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Beschlussvorlage (Satzung der Stadt Lahr/Schwarzwald über die Erhebung der Vergnügungssteuer auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros (Wettbürosteuersatzung))

                                    
                                        Beschlussvorlage
Amt: 202
Singler

Datum: 22.01.2018 Az.: 968.4

Drucksache Nr.: 24/2018

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Haupt- und Personalausschuss

14.05.2018

vorberatend

nichtöffentlich

Einstimmig

Gemeinderat

11.06.2018

beschließend

öffentlich

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

Haupt- und Personalamt
Abt. 10/101

Kämmerei

Rechts- und
Ordnungsamt

Betreff:

Satzung der Stadt Lahr/Schwarzwald über die Erhebung der Vergnügungssteuer auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und
Sportwetten in Wettbüros (Wettbürosteuersatzung)

Beschlussvorschlag:

Der Gemeinderat beschließt die als Anlage beigefügte Satzung der Stadt
Lahr/Schwarzwald über die Erhebung der Vergnügungssteuer auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros (Wettbürosteuersatzung).

Anlage(n):
2018-01-18 Wettbuerosteuersatzung

BERATUNGSERGEBNIS

Sitzungstag:

Bearbeitungsvermerk

 Einstimmig  lt. Beschlussvorschlag  abweichender Beschluss (s. Anlage)
 mit Stimmenmehrheit

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

Drucksache 24/2018

Seite - 2 -

Begründung:
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 14.10.2013 (Beschlussvorlage Nr.
163/2013) beschlossen, für das Vermitteln und/oder Veranstalten von Sport- oder
Pferdewetten in Einrichtungen (Wettbüros), die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen, künftig Vergnügungssteuer zu erheben. Gegen die hierzu geänderte Vergnügungssteuersatzung wurde
Normenkontrollklage vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH)
eingelegt. Der VGH hat am 28.01.2016 (Aktenzeichen 2 S 2067/14) entschieden,
dass die Satzung der Stadt Lahr wegen der Besteuerung von Wettbüros teilweise
unwirksam ist.
Der VGH führt in der Begründung dazu aus, dass den Gemeinden grundsätzlich das
in § 9 Abs. 4 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (KAG) und Art. 105 Abs.
2a Grundgesetz (GG) normierte Recht zur Regelung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern zustehe, solange und soweit diese nicht bundesgesetzlich geregelten
Steuern gleichartig seien. Die Kompetenz zum Erlass einer Aufwandsteuer im Sinne
von § 9 Abs. 4 KAG setze jedoch als unverzichtbares Merkmal das Bestehen eines
entgeltlichen Aufwands voraus, weil Anknüpfungspunkt einer solchen Steuer ein privater Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustands sei, für den finanzielle
Mittel verwendet werden. Die Wettbürosteuer knüpfe an eine Kombination von Wettvermittlung/-veranstaltung und dem Ermöglichen, die Wettereignisse mit zu verfolgen, an. Daher fehle es an einem mit einer kommunalen Aufwandsteuer im Sinne
von § 9 Abs. 4 KAG besteuerbaren entgeltlichen Aufwand. Insbesondere könne ein
solcher Aufwand hinsichtlich des Ermöglichens des Mitverfolgens der Wettereignisse
nicht im gewerblichen Aufwand des Wettbürobetreibers gesehen werden. Auf den
entgeltlichen Aufwand in Form des Wetteinsatzes oder eines sonstigen Entgelts z.B.
in Form von Eintrittsgeld könne hier nicht abgestellt werden. Denn die Steuer bemesse sich nach der Fläche des jeweiligen Wettbüros. Ein solcher Flächenmaßstab sei
nicht hinreichend realitätsnah und verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des
Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Gemeinderat hat daraufhin mit Beschluss vom 24.10.2016 die Vergnügungssteuersatzung geändert und u.a. die Regelungen zur Besteuerung von Wettbüros
aus der Satzung gestrichen.
Beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (NRW) lagen ebenfalls verschiedene Klagen gegen die Besteuerung von Wettbüros vor. Über diese hatte das OVG
NRW am 13.04.2016 entschieden.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei im entschiedenen Musterfall die
Erhebung der Vergnügungssteuer in Form der Wettbürosteuer verfassungsgemäß.
Entgegen einer anderslautenden Entscheidung des VGH Baden-Württemberg sei
unschädlich, dass die Wettkunden nicht unmittelbar für das Fernsehangebot ein bestimmtes Entgelt zahlten. Der Wettbürobetreiber finanziere mit der Provision, die
über die Wetteinsätze der Kunden finanziert werde, das Wettbüro, so dass letztlich
die Wetter das Wettbüro finanziell trügen. Unerheblich sei weiter, dass der steuerpflichtige Wettbürobetreiber an dem Geschäft zwischen dem Wetter und dem
Wettanbieter nicht beteiligt sei.
…

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Der für das Erheben einer örtlichen Aufwandsteuer - wie hier der Vergnügungssteuer
- erforderliche Aufwand liege auch in dieser Fallgestaltung vor. Die Wettbürosteuer
treffe den Konsumaufwand des Wettkunden für das Wetten in einem Wettbüro. Es
sei unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung auch unbedenklich, dass nur
Wetten in Wettbüros und nicht in Annahmestellen besteuert würden. Abgesehen davon, dass Wettbüros - ähnlich wie Spielhallen - häufig problematische Wirkungen
entfalteten, schüfen Wettbüros anders als reine Annahmestellen einen besonderen
Anreiz zum Wetten und erzielten dadurch einen höheren Umsatz.
Da nur geschätzt werden könne, wie viel Mehrumsatz Wettbüros im Vergleich zu Annahmestellen erzielten, sei auch die Anknüpfung des Steuermaßstabs an die Betriebsfläche des Wettbüros rechtmäßig. Auf den dort erzielten Wettumsatz könne
nicht abgestellt werden, weil die Besteuerung nur auf den Mehrumsatz abziele, der
durch die Gestaltung als Wettbüro erzielt werde. Im Übrigen könnten selbst die getätigten Wetteinsätze nur schwierig festgestellt werden.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) zugelassen. Das BVerwG hat zwar mit den Urteilen vom
29.06.2017, Aktenzeichen 9 C 7.16, 9 C 8.16 und 9 C 9.16, alle veröffentlicht am
25.10.2017, entschieden, dass die Satzungen in den vorliegenden Ausgestaltungen,
über die zu entscheiden waren, unzulässig sind, jedoch die Besteuerung grundsätzlich als zulässig eingestuft.
Das BVerwG kommt in den Urteilen konkret zu folgenden Ergebnissen:
Bei einer Steuer, die das Wetten in Einrichtungen besteuert, die neben der Annahme
von Wettscheinen (auch an Terminals oder Ähnliches) auch das Mitverfolgen der
Wettereignisse auf Monitoren ermöglicht (Wettbüros), handelt es sich um den Typus
einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Artikel 105 Abs. 2a GG.
Die Satzungen der beklagten Kommunen verstoßen nicht
-

-

gegen das Gleichartigkeitsverbot,
gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung,
gegen die Berufsfreiheit des Artikel 12 Abs. 1 GG,
gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG, auch unter
dem Gesichtspunkt der Nichtbesteuerung von Wettannahmestellen (ohne Mitverfolgungsmöglichkeit).
Die Steuer ist kalkulatorisch abwälzbar.

Zu einer gleichheitswidrigen Besteuerung im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 GG führt allerdings der gewählte Flächenmaßstab, da mit diesem Maßstab gravierende Abweichungen von dem wirklichen Vergnügungsaufwand der Wettkunden verbunden sind
und mit dem Wetteinsatz ein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung steht.
Die Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 Rennnwett- und Lotteriegesetz wird anhand
des Wetteinsatzes erhoben, so dass dieser Maßstab auch für die kommunale Steuer
praktikabel ist.

…

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Seite - 4 -

Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung vor, Vergnügungssteuer auf das
Vermitteln und/oder Veranstalten von Sport- und Pferdewetten in Einrichtungen
(Wettbüros), die neben der Annahme von Wettscheinen (auch an Terminals oder
Ähnliches) auch das Mitverfolgen der Wettereignisse auf Monitoren ermöglichen zu
erheben. Anstelle des Flächenmaßstabs, der auch Besteuerungsmaßstab der Lahrer
Wettbürosteuer aus dem Jahr 2013 war, ist der Wetteinsatz als Besteuerungsmaßstab zu wählen. Als Steuersatz wird 3 % der Wetteinsätze festgelegt.
Im September 2017 wurde beim Deutschen Städtetag zum Thema „Wettbürosteuer“
ein Erfahrungsaustausch von Mitgliedstädten mit einer Wettbürosteuersatzung
durchgeführt. Die Hauptgeschäftsstelle sprach sich in der Ergebniszusammenfassung der Veranstaltung unter anderem dafür aus, unter dem Aspekt der Rechtssicherheit und der Aufkommenssicherung zunächst einen Abgabensatz von bis zu 3 %
des Wetteinsatzes in entsprechenden Satzungen zugrunde zu legen. Die Auswertung von Provisionsabrechnungen sowie die Befragung eines Branchenkenners deuteten darauf hin, dass ein Abgabensatz von 3 % auf den Wetteinsatz -jedenfalls vorbehaltlich etwaiger Verhaltensanpassungen der Abgabenpflichtigen- bei den Städten
in etwa das bisherige Steueraufkommen aus der Wettbürosteuer sichern sollte.
Mit der vorliegenden Wettbürosteuersatzung wird der Aufwand des Wettenden für
das Wetten in einem Wettbüro besteuert, nicht der Gewinn des Wettbürobetreibers.
Die Vergnügungssteuer auf Wettbüros ist als indirekte Steuer ausgestaltet. Steuerschuldner ist der Betreiber des Wettbüros, Steuerträger und damit wirtschaftlich
durch die Steuer belastet ist der Wettende. Damit entspricht die Wettbürosteuer dem
herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer, nach dem die Steuer nicht direkt vom
Nutzer der Einrichtung oder Veranstaltung, hier dem Wettenden, erhoben wird, sondern beim Einrichtungsbetreiber oder Veranstalter, hier dem Wettbürobetreiber.
Mit der Vergnügungssteuer wird neben dem fiskalischen Zweck auch ein Lenkungszweck verfolgt. Der Lenkungszweck bei der Besteuerung von Wettbüros besteht darin, dass eine Zunahme solcher Einrichtungen verhindert werden soll. Solche Einrichtungen fördern die Spiel- und Wetttsucht mit all ihren negativen Begleiterscheinungen und wirken sich grundsätzlich eher negativ für das Stadtbild und die Stadtentwicklung aus.
Die Vergnügungssteuer auf Wettbüros dient damit einerseits der Erzielung von Einnahmen, andererseits soll mit ihr die Eindämmung der Zahl der Wettbüros im Stadtgebiet von Lahr erreicht und die beschriebenen Auswirkungen von Wettbüros vermieden werden.
Bei Einführung der Vergnügungssteuer auf Wettbüros im Jahr 2013 ging die Verwaltung von jährlichen Einnahmen in Höhe von 15.000 € aus. Das Steueraufkommen
lag zuletzt bei 15.600 € im Jahr. Kurz nach der Entscheidung des VGH BadenWürttemberg eröffnete ein weiteres Wettbüro in Lahr. Bei einem Steuersatz von 3 %
auf die Wetteinsätze ist daher ausgehend von mittlerweile drei Wettbüros im Gebiet
der Stadt Lahr von jährlichen Erträgen in Höhe von mehr als 20.000 € auszugehen.
Der zusätzliche Bearbeitungsaufwand für die Steuererhebung ist hingegen als gering
einzuschätzen. Es wird mit jährlichen Erhebungsaufwendungen in Höhe von lediglich
1.000 € gerechnet.
…

Drucksache 24/2018

Seite - 5 -

Im Zuge der Vorarbeiten für die Vorlage an den Gemeinderat wurde auch geprüft, ob
für den Fall der Einführung einer Vergnügungssteuer auf Wettbüros ein Normwiederholungsverbot greifen könnte. Normwiederholungsverbot bedeutet, dass bei gleicher
Sach- und Rechtslage der Erlass einer gleichen oder gleichartigen Satzung unzulässig wäre, wenn die Norm zuvor gerichtlich verworfen wurde. Zur Prüfung dieser
Rechtsfrage wurde ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses kommt
zum Schluss, dass zwar keine geänderte Rechts- und Sachlage vorliegt, jedoch nicht
der Erlass einer gleichen Satzung beabsichtigt ist. Diese ist auch nicht gleichartig. Es
wird als unwahrscheinlich erachtet, dass der VGH hierzu eine andere Auffassung
vertritt.
Die Verwaltung schlägt nach Abwägung aller Tatsachen vor, die als Anlage beigefügter Satzung der Stadt Lahr/Schwarzwald über die Erhebung der Vergnügungssteuer
auf das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Wettbüros
(Wettbürosteuersatzung) zu beschließen.

Dr. Wolfgang G. Müller
Oberbürgermeister

Jürgen Trampert
Stadtkämmerer