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Beschlussvorlage (Soziales Wohnen in Lahr)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Amt: EBM
Bohn

Datum: 28.04.2017 Az.: 64/01

Drucksache Nr.: 107/2017

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Ausschuss für Soziales, Schulen und
Sport

21.06.2017

vorberatend

nichtöffentlich

Haupt- und Personalausschuss

11.07.2017

vorberatend

nichtöffentlich

Gemeinderat

24.07.2017

beschließend

öffentlich

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

Haupt- und Personalamt
Abt. 10/101

Kämmerei

Rechts- und
Ordnungsamt

Betreff:

Soziales Wohnen in Lahr

Beschlussvorschlag:

Um die Verfügbarkeit von sozialem Wohnraum in der Stadt Lahr zu sichern und zu
erhöhen, beschließt der Gemeinderat:
1. Die Einführung einer Sozialwohnungsquote beim Wohnungsneubau.
Bei Wohnungsbauprojekten, die nach dem 1. Januar 2018 eingereicht werden*
und die 10 oder mehr Wohnungen umfassen oder eine Gesamtwohnfläche von
über 800 m² aufweisen, müssen mindestens 20 % der Wohnungsfläche als sozialer Mietwohnraum mit mindestens 15-jähriger Preisbindung angeboten werden,
bei Vorhaben auf städtischen Grundstücken mindestens 30 %. Bis Ablauf von fünf
Jahren werden der Erfolg der Quote und eine eventuelle neue Quotenhöhe evaluiert. Baumaßnahmen mit bereits bestehendem Baurecht auf privatem Grund sind
hiervon nicht betroffen.
*Maßgeblich ist die vollständige Einreichung der Bauunterlagen gemäß § 54 Abs. 2 der Landesbauordnung

Für die kommenden Haushaltsberatungen wird zum Zwecke einer aktiven Flächenbevorratung für den "Sozialen Wohnungsbau" eine Finanzposition eingerichtet, deren quantitative Ausstattung nach den konzeptionellen Überlegungen (siehe
Punkt 3) noch festzulegen sein wird.

BERATUNGSERGEBNIS

Sitzungstag:

Bearbeitungsvermerk

 Einstimmig  lt. Beschlussvorschlag  abweichender Beschluss (s. Anlage)
 mit Stimmenmehrheit

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

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2. Die Einrichtung einer auf zwei Jahre befristeten, halben Personalstelle für
den Service „Wohnungsvermittlung und Fördermittelberatung Wohnen“.
3. Die Verwaltung wird beauftragt, eine interne und dezernatsübergreifende
Arbeitsgruppe unter Leitung des Baubürgermeisters zu schaffen, um weitere Lösungsansätze zu verfolgen.
4. Des Weiteren befürwortet der Gemeinderat den Bau von Sozialwohnungen
und Wohnungen für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen
Der Gemeinderat empfiehlt den Vertretern der Stadt im Aufsichtsrat der Wohnbau
Stadt Lahr, sich für den Bau eines Wohnhauses mit etwa 600 m² Wohnfläche (8 – 10
Wohnungen) einzusetzen.

Anlage(n):
1. Schreiben von Herrn Oberbürgermeister Dr. Müller an das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit
und Wohnungsbau Baden-Württemberg, Frau Dr. Hoffmeister-Kraut vom 24.11.2016
2. Antwortschreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau BadenWürttemberg, Frau Dr. Hoffmeister-Kraut vom 19.01.2017

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Begründung:
Für die Stadtverwaltung ist das Vorhalten und das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum eine selbstverständliche Daseinsvorsorge.
Sie möchte, dass sowohl Junge als auch Alte, sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderungen, Alteingesessene und Zugezogene in Lahr Zugang zu bezahlbarem Wohnraum haben.
Ziel dieser Vorlage ist, sicherzustellen, dass auch zukünftig ausreichend Wohnraum im unteren Preissegment in Lahr bereitsteht. Viele Menschen mit geringem Einkommen werden beziehungsweise sind von Engpässen bei günstigem Wohnraum betroffen.
Als sozialer Wohnraum im Sinne der folgenden Regelungen gilt Wohnraum, der die Förderbedingungen des Landes für preisgebundenen Wohnraum erfüllt. Seit dem 01.04.2017 gilt
das Programm „Wohnungsbau BW 2017“. Dieses erlaubt eine Preisbindung über 10, 15, 25
oder 30 Jahre.

Die Stadt Lahr erfährt derzeit einen starken Bevölkerungsanstieg, der vergleichbar ist mit der
aktuellen Steigerung in den am stärksten wachsenden Kreisen in Baden-Württemberg. Seit
der Volkszählung im Rahmen des Zensus 2011 wächst Lahr im Schnitt jedes Jahr um etwa
1 % oder über 400 Einwohner. Alle Prognosen weisen darauf hin, dass dies auch noch für
die kommenden Jahre anhält. Allein im vergangenen Jahr wurden in Lahr 500 neue Wohnungen gebaut.
Gleichzeitig sinkt die Anzahl der mietpreisgebundenen Wohnungen. Aufgrund der Zinssituation der vergangenen Jahre ist davon auszugehen, dass die Zahl von 479 mietpreisgebundenen Wohnungen, die es in Lahr zum 31.12.2016 gab, weiter fallen wird. So geht die Stadtverwaltung davon aus, dass zum 31.12.2025 nur noch 391 Wohnungen in der Preisbindung
verbleiben. Damit sind ungefähr 2,5 % aller Wohnungen in Lahr Sozialwohnungen, was für
Baden-Württemberg durchaus üblich ist. Die Stadtverwaltung hat sich jedoch zum Ziel gesetzt, mittelfristig den Bundesdurchschnitt von knapp 4 % zu erreichen. Hierfür sollen etwa
250 Sozialwohnungen geschaffen oder aus dem Leerbestand dem Wohnungsmarkt zugeführt werden. Diese Anzahl erscheint angesichts des starken Bevölkerungswachstums und
der zumindest für Baden-Württemberg unterdurchschnittlichen Kaufkraft in Lahr (19.729 € zu
23.609 €, Stand August 2016) angemessen. Es wird erwartet, dass mit den in dieser Vorlage
empfohlenen Ansätzen das Vorhaben in den kommenden fünf Jahren erreicht werden kann.
Laut Angaben der Wohnbau Stadt Lahr kamen in 2015 und 2016 auf jede angebotene, günstige Wohnung mit bis zu drei Zimmern mehrere Interessensbekundungen. Insgesamt sind
dort etwa tausend, diesen Wohnungstyp nachfragende Personen gemeldet. Einen nicht unbedeutenden Teil machen Haushalte aus, die Sozialleistungen nach SGB II beziehen. Es ist
festzustellen, dass es in Lahr gegenwärtig bei kleinen, günstigen Wohnungen einen Bedarf
gibt. Dies trifft vor allem auf Personen zu, denen eine Versorgung über den freien Markt
schwerfällt. Ein weiterer Beleg ist die Zunahme der Anzahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine um 27 % in den Jahren 2014 bis 2016 auf zuletzt 161 Wohnberechtigungsscheine. (Stand: 31.12.2016)
Die Abteilung öffentliche Sicherheit und Ordnung der Stadt beobachtet im Rahmen ihrer Tätigkeit einen Anstieg von Familien, die von Obdachlosigkeit bedroht sind und Schwierigkeiten
haben, angemessenen Wohnraum zu finden. Des Weiteren fällt auf, dass eine hohe Nachfrage von außerhalb (Umland, Familiennachzug, EU-Binnenwanderung vornehmlich aus
Osteuropa…) den Wohnungsmarkt im Bereich günstiger Mieten zusätzlich belastet.

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Sanierungen und Neubauten führen dazu, dass sich das allgemeine Mietpreisniveau in der
Stadt nach oben orientiert, auch wenn, wie etwa bei der Sanierung des Kanadaringes, Stadtverwaltung und Aufsichtsrat ihre Eingriffsmöglichkeiten ausschöpfen. So ist es gelungen, die
Mieten im Sanierungsgebiet auf dem Niveau des sozialen Wohnraums zu halten.
Die Entwicklung der Fördersätze der Kommunalen Arbeitsförderung (KOA) bietet einen Anhaltspunkt für die in Lahr erfolgten Mietsteigerungen. Alle zwei Jahre werden die zulässigen
Mietobergrenzen für leistungsbeziehende Haushalte aktualisiert. Zum 01.01.2016 hat die
KOA diese Obergrenzen je nach Wohnungsgröße um 20 bis 28 % angehoben. Außerdem
wurde Lahr 2016 beim Wohngeld höher eingeordnet und befindet sich aktuell in der Stufe 3.
Die Stadtverwaltung hat in den beiden vergangenen Jahren mehrere Veranstaltungen zum
Thema „Wohnen“ durchgeführt; die letzte davon war der 2. Runde Tisch „Soziales Wohnen in
Lahr“ am 23.06.2016. Ergebnisse und Hinweise aus diesen Zusammenkünften waren für den
Oberbürgermeister Ende November 2016 Anlass, sich an das zuständige Landesministerium
zu wenden, damit die Stadt in die höchste Förderstufe beim Wohnungsbau im Land aufgenommen wird (siehe Anlage 1).
Im Rahmen der wohnungspolitischen Veranstaltungen wurde auch deutlich, dass es seit geraumer Zeit für Bauunternehmen an Anreizen und Zwängen fehlt, sozialen Wohnraum zu
schaffen. Noch bieten die in Lahr tätigen Wohngenossenschaften überwiegend günstigen
Wohnraum an.
Im aktuellen Landesförderprogramm wurde die Einteilung in verschiedene Förderstufen aufgegeben. Dies kann durchaus eine Erleichterung des sozialen Wohnungsbaus in Lahr nach
sich ziehen.
Des Weiteren hat sich herauskristallisiert, dass durch den einsetzenden demografischen
Wandel zunehmend kleine und möglichst barrierefreie Wohnungen gesucht werden. Gleichzeitig verfügt Lahr über schätzungsweise etwa 400 leerstehende Privatwohnungen, die dem
Markt zumindest teilweise zugeführt werden könnten.
Aus den vorgenannten Erkenntnissen und den der Stadtverwaltung zur Verfügung stehenden
Fakten und Zahlen wurden die folgenden Empfehlungen abgeleitet, um sicherzustellen, dass
auch in Zukunft jeder Bevölkerungsgruppe ausreichend Wohnraum in Lahr zur Verfügung
steht.

1. Die Einführung einer Sozialwohnungsquote beim Wohnungsneubau
Viele Städte, vor allem Großstädte, nutzen bereits eine Sozialwohnungsquote für den Neubau von Wohnungen im Stadtgebiet (Beispiele: Freiburg, Düsseldorf, Wiesbaden, Regensburg), andere wie etwa Landau in der Pfalz oder Heilbronn diskutieren aktuell die Einführung
einer solchen. Demnach müssen alle Bauvorhaben eine entsprechende Menge an mietpreisgebundenen Sozialwohnungen beinhalten. Die Ausgestaltung der Quote ist dabei durchaus
unterschiedlich.
-

In Wiesbaden gilt eine Quote von 15 % für Bauprojekte, bei denen 60 oder mehr Wohnungen geschaffen werden.
Das andere Extrem stellt Freiburg dar, wo für städtische als auch für private Vorhaben bereits ab dem Bau von zwei Wohnungen eine Quote von 50 % gilt (siehe: Gemeinderatsbeschluss vom 19.05.2015).
In Regensburg ist geregelt, dass ab einer Bruttogeschossfläche von 4500 m² 20 % der
Fläche für sozialen Wohnraum zu reservieren sind.
In Düsseldorf gibt es die Modifikation, dass 20 % der Wohnungen der sozialen Mietpreisbindung unterliegen, weitere 20 % „preisgedämpft“ angeboten werden müssen (zwar un-

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ter dem auf dem freien Markt erzielbaren Preis aber über den Sätzen die etwa für Leistungsbezieher der KOA gelten) und die restlichen 60 % frei angeboten werden dürfen.
Der Auszug an Umsetzungsvarianten zeigt, dass das Modell bereits weit verbreitet ist und an
die jeweiligen örtlichen Bedürfnisse angepasst werden kann.
Für den Anteil an preisgebundenen Sozialwohnungen können Fördermittel des Landes für
den sozialen Wohnungsbau in Anspruch genommen werden. Die Mindestdauer der Mietpreisbindung für diese Wohnungen beträgt 10 Jahre, im Gegenzug für höhere Fördermittel
kann sie auch auf bis zu 30 Jahre festgelegt werden. Der Zuschuss des Landes zu den Baukosten liegt derzeit bei bis zu 335 €/m² für 10 Jahre-Bindungen und maximal 1.019 €/m² bei
30-jähriger Preisbindung.
Unter anderem ist aus den Ergebnissen der Veranstaltungen zum Thema Wohnen bekannt,
dass eine rentable Miethöhe bei Neubauten bei etwa 9 €/m² liegt.
Da sich die durchschnittlich erzielbare Miete bei einer Mietpreisbindung bei leicht über 6 €/m²
bewegt (höher für kleine Wohnungen, niedriger für sehr große Wohnungen), kann der Landeszuschuss die Mindereinnahmen durchaus abdecken.
Als Konsequenz aus dieser wirtschaftlichen Betrachtung und den Erfolgen in anderen Städten kommt die Stadtverwaltung angesichts der Wohnraumsituation in Lahr zur Schlussfolgerung, dass die Einführung einer Quote zumutbar und sinnvoll ist.
Ähnlich der Ausgestaltung in München wird für städtische Grundstücke, die veräußert werden, um auf ihnen Wohnungen zu errichten, eine etwas höhere Quote gewählt als etwa bei
neu ausgewiesenen Bauflächen. Dies verdeutlicht die Pflicht und das Bestreben der Stadt,
ihre Bürgerinnen und Bürger mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Für die kommenden Haushaltsberatungen wird zum Zwecke einer aktiven Flächenbevorratung für den "Sozialen Wohnungsbau" eine Finanzposition eingerichtet, deren quantitative Ausstattung nach
den konzeptionellen Überlegungen noch festzulegen sein wird.

Direkte Kosten für die Stadt Lahr:
keine

2. Servicestelle Wohnungsvermittlung und Fördermittelberatung Wohnen
Eine wiederholte Forderung bei den zurückliegenden Fachtagungen zum Thema „Soziales
Wohnen“ war es, vorhandenen, freistehenden Wohnraum besser auszunutzen. Als Vorbild
dient ein Service, den Köln, Freiburg oder Sigmaringen in der Verwaltung anbieten.
Eine Ansprechstelle für Personen, die Wohneigentum besitzen und dieses möglicherweise
künftig vermieten wollen, könnte folgende Funktionen erfüllen:
-

Vermittlung von Interessenten an die bestehenden Wohnungsverwaltungsangebote der
örtlichen Genossenschaften und Makler
Aufklärung und Information über die genannten Wohnungsverwaltungsangebote (z.B. mittels Veranstaltungen, Kooperationen mit VHS oder Verbänden wie Haus & Grund)
Aufklärung und Begleitung bei Fördermittelanträgen, um ungenutzten Wohnraum dem
Markt zuführen zu können.

Aus der Fortschreibung der Ergebnisse des Zensus 2011 geht hervor, dass es in Lahr derzeit
etwa 400 längerfristig leerstehende Privatwohnungen gibt. Eine Reduktion dieses Leerstandes könnte helfen, die Situation auf dem Wohnungsmarkt für Wohnungssuchende zu verbessern.

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Baden-Württemberg verfügt über ein „Landeswohnraumförderungsprogramm“, das Umbauten und Erweiterungen mit einem finanziellen Zuschuss fördert, wenn der so geschaffene
Wohnraum im Gegenzug für eine bestimmte Zeit der sozialen Mietpreisbindung unterliegt.
Ein niederschwelliges Beratungsangebot und die Verbreitung von Informationen über dieses
und ähnliche Förderprogramme werden als aussichtsreich bewertet, um so genannte „unechte Zweifamilienhäuser“ wieder dem Lahrer Wohnungsmarkt zuzuführen. Hierbei handelt es
sich um Wohnungen, die über keine räumliche Trennung oder eigene Eingänge verfügen,
etwa weil sie früher von den Kindern der Eigentümer bewohnt wurden und heute leer stehen.
Die halbe Personalstelle soll in der Abteilung 301 (Bürgerservice) angesiedelt werden.
Die Stadtverwaltung schlägt vor, sie zunächst auf zwei Jahre zu befristen.
Direkte Kosten für die Stadt Lahr:
0,5 Personalstellen entsprechen etwa 27.000 – 30.000 € pro Jahr, beziehungsweise 54.000 –
60.000 € für den gesamten Zeitraum.

3. Die Verwaltung wird beauftragt, eine interne und dezernatsübergreifende Arbeitsgruppe
unter Leitung des Baubürgermeisters zu schaffen, um weitere Lösungsansätze zu verfolgen.
Die Bereitstellung von sozialem Wohnraum ist ein Thema, das viele Bereiche der Stadtverwaltung betrifft. Neben den in dieser Vorlage aufgeführten Lösungen sollen noch eine Vielzahl an
weiteren Ansätzen verfolgt werden.
Es wird angestrebt, nach dem Bau des Pilotprojektes (Punkt 4) noch weitere Sozialwohnungen
an anderen Standorten zu schaffen. Hierbei werden auch Maßnahmen zur Aktivierung von
Bauland und eine stärkere Schaffung und Nutzung von Vorkaufsrechten durch die Stadt in Erwägung gezogen. Außerdem ist geplant soziale Kriterien in der nächsten Überarbeitung des
Arbeitsprogrammes des Stadtplanungsamtes höher zu gewichten.
Aber auch bei der Aktivierung des bereits existierenden Bestandes gibt es noch weitere Ideen.
So könnten ältere Personen beim Umzug in kleinere, altersgerechte Wohnungen unterstützt
werden. Dies könnte zu einer besseren Ausnutzung des aktuellen Wohnungsbestandes führen. Außerdem ist zu prüfen, ob externe Partner wie beispielsweise Haus und Grund oder die
Wohnbau Stadt Lahr der unter Punkt 2 geschaffenen, befristeten Stelle vergleichbare Leistungen in Zukunft anbieten können.
Mittelfristig gehört ebenso die Eigentumsbildung, vor allem von Familien mit unterdurchschnittlichem Einkommen, mit zu den Säulen des sozialen Wohnens in Lahr. Daher sollen Zuschüsse, Rabatte und speziell angepasste Verträge diskutiert werden. Ein Vorbild könnten die Vermittlungsprämien sein, die in Denzlingen oder Offenburg eingesetzt werden.
Ziel des regelmäßig tagenden Arbeitskreises unter der Führung von Baubürgermeister Petters
ist es, diese Themen mit allen betroffenen Ämtern und Abteilungen zu erarbeiten. Anschließend sollen die Vorschläge in weiteren Veranstaltungen analog zu den bisherigen Fachtagen
zum Thema Wohnen mit der (Fach-)Öffentlichkeit diskutiert und Lösungen gemeinsam mit
dem Gemeinderat umgesetzt werden.

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4. Bau von Sozialwohnungen und Wohnungen für die Anschlussunterbringung von
Flüchtlingen
Erklärtes Vorhaben der Stadtverwaltung ist es, alle in Lahr lebenden Personen mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Aus dieser Verantwortung heraus und mit der Gesamtheit
der Stadtbevölkerung im Blick, möchte die Verwaltung den Bau eines Hauses initiieren und
fachlich begleiten, in dem zukünftig sowohl einheimische mit geringem finanziellen Spielraum
und Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung leben. Dieses Gebäude kann als Vorbild für
weitere, ähnliche Vorhaben dienen, die von den ortsansässigen Wohnungsbauunternehmen
oder privaten Anbietern/Investoren unter Begleitung durch die Stadtverwaltung realisiert werden. Damit wird der Versuch unternommen, aufzuzeigen, dass sozialer Wohnungsbau unter
Zuhilfenahme der Förderangebote des Landes verlustfrei möglich ist.
Das Pilotprojekt soll durch die Wohnbau Stadt Lahr und unter Berücksichtigung des vom Gemeinderat am 30.01.2017 beschlossenen Konzeptes „Anschlussunterbringung von Flüchtlingen“ (339/2016) umgesetzt werden.
Das Gebäude ist so zu konzipieren, dass jeweils die Hälfte der Wohnfläche für Sozialwohnungen und für Wohnungen im Rahmen der Anschlussunterbringung reserviert sind. Sollte der
Bedarf an letzterem sinken, so können diese Wohnungen ebenfalls als Sozialwohnungen vermietet werden.
Das vorrangige Ziel der Stadtverwaltung bei der Unterbringung von Flüchtlingen ist eine
schnelle Integration. Hierbei wird eine zügige endgültige Unterbringung und Unabhängigkeit
der in die Anschlussunterbringung einbezogenen Personen von öffentlichen Leistungen angestrebt. Eine dezentrale Unterbringung wird bevorzugt, um Anreize und Möglichkeiten der Integration zu befördern. In den Jahren 2015 und 2016 haben etwa 120 Flüchtlinge ein Zuhause
in Lahr gefunden. In 2017 ist es bisher gelungen, in Kooperation mit den ortsansässigen Wohnungsbauunternehmen, Wohnraum für voraussichtlich 43 weitere Personen bereit zu stellen.
Die Zahlen für 2018 und die Folgejahre stehen noch nicht fest, dürften aber über denen aus
2017 liegen. Gründe hierfür sind Familiennachzüge und der Rückgang von in der vorläufigen
Unterbringung befindlichen Flüchtlingen in Lahr.
Die Unterbringung von Flüchtlingen fällt in den Aufgabenbereich des sozialen Wohnens (§ 17
und 18 des Gesetzes über die Aufnahme von Flüchtlingen (FlüAG) vom 19. Dezember 2013).
Hierfür geschaffene Wohnhäuser dürfen, wenn sie für diesen Zweck nicht mehr benötigt werden, als mietpreisgebundene Sozialwohnungen weiter verwendet werden. Dies geschieht gemäß der Verwaltungsvorschrift des Landesförderprogramms „Wohnraum für Flüchtlinge“. Die
Dauer der Zweckbindung des Wohnraums beträgt zehn Jahre. Der Zuschuss liegt bei 25 %
der Erwerbs- bzw. Investitionskosten. Die Stadt Lahr ist als Gemeinde antragsberechtigt und
darf die Zuwendung an Dritte, wie die Wohnbau Stadt Lahr, weitergeben.
Im Ergebnis bietet die Stadtverwaltung die städtischen Flurstücke 24324/12 und 24324/13 in
der Leopoldstraße an. Bei einer Grundstücksfläche von 1240 m² wäre hier eine Wohnfläche
von 735 m² zulässig.
Auf den Grundstücken befinden sich derzeit 6 städtische Kleingärten. Bei einer Umsetzung
des Projekts ist zu beachten, dass für diese Kleingärten noch in diesem Jahr Kündigungen
ausgesprochen werden würden.

Direkte Kosten/Einnahmen für die Stadt Lahr:
Das Grundstück soll der Wohnbau Lahr gemäß den Lahrer Richtlinien zum Erbbaurecht überlassen werden. Die jährlichen Erbpachtzinsen liegen in der Größenordnung von etwa 6.000 €.

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Nachrichtlich:
Im Zuge der Erarbeitung der Vorlage und Prüfung des Handlungsspielraumes der Stadtverwaltung wurden auch die Einführung eines Zweckentfremdungsverbotes und einer Mietpreisbremse (+Mietspiegel) erwogen. Beide Möglichkeiten werden aber für Lahr als ungeeignet beurteilt.
Ein Zweckentfremdungsverbot verhindert den gezielten, langfristigen Leerstand von Wohnraum und eine Umwandlung desselbigen in Gewerbeflächen sowie einen Umbau, der eine
weitere Nutzung als Wohnfläche unmöglich macht.
Ähnlich wie die Sozialwohnungsquote gilt ein Zweckentfremdungsverbot bereits heute in verschiedenen Großstädten im Land (wie etwa Freiburg oder Stuttgart).
Allerdings stellt eine solche Quote einen harten Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der
Wohneigentümer dar.
Die Stadt Lahr könnte ein solches Verbot einführen, wenn „die Versorgung der Bevölkerung
mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet“ ist. Um
über die Angemessenheit der Mietbedingungen qualifiziert urteilen zu können, ist ein aufwändiger und kostenintensiver Mietspiegel notwendig. Außerdem sorgt ein solches Verbot nicht für
die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, sondern führt in erster Linie zu einer Reduktion
von Leerstand.
Insofern erachtet die Stadtverwaltung die unter Punkt 2 aufgeführte Stelle für sinnvoller. Ein
Zweckentfremdungsverbot kann stets nur das allerletzte Mittel sein und soll deshalb für Lahr
nicht herangezogen werden. Nach Schätzung der Stadtverwaltung bewegt sich die Zahl der
hiervon möglicherweise betroffenen Wohnungen in Lahr derzeit im einstelligen Bereich.
Eine Mietpreisbremse wird ebenfalls für nicht zielführend erachtet:
-

Eine Mietpreisbremse erfordert einen qualifizierten Mietspiegel für die Stadt, was mit fünfstelligen Kosten pro Jahr verbunden wäre.
Eine Mietpreisbremse hilft nur in Wohnungsmärkten, wo jährliche Mietpreissteigerungen
von über 10 % alltäglich sind. Das ist in Lahr nicht der Fall.
Eine Mietpreisbremse führt zu einer Verselbstständigung des Mietpreisanstieges. Dies geschieht durch die regelmäßige Veröffentlichung eines Mietpreisspiegels und der Möglichkeit bestehende Mieten 10 % über jenen zu erhöhen.
Sanierungen, die häufig der größte Preistreiber bei Mietanstiegen sind, werden von der
Mietpreisbremse ausgenommen und ermöglichen es, diese zu umgehen.

Sollte sich die Empfehlung der Wohnraumallianz Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2016
durchsetzen, dass es zu einer Verpflichtung zur Einführung von Mietspiegeln in einigen Jahren
kommt, dann muss diese Option entsprechend beachtet werden. Der Wohnraumallianz Baden-Württemberg gehören neben dem Wirtschaftsministerium auch die Landtagsfraktionen,
der Städtetag und andere Akteure der Wohnungswirtschaft an.

Guido Schöneboom
Erster Bürgermeister

Tilman Petters
Bürgermeister