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Beschlussvorlage (Stadtgeschichtliches Museumskonzept)

                                    
                                        Konzeption des neuen stadtgeschichtlichen Museums
I. Einführung – Zur Geschichte der Sammlung
Die Grundlage für die Sammlung des Museums bildet das Naturalienkabinett des
Lahrer Gymnasiums (heute: Scheffel-Gymnasium). Gegründet wurde diese Naturaliensammlung wohl 1854 zum 50-jährigen Bestehen dies Gymnasiums – mit diesem
Jahr beginnt die intensive Sammeltätigkeit und Dokumentation, doch schon 1809
werden erste Objekte erwähnt. Untergebracht war die Sammlung nacheinander in
verschiedenen Schulzimmern des Gymnasiums (heute Rathaus II).
Weil jedoch die Sammlungen größer wurden und stets neue Kästen zur Aufstellung
erforderlich waren, wurde zuletzt im Jahre 1870 durch Vertrag des Grossh. Oberschulrates mit der Stadt das ganze Naturalien- und Münzkabinett in den ausschließlichen Besitz der Stadt Lahr unter der Bedingung übergeben, dass die Stadtgemeinde
an die Schulkasse 600 fl. zurückersetze, sämtliche Kosten für Aufbewahrung und
Beaufsichtigung übernimmt und der jeweils in Lahr bestehenden Mittelschule das
Recht einräumt, das Naturalienkabinett jederzeit zu benützen, wie es nach dem
Lehrplan und der Schulordnung für zweckmäßig erachtet wird.
1876 sollte das Naturalienkabinett in die Villa des ein Jahr zuvor verstorbenen Christian Wilhelm Jamm im Stadtpark verlagert werden. Allerdings kam es durch den
Schulhausbrand im Juni 1877, dem auch Teile der Sammlung zum Opfer fielen, nicht
mehr dazu. Im Jahr 1889 zog das Naturalienkabinett schließlich in die Villa im Stadtpark, vorerst noch nur in das Erdgeschoss, da die Handelskammer bis 1906 im
Obergeschoss untergebracht war und anschließend die Stadtbücherei.
In diese Zeit fallen auch das allgemeine Erwachen von Geschichtsbewusstsein und
das wachsende Interesse an der eigenen Vorgeschichte. Am 16. Juni 1891 beschloss der Stadtrat einen Aufruf an die Lahrer Bevölkerung, Gegenstände, die für
die Geschichte der Stadt Lahr von Interesse sind, den Städtischen Sammlungen zu
übergeben. Zeitgleich begann Adolf Bartels, Redakteur bei der Lahrer Zeitung, eine
Artikelreihe „Zur Geschichte der Stadt Lahr in neuerer Zeit“. Die Städtischen Sammlungen waren geboren.
Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts blieb die Sammlung schwerpunktmäßig naturgeschichtlich: Fossilien, Mineralien – vor allem die herausragende
Sammlung des Apothekers Haenle –, Insekten und ausgestopfte Tiere bestimmten
das Bild. Die (heimat-)geschichtliche Sammlung war unsystematisch und ungeordnet
und beschränkte sich auf allerdings z. T. umfangreiche Schenkungen aus der Lahrer
Bürgerschaft.
In den 30er Jahren richtete sich die Sammlungstätigkeit verstärkt auf die Heimat,
nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sollten alle Heimatmuseen nach
strengen Richtlinien des Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
eingerichtet werden. Für Lahr bedeutete dies weniger, dass neue Sammlungsgebiete
erschlossen wurden, als dass „nichtdeutsche“ Exponate ausgesondert wurden. Gesammelt wurde immer noch nach dem Prinzip „Hauptsache alt und aus der Heimat“.
1963 schließlich erfolgte durch August Wickertsheimer eine Neukonzeption, allerdings immer noch im traditionellen Sinne des Heimatmuseums. Erstmals werden nun
1

vom Gemeinderat auch Mittel für einen systematischen Erwerb bereit gestellt. Zugleich sonderte Wickertsheimer aber auch zahlreiche Exponate, die nicht in sein
Sammlungskonzept vom ländlich-bäuerlichen Heimatmuseum passen, aus, leider
ohne dies entsprechend zu dokumentieren. Diese Museums- und Sammlungskonzeption ist im Grunde die erste und über viele Jahre auch letzte, die sich inhaltlich mit
dem Museum auseinandergesetzt hat. Durch den frühen Tod Wickertsheimers 1965
blieb das Museum dann aber wieder ohne Kustoden. Die Sammlungen wurden 1972
durch Ingeborg Krummer-Schroth geordnet und inventarisiert und 1990 mit der Konzeption von Thomas M. Bauer durch die Bestände des 1970 im ehemaligen Dinglinger Rathaus gegründeten Museums für Ur- und Frühgeschichte ergänzt. Ende der
1990er Jahre wurde die gesamte Sammlung erneut durch Dr. Eduard Neuffer inventarisiert, im Jahr 2010 die Abteilung Römerzeit durch Dr. Niklot Krohn neu gestaltet.
Da bis 1999 keine kontinuierliche und professionelle Betreuung der Sammlung bestand, gab es auch keine Sammlungskonzeption. Die Sammlungstätigkeit wurde je
nach Interesse des gerade zuständigen Kustoden ausgerichtet, Dauerleihgaben aus
Lahrer Bürgerhäusern auch ohne ersichtlichen historischen Wert aufgenommen und
als nicht ausstellungswürdig eingeschätzte Exponate dagegen entsorgt. Vor allem
diese undokumentierten Kassationen bis Ende des 20. Jahrhunderts sowie der
Schwund durch unsachgemäße Lagerung und Diebstahl schädigten die Sammlung
außerordentlich.
In den letzten zehn Jahren konnte die Sammlung aber wieder stadtgeschichtlich ergänzt werden durch Schenkungen und Leihgaben – über einen eigenen Ankaufsetat
verfügt das Museum derzeit nicht. Als größere Beispiele seien genannt die historische Lithographen-Presse (Schenkung des Druckhauses Kaufmann im Rahmen einer Sonderausstellung), der Nachlass der Fa. Roth-Händle (Originalentwürfe von
Herbert Leupin und Gerd Grimm für Roth-Händle und Reval, Werbefilme und -artikel
sowie Fotos und Dokumente zur Firmengeschichte) oder auch die Sammlung des
Canada-Hauses nach Auflösung des Vereins und der Deutsch-Kanadischen Vereinigung. Dazu kommen noch einige kleinere Nachlässe sowie zahlreiche Einzelobjekte.

II. Die neue Ausrichtung – Sammlungskonzept und Leitbild
1. Sammlungskonzept
In der Geschichte der Sammlung finden sich drei mehr oder weniger konsequent verfolgte Sammlungslinien: nach dem ursprünglichen Ziel, ein Naturalienkabinett aufzubauen, wurden zuerst Mineralien, Fossilien, tierische und pflanzliche Präparate gesammelt. Mit dem Übergang der Sammlung an die Stadt wurde das Sammlungsspektrum erweitert. Nun kam alles, was in irgendeiner Form „historisch“ war, ins Museum: Archäologische Lesefunde, alte Bücher, Karten und Urkunden, Haushaltsgegenstände und Arbeitsgeräte, aber auch ethnographische Souvenirs von reisenden
Lahrern und selbstverständlich weiterhin Mineralien und Tierpräparate. In der dritten
Phase, ab den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde verstärkt häusliches Inventar aus Lahrer Bürgerhäusern (Möbel, Geschirr, Bilder) gesammelt, aber auch Trachten der weiteren Region und bäuerliches Inventar. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts
war die Sammlungstätigkeit nicht strategisch auf ein Sammlungsziel ausgerichtet,
sondern rein operativ: es wurde gesammelt, was – meist von privat – angeboten und
bezahlbar war.
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Um künftig sinnvolle Museumsarbeit zu leisten, unabhängig von den persönlichen
Neigungen der/des jeweiligen Kustodin/Kustoden oder Museumsleiter/-in, ist es notwendig, ein Sammlungskonzept mit den langfristigen Sammlungszielen für das Museum festzulegen.
Da das neue Museum stadtgeschichtlich1 ausgerichtet werden soll, muss die Sammlung in dieser Richtung ergänzt werden. Gesammelt werden Objekte, die die Lahrer
Stadtgeschichte bis in die Gegenwart dokumentieren. Dabei muss darauf geachtet
werden, dass alle Bereiche möglichst gleichermaßen vertreten sind.
Bei der Umlagerung des Museums (Villa Jamm und die verschiedenen Depots und
Magazinräume) wird durch eine erneute Bestandsaufnahme festgestellt, zu welchen
Bereichen Objekte fehlen und welche Bereiche evtl. überrepräsentiert sind. Darauf
aufbauend wird dann eine Sammlungsstrategie entworfen.
Die Sammlungsstrategie wird regelmäßig überprüft und das Sammlungskonzept entsprechend aktualisiert werden.
2. Leitbild
„Im Mittelpunkt eines Leitbildes stehen Zweck und Auftrag sowie leitende Werte und
gesellschaftliche Funktionen des Museums. Gemeinsame Überzeugungen des Trägers, der Mitarbeiter/innen sowie der Freunde und Förderer des Museums werden
formuliert. Dieser Konsens wirkt gleichermaßen identitätsstiftend und richtungsweisend. Die Leitbilddefinition ist transparent gestaltet, alle Beteiligten erhalten Gelegenheit, sich in den Prozess einzubringen.“2
Das Leitbild des Museums wird daher erst im nächsten Schritt hin zum neuen stadtgeschichtlichen Museum in der ehemaligen Tonofenfabrik in der Verwaltung und in
den zuständigen Gremien diskutiert.

III. Räumliche Aufteilung
Die einzelnen Bereiche des Museumsgebäudes gliedern sich grob in den Ausstellungsbereich, den öffentlichen Nicht-Ausstellungs-Bereich und den nichtöffentlichen
Personalbereich. Die einzelnen Stockwerke des Museums in der Tonofenfabrik sind
jeweils separat abschließbar, so dass beispielsweise das 2. OG während der Umbauphasen der Wechselausstellungen für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.
Ebenso müssen die Büroräume im Dachgeschoss für Besucher auch außerhalb der
Öffnungszeiten des Museums zugänglich sein.
Dazu kommen dann noch die Depoträume und ein Vortragsraum, die nicht im eigentlichen Museumsgebäude untergebracht werden können.

1

Die Diskussion hinsichtlich der Ausrichtung des neuen Museums wurde erstmals 2002 für die Villa
Jamm und dann 2005 in Zusammenhang mit der Stiftsschaffnei geführt.
2
Standards für Museen. Herausgeber: Deutscher Museumsbund e.V. gemeinsam mit ICOMDeutschland. Kassel/Berlin 2006, S. 9.

3

1. Ausstellungsräume
Der Ausstellungsbereich in der ehemaligen Tonofenfabrik verteilt sich über Erdgeschoss/Hochparterre, 1. und 2. Obergeschoss. Das sind zusammen rund 650 qm.
Dieser Bereich soll unterteilt werden in Flächen für die Dauerausstellung und für
Wechselausstellungen.
1.1 Dauerausstellung
Für die Dauerausstellung sind die Flächen im Erdgeschoss/Hochparterre und im ersten Obergeschoss vorgesehen. Im EG stehen dafür rund 196 qm und im 1. OG 232
qm – also rund 428 qm – zur Verfügung. Da auf beiden Geschossen die Ausstellungsfläche großzügig auf jeweils zwei Räume3 verteilt ist, kann sehr variabel mit
Stellwänden gearbeitet werden. Die umlaufende Fensterfront auf der Nord- und
Westseite ist hinsichtlich des Lichteinfalls wegen der Himmelsrichtung nicht störend,
an den Fenstern der Südseite kann eine Beschattung angebracht werden. Die Ausstellungsräume sind über einen Fahrtstuhl, der auch zum Transport der Exponate
benutzt wird, und das Treppenhaus zu erreichen.
1.2 Wechselausstellung
Für die Wechselausstellungen ist die Fläche im zweiten Obergeschoss mit rund 240
qm vorgesehen. Auch hier kann durch die großzügigen Raumverhältnisse mit Stellwänden und transportablen Vitrinen sehr flexibel gearbeitet werden.
Die Unterbringung im 2. OG soll zum einen bezwecken, dass die Besucher dieser
Ausstellung auf ihrem Weg durch das Museum auch die Dauerausstellung besuchen.
Zum anderen können diese Räume während der Umbauphase zwischen zwei Ausstellungen abgesperrt werden, ohne dass sich dies negativ auswirkt: BesucherInnen
der Dauerausstellung müssen nicht an geschlossenen Räumen vorbeigehen.
2. Öffentlicher Raum
Zum öffentlichen Nicht-Ausstellungs-Bereich gehören der Eingangs- und Kassenbereich, die Garderoben und Toiletten, ein Museumsshop und ein Gruppenarbeitsraum.
2.1 Eingangs- und Kassenbereich
Die neue Konzeption sieht vor, für den Besuch des Museums einen mäßigen Eintritt
zu erheben. Eine Kassentheke muss sich daher notwendigerweise im Eingangsbereich im Erdgeschoss befinden. Hier werden auch der zentrale Empfang und die Informationsstelle sein.
Da ein Teil der Fläche vor der Tonofenfabrik zur Waldhornstraße hin umbaut werden
soll, um den Eingang des Aufzugs in das Gebäudeinnere zu verlegen, ist derzeit
noch nicht eindeutig festgelegt, wo der Haupteingang des Museums sein wird. Dies
wird dann ausschlaggebend sein für die Positionierung des Kassen- und Infobereichs.
3

Evtl. kann auch die Zwischenmauer noch entfernt werden, so dass es jeweils nur einen großen Ausstellungsraum gibt. Allerdings wird – und soll – der Kamin den Raum weiterhin dominieren.

4

2.2 Garderoben und Toiletten
Die Garderoben und Toiletten werden im Untergeschoss der Tonofenfabrik sein. Für
die Garderobe sind neben Kleiderhaken für Mäntel und Jacken auch Schließfächer
für Wertsachen vorgesehen.
Auch dieser Bereich ist barrierefrei über einen Aufzug erschlossen.
2.3 Museumsshop
Ebenfalls im Eingangsbereich ist ein Museumsshop geplant. Hier können Veröffentlichungen des Museums zu den Ausstellungen aber auch Merchandisingartikel des
Museums und der Stadt Lahr erworben werden.
2.4 Arbeitsraum für Gruppen
Um im Museum eine effektive Museumspädagogik durchführen zu können, wird ein
Raum benötigt, in dem Gruppen arbeiten können. Da auch Schulklassen die Möglichkeit einer Unterrichtseinheit im Museum angeboten werden soll, ist dafür eine
Raumgröße für etwa 30 Personen notwendig. Der Raum wird im Dachgeschoss sein,
wo sich auch die Büros der Museumsmitarbeitenden befinden. Ein barrierefreier Zugang durch den Aufzug ist gewährleistet.
Hier kann mit jüngeren Kindern gebastelt werden, ältere Schülerinnen und Schüler
können den Museumsbesuch vor- und nachbereiten, es können kleinere Workshops
beispielsweise zu den Wechselausstellungen angeboten werden.
Zugleich wird der Raum ehrenamtlichen MitarbeiterInnen zur Vorbereitung ihrer Arbeit zur Verfügung gestellt wie auch dem Förderverein des Museums.
3. Personalbereich
Das Dachgeschoss ist – abgesehen vom Gruppenarbeitsraum – dem Personal vorbehalten. Auf rund 182 qm sind hier die Büros von Museumsleitung, Museumspädagogik sowie wissenschaftlichen und technischen MitarbeiterInnen. Der Gruppenarbeitsraum wird als Besprechungszimmer mitbenutzt. Ebenso sind Personaltoiletten
sowie eine kleine Teeküche vorgesehen.
4. Magazine
Da nie der gesamte Bestand eines Museums gleichzeitig ausgestellt werden kann,
werden entsprechend große Magazinräume benötigt. Da hier Sammlungsgegenstände aus unterschiedlichstem Material (Stein, Holz, Metall, Stoff, Papier etc.) gelagert werden, muss ein Kompromiss hinsichtlich der Temperatur und der relativen
Luftfeuchte gefunden werden. Dieser liegt nach allgemeinen Empfehlungen bei 4555 % relative Luftfeuchte bei einer Temperatur von 18-20° C.

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Da auch großformatige und z.T. recht schwere Objekte (Möbel, Maschinen, großformatige Gemälde) gelagert werden, muss der Zugang über eine Rampe und einen
entsprechend großen Lastenaufzug sichergestellt sein.
In den Magazinräumen wird die Sammlung des Museums zusammengeführt aus
dem Keller unter der Großmarkthalle, einem Magazinraum in der Villa Jamm und
Magazinräumen des Stadtarchivs. Die derzeit in der Villa Jamm ausgestellten Exponate werden ebenfalls zuerst in diesen Magazinräumen eingelagert.
Gleichzeitig soll eine Neuinventarisierung und Neubewertung stattfinden. Zwar ist ein
Großteil der Objekte bereits verzeichnet, doch die intensive Befassung mit der Geschichte der Sammlung und die Forschungen zur Stadtgeschichte in den vergangenen Jahren erlauben zu vielen davon neue Erkenntnisse bezüglich der Herkunft wie
auch ihrer Bedeutung. Zudem können die in den letzten Jahren übernommenen
Sammlungen (Roth-Händle, Canada-Haus, Feuerwehrmuseum) inventarisiert werden, da dies aus Platzgründen noch nicht geschehen ist. Darüber hinaus muss ein
Restaurierungsplan erstellt werden, da einige Objekte durch die jahrzehntelange unsachgemäße Lagerung Schaden genommen haben.
Auf der Grundlage dieser Inventarisierung wird die neue Dauerausstellung bestückt
werden, Sammlungslücken können gezielt geschlossen werden und die Wechselausstellungen effizienter zusammengestellt.
Die Möblierung des Magazins wird aus Regalen, Planschränken für Grafik, einem
speziellen Bilderregal sowie freiem Stellplatz für Paletten mit Möbeln und Maschinen
bestehen. Ebenso wird ein Arbeitsplatz für die Arbeit mit den Objekten (aus- und verpacken, auf Schäden überprüfen, inventarisieren und dokumentieren) und Raum für
Verpackungsmaterial benötigt.
5. Vortragsraum
Neben den eigentlichen Ausstellungsräumen und dem Arbeitsraum für Gruppen ist
ein Vortragsraum für etwa 60 bis 100 Personen wünschenswert. Hier können Vorträge, Tagungen und Empfänge des Museums stattfinden. Der Raum kann aber auch
beispielsweise von Sponsoren des Museums für eigene Veranstaltungen genutzt
oder vermietet werden in Zusammenhang mit einem Angebot im Museum (Sonderführung etc.).
Der Raum muss abdunkelbar für Lichtbildvorträge sein und einen Nebenraum zur
Lagerung der Stühle und Tische haben.

IV. Die Dauerausstellung
Im Mittelpunkt eines neuen stadtgeschichtlichen Museums der Stadt Lahr steht die
Geschichte der Stadt Lahr sowie zum Teil auch ihrer Stadtteile. Die Darstellung orientiert sich dabei sowohl an einer chronologischen als auch einer thematischen Gliederung. Die thematische Gliederung erfolgt in Form von „Abteilungen”, die chronologische Gliederung sowohl themenübergreifend als auch binnenthematisch. Vier Aspekte waren bei der Auswahl der Themen leitend:
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–
–
–
–

die Entwicklung der Bürgerschaft
die Entwicklung der Stadtgestalt
die Entwicklung der politischen Verhältnisse
die Entwicklung der Wirtschaft.

Zwei zentrale Themen – Geschlecht und Migration – werden nicht in gesonderten
Abteilungen, sondern binnenthematisch behandelt.
1. Abteilung – Römerzeit
Die Abteilung “Römerzeit” behandelt das Leben der gallorömischen Bevölkerung im
und um den Vicus Lahr-Dinglingen im 2 und 3. Jahrhundert nach Christus.
Die Abteilung wird in ihrem Verhältnis zum geplanten Römerhaus auf dem Gelände
des ehemaligen Vicus konzipiert, d.h. ergänzenden oder erläuternden Charakter haben. Im Mittelpunkt der Überlegungen zum Römerhaus steht der zivile Charakter des
Lahr-Dinglinger Vici, weshalb auch in der musealen Präsentation und Rekonstruktion
das zivile Alltagsleben zentral ist. Die Exponate kommen besonders aus dem Bereich
“Alltag und Arbeit” (Töpferware, Werkzeuge, Münzen) sowie “Leben und Wohnen”
(Tür- und Fensterfragment, Totenasche).
2. Abteilung – Burgheim
Die Abteilung „Burgheim” umfasst die Zeit der alamannischen „Landnahme” sowie
das Früh- und Hochmittelalter. Im Mittelpunkt stehen die Burgheimer Kirche, einzelne
alamannisch-fränkische Funde sowie die Entwicklung der Raumschaft Lahr.
Herausragendes Exponat ist der burgundische Sarkophag. Wenn möglich sollten
weitere Funde aus den Burgheimer Alamannengräbern als Leihgaben nach Lahr geholt werden. Neben der sorgfältigen Rekonstruktion der Burgheimer Kirche als eine
der ältesten Steinkirchen rechts des Rheines sollen Karten und Reproduktionen
(Weiheurkunde 1035) die Entwicklung und Gliederung der Lahrer Region vor der
Entwicklung der Stadt verdeutlichen.
3. Abteilung – Stadtgründung
Die Abteilung „Stadtgründung” thematisiert das Geschlecht der Geroldsecker, die
Tiefburg Lahr sowie die Stadtgründung und -entwicklung bis zum Freiheitsbrief 1377.
Stammtafeln und Abbildungen der Geroldseckerburgen sowie der Aufstieg der Familie im Verlauf des 13. Jahrhunderts stehen im Mittelpunkt der Darstellung. Mit dem
Bau der Tiefburg beginnt die Lahrer Stadtgeschichte, die hier durch ein Modell dargestellt werden kann. Die Stadtgeschichte als beginnende Bürgergeschichte wird
durch Faksimiles von Bürgerbuch und Freiheitsbrief dargestellt.
4. Abteilung – Bürgertum
Die Abteilung „Bürgertum” behandelt den Zeitraum vom 13. bis 20. Jahrhundert. Im
Mittelpunkt stehen die soziale Gliederung der Einwohnerschaft und deren Entwicklung.
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Zentrale Gliederungselemente der spätmittelalterlichen Stadt können ökonomischer
(Zünfte), religiöser (Laien, Geistliche, Mönche), ständischer (Adelige, Bürger, Bauern), politischer (Bürger, Hintersassen, Arme) oder geschlechtlicher (MännerFrauen(-Kinder)) Natur sein. Kern der meisten Städte war das Bürgertum, das sich
politisch und ökonomisch definierte: Bürgerrecht und selbstständige (Berufs)Existenz
machen sein Wesen aus.
5. Abteilung – Stadtentwicklumg
Im Mittelpunkt der Abteilung „Stadtentwicklung” stehen Fragen der Stadtgeographie
sowie der städtischen Infrastruktur.
Dargestellt werden sollte das Stadtwachstum im Mittelalter (Mauerringe) sowie die
starke Veränderung im Zuge der Industrialisierung. Weitere Themen: Verkehr, Wasser- und Stromversorgung, Wohnformen, öffentliche Gebäude. Nicht thematisiert wird
hier der Themenkomplex „Militär”.
6. Abteilung – Konfessionen
Die Abteilung „Konfessionen” behandelt Fragen zur religiösen Gliederung und Entwicklung der Lahrer Bevölkerung vom 13. bis 20. Jahrhundert. Darin eingeschlossen
sind auch Aspekte der jüdischen Geschichte, jedoch ohne die Thematik „Antisemitismus”.
Die Religionsgeschichte des Mittelalters hatte seinen Mittelpunkt in Burgheim. Erst
am Ende des 15. Jahrhundert trat die Stiftskirche in ihre Rolle als neue Stadtkirche
ein. Exponate zur mittelalterlichen (Burgheimer) Kirchengeschichte gibt es in der
Burgheimer Kirche (Taufstein, Kämper, Grabsteine). Wichtig für die Stadtgeschichte
wird die Reformation und im 19. Jahrhundert der Pietismus. Weitere Themen: Volksfrömmigkeit, Judentum, Katholizismus 19. und 20. Jahrhundert, Kulturkampf.
7. Abteilung – Krieg
Die Abteilung „Krieg” thematisiert den Einfluss der „Grenzlandlage” auf die Stadtentwicklung: 30-jähriger Krieg – Stadtbrand 1677 – Weltkriege.
„Krieg” bedeutete für die Stadt mindestens Zweierlei: Opfer zu sein in Form von Belagerungen, Plünderungen und Brandschatzungen sowie aktiv Soldaten und Hilfsmittel zu stellen. Besonders die Kriege des 17. Jahrhunderts („Hundertjähriger Krieg”)
lassen sich bis heute im Stadtbild „negativ” durch das weitgehende Fehlen älterer
Bausubstanz ablesen. Mit dem Rastatter Frieden von 1714 begann eine 200jährige
Friedenszeit, die nur kurz von den Revolutionskriegen 1792 ff. und der Besetzung
1849 unterbrochen wurden. Erster und Zweiter Weltkrieg nahmen durch Bombenabwürfe und Kampfhandlungen wieder direkt Einfluss auf die Stadt.
8. Abteilung – Herrschaft
Die Abteilung „Herrschaft” behandelt die innerstädtischen Herrschaftsverhältnisse,
das Verhältnis der Stadt und ihrer Einwohner zum Staat.

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Stadtluft machte nicht nur „frei”, sondern unterwarf zugleich auch spezifischen Formen der Herrschaft: Rat, Zunft und Kirchenregiment regelten weite Teile des Alltags
der Menschen. Kein Einwohner einer Stadt ist aber nur „Stadtbewohner” oder „Stadtbürger”. Zunehmend wird er auch „Staatsbürger”. Der Stadt regiert seit dem Spätmittelalter in die Stadt hinein und bestimmt rechtliche Normen, soziale Regeln und oft
auch Alltagsverhalten. Höhere Rechtsprechung (Körper- und Leibstrafen) waren
staatliche Aufgabe, ab dem 18. Jahrhundert auch zunehmend weite Teile der öffentlichen Infrastruktur und des Sozialwesens.
9. Abteilung – Industrialisierung
Die Abteilung „Industrialisierung” zeigt die Industriegeschichte der Stadt vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Bis ins ausgehende 20. Jahrhundert bezog Lahr aus dem Epitheton „Industriestadt”
den wesentlichen Teil seiner Identität (auch: „Schächtelistadt”, „Druckerstadt”). Lahr
übte faktisch die Rolle einer „Werkband” der südlichen Ortenau aus. Bedeutsam sind
besonders seine Rolle als Ausgangspunkt der Tabakindustrie, die Kartonagenindustrie und das grafische Gewerbe.
10. Abteilung – Garnison
Die Abteilung „Garnison” umfasst die Zeit der Garnisonsstadt Lahr von 1898 bis
1994.
Neben der Industrie ist das Militär der zweite prägende Faktor der Lahrer Stadtentwicklung im 20. Jahrhundert. Das Thema umfasst besondere Aspekte der Stadtentwicklung (Kasernenbau, Wohngebiete) sowie der Lebenswelt der Soldaten (Uniformen, Dienst) und ihrer Kontakte mit der Bevölkerung (Musik, Paraden). Besonders
die kanadische Garnison bildete durch eine eigene Infrastruktur Züge einer „Parallelkultur” aus.
11. Abteilung – NS-Zeit
Die Abteilung NS-Zeit stellt die Geschichte der Stadt Lahr im Nationalsozialismus
dar. Behandelt werden auch die Geschichte des Antisemitismus sowie Einzelaspekte
der Geschichte der 1920er-Jahre.
Die Geschichte der NS-Zeit zerfällt in zwei Teile: Aufstieg der NS-Bewegung bis
1933 und Machtfestigung/Ausübung nach 1933. Zentral sind für beide Zeiträume Fotodokumente und Schriftstücke, für die 1930er Jahre auch Filme. Thematisch gehört
zur Entstehungsgeschichte der wirtschafts- und sozialgeschichtliche Hintergrund der
1920er Jahre (Inflation, Weltwirtschaftskrise), zur Machtausübung auch die Terrorund Verfolgungsgeschichte. Um einer „Dämonisierung” des NS-Regimes entgegenzuwirken, sind zentral auch Aspekte der Loyalität und des Mitmachens der Bevölkerung zu thematisieren.

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V. Zielgruppen und ihre Bedürfnisse
Auch wenn sich das neue stadtgeschichtliche Museum gemäß seinem Leitbild an
interessierte Menschen unabhängig ihres Geschlechts und Alters, ihrer Nationalität
und Herkunft wendet, gibt es doch unterschiedliche Besuchergruppen mit ebenso
unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnissen. Diese können inhaltlicher Art, aber
auch durch besondere Notwendigkeiten bedingt sein. Grob können wir die BesucherInnen unterteilt werden in Touristen und Einheimische, sowie diese beiden Gruppen
wiederum in Schüler/Jugendliche, Familien mit (Klein-)Kindern, Senioren und Behinderte, die an einen Museumsbesuch besondere Anforderungen stellen.
1. Touristen und Einheimische
1.1 Touristen
Die Tourismusstudie hat es deutlich gemacht: das Fehlen einer öffentlichen und auch
geöffneten kulturellen Einrichtung in der Innenstadt wird stark bemängelt. Aber was
erwarten Touristen von einem stadtgeschichtlichen Museum?
Historisch Interessierte werden sich in der Dauerausstellung erst einmal einen Überblick über die Stadtgeschichte holen wollen. Historisch weniger Interessierte lassen
sich durch thematische Wechselausstellungen in das Museum locken. Ausstellungen
beispielsweise zu bestimmten Wirtschaftszweigen (Lithographie/Kaufmann, Werbegrafik/Roth-Händle, Rechenschieber/Nestler) fanden schon in der Vergangenheit eine große Resonanz auch bei auswärtigen Besuchern. Damit kann zugleich das Interesse an der Stadt und ihrer Geschichte geweckt werden.
Auswärtige Besucher anderer Lahrer Veranstaltungen (Landesgartenschau, Chrysanthema, Lichtblicke) finden mit entsprechenden Begleitausstellungen oder Veranstaltungen im Museum einen weiteren Programmpunkt für ihren Besuch.
Neben einer informativen Dauerausstellung und vielfältigen Wechselausstellungen ist
für Touristen aber auch das Ambiente im Museum sehr wichtig:
– ein freundlicher Empfang, an dem schon die ersten Informationen zur Ausstellung
eingeholt werden können;
– mehrsprachige Ausstellungstexte;
– Audioguide o.ä., wenn eine Vertiefung der Informationen gewünscht wird;
– Kurzführer durch das Museum und die Sonderausstellungen, um auch zuhause
noch nachlesen zu können;
– ein Museumsshop für Souvenirs.
Zur Vorbereitung des Museumsbesuchs ist aber auch die Präsenz des Museums im
Internet notwendig. Die eigene Homepage muss intensiv betreut, soziale Netzwerke
bedient werden.
1.2 Einheimische
Die Erwartungen der Lahrer Bevölkerung an ihr Museum gehen darüber noch hinaus. Zum einen soll natürlich die Stadtgeschichte informativ dargestellt werden. Gerade neu Hinzugezogene möchten sich einen Eindruck von ihrem neuen Heimatort
machen. Wer aber schon länger in Lahr lebt, vielleicht sogar seit Generationen an10

sässig ist, hat einen anderen Bezug zur Stadtgeschichte. Diese Personen möchten
ihre eigene Geschichte wiederfinden.
Dass die Stadtgeschichte in der Dauerausstellung des Museums sorgfältig recherchiert und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet dargestellt wird, ist selbstverständlich. Um die Lahrer BesucherInnen aber dauerhaft an das Museum zu binden, sind Wechselausstellungen unumgänglich. Da im neuen Museum eine eigene
Etage für die Wechselausstellungen vorgesehen ist, können diese von längerer Dauer sein, ohne die Dauerausstellung einzuschränken. Dies wiederum erlaubt eine professionellere Präsentation und aufwändigere Vorarbeiten bis hin zu einem Ausstellungskatalog.
Die Lahrerinnen und Lahrer sollen aber nicht nur als Konsumenten an das Museum
gebunden werden, sondern sich auch selbst einbringen können. Hier sind zum einen
Kinder und Jugendliche angesprochen, die in Schulprojekten mit dem Museum zusammenarbeiten können.4
Aber auch die ältere Generation kann sich in die Museumsarbeit einbringen: ihr Wissen zu bestimmten Museumsobjekten, die sich den Jüngeren vielleicht gar nicht
mehr automatisch erschließen, ist genauso gefragt wie ihre Erfahrung in der jüngsten
Zeitgeschichte.
LahrerInnen mit Migrationshintergrund dürfen mit rund 35 % der Lahrer Bevölkerung
(ca. 10 % Ausländer und 25 % Aussiedler) ebenso nicht vernachlässigt werden. Sie
haben wiederum einen anderen Blickwinkel auf die Stadtgeschichte aufgrund ihrer
eigenen Erfahrungen und Lebenswelt. Sie können mit ihrer Arbeit bei Museumsprojekten viel zu einem besseren gegenseitigen Verständnis beitragen.
Lahrerinnen und Lahrer erwarten also von ihrem Museum:
– Darstellung „ihrer“ Geschichte;
– Abwechslung durch regelmäßige Wechselausstellungen;
– Berücksichtigung des eigenen Wissens, der eigenen Erfahrungen und der jeweiligen Lebenswelt.
2. Besucher mit besonderen Bedürfnissen
Die Menschen, die das Museum besuchen, unterscheiden sich aber nicht nur in
Auswärtige und Einheimische, sondern innerhalb dieser beiden großen Gruppen
wiederum gleichermaßen in Gruppen mit bestimmten Ansprüchen und Bedürfnissen.
Zeitgemäße Museumsarbeit bedeutet daher auch Orientierung an diesen Wünschen
und Anliegen, um den Aufenthalt im Museum möglichst angenehm zu gestalten und
zu einem Wiederkommen zu ermuntern.
2.1 Kinder und Jugendliche
Wenn Kinder und Jugendliche das Museum besuchen, geschieht dies nicht immer
freiwillig. Meist geht die Initiative für einen solchen Besuch vom Elternhaus (Familienausflug) oder der Schule (Klassenbesuch) aus. Entsprechend unterschiedlich ist
also die Motivation und Begeisterung. Hier muss in der Ausstellung „etwas geboten“
werden, sie wollen aber auch selbst etwas tun. Ein museumspädagogisches Begleit4

Vgl. hierzu beispielsweise das Projekt „Schule@Museum“ von Deutschem Museumsbund, BDK –
Fachverband für Kunstpädagik und Bundesverband für Museumspädagogik

11

programm und Hands-on-Installationen (also Installationen, bei denen die Besucher
selbst Hand anlegen können) sind notwendig.
Eine Anbindung der Ausstellungsinhalte an den Unterrichtsstoff soll – soweit möglich
– stattfinden. Sonderausstellungen zu Themen, die im Unterricht behandelt werden,
können in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften und evtl. auch SchülerInnen erarbeitet werden.
Auch sollte der selbstverständliche Umgang mit Smartphones sowie Twitter und Facebook genutzt werden: QR-Codes an Exponaten wecken die Neugier, positive (leider auch negative) Erfahrungen können über Twitter schnell weiter verbreitet werden
und wirken sich auf den Besuch anderer Jugendlicher aus. Präsentiert sich das Museum ansprechend und aktuell auf Facebook, wird sicher bald der „Gefällt mir“Button gedrückt.
Um Kinder und Jugendliche dauerhaft ins Museum zu holen, werden benötigt:
–
–
–
–

museumspädagogische Angebote;
eine sinnvolle Ergänzung des Unterrichtsstoffs;
Ausstellungen, die zum aktiven Mitmachen anregen;
und Smartphones, Twitter und die anderen sozialen Netzwerke müssen in die
Kommunikation eingebunden werden.

2.2 Senioren
Bekanntlich wird unsere Gesellschaft durch die demographische Entwicklung aus
immer mehr älteren Menschen bestehen, die auch in der Museumsarbeit berücksichtigt werden wollen. Wenn im Folgenden von Senioren die Rede ist, sind damit Personen über 65 Jahren gemeint, die überwiegend aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind. Senioren sind langfristig gesehen eine immer stärker werdende Besuchergruppe im Museum.
Die Frage, ob Museen „seniorengerecht“ sind, wurde lange gleichgesetzt mit der
Frage nach der Barrierefreiheit der Häuser. Doch Senioren erwarten inzwischen
mehr als die selbstverständliche Zugänglichkeit aller Räume auch mit Gehhilfen, die
blendfreie Lesbarkeit von Texten ohne Lupe (was im übrigen auch Jüngere schätzen) und ausreichend Sitzmöglichkeiten.
Die heutigen Senioren sind deutlich aktiver als noch vor einigen Jahrzehnten und
entsprechend sind auch ihre Wünsche:5
a. Gelegenheit zu lebenslangem Lernen:
Hier kann es zusätzliche Bildungsangebote neben der reinen Ausstellungsbesichtigung wie spezielle Führungen und Vorträge zu Themen, die den Interessen Älterer
entsprechen, geben. Dies kann sowohl Generationen übergreifend wie auch altershomogen sein.
b. Kommunikation und soziale Kontakte:
Diskussionsrunden und Workshops, auch hier intergenerativ oder altershomogen,
bieten Möglichkeiten zu Sozialkontakten.
c. Zugänglichkeit und Erreichbarkeit:
5

Vgl. Julia Kubicek, Wie seniorengerecht sind Museen? Anforderungen im Praxistest, Berlin 2009

12

Die oben schon angesprochene Barrierefreiheit im Haus erfüllt diesen Wunsch. Mit
der Lage in der Innenstadt, naheliegender Bushaltestelle und Parkmöglichkeiten entspricht die ehemalige Tonofenfabrik ebenfalls dem Wunsch nach leichter Erreichbarkeit.
d. Subjektive Sicherheit vor Straftaten:
Ausreichend Museumspersonal, also Aufsichtskräfte, die helfend einspringen können, vermitteln nicht nur Senioren ein Gefühl der Sicherheit. Die Möglichkeit, Taschen und Garderobe in Schließfächer unterzubringen, und eine übersichtliche Wegeführung werden baulicherseits bereits berücksichtigt.
e. Möglichkeit zu aktiver Mitwirkung:
Viele ältere Menschen möchten auch nach der Erwerbsphase ihr Erfahrungswissen
einbringen und weitergeben. Zugleich gilt ehrenamtliche Tätigkeit für viele als sinnstiftend. Sie vermittelt ein Gefühl der Anerkennung und des Gebrauchtwerdens.
Daher sollen vor allem ältere Menschen zur ehrenamtlichen Mitarbeit im Museum
angeregt werden.
f. Wertschätzung des Alters
Während vielerorts die Bemühungen hauptsächlich darauf hinauslaufen, junge und
jugendliche Menschen ins Museum zu bringen, soll sich in unserem Museum jede
Altersstufe angesprochen und in ihren jeweils eigenen Bedürfnissen bestätigt sehen.
Die museumspädagogische Arbeit darf sich daher nicht nur mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen, sondern muss auch und gerade Angebote für ältere Menschen
bereit stellen. Intergenerative Arbeit kann hier neben altershomogenen Angeboten
für alle Seiten sehr bereichernd wirken.
2.3 Familien mit (kleinen) Kindern
Während Familien mit größeren Kindern schon bei der Gruppe „Kinder und Jugendliche“ indirekt berücksichtigt sind, haben Familien mit kleinen Kindern wieder andere
Bedürfnisse.
Kommt die Familie mit dem Kinderwagen in das Museum, stellt sich als erstes die
Frage: mitnehmen oder abstellen. Soll der Wagen mitgenommen werden, müssen
die Wege breit genug sein, damit keine Vitrinen oder Objekte angefahren werden.
Dies ergibt sich allerdings schon aus der Planung für Rollstuhlfahrer, die ja ebenso
durch die Ausstellung kommen müssen. Im Untergeschoss bei den Garderobe sollte
aber auch die Möglichkeit bestehen, den Kinderwagen für die Dauer des Museumsbesuchs abzustellen.
Damit auch kleinere („kürzere“) Kinder die ausgestellten Objekte betrachten und evtl.
die Texte lesen können, muss darauf geachtet werden, dass Exponate und Texte
nicht zu hoch stehen bzw. hängen. Dies ist übrigens auch für Rollstuhlfahrer zu berücksichtigen. Zudem sollten für kleine Menschen Schemel bereitstehen, die zu den
einzelnen Vitrinen mitgenommen werden können.
Ebenso werden wie für ältere Menschen Sitzgelegenheiten in den Ausstellungsräumen benötigt.

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Da kleinere Kinder manchmal lauter sind als es ältere Menschen ertragen können,
sind Familientage oder auch Veranstaltungen speziell für Familien anzubieten. Menschen, die lieber in Ruhe und ungestört die Ausstellungen besuchen wollen, können
sich dann einen anderen Termin aussuchen (ebenso besteht die Möglichkeit von reinen Seniorenveranstaltungen, s.o.).
Ob ein eigener kleiner Spielbereich eingerichtet werden kann, damit die Eltern allein
und in Ruhe die Ausstellung besuchen können, hängt noch von der Gestaltung des
Eingangsbereichs ab.
Ein ebenfalls wünschenswertes Museumscafé kann im Haus nicht berücksichtigt
werden. Allerdings gibt es in der nächsten Umgebung ausreichend Gastronomie (Café Burger, Rebstock, Wacker). Evtl. lassen sich im Außenbereich des Museums Sitzgelegenheiten schaffen, so dass zumindest im Sommer eine kleine Pause eingelegt
werden kann.
2.4 Menschen mit Behinderung
Wenn ein Museum für alle Altersstufen und auch familienfreundlich konzipiert ist, ist
es in großen Teilen auch behindertengerecht. Barrierefreier Zugang zu allen und
durch alle Räume, lesefreundliche und blendfrei angebrachte Texttafeln sind selbstverständlich. Audioguides sind für stark Sehbehinderte eine wichtige Hilfe, Sitzgelegenheiten werden von allen geschätzt.
Darüber hinaus sollten im museumspädagogischen Begleitprogramm auch Veranstaltungen für Menschen mit Behinderung angeboten werden. Eine Zusammenarbeit
mit den entsprechenden Behindertengruppen ist vorgesehen.
2.5 Zusammenfassung
Um dem Leitbild gemäß ein Museum für alle interessierten Menschen unabhängig
von Alter, Geschlecht, Herkunft und Behinderung einzurichten, ist also kurz gesagt
folgendes notwendig:
Die ehemalige Tonofenfabrik bietet von ihrer zentralen Lage her die besten Voraussetzungen für ein Museum. Sie ist innerstädtisch, Bushaltestelle und Parkmöglichkeiten (Parkhaus) befinden sich in nächster Nähe.
Beim Umbau der Fabrik ist zu berücksichtigen, dass alle Stockwerke mit einem Aufzug anfahrbar, die Räume schwellenfrei und die Gänge breit genug für Kinderwagen
und Rollstühle sind.
Eine Toilette muss behindertengerecht sein.
Garderoben und Schließfächer im UG müssen auch kleinen und sitzenden Menschen zugänglich sein.
Die Beleuchtung in den Fluren und Treppenhäusern hat hell und blendfrei zu sein,
Fluchtwege müssen gut ersichtlich ausgeschildert werden.
Sitzmöglichkeiten muss es auch innerhalb der Ausstellungsräume geben.
Der Ausstellungsbereich ist aufgeteilt in Räume für die Dauerausstellung (2/3) und
Wechselausstellungen (1/3), so dass die Wechselausstellungen nicht die Dauerausstellung beeinträchtigen.
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Die Dauerausstellung gibt einen Überblick über die Lahrer Geschichte von der Römerzeit bis in die Gegenwart, die Wechselausstellung vertiefen einzelne Themenbereiche. Wechselausstellungen können und sollen auch mit einzelnen Bevölkerungsgruppen oder Schulklassen erarbeitet werden.
Die Texttafeln in den Ausstellungen sind mehrsprachig, gut lesbar und in der Höhe
so angebracht, dass sie von Menschen jeder Größe gelesen werden können.
Mitmach-Stationen und die Einbindung verschiedener Medien (PCs, QR-Codes, Audio- und Videostationen etc.) erlauben eine aktive Teilhabe an den Ausstellungen.
Audioguides vertiefen die Informationen und helfen Sehbehinderten.
Es ist ausreichend Aufsichtspersonal vorhanden, so dass zum einen die Exponate
ausreichend beaufsichtigt werden können, zum anderen auch immer kompetente,
freundliche und hilfsbereite Ansprechpartner bereit stehen.
Die Museumspädagogik erarbeitet Begleitprogramme zu Dauer- und Wechselausstellungen für alle Alters- und Besuchergruppen.
Es gibt Kataloge und Broschüren zur Dauerausstellung und zu den jeweiligen Wechselausstellungen, die zusammen mit anderen Artikeln in einem kleinen Museumsshop erworben werden können.

Lahr, den 03.05.2013

Gabriele Bohnert

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