Beschlussvorlage (Eigenbetrieb Bäder, Versorgung und Verkehr Lahr; Abschluss einer Vereinbarung über das gemeindliche Darlehen)
23. Oktober 2017
Beschlussvorlage Amt: 202 Singler Datum: 13.09.2017 Az.: 922.6051 Drucksache Nr.: 215/2017 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Haupt- und Personalausschuss 09.10.2017 vorberatend nichtöffentlich Gemeinderat 23.10.2017 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Eigenbetrieb Bäder, Versorgung und Verkehr Lahr; Abschluss einer Vereinbarung über das gemeindliche Darlehen Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat beschließt auf der Grundlage des beigefügten Darlehensentwurfs den Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung über das gemeindliche Darlehen mit dem Eigenbetrieb Bäder, Versorgung und Verkehr Lahr. Anlage(n): Darlehensvereinbarung BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 215/2017 Seite - 2 - Begründung: I. Entwicklung gemeindliches Darlehen Der Gemeinderat hat am 20.01.1997 beschlossen, die im Betriebsvermögen der Stadtwerke gehaltenen Aktien an der Elektrizitätswerk Mitteladen AG zum 01.02.1997 zu Buchwerten in den Bäderbetrieb der Stadt Lahr zu übertragen. Des Weiteren wurde beschlossen, den Bäderbetrieb, bestehend aus den zwei Betriebszweigen Terrassenbad und Hallenbad, zum 01.01.1998 aus dem Haushalt der Stadt Lahr auszugliedern und ab diesem Zeitpunkt als Eigenbetrieb „Bäderbetrieb der Stadt Lahr“ zu führen. Im Zuge des Beschlusses der Eröffnungsbilanz wurde auch ein inneres (gemeindliches) Darlehen über 47,5 Mio. DM (24.286.364,36 €) beschlossen. In den Jahren 1998 und 1999 wurde das gemeindliche Darlehen jeweils in Höhe von 950.000 DM (485.727,29 €) getilgt. Es betrug nach den geleisteten Tilgungen noch 45.600.000 DM (23.314.909,78 €). In einem weiteren Schritt hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 15.12.2003 beschlossen, die Aufgabengebiete ÖPNV sowie die Bereitstellung und den Betrieb des Parkhauses Stadtmitte zum 01.01.2004 aus dem Haushalt der Stadt Lahr auszugliedern und ab diesem Zeitpunkt als Eigenbetrieb „Versorgung und Verkehr Lahr“ zu führen. Gleichzeitig wurde beschlossen, den Mitunternehmeranteil an der badenova AG & Co. KG, bisher gehalten von der Lahrer Gas- und Wasser-Holding GmbH, und den Mitunternehmeranteil an der zwischenzeitlich in eine Personengesellschaft umgewandelte Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG, bisher gehalten vom Eigenbetrieb „Bäderbetrieb der Stadt Lahr“, dem Eigenbetrieb „Versorgung und Verkehr Lahr“ zuzuordnen. Das zuvor im Bäderbetrieb ausgewiesene gemeindliche Darlehen wurde auf den neuen Eigenbetrieb übertragen. Durch Beschluss des Gemeinderats vom 25.10.2004 wurde die allgemeine Rücklage teilweise in Höhe von € 1.410.225,66 in ein verzinsliches Gemeindedarlehen zur Finanzierung des übernommenen Sach- und Finanzanlagevermögens (Parkhaus Stadtmitte, Buswartehäuschen und Mitunternehmeranteil an der badenova AG & Co. KG) umgewandelt. Das Gemeindedarlehen hatte danach einen Stand von 24.725.135,44 €. Durch einen weiteren Beschluss des Gemeinderats vom 15.12.2008 wurde ein weiterer Teil der allgemeinen Rücklage in Höhe von 3.000.000 € in ein verzinsliches Gemeindedarlehen umgewandelt. Das Gemeindedarlehen hatte danach einen Stand von 27.725.135,44 €. Dieser Stand wurde bis in das Wirtschaftsjahr 2017 unverändert fortgeführt. II. Verzinsung des gemeindlichen Darlehen Das gemeindliche Darlehen wurde entsprechend der Empfehlung der WIBERA im Jahr 1997 mit 5,5 verzinst. Der Zinssatz orientierte sich an einem Kommunaldarlehen mit 10-jähriger Laufzeit. Über die Jahre 1998 – 2002 erfolgten zunächst keine gesonderten Zinsbeschlüsse, da die Empfehlung der WIBERA dahingehend ausgelegt wurde, dass im Zeitraum 1997 - 2006 keine weiteren Zinsbeschlüsse erforderlich seien. … Drucksache 215/2017 Seite - 3 - Das städtische Rechnungsprüfungsamt beanstandete jedoch diese Vorgehensweise im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses 2001 des Bäderbetriebs und forderte nachträgliche Zinsbeschlüsse für den Zeitraum 1998 – 2002. Ab dem Jahr 2003 wurden die Zinssätze entsprechend der Empfehlung dann jährlich im Rahmen der Beschlussfassung über den jeweiligen Wirtschaftsplan vorgenommen. Die jährlichen Zinssätze lagen in den Jahren 1998 – 2013 bei 5,5 %. In den Jahren 2014 – 2017 wurde eine jährliche Verzinsung in Höhe von jeweils 5 % beschlossen. III. Betriebsprüfung der Stadt Lahr und ihrer Eigengesellschaften für den Zeitraum 2011 - 2014 Die Stadt Lahr wurde mit ihren Eigengesellschaften ab April 2016 einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt Lahr unterzogen. Die Betriebsprüfung ist bis auf wenige Sachverhalte abgeschlossen. In Bezug auf das gemeindliche Darlehen beim steuerlich erfassten Eigenbetrieb „Bäder, Versorgung und Verkehr Lahr“ geht das Finanzamt von einem kurzfristig rückzahlbaren Darlehen aus. Dies wird damit begründet, dass keinerlei Vereinbarungen über die Rückführung des gewährten Darlehens bestehen und jährlich Beschlüsse über die Zinshöhe gefasst werden. Angesichts des zwischenzeitlich deutlich gesunkenen Zinsniveaus wurde ab dem Jahr 2014 die steuerliche Anerkennung des zu Grunde gelegten Zinssatzes versagt. Das Finanzamt ermittelte einen anerkennungsfähigen Zinssatz und orientierte sich hierbei, mangels vergleichbarere Sachverhalte, am LIBOR (=London Interbank Offered Rate). Beim LIBOR handelt es sich um den Zinssatz zu dem sich die Geschäftsbanken untereinander Termingelder leihen können. Für das Jahr 2014 lag der LIBOR jahresdurchschnittlich bei 0,434 %. Inklusive eines Aufschlages von 2,5 % wurde so ein anerkennungsfähiger Zinssatz von 3 % ermittelt. Die Argumentation der Verwaltung, dass der Eigenbetrieb rechtlich unselbständig sei und die Stadt keine rechtlich bindenden Vereinbarungen mit sich selbst schließen könne, wurde nicht gewürdigt. Ebenso wurde die Argumentation mit 10-jährigen Darlehenskonditionen für Kommunalkredite aufgrund der jährlichen Beschlussfassungen über den anzuwendenden Zinssatz abgelehnt. Nach Erörterung mit der weiterhin beratenden WIBERA wird empfohlen, den auch für künftige Jahre so zu ermittelnden Darlehenskonditionen zuzustimmen. Einer rechtlichen Auseinandersetzung wurde angesichts des Sachverhalts keine bis nur sehr geringe Erfolgsaussichten beigemessen. Insbesondere der auch zukünftig gewährte Aufschlag von 2,5 % kommt den Interessen der Stadt Lahr sehr entgegen. Den Vorschlag des Finanzamts aufgreifend, wurde eine Darlehensvereinbarung entworfen, welche die Konditionen für die Zukunft festschreibt. Angesichts des weiterhin sehr niedrigen Niveaus schlägt die Verwaltung vor, keine langfristige Darlehensvereinbarung einzugehen. Diese sollte erst bei einem Zinsniveau erfolgen, das deutlich über dem jetzigen Niveau liegt. … Drucksache 215/2017 Seite - 4 - IV. Auswirkungen der Betriebsprüfung auf den Haushalt der Stadt Lahr Die Feststellung des Finanzamts bezogen auf die Verzinsung des gemeindlichen Darlehens der Jahre 2014-2016 wirkt sich wie folgt auf den Haushalt der Stadt aus: Im Rahmen der Jahresabschlussbuchungen des Kernhaushaltes und des Eigenbetriebs wurde bereits eine Korrektur für das Jahr 2016 vorgenommen. Für das Jahr 2016 entstehen somit keine Haushaltsbelastungen mehr. Das im Prüfungszeitraum liegende Jahr 2014 wird noch im Rahmen der Betriebsprüfung berichtigt. Hierfür wurden im Jahresabschluss 2016 des Eigenbetriebs bereits entsprechende Steuerrückstellungen gebildet. Für das außerhalb des Prüfungszeittraumes liegende Wirtschaftsjahr 2015 erfolgt noch eine Nachmeldung zur Steuererklärung. Auch hierfür wurde bereits eine Steuerrückstellung im Jahresabschluss 2016 des Eigenbetriebs gebildet. Das Jahresergebnis 2016 des Eigenbetriebs fließt dem Haushalt der Stadt im Folgejahr zu. D.h. im Haushaltsjahr 2017 werden die Feststellungen des Finanzamts für die Jahre 2015 und 2014 abgewickelt. Die Erstellung des Jahresabschlusses des Eigenbetriebs befindet sich derzeit in der Endphase. Nach den aktuell vorliegenden Abschlusszahlen ist davon auszugehen, dass dem Haushalt ein deutlich höherer Betrag zugeführt werden kann, als dies bei der Haushaltsplanerstellung abzusehen war. Hierdurch ist es möglich, die Mindereinnahmen aus der abzusenkenden Verzinsung des gemeindlichen Darlehens im Jahr 2017 teilweise zu kompensieren. Die Verwaltung schlägt vor, einer schriftlichen Vereinbarung über das gemeindliche Darlehen mit dem Eigenbetrieb Bäder, Versorgung und Verkehr Lahr auf Basis der beigefügten Darlehensvereinbarung zuzustimmen. Damit wäre den Forderungen des Finanzamts ausreichend Rechnung getragen. Dr. Wolfgang G. Müller Oberbürgermeister Markus Wurth stellv. Stadtkämmerer