Beschlussvorlage (Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen)
Vorlage: Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen
28. Juli 2014
Beschlussvorlage (Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen)
Beschlussvorlage (1. Arbeitsbereiche - Verantwortlichkeiten)
Beschlussvorlage (2. Sachbericht der Gemeinwesenarbeit Lahr-West 2013)
Beschlussvorlage (3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013)
28. Juli 2014
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Beschlussvorlage (Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen)
Beschlussvorlage (3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013)Beschlussvorlage (2. Sachbericht der Gemeinwesenarbeit Lahr-West 2013)Beschlussvorlage (1. Arbeitsbereiche - Verantwortlichkeiten)
Beschlussvorlage Amt: 50 Evermann Datum: 24.04.2014 Az.: 401.73 Drucksache Nr.: 111/2014 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Ausschuss für Soziales, Schulen und Sport 23.06.2014 vorberatend nichtöffentlich Haupt- und Personalausschuss 30.06.2014 vorberatend nichtöffentlich Gemeinderat 28.07.2014 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen Beschlussvorschlag: 1. Vom gegenwärtigen Stand der Arbeit des Bürgerzentrums K2 wird zustimmend Kenntnis genommen. 2. Die Weiterführung der Gemeinwesenarbeit wird beschlossen. 3. Die derzeit bis zum 31.12.2014 befristete 1,0 Stelle ist aufgrund der Weiterentwicklung des Wohngebiets Kanadaring im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ und der weiterhin notwendigen hauptamtlichen Begleitung des Miteinanderlebens von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in eine unbefristete Stelle umzuwandeln Anlage(n): 1. Arbeitsbereiche - Verantwortlichkeiten 2. Sachbericht der Gemeinwesenarbeit Lahr-West 2013 3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013 BERATUNGSERGEBNIS Einstimmig Sitzungstag: lt. Beschlussvorschlag mit Stimmenmehrheit Bearbeitungsvermerk abweichender Beschluss (s. Anlage) Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 111/2014 Seite - 2 - Begründung: 1. Vorbemerkung Die Gemeinwesenarbeit Lahr-West dient der Verbesserung der sozialen und kulturellen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Lahr und startete im Jahr 1995. Durch gemeinwesenorientierte Arbeit sollten die Migranten bei der Artikulation ihrer Bedürfnisse und Interessen sowie bei der Organisation und Gestaltung ihres Alltags unterstützt werden. Die Arbeit wurde dabei sowohl wohngebietsbezogen als auch wohngebietsübergreifend angelegt und es galt, die Kräfte und Selbsthilfekräfte in den Wohngebieten in möglichst hohem Maße zu nutzen und mit den örtlichen Dienstleistungen zu verknüpfen: „Die 1995 in Kooperation mit dem Ortenaukreis eingerichtete Gemeinwesenarbeit im Wohngebiet Kanadaring und im Stadtteil Kippenheimweiler soll die Stadtteile bzw. die Wohngebiete, in denen zwischen 75% - 95% Migrantenfamilien wohnen, in das Netz der Gesamtstadt einbinden und für eine weitgehende Integration sorgen. Insbesondere ist die Gemeinwesenarbeit bemüht stigmatisierende Bedingungen zu verhindern, die Wohnbedingungen zu verbessern und Sozialstrukturen zu stabilisieren, um eine soziale Vitalisierung der Wohngebiete zu erreichen. Die Gemeinwesenarbeit wirkt präventiv und soll dem Aufkommen sozialer Brennpunkte entgegenwirken“. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen sind Ansprechpartner/-innen für alle in den Wohngebieten wohnenden Menschen. Aufgabe der Gemeinwesenarbeit ist es auch durch Angebote und Maßnahmen die Begegnung der Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu fördern (vgl. hierzu im Detail auch die Ausführungen der Basiskonzeption aus dem Jahr 1997). Folgende Problembereiche und Missstände seitens der Migrantinnen und Migranten standen dabei vornehmlich im Mittelpunkt: 1. Sprachdefizite 2. unzureichende berufliche Qualifikationen (trotz vorliegender formaler Qualifikationsnachweise) 3. mangelndes Verständnis gegenüber den in unserer Arbeitswelt benötigten Schlüsselqualifikationen 4. soziale Gefährdung durch Flucht in Drogenkriminalität und Gewalt (insbesondere bei einem Teil von männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen) 5. 6. 7. 8. 9. 10. kulturelle Entwurzelung Zerbrechen von intakten Familienstrukturen und Zunahme von familiären Konflikten Gewaltanwendungen in der Familie Identitätskrisen teilweise ungünstige Wohnverhältnisse (viele Personen auf einem Raum) mangelnde Kenntnisse über Werte und Normvorstellungen sowie über das Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland 11. Überschuldung bei einem Teil der Familien 12. Stigmatisierung und Fremdenfeindlichkeit 13. Vereinsamung alter Menschen Drucksache 111/2014 Seite - 3 - Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 30.04.2009 bzgl. einer Fortführung und partiellen Restrukturierung der Gemeinwesenarbeit Lahr-West bis zum 31. Dezember 2014 wurde der Arbeitsauftrag der Gemeinwesenarbeit Lahr-West grundsätzlich bestätigt und erneuert sowie zugleich auch an die zum Teil veränderten Problemlagen und Rahmenbedingungen angepasst (vgl. Beschlussvorlage des Ausschusses für Soziales, Schulen und Sport vom 06.03.2009). Neben einem eher defizitorientierten Ansatz werden seitdem auch die positiven Seiten der Migration deutlich mehr berücksichtigt und gewürdigt (ressourcenorientierter Ansatz). Der Zuzug von Migranten bringt auch eine kulturelle Bereicherung mit sich und „entschärft“ den sich seit Jahren vollziehenden demographischen Wandel in erheblicher Weise: „Gegenwärtig ist es (…) so, dass die Zuwanderer das Geburtendefizit auffangen und die Entwicklung zum ‚Altersheim Deutschland‘ zumindest etwas abfedern.“1 Deutschland braucht in Zukunft weiterhin „…Einwanderer, denn die Bevölkerungsentwicklung lässt sich kurz mit den Begriffen weniger, älter und bunter umreißen.“2 Die Zuwanderung kann zwar „…kein Allheilmittel gegen das (…) ‚Altersheim Deutschland‘ sein. Einwanderung, gezielt ausgesucht, kann diesen Trend jedoch etwas abfedern und sollte in diesem Sinne eigentlich als Glücksfall begriffen werden. Insbesondere wenn man bedenkt, dass schon bald nicht mehr vier Erwerbstätige einen Rentner ‚ernähren‘ müssen, sondern nur noch ein Berufstätiger auf einen Rentner kommt.“3 - Im Zuge der damaligen Restrukturierung der Gemeinwesenarbeit musste allerdings aufgrund des aus fachlicher Sicht unverständlichen Wegfalls der Mitfinanzierung des Ortenaukreises auch der Beschäftigungsumfang der sozialpädagogischen Fachkräfte um eine halbe Stelle gekürzt werden (Reduktion von 3,5 auf 3,0 Stellen). 2. Strukturdaten des Wohngebietes Kanadaring Die soziodemographische und sozioökonomische Struktur des Wohngebietes Kanadaring wurde u. a. zuletzt bei der repräsentativen Mieterbefragung 2011/2012 des Forschungsinstituts InWIS eingehender untersucht und beleuchtet, bei der auch die Gemeinwesenarbeit maßgeblich beteiligt war und mitwirkte. Demnach leben im Wohngebiet nahezu 1500 Personen verteilt auf 525 Haushalte. 84% der Bewohner des Kanadarings besitzen einen Migrationshintergrund. Im Wohngebiet wohnen viele Familien und Alleinerziehende; das Durchschnittsalter ist vergleichsweise niedrig. Bei 22% aller Haushalte stellen Transfer- und Lohnersatzleistungen die Haupteinkommensquelle des Haushaltes dar und jeder fünfte Haushalt bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Renten- und Pensionsansprüchen. Infolgedessen bewegt sich auch das Durchschnittseinkommen der Haushalte auf einem relativ niedrigen Niveau von ca. 1300 Euro Netto pro Monat. Die Kaufkraft und die Konsummöglichkeiten der Bewohner des Kanadarings sind eingeschränkt und prekäre Lebensverhältnisse sind durchaus immer wieder anzutreffen. Auch die Arbeitslosenquote liegt bei den Bewohnern des Kanadaring deutlich über dem Durchschnitt: Fast 18% aller Befragten gaben an, arbeitslos bzw. arbeitssuchend zu sein. Die Fluktuation der Bewohner des Kanadarings ist in den letzten Jahren zwar etwas zurückgegangen, 1 Migration und Integration in Deutschland. Begriffe – Fakten – Kontroversen. Hrsg. von K. H. Meier-Braun und R. Weber, Bonn 2014, S. 15 2 Ebd. S. 25 3 Ebd. S. 25 Drucksache 111/2014 Seite - 4 - liegt aber gleichwohl noch über dem Durchschnitt vergleichbarer Wohngebiete. 45% leben schon 10 Jahre und länger im Kanadaring, ca. ein Viertel der Bewohner weniger als 5 Jahre. Der Zustand der Wohnungen und Gebäude wird kritisch und recht negativ bewertet und 72% aller Befragten beklagen Mängel oder Missstände. Das Wohnumfeld, die Lage des Wohngebietes und die Anbindung an den ÖPNV werden demgegenüber durchaus geschätzt und positiv bewertet. Obwohl das Wohngebiet nach wie vor stigmatisiert wird und einen schlechten Ruf innehat gaben nur 8% an, nicht im Kanadaring wohnen bleiben zu wollen. Insgesamt herrscht also trotz Mängel und negativer Erscheinungen eine relativ hohe Wohnzufriedenheit bei relativ bescheidenen Wohnansprüchen vor. Auch die Beratung und die Angebote des Bürgerzentrums K2 wurden bei der Befragung bzgl. ihrer Wichtigkeit für die Bewohner des Kanadarings untersucht. Auf einer Skala von 1 (sehr wichtig) bis 5 (unwichtig) erhielt das Bürgerzentrum im Durchschnitt den Wert 1,73 und lag damit vor der Grundschule (1,93) und den Kindertagesstätten (1,97). Dieser Wert verdeutlicht, welch hohen Stellenwert die Gemeinwesenarbeit vor Ort einnimmt und dass viele Bewohner/-innen des Kanadarings nach wie vor dringend auf Hilfen und Angebote angewiesen sind. 3. Darstellung der Tätigkeiten der Gemeinwesenarbeit Lahr-West Siehe Anlage: Jahresbericht 2013 der Mitarbeiter/-innen. 4. Derzeitige Personalsituation der Gemeinwesenarbeit Lahr-West Das Team der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bürgerzentrums K2 wurde 2013 durch Frau Beck (100%-Stelle, unbefristet), Herr Marker (100%-Stelle, unbefristet), Herr May (90%Stelle, befristet bis zum 31.12.2014) und Frau Gampper (10%, befristet bis zum 31.12.2014) gebildet. Insgesamt betrug der Beschäftigungsumfang der sozialpädagogischen Fachkräfte also 3,00 Stellen und lag somit aufgrund der ab 2010 vorzunehmenden Kosteneinsparungen weiterhin 0,5 Stellen unter dem Umfang von 2009. Neben den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den „Bürgerarbeiter/-innen“ wurde die Gemeinwesenarbeit Lahr-West von Honorarkräften und ehrenamtlich aktiven Personen unterstützt, die selbst Migrationshintergrund aufweisen und besonders gut mit der Zielgruppe umzugehen vermögen. Zudem bringen sich auch die Eltern von Migrantenkindern immer wieder bei verschiedenen Veranstaltungen tatkräftig mit ein. Die Vereine „Bürger Aktiv Lahr e. V.“ und die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. arbeiten ebenfalls wohngebietsbezogen, aber auch wohngebietsübergreifend mit. Beide Vereine nutzen die Infrastruktur im K2. Die Personalkosten der Mitarbeiter/-innen der Gemeinwesenarbeit werden zum Teil durch den jährlichen Landeszuschuss „Mobile Jugendarbeit“ sowie durch Gelder der Baden-Württemberg-Stiftung im Rahmen des Programms „Vielfalt gefällt – 60 Orte der Integration“ mitgetragen (siehe unten: Übersicht Haushaltsansatz). Drucksache 111/2014 Seite - 5 - 5. Weiterhin bestehende Aufgaben und zusätzliche Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven Obwohl der Zuzug von Spätaussiedlern bundesweit weiterhin rückläufig ist (Zuzug im Jahr 1990: 397.073 Personen; im Jahr 2000: 95.615 Personen; im Jahr 2005: 35.522 Personen; im Jahr 2010: 2350 Personen; im Jahr 2012: 1817 Personen) scheint der Bedarf an Hilfe und Unterstützung zur Beförderung und Verbesserung der sozialen und kulturellen Integration ins Gemeinwesen nach wir vor hoch. Dies lässt sich z. B. an den Beratungszahlen von Frau Beck belegen, die 2013 ihren bislang zweithöchsten Wert erreichten (1710 Beratungen, vgl. hierzu die statistische Übersicht des Sachberichtes). Neben den Spätaussiedlern, bei denen mittlerweile also insbesondere die sogenannte „nachholende Integration“ im Fokus steht, suchen auch zusehends andere Migrantengruppen immer häufiger das Bürgerzentrum K2 auf, um sich eingehender beraten und helfen zu lassen. Da sich der Zuzug nach Deutschland und auch nach Lahr aktuell wieder deutlich erhöht hat (Migranten aus Süd- und Osteuropa, Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens, gezielt angeworbene Fachkräfte, Nachzugseffekte, usw.) wird der hohe Beratungs- und Unterstützungsbedarf in den folgenden Jahren unvermindert bestehen bleiben. Zudem sind bei der „nachholenden Integration“ der Ausbildungsbereich (Übergang Schule - Beruf) und der Arbeitssektor nach wie vor von zentraler Bedeutung, um eine gleichberechtigte Teilhabe an Bildung, Erziehung und Ausbildung zu gewährleisten und um die sogenannte „Ausschöpfung“ des inländischen Arbeitskräftepotentials weiter zu verbessern.4 Neben der sozialen, kulturellen und nachholenden Integration ist die politische Integration und Partizipation der Migranten/-innen noch stärker in den Blick zu nehmen, um die repräsentative Demokratie nicht zu schwächen. So ist beispielsweise die geringe Wahlbeteiligung im Wohngebiet Kanadaring nicht nur ein Indiz für das vereinzelte Vorliegen prekärer Lebensverhältnisse, sondern auch für den (un)freiwilligen Verzicht auf demokratische Mitbestimmung. Denn hinter der sinkenden Wahlbeteiligung verbirgt sich laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung zur Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013 eine zunehmende soziale Spaltung der Wählerschaft. Ob jemand wählt hängt „…stark von seinem sozialen Umfeld und davon ab, wo er wohnt, welche Freunde er hat und ob in seiner Familie über Politik gesprochen wird. Einkommens- und Bildungsschwache bleiben den Wahlen eher fern, während die höher gebildeten und sozial besser situierten Wahlberechtigten sich überdurchschnittlich an Wahlen beteiligen. (…) Je prekärer die Lebensverhältnisse in einem Stadtviertel oder Stimmbezirk, desto geringer ist die Wahlbeteiligung. Die sinkende Wahlbeteiligung in Deutschland geht einher mit einer sozialen Spaltung der Wählerschaft. Unsere Wahlergebnisse sind, gemessen an der Sozialstruktur der Wählerschaft, nicht mehr repräsentativ.“ (Prekäre Wahlen. Hrsg. von 4 Von einer gleichberechtigten Teilhabe an Bildung, Erziehung oder Ausbildung sind wir in Deutschland noch weit entfernt. So schneiden ausländische Schüler/-innen im Durchschnitt immer noch deutlich schlechter ab als deutsche Mädchen und Jungen. Schüler „deutscher Herkunft“ erreichen „…zu 32% die Hoch- und Fachhochschulreife, bei den ausländischen Schülern sind es nur 12%. Beim Hauptschulabschluss ist der Unterschied… [ebenfalls signifikant]: 21% der deutschen, aber rund 40% der ausländischen Schüler haben einen Hauptschulabschluss.“ (Migration und Integration in Deutschland. Begriffe – Fakten – Kontroversen. Hrsg.: K. H. MeierBraun / R. Weber, Bonn 2014, S. 16) – Nicht zuletzt geht es dabei „…auch darum, das inländische Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen, insbesondere bei den jungen Menschen mit Migrationshintergrund. So bleiben 30% der jungen Migranten [bislang immer noch] ohne Schul- und Berufsabschluss.“ (ebd. S. 26) Drucksache 111/2014 Seite - 6 - der Bertelsmann Stiftung 2013, S. 6). Das „politische Empowerment“ von Migrantinnen und Migranten, wie es mittlerweile mit dem Projekt „Viel-Stimmig!“ bereits in Angriff genommen wurde, ist also unbedingt weiter zu befördern und voranzutreiben. Auch die weitere Verbesserung der Wohn- und Lebensverhältnisse gewinnt aus dieser Perspektive noch mehr an Gewicht und Bedeutung. So ist mit dem Thema „Der Kanadaring Lahr als Wohngebiet mit besonderem Entwicklungsbedarf“ in den vergangenen Jahren eine ganz neue Perspektive zur Verbesserung der gesamten Wohn- und Lebensqualität im Kanadaring eröffnet worden, welche insbesondere die von außen vorherrschenden Stigmatisierungen nach und nach zurückdrängen könnte. Nach der erfolgreichen Durchführung des Architektenwettbewerbs und der nunmehr erfolgenden sukzessiven Umsetzung des Siegermodells im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ sind mittlerweile die Weichen gestellt, um diese positive Entwicklung weiter voranzubringen und das gesamte Wohngebiet aufzuwerten. Dabei ist auch das relativ niedrige Einkommensniveau vieler Haushalte im Wohngebiet bei zukünftigen Mietfestsetzungen zu beachten. Nachdem Lahr 2018 die Landesgartenschau ausrichten wird, steht der Kanadaring im Verbund mit dem Thema „Mauerfeldpark“ und dem Projekt „Interkulturelle Gartenschau“ mittlerweile verstärkt im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, so dass die Möglichkeiten und Chancen einer nachhaltigen öko-sozialen Wohngebietsentwicklung aufs Ganze gesehen gestiegen sind. Dabei ist allerdings stets darauf zu achten, dass die jeweiligen Interessen, Wünsche und Anliegen aller Bewohner des Kanadarings adäquate Berücksichtigung finden. Gerade hier ist die Gemeinwesenarbeit zukünftig gefordert, einer echten Partizipation und aktiven Mitgestaltung der Migrantinnen und Migranten geeignete Mittel und Wege zur Verfügung zu stellen. 6. Stellungnahme der Verwaltung Die gemeinwesenorientierte Arbeit hat neben den vielfältigen und dringend notwendigen Hilfestellungen und Unterstützungsleistungen für die Bewohner/-innen im Laufe der Jahre auch eine erhebliche präventive Wirkung entfaltet und erzielt, die es unbedingt aufrechtzuerhalten gilt. Die Erfahrungen in der Stadt Lahr zeigen, dass erfolgreiche Integration nur durch passgenaue Konzepte vor Ort geleistet werden kann. Hierzu ist ein funktionierendes Netzwerk notwendig, in dem auch die Betroffenen vertreten sind. Es herrscht mittlerweile ein fachlicher und politischer Konsens darüber, dass es sich bei der Integration um einen langwierigen und sehr komplexen Prozess handelt, der oft über mehrere Generationen andauert. Eine erfolgreich agierende Gemeinwesenarbeit mit dem zentralen Ziel der Förderung der Integration muss infolgedessen ebenfalls in verlässlichen und dauerhaften Strukturen erfolgen, um substantielle und nachhaltige positive Ergebnisse erreichen und erzielen zu können. Trotz großer Erfolge in den vergangenen Jahren bleibt eine Vielzahl von Problemstellungen, die sich mit der Dauer des Aufenthalts der Menschen mit Migrationshintergrund zum Teil auch verändern oder punktuell verschärfen. Drucksache 111/2014 Seite - 7 - Neben einer weiteren Stärkung der Selbsthilfekräfte vor Ort und einer Fortführung der bisherigen gemeinwesenorientierten Arbeit sind vor allem folgende Bereiche noch intensiver anzugehen: Fortführung der Maßnahmen, um dem erhöhten Betreuungs- und Förderbedarf von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gerecht zu werden Zusätzliche Unterstützungen bei der beruflichen Qualifizierung und Jobsuche Persönliche Hilfestellungen zur Vermeidung des Auseinanderbrechens von Familienstrukturen und zur Unterstützung der Familien bei der Erziehungsarbeit Schaffung von Strukturen und Angeboten für gelingende Bildungsbiografien weitere Maßnahmen gegen die Vereinsamung alter Menschen Substanzielle Verbesserungen der Wohnverhältnisse und des Wohnumfeldes gemäß dem Antrag zur Aufnahme in das Programm „Soziale Stadt“ (Herbst 2014) Weitere Maßnahmen für ein sicheres Wohngebiet (Gewalt- und Suchtprävention) Fortführung des Projektes „Viel-Stimmig!“ (Laufzeit 2013 – 2015) Bessere Integration des Wohngebietes in den Stadtteil Dinglingen und in die Gesamtstadt Ohne Initiierung, Anleitung und Moderation durch professionelle Mitarbeiter/-innen sind die oben genannten Problem- und Themenbereiche nicht zu meistern. Weiterhin sind Honorarkräfte, pädagogische Betreuer/-innen und Ehrenamtliche notwendig, um Angebote in den einzelnen Wohngebieten zu realisieren. Die Tatsache, dass sich zwischenzeitlich auch Migranten/-innen immer öfter ehrenamtlich betätigen, ist weiterhin zu fördern und auszubauen. Die Gemeinwesenarbeit hat sich in den letzten Jahren sehr bewährt. Um die in den Wohngebieten vorhandenen Grundstrukturen weiter zu entwickeln und das Erreichte zu stabilisieren sowie den weiteren Ausbau der sozialen Infrastruktur und die Fortführung des Prozesses der Integration voranzutreiben, ist gemeinwesenorientierte Arbeit weiterhin erforderlich. Angesichts der nach wie vor bestehenden Aufgaben, Problembereiche und auch zukünftigen Herausforderungen und Entwicklungschancen ist es aus fachlicher Sicht unabdingbar, dass die Gemeinwesenarbeit Lahr-West unbefristet fortgesetzt wird. Neben der wohngebietsbezogenen Arbeit sollen die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen zukünftig ihre erfolgreiche Arbeit auch wohngebietsübergreifend weiter leisten, um das Miteinanderleben der Menschen in Dinglingen und im Lahrer Westen zu fördern. Drucksache 111/2014 Seite - 8 - Für das Haushaltsjahr 2015 ergeben sich für die Gemeinwesenarbeit Lahr-West ohne Berücksichtigung einer geschätzten Teuerungsrate von ca. 3% voraussichtlich die gleichen Haushaltsansätze wie 2014: Haushaltsansatz 2014 € Einnahmen: Benutzungsgebühren und ähnliche Entgelte 1.500 Ersatz von Sachausgaben 200 Vermischte Einnahmen 500 Zuweisungen vom Land * 14.000 Zuw. v. übr. Bereich (Projekt „Viel-Stimmig!“) 16.650 Einnahmen gesamt ** 32.850 Ausgaben: Personalausgaben (3,0 Stellen einschließlich der Kosten für Reinigungspersonal, Hausmeisterdienste und einer Aufwandsentschädigung für die deutsch-türkische Sozialberatung) Inventarunterhaltung Mieten 201.530 3.000 16.600 Bewirtschaftungskosten 3.600 Haltung von Fahrzeugen 3.500 Betriebsaufwand 16.000 Sachkosten Projekt „Viel-Stimmig!“ 10.500 Geschäftsausgaben Dienstreisen 5.000 500 Ausgaben gesamt 260.230 Einnahmen gesamt 32.850 Zuschussbedarf 227.380 Drucksache 111/2014 Seite - 9 - * Der hier eingesetzte Zuschuss des Landes wird für die mobile Jugendarbeit im Lahrer Westen gewährt. In den vergangenen Jahren hat die Stadt Lahr stets noch zusätzliche Landesmittel für Integrationsmaßnahmen für jugendliche Spätaussiedler bekommen, die die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinwesenarbeit im Bereich Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit erhöhten und teilweise den Zuschussbedarf reduzierten. Diese Mittelzuweisungen sind in den obigen Haushaltsansätzen nicht berücksichtigt. ** Im Zuge des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ (neuer Förderantrag: Herbst 2014) sind überdies weitere finanzielle Förderungsmöglichkeiten investiver und nicht-investiver Weise gegeben. Guido Schöneboom Erster Bürgermeister Günter Evermann Amtsleiter