliger Einstieg in das Arbeitsleben möglich gemacht. Inklusionsbetriebe können darüber hinaus den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern und somit als „Sprungbrett“ dienen.
Als Unternehmen mit sozialer Verantwortung sichern Inklusionsbetriebe die berufliche Teilhabe von Menschen
mit Behinderungen und behaupten sich dabei gleichzeitig im freien Wettbewerb. Weil der Integrationsauftrag im

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Vordergrund steht, fällt es diesen Unternehmen oft schwer, sich unter normalen Marktbedingungen im Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot durchzusetzen.
Die Stadt Lahr sollte die Inklusionsbetriebe nach Möglichkeit mit mehr Aufträgen unterstützen. Gesetzlich sind
öffentliche Auftraggeber ohnehin dazu verpflichtet, Aufträge, die von Werkstätten, Blindenwerkstätten und Inklusionsbetrieben ausgeführt werden können, diesen bevorzugt anzubieten. Die BevorzugtenVwV bietet dabei weitere Orientierung. Somit hat auch die Stadt Lahr die Möglichkeit, diese Unternehmen als gleichwertige Vertragspartner zu etablieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Neben Inklusionsbetrieben gibt es noch Unternehmen mit sozialem Hintergrund, die aber zum allgemeinen Arbeitsmarkt zählen und keine Bevorzugung im Rahmen des Vergaberechts erfahren. Mit Blick auf die soziale
Verantwortung gebietet es sich aber auch diese Firmen regelmäßig einzubeziehen.

Tilman Petters
Bürgermeister

Carina Podachmann
Assistenz des Bürgermeisters

Anlage(n):
Anlage 0
Hinweis:
Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen.
Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.