Beschlussvorlage (Energetisch nachhaltiges Baulandmanagement für Wohnbauvorhaben)
19. März 2018
Beschlussvorlage Amt: Stabsstelle Umwelt, Kaiser Datum: 20.02.2018 Az.: Drucksache Nr.: 49/2018 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Technischer Ausschuss 07.03.2018 vorberatend öffentlich Gemeinderat 19.03.2018 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen 622 61 Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Energetisch nachhaltiges Baulandmanagement für Wohnbauvorhaben Beschlussvorschlag: 1. Bei dem Verkauf von Baugrundstücken aus dem alleinigen Besitzstand der Stadt Lahr für Wohnbauvorhaben wird der KfW-Energieeffizienzhaus 55-Standard (auf Grundlage der EnEV Stand 2016) oder besser verpflichtend festgesetzt. Diese Verpflichtung gilt, bis gesetzlich höherwertige Energieeffizienzstandards in Kraft treten. 2. Die Regelung unter 1 soll auch für städtebauliche Verträge für Wohnbauvorhaben gelten. BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 49/2018 Seite - 2 - Begründung: Aus der Sitzung des Umweltausschusses am 25. Januar 2018 gab es den Auftrag an die Stadtverwaltung, energetische Vorgaben als Grundlage für den Verkauf städtischer Grundstücke zu entwickeln. Im Energie und Klima – Arbeitsprogramm 2018-2022 (301/2017) gibt es überdies die Aufgabe 1.3.2: Erarbeitung und Einführung von Festsetzungen zu Energiestandards (z.B. KfW40) bei Verkauf oder Verpachtung städtischer Grundstücke und bei städtebaulichen Verträgen mit Bauträgern und Investoren. Diese Vorlage betrachtet beide Punkte und schlägt ein einheitliches Vorgehen für alle städtischen Grundstücke, die im Alleinbesitz der Stadt Lahr sind, vor. Für Wohnbau-Interessenten gibt es auf der Gemarkung der Stadt Lahr die Möglichkeit Baugrundstücke von privater oder von städtischer Seite zu erwerben. Dabei ist die Zahl der Interessenten in den letzten Jahren wesentlich höher als das Angebot. Die Abgabe der städtischen Bauplätze ist eine freiwillige Leistung der Stadt Lahr, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Jede Person kann einen städtischen Wohnbauplatz erwerben. Liegen mehrere Bewerbungen für denselben Bauplatz vor, werden bei der Entscheidung für die Vergabe besondere Kriterien berücksichtigt. Dazu gehören insbesondere (ohne, dass die Reihenfolge einer Gewichtung entspricht): Kinderzahl, Behinderteneigenschaft, häusliche Verhältnisse (Pflege von Angehörigen), Wohnverhältnisse, Einkommensverhältnisse sowie eventuell bestehendes Eigentum an Gebäuden, Wohnungen oder Bauland, Anzahl der entstehenden Wohnungen. Die Vergabe von Baugrundstücken erfolgt unter Abwägung der Interessen der Gesamtstadt Lahr letztlich durch den Gemeinderat. Neben den vorgenannten Kriterien kann die Stadt Lahr auch weitere Vorgaben festlegen, wie z.B. die Einführung einer Sozialwohnungsquote beim Wohnungsneubau (107/2017). Mit der Aufnahme von klimarelevanten Vorgaben kann die Vergabe der städtischen Grundstücke so gesteuert werden, dass damit auch die energie- und klimapolitischen Ziele der Stadt Lahr und die Ziele der Bundesregierung (nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050) positiv unterstützt werden. Zwar sind vor allem die schon bestehenden Gebäude – mit den damals gültigen, aber inzwischen längst überholten Energiestandards – relevant für die Energie und CO2-Bilanz der Stadt Lahr, aber auch die demnächst geplanten und gebauten Gebäude wirken sich lange in der Zukunft aus. In Lahr entfällt rund ein Drittel des Endenergieverbrauchs auf die privaten Haushalte. Die privaten Haushalte verbrauchen diese Energie wiederum zu mehr als zwei Drittel für Raumwärme und Warmwasser. Bei Neubauten lässt sich durch einen relativ geringen planerischen, technischen und finanziellen Mehraufwand ein sehr guter Energieeffizienz-Standard erreichen. Damit können der Energieverbrauch und die damit zusammenhängenden Emissionen für die nächsten Jahrzehnte relativ einfach begrenzt und es kann ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Und damit können auch die Lebenszykluskosten des Gebäudes, die im Wesentlichen in der Nutzungsphase über die Energiekosten anfallen, für die Bewohnenden deutlich verringert werden. Die Stadt Lahr kann unterschiedlichste Vorgaben festlegen. Je vielfältiger und kleinteiliger die Vorgaben werden, desto größer wird aber auch der spätere Kontrollaufwand. Die Stadtverwaltung zieht es daher vor, sich an dem etablierten System der KfW-Effizienzhaus-Kriterien zu orientieren. Für die Wohnbau-Interessenten hat dies den Vorteil, dass diese Standards eindeutig definiert sind und sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen Berechnungs- und Nachweismethoden der Energieeinsparverordnung (EnEV) beziehen. Diese Bezugnahme ist auch für den Wohnbau-Interessenten sinnvoll, weil sich diese beim Effizienzhausbau durch zinsgünstige Darlehen der KfW-Förderbank unterstützen lassen können. Drucksache 49/2018 Seite - 3 - Der energetische Standard eines KfW-Effizienzhauses wird durch bauliche und anlagentechnische Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz sowie der Einbindung erneuerbarer Energie erreicht. Für ein KfW-Effizienzhaus gibt es verschiedene Stufen, angegeben durch Kennzahlen. Je kleiner die Kennzahl, desto geringer der Energiebedarf und desto höher die finanzielle Förderung. Entscheidend für die Einordnung ist die energetische Qualität der Immobilie. Sie wird mit den Referenzgrößen Primärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust gemessen. Der Primärenergiebedarf bezeichnet die Energiemenge die für Heizen, Lüften und Warmwasserbereitung notwendig ist. Der Transmissionswärmeverlust bezeichnet die Energiemenge, die das beheizte Haus nach außen verliert. Für beide Größen definiert die Energieeinsparverordnung Höchstwerte, die ein Referenzgebäude einhalten muss. Ein KfW-Effizienzhaus 55 benötigt 55 % der Energie des Referenzgebäudes, ein KfW-Effizienzhaus 40 sogar nur 40 %. Für den Standard KfW-Effizienzhaus 40 Plus werden weitere Geräte und Anlagen, etwa zur Stromerzeugung und Lüftung benötigt. Die Musterberechnungen der Investitionskosten durch die KfW-Förderbank (Einfamilienhaus, 235 qm Nutzfläche, beheizter Keller, Gas-Brennwert-Kessel) ergeben bei einem KfW-Effizienzhaus 55 gegenüber einem normalen EnEV-Neubau einmalige Mehr-Baukosten von 11 Prozent und jährliche Minder-Verbrauchskosten von 30 Prozent. Die statische Amortisationszeit des KfWEffizienzhauses 55 beträgt mit eingerechneter KfW-Förderung zehn Jahre. Eine ähnliche Musterberechnung für das KfW-Effizienzhaus 40 liegt nicht vor. Es ist aber wahrscheinlich, dass gegenüber dem KfW-Effizienzhaus 55 die einmaligen Mehr-Baukosten etwas höher, aber auch die jährlichen Minder-Verbrauchskosten größer sind. Nach aktuellen Informationen wird deutschlandweit mehr als die Hälfte des WohngebäudeNeubauvolumens durch die KfW-Förderbank als Effizienzhaus gefördert. Das KfW-Effizienzhaus 55 ist dabei der mit Abstand am häufigsten in Anspruch genommenen Förderstandard. Unter der Abwägung der Belange der Wohnbau-Interessenten und der Ziele der Stadt Lahr empfiehlt die Stadtverwaltung, dass für Wohnbau-Interessenten als Grundlage für den Erwerb von städtischen Grundstücken verpflichtend festgelegt wird, darauf ein KfW-Effizienzhaus 55 oder besser zu errichten. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass es auch mit den energetischen Vorgaben weiterhin viele Interessenten für die städtischen Baugrundstücke gibt und damit kein Vermarktungsproblem auftreten wird. Es kann aber unter Umständen sein, dass in Baugebieten vorzugsweise die nichtstädtischen Grundstücke gekauft werden und erst dann die städtischen Grundstücke. Es kann außerdem sein, dass bestimmte Käufergruppen mit knappen finanziellen Mitteln trotz der KfWFördermittel Schwierigkeiten haben die anfänglichen Mehr-Baukosten aufzubringen. Damit könnten Käufergruppen, die finanziell besser aufgestellt sind, gegenüber weniger gut ausgestatteten Kaufinteressenten, in eine bessere Kaufposition für städtische Grundstücke gelangen. Durch eine zu massive Kostensteigerung würde kostengünstiger Wohnraum verteuert. Mit der Festlegung energetischer Vorgaben durch diesen Beschluss sind die WohnbauInteressenten zur unbedingten Berücksichtigung und Umsetzung der Vorgaben verpflichtet. Die eigentliche Vergabe der Grundstücke erfolgt weiterhin über die oben genannten besonderen Kriterien. Erhält ein Wohnbau-Interessent ein städtisches Grundstück, dann werden die energetischen Vorgaben in dem Kauf-, Pacht- oder Erbbauvertrag aufgenommen, diese Vorgaben gelten auch bei eventuellen Weiterveräußerungen. Mit der Bauabnahme werden diese Vorgaben geprüft (z.B. Drucksache 49/2018 Seite - 4 - durch Unterlagen der KfW, Energieausweis), werden die Vorgaben nicht eingehalten und können Sie auch nicht nachträglich erfüllt werden, dann ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 Euro je Quadratmeter Grundstücksfläche an die Stadt Lahr nachzuentrichten. Die energetischen Vorgaben sollen grundsätzlich auch bei städtebaulichen Verträgen für Wohnbauvorhaben gelten. Der vorliegende Beschlussvorschlag zu den Energiestandards hat eine zeitliche Reichweite bis Ende 2020. Laut der Europäischen Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vom 19. Mai 2010 (2010/31/EU) müssen ab dem 1. Januar 2021 alle Gebäude den Niedrigstenergiegebäude-Standard erfüllen, der über die bisherigen Standards hinausgehen wird. Ab diesem Zeitpunkt werden generell für alle Bauvorhaben – egal ob auf privaten oder städtischen Grundstücken – höhere Energiestandards als in dieser Beschlussvorlage gelten. Tilman Petters Manfred Kaiser Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat in der öffentlichen Sitzung den Verhandlungstisch, in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1 – 5 Gemeindeordnung zu entnehmen.