Beschlussvorlage (EU-Förderprojekt ERFLS - European Rail Freight Line System)
27. Juli 2015
Beschlussvorlage Amt: OB Büro Datum: 29.06.2015 Az.: Drucksache Nr.: 198/2015 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Haupt- und Personalausschuss 13.07.2015 vorberatend nichtöffentlich Gemeinderat 27.07.2015 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: EU-Förderprojekt ERFLS - European Rail Freight Line System Beschlussvorschlag: 1. Die Stadt Lahr nimmt am EU-Förderprojekt ERFLS –European Rail Freight Line System teil. Die Verwaltung wird ermächtigt, als Projektpartner dem Projekt ERFLS beizutreten, sobald die Fördergenehmigung der EUKommission vorliegt. 2. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen bei der Stadt Lahr werden nach Aufnahme in das Förderprogramm geschaffen. 3. Der Vertreter der Stadt Lahr wird ermächtigt, in der Gesellschafterversammlung des Zweckverbands IGP, der Subpartnerschaft der IGZ GmbH zuzustimmen. BERATUNGSERGEBNIS Einstimmig Sitzungstag: lt. Beschlussvorschlag mit Stimmenmehrheit Bearbeitungsvermerk abweichender Beschluss (s. Anlage) Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 198/2015 Seite - 2 - Begründung: 1. Ausgangspunkt Code 24 Die erfolgreiche Teilnahme der Stadt Lahr an dem EU geförderten Interreg IV-NWE-Projekt „Code 24“ hat der Stadt Lahr viele Vorteile gebracht und Perspektiven eröffnet: - Im Rahmen des Projekts und mit Fördermitteln ko-finanziert wurde das Beratungsunternehmen Ernst Basler +Partner mit der Durchführung der Machbarkeitsstudie zur Untersuchung des Potentials für ein multimodales Güterverkehrsterminal für kombinierte Verkehre im LogistikLeistungszentrum Lahr beauftragt. Die finalisierte Studie, die zum Ergebnis kommt, dass die Realisierung eines sowohl wirtschaftlich als auch technisch effizienten intermodalen GVT westlich des Lahrer Flughafenareals möglich ist und für die Stadt und die Region hohe Mehrwerte schafft, wurde dem Gemeinderat im November 2014 vorgestellt. - Durch die enge Zusammenarbeit der Stadt Lahr mit den Projektpartnern auf europäischer Ebene entlang des Rhein-Alpen Korridors konnte das Lahrer Infrastrukturprojekt „Güterverkehrsterminal Lahr“ auf europäischer Ebene positioniert und ein wichtiges Unterstützernetzwerk für das GVT aufgebaut werden. - Know-how über Voraussetzungen und Anforderungen zur Weiterentwicklung strategischer Infrastruktureinrichtungen der Logistik, vor allem im Bereich Schienengüterverkehre konnte angeeignet und wertvolle Kontakte geknüpft werden. 2. Netzwerk Rhein-Alpen-Korridor Da die Entwicklung dieses zentralen europäischen Korridors eine dauerhafte Aufgabe darstellt und die erfolgreiche Arbeit nach Abschluss des befristeten Förderprojekts fortgesetzt werden soll, wurden innerhalb des Projektzeitraums bereits Vorbereitungen getroffen, um die weitere Kooperation auf ein solides Fundament zu stellen. Hierfür gründeten die Partner am 24. April 2015 den ersten Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) mit Sitz in Deutschland. Neben der Stadt Lahr sind noch weitere 12 Partner vertreten. Der Gemeinderat der Stadt Lahr hatte am 28. April 2014 den Beitritt zum EVTZ „Rhein-AlpenKorridor“ beschlossen. 3. European Rail Freight Line System als Ergänzung zum EVTZ Rhein-Alpen-Korridor Schon in der Vorbereitung zur Abschlusskonferenz von Code 24 im November 2014 in Mannheim wurden die IGZ GmbH und die Stadt Lahr von Code 24-Projektpartnern angefragt, an dem Projekt "European Rail Freight Line System" teilzunehmen. Die Initiative zu dem Projekt geht von der niederländischen Provinz Gelderland aus. Zur Realisierung des Projektes wurde ein Antrag auf Aufnahme in das Förderprogramm „Connecting Europe Facility - CEF“ der Europäischen Kommission gestellt. Mit dem CEF unterstützt die Europäische Union Vorhaben zum Ausbau der Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsnetze in der EU. Das Gesamtbudget für den Programmzeitraum 2014 bis 2017 beläuft sich auf 33,2 Milliarden Euro. Davon entfallen auf den Bereich Verkehr/Transport insgesamt 26,25 Mrd. Euro. Für den abgelaufenen Zeitraum standen für diesen Bereich lediglich 8 Mrd. Euro zur Verfügung. Der Rhein- Alpen Korridor, der die Häfen Rotterdam und Antwerpen mit dem Hafen Genua in Italien verbindet, ist der verkehrsreichte der insgesamt 9 Korridore des transeuropäischen Verkehrsnetzes. Von den neun Korridoren berühren Deutschland 6 Korridore, den Oberrheingraben insgesamt 4 (Rhein-Alpen, Rhein-Donau, Nordsee-Mittelmeer, Atlantik). Drucksache 198/2015 Seite - 3 - Eines der Hauptziele der europäischen Politik das europäische Schienennetz für diese bedeutende Wirtschaftsregion betreffend ist es, gute Bedingungen für den Schienengüterverkehr zu schaffen und bestehende Engpässe zu beseitigen. Dadurch soll erreicht werden, dass der Gütertransport auf der Schiene verlässlicher und attraktiver im Vergleich zum Transport auf der Straße wird. Das Projekt ERFLS könnte dazu beitragen, dies zu erreichen. Derzeit gibt es drei Hemmnisse, die, indem sie den Güterverkehr auf die Straße drängen, die Ausschöpfung des gesamten Potentials des Korridors verhindern. Diese drei Hemmnisse, die auch in dem Rhein-Alpen Korridor Arbeitsprogramm 2014-2020 der europäischen Koordinatorin Ana Palacio als vorrangig zu behandelnde bottlenecks (Engpässe) definiert sind, sehen wie folgt aus: 1. Sogenannte „Letzte-Meile-Verbindungen“ müssen verbessert werden, da fehlende frei zugängliche, intermodale Verbindungen von Bahnterminals, insbesondere zu Binnenwasserstraßen und zu schnellen und für den Güterverkehr geeigneten Straßenverbindungen derzeit den Zugang zum Schienengütertransport einschränken. 2. Mangel an effizienten und voll betriebsfähigen Schiene-Straße Terminals, da es sich bei den bestehenden Terminals meist um Kopfbahnhöfe/Endstationen handelt und für die Abwicklung von internationalen Gütertransporten auf der Schiene zeitaufwendige und teure Rangierdienste erforderlich sind. Hierfür werden dringend sogenannte „smart terminals“ benötigt, um die Leistungsfähigkeit der Terminals zu erhöhen und den Mangel an angemessener Terminalinfrastruktur zu beseitigen. 3. Der Rhein-Alpen Korridor ist durch ein Fehlen von betriebsfähigen Telematiksystemen (Mittel der Informationsverknüpfung durch Vernetzung von Telekommunikation, Navigation, Ortung und Informatik), die Liniengüterverkehre auf der Schiene mit planmäßigen Zeitintervallen möglich machen würden, gekennzeichnet. 4. ERFLS als Lösungsbaustein Mit dem Projekt „European Rail Freight Line System (ERFLS)“ wird ein innovativer Weg aufgezeigt, wie der Schienengütertransport entlang des Korridors abgewickelt werden könnte und die Ziele der Europäischen Kommission erreicht werden können. Das System wurde bereits in dem „Rhine-Alpine Study Report“ der Europäischen Kommission (aus Dez. 2014) aufgeführt. Darin wird ihm ein großer möglicher Nutzen für Europa bescheinigt. Konkret kann der erste Schritt des ERFLS Projektes die Untersuchung für den Aufbau eines innovativen europäischen Liniengüterverkehrs für kombinierten Verkehr auf dem Schienennetz entlang des Rhein-Alpen Korridors sein. Hierfür sollen sowohl bestehende als auch in Planung befindliche Güterverkehrsterminals untersucht werden und erforderliche Maßnahmen für die Verbindung zu einem Linienzugsystem ermittelt werden. Ziel ist es, bei diesem auf den Korridor 24 aufsetzenden Folgeprojekt, die Zugänglichkeit zum Schienenverkehr und die Effizienz des Güterverkehrs zu erhöhen. Ähnlich einem Zeittakt im Personenverkehr bedarf es eines schnellen Be- und Entladevorganges. Dies soll durch sog. "Smart-Hubs" (kleine bis mittelgroße Terminals)ermöglicht werden. Beim herkömmlichen Schienengütertransport werden Güter, aus betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten meist nur dann von Punkt A nach B transportiert, wenn eine volle Zugladung vorliegt. Um das System effizienter zu machen und den Verladern den Zugang zum Güterverkehr auf der Schiene zu erleichtern, wurden in den vergangenen Jahren Shuttle-Züge eingeführt. Diese fahren in festen Intervallen und zu bestimmten Zeiten und man kann eine gewünschte Ladekapazität erwerben. Drucksache 198/2015 Seite - 4 - Aus betriebswirtschaftlichen Gründen existieren solche Shuttle-Verbindungen meist nur zwischen den größten Terminals (Mega-Hubs) in Europa, der Zugang ist demnach nicht für alle Regionen entlang des Korridors gewährleistet. Durch die Vorgehensweise beim ERFLS Projekt soll dies verbessert werden. Der Zug soll die Ladung nicht mehr nur von A nach B bringen, sondern dazwischen mehrere „SmartHubs“ ansteuern. Einer dieser „Smart-Hubs“ könnte das neue und funktional optimale GVT Lahr sein. Dadurch erhalten weitere Regionen Zugang zum Schienengüterverkehr. Das Konzept für solche Terminals sieht eine kurze Aufenthaltsdauer zur Be- und Entladung der Züge vor, indem zeitaufwendige Rangiermanöver wegfallen. Derzeit liegt diese Zeit bei 4-5 Stunden und soll durch SmartHubs auf 1-1,5 Stunden reduziert werden. So können ohne große Zeitverluste mehrere Stationen angefahren und Güter verladen werden. Daneben wird im Projekt die Infrastruktur allgemein sowie der Aufbau von geeigneten Telematiksystemen wissenschaftlich untersucht. Durch ERFLS können die bestehenden Engpässe bezüglich der sog. „Letzte-Meile-Verbindung“ sowie der fehlenden Smart-Hubs und Telematiksysteme beseitigt und der Zugang und die Attraktivität des Schienengüterverkehrs deutlich verbessert werden. ERFLS ist gerade für den Standort Lahr eine perfekte Ergänzung für die weiteren GVT-Planungen, da es präzise auf den Erkenntnissen aufsetzt, die Lahr aus den Studien innerhalb des Code 24 Projektes gewonnen hat und die nun zu nutzen sind. Es ist außerdem im Interesse von Lahr, dass Verkehrsrelationen, Wirkungen in die Raumschaft und Infrastrukturbedingungen der Ortenau untersucht werden, die für die Entwicklung eines Güterverkehrsterminals Lahr in einem damit verbundenen Raumordnungsverfahren zu untersuchen und zu berücksichtigen wären. 5. Aufgaben für Lahr innerhalb des EFRLS Projektes Innerhalb des Projektes wird Lahr die Terminalthematiken koordinieren. Hauptziel wird dabei sein, Maßnahmen zu benennen und einheitliche Anforderungen/Standards zu definieren, damit Smart-Hubs ein effizienter Teil einer Güterverkehrsperlenkette sein können. Aufgaben: 1. Definition von Maßnahmen für die Umwandlung eines bestehenden Terminals in ein effizientes Smart-Hub: infrastrukturell/ betrieblich Infrastrukturmaßnahmen, die es einem Terminal ermöglichen, ein Smart-Hub zu sein Zusätzliche betriebliche Maßnahmen, die es einem Terminal ermöglichen, als Smart-Hub zu funktionieren 2. Infrastrukturplanungen für Terminals mit vorläufigen Kostenschätzungen Konkretisierung von Infrastrukturmaßnahmen Vorläufige Kostenschätzungen 3. Vorbereitung von Investitionsplänen für die Smart-Hubs Diese Aufgaben sind wichtig für die physischen/technischen Anpassungen der Terminals, die in Smart Hubs umgewandelt werden sollen. 6. Vorteile für Lahr durch ERFLS Im Ergebnis kann die Stadt Lahr durch Teilnahme an dem Förderprojekt ERFLS folgende Vorteile erwarten: Drucksache 198/2015 - - Seite - 5 - Erkenntnisse über Voraussetzungen und Anforderungen von sog. Smart-Hubs im Schienengüterverkehrsnetz Erkenntnisse über Möglichkeiten, ein GVT Lahr in ein Liniennetz europäischer Güterverkehrsströme im Wirtschaftsraum Rhein-Alpen von Rotterdam bis Genua einzubinden Erkenntnisse über die ortsspezifische Faktenlage gewinnen, mit deren Hilfe das Interesse bei möglichen Partnern und Investoren für die weitere Planung und Entwicklung des GVT Lahr geweckt (gesteigert) werden kann Generelle, überregionale Aufmerksamkeit für den Logistikstandort Lahr Aufrechterhaltung und Stärkung des Arguments "GVT Lahr" für die Autobahntrasse der Bahn – auch nach einem Grundsatzbeschluss des Bundestags Auf Bundesebene ist ein nächstes wichtiges Ziel, dass das GVT Lahr in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird 7. Projektorganisation Nach Abstimmung im Ältestenrat im Februar 2015 hat Oberbürgermeister Dr. Müller einen Antrag zur Teilnahme am EU-Förderprogramm CEF (Connecting Europe Facility) an das von der Provinz Gelderland beauftragte Projektbüro weitergeleitet. Derzeit wird der Förderantrag von der EUKommission geprüft. Mit einer Entscheidung kann noch vor der Sommerpause gerechnet werden. Mit der Antragstellung bei der EU-Kommission war noch keine verbindliche Entscheidung verbunden. Die endgültige Festlegung über eine Projektpartnerschaft am Projekt ERFLS ist gegenüber den Projektpartnern unmittelbar nach dem Förderbescheid zu treffen. Die Federführung für das Projekt liegt bei der Provinz Gelderland. Folgende fünf Partner haben den Antrag an die EU-Kommission unterzeichnet: Provinz Gelderland, Niederlande Stadt Lahr, Deutschland Uniontrasporti, Italien SiTI, Italien Universität Duisburg Essen, Deutschland Weitere Regionen und Interessengruppen entlang des Rhein-Alpen Korridors haben ihre volle Unterstützung zugesagt. 8. Haushaltsmittel Das Projektvolumen ist mit insgesamt € 1,25 Mio. Euro angegeben. Auf jeden Projektpartner entfällt ein Anteil von € 250.000, die zu 50% durch das Förderprogramm CEF (Connecting Europe Facility) gegenfinanziert werden. Die Höhe der erforderlichen Eigenmittel liegt somit bei € 125.000, die wiederum bis zu 100% auch in Personalleistungen erbracht werden können. Es ist geplant, dass die IGZ GmbH wie bei Code 24 eine Sub-Partnerschaft zur Stadt Lahr in diesem Projekt eingeht und im Gegenzug zu den eingebrachten Personalleistungen die Mitnutzungsrechte an den Untersuchungsergebnissen erhält. Die Laufzeit des Projekts erstreckt sich auf den Zeitraum 2015 bis 2017. Im Haushalt 2015 stehen für das Projekt keine Haushaltsmittel zur Verfügung. Nach einer ersten Einschätzung wird für das Jahr 2015 mit projektbezogenen Ausgaben in Höhe von 50.000 Euro gerechnet, die dann noch per gesondertem Gremiumsbeschluss außerplanmäßig bereit zu stellen sind. In den Haushaltsplänen 2016 und 2017 sind Mittel in Höhe von jeweils 100.000 Euro einzuplanen. Dr. Wolfgang G. Müller Tilman Petters