Informationsvorlage (Bürgerbeteiligung an kommunalpolitischen Prozessen in der Stadt Lahr)
Sitzung: Gemeinderat (2. Sitzung)
20. Februar 2017
20. Februar 2017
Information Amt: EBM Bohn Datum: 05.01.2017 Az.: 021.2 Drucksache Nummer: 1/2017 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Haupt- und Personalausschuss 06.02.2017 nichtöffentlich Gemeinderat 20.02.2017 öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen 101 Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Bürgerbeteiligung an kommunalpolitischen Prozessen in der Stadt Lahr Mitteilung: Gemeinsam für Lahr – Informationen zur Umsetzung des Leitfadens zur Bürgerbeteiligung in kommunalpolitischen Prozessen Anlage(n): Übersicht zu Transparenz-, Informations- und Beteiligungsmaßnahmen BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 1/2017 Seite - 2 - Begründung: Am 17. Dezember 2012 beschloss der Gemeinderat mit Drucksache 125/2012 die folgenden vier Leitlinien für mehr Bürgerbeteiligung: 1. Verwaltung und Gemeinderat stimmen darin überein, die Zusammenarbeit von Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerschaft weiter zu intensivieren. 2. Transparenz, Austausch und Trialog bilden die Ausgangspunkte für ein gemeinsames Mitwirken; ein wesentlicher Ansatz soll die Verbesserung der informellen Bürgerbeteiligung sein. 3. Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, dass ihre Hinweise, Meinungen oder Kritiken Gehör finden. Dies soll zum Normalbestandteil von Entscheidungsfindungen werden. 4. Verwaltung und Gemeinderat ermöglichen den Einsatz verschiedener Beteiligungsinstrumente. Die Verwaltung moderiert die jeweiligen Beteiligungsprozesse und berichtet gemeinsam mit dem Gemeinderat regelmäßig gegenüber der Bürgerschaft. Die Durchführung und Ergebnisse des in dieser Drucksache ebenfalls beschlossenen Bürgerpanels waren mit ein Ausgangspunkt für die in den zurückliegenden Jahren vielfach ausgelösten Initiativen. Die Befragungsrunden haben die Sensibilität und das Bewusstsein für das Thema Bürgerbeteiligung in Rat, Bevölkerung und Verwaltung geweckt beziehungsweise gesteigert. Auf diesen Erfahrungen und Ergebnissen aufbauend konnten vielfältige Beteiligungsprozesse erfolgreich initiiert werden. Eine eindrucksvolle Zwischenbilanz dazu bietet die Tabelle im Anhang. Die in den letzten vier Jahren durchgeführten annähernd 100 dezernatsübergreifenden Veranstaltungen machen deutlich, dass Transparenz, Beteiligung und Informationsaustausch mit den Bürgerinnen und Bürgern ein fester Bestandteil des Arbeitens der Verwaltung sind. Die einzelnen Teilhabemöglichkeiten der Bürger finden in der Regel nicht punktuell, sondern eingebettet in einen Gesamtrahmen und mit anderen Projekten vernetzt statt. Mitwirkungsformate wie „Schutzengel“, „Viel-Stimmig!“ oder die vielfältigen Veranstaltungen mit Bezug zur Landesgartenschau zeigen den kontinuierlichen Dialog von Stadtverwaltung und Bürgerschaft. Zentrale Informationen werden vermittelt und Hinweise und Kritikpunkte von den Bürgerinnen und Bürgern aufgegriffen. Exemplarisch spiegelt sich die Dynamik und Vielfalt der Bürgerbeteiligung an der Landesgartenschau wider. So entstanden aus den ersten allgemeinen Informationsveranstaltungen eigenständige Interessenslagen, die nun von verschiedenen, meist auf Ehrenamt basierenden Initiativen, vorangetrieben werden. Hierzu gehören die Initiative „Jugendcafé“ des Jugendgemeinderates, das Projekt „Interkultureller Garten“ unter der Federführung des Interkulturellen Beirats oder der Arbeitskreis für den archäobotanischen Garten und das römische Streifenhaus, welcher Teil des Freundeskreises LGS ist. Im Folgenden werden einige sehr gelungene Beispiele für den umfassenden Trialog aus der umfangreichen Liste gezielt hervorgehoben: Bildungslandschaft Lahr Bei einer Veranstaltung im Juni 2012 haben über 100 Teilnehmende in verschiedenen Arbeitsgruppen mögliche Zukunftsvisionen für die Lahrer Bildungslandschaft entworfen. Nach einer Vorstellung der Ergebnisse im Gemeinderat entstand hieraus die Projektgruppe „Bildungslandschaft Lahr“, die den Gesamtprozess weiterführt. Ebenfalls wurde ein Leitbild formuliert, welches der Gemeinderat als verbindliche Grundlage für die Bildungslandschaft Lahr verabschiedet hat. Im April dieses Jahres konnte die Koordinierungsstelle für die vielfältigen Bildungsangebote im Raum Lahr aufgrund der Bemühungen der Projektgruppe besetzt werden. In den kommenden Monaten und Jahren ist es vordringliche Drucksache 1/2017 Seite - 3 - Aufgabe, das beschlossene Leitbild weiter durch konkrete Maßnahmen in den einzelnen Bereichen umzusetzen. Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen Auf Initiative des Vereins für Körper- und Mehrfachbehinderte wurde in Lahr im September 2011 ein Arbeitskreis für die Belange von Menschen mit Behinderungen eingerichtet, der als Interessenvertretung im Sinne des Gleichstellungsgesetztes fungierte. Als Weiterentwicklung daraus hat der Gemeinderat im Juli 2014 schließlich den „Beirat für Belange von Menschen mit Behinderung“ als beratendes Gremium der Stadt Lahr neben dem bestehenden Jugendgemeinderat, dem Stadtseniorenbeirat und dem Interkulturellen Beirat ins Leben gerufen. In regelmäßigen Treffen tragen die engagierten, sachkundigen Bürgerinnen und Bürger dazu bei, auf eine „barrierefreie“ Kommune hinzuarbeiten, in der Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt in allen Bereichen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Handlungskonzept Lahr 2025 Im Januar 2015 diskutierten etwa 140 Teilnehmende im Rahmen einer Zukunftskonferenz die demographische Entwicklung Lahrs und durch sie erforderliche Maßnahmen. Die dort erarbeiteten Themen führten zur Erstellung des „Handlungskonzeptes Lahr 2025“, das der Gemeinderat im Oktober 2015 beschloss und das bereits in zahlreichen Maßnahmen Anwendung findet. Für die nächsten Jahre sind die dort genannten Vorhaben wie beispielsweise eine Kennzeichnung barrierefreier Gebäude in der Planung. Repair-Café In Kooperation von BUND Lahr, der Volkshochschule, dem Stadtseniorenbeirat, der Stabsstelle Umwelt und dem Bürgerzentrum Treffpunkt Stadtmühle der Stadt Lahr konnte im Juni 2016 das Lahrer „Repair Café“ ins Leben gerufen werden. Bei diesem wird in der Stadtmühle nicht nur die Selbsthilfe und Nachhaltigkeit gefördert, sondern auch wichtiges Fachwissen aus der Bürgerschaft genutzt und weitergegeben. Mehrgenerationenhaus Lahr Mit dem „Bürgerzentrum Treffpunkt Stadtmühle“ und dem „Begegnungshaus am Urteilsplatz“ verfügt das Lahrer Mehrgenerationenhaus über zwei Standorte, die sich gemeinsam in den vergangenen Jahren zunehmend zu einer zentralen Vernetzungs- und Anlaufstelle für bürgerschaftliches Engagement in Lahr entwickelt haben. Insgesamt engagieren sich rund 180 Bürgerinnen und Bürgern zum Teil täglich in ehrenamtlichen Projekten, wobei sie von hauptamtlichen Fachkräften unterstützt werden. Eine Vielzahl von Angeboten des Mehrgenerationenhauses basieren auf den Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern, die bei der Realisierung ihrer Ideen von den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt werden. Entwicklung von lebendigen Zentren in den Lahrer Stadtteilen Auch in den Lahrer Stadtteilen werden Beteiligungsprozesse angestoßen und von der Stadtverwaltung begleitet, so z.B. im Rahmen der Ideenwerkstatt in Kuhbach im Februar 2015 unter dem Motto „Ortsmitte Kuhbach – lebendig, bürger- und familienfreundlich" bei der wichtige Impulse der Bürgerschaft für die Weiterentwicklung des Stadtteils und seiner Infrastruktur gesammelt wurden. Ein weiteres Beispiel ist der „DORV-Prozess“ in Hugsweier, bei dem sich die Hugsweierer Bürgerschaft und der Ortschaftsrat seit 2015 sehr engagiert damit auseinandersetzen, wie das Wohnen und Leben in Hugsweier attraktiv, lebendig und zukunftsfähig gestaltet werden kann. Drucksache 1/2017 Seite - 4 - Mit der Bildung eines DORV-Aktionsteams, verschiedenen Bürgerinfoveranstaltungen und mittels einer Fragebogenaktion werden die Bedarfe vor Ort ermittelt und im Hinblick auf die Schaffung von geeigneten Angeboten bearbeitet. Die Vielzahl an gelungenen Bürgerbeteiligungsprozessen in den letzten Jahren und die überwiegend positiven Rückmeldungen aus der Bürgerschaft bestärken die Verwaltung darin, dass der gemeinsam mit dem Gemeinderat eingeschlagene Weg zu aktiver Bürgermitwirkung und Transparenz richtig ist und auch weiterhin verfolgt werden muss. Da Bürgerbeteiligung ein permanenter Prozess ist, bleibt er steter Veränderung unterworfen. Gerade angesichts der aktuellen Diskussionen im Bau- und Planungsbereich sollen künftig neben den institutionalisierten Formen ergänzend neue Wege der Bürgerbeteiligung beschritten werden. Alle Ämter und Abteilungen der Stadtverwaltung sind daran beteiligt, die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt aktiv in die Entwicklung der Stadt Lahr einzubinden. Um den immer stärker wachsenden Aufgaben im Bereich der Bürgerbeteiligung/Mitwirkung und des bürgerschaftlichen Engagements auch zukünftig gerecht zu werden, bedarf es innerhalb der Stadtverwaltung eines/r zentralen Ansprechpartners/in. Der Gemeinderat hat angesichts der zurückliegenden Anstrengungen in den HH-Beratungen 2016 dem Vorschlag der Einrichtung einer Stelle mit einem Beschäftigungsumfang von 50 % im Amt für Soziales, Schulen, Sport konsequenterweise zugestimmt. Die Besetzung soll im ersten Halbjahr 2017 erfolgen. Ausblick: Eine noch weitergehende Maßnahme als die bisherigen Workshops, Diskussionsrunden und Informationsveranstaltungen befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase. Die Stadtverwaltung prüft, in welchem Umfang und Rahmen in Lahr ein Bürgerbudget nach dem Vorbild des „Eberswalder Stimmtalers“ umgesetzt werden kann. Bei diesem Projekt erhalten alle Bürgerinnen und Bürger sogenannte „Stimmtaler“ mit denen sie eine Förderung und Finanzierung von Initiativen und Vorhaben ermöglichen, die zuvor von der Bürgerschaft vorgeschlagen wurden. Auf diesem Weg können sie direkten Einfluss auf einen Teil des Stadtbudgets nehmen und erhalten tiefere Einblicke in kommunalpolitische Entscheidungsprozesse. Ein realistischer Start eines Probelaufes des „Lahrer Stadtguldens“ erscheint sowohl personell als auch finanziell im Anschluss an die Landesgartenschau 2018 möglich. Guido Schöneboom