Beschlussvorlage (Standort und Nutzungskonzept für den historischen Zugwaggon)
Sitzung: Gemeinderat (8. Sitzung)
22. Juli 2019
22. Juli 2019
Beschlussvorlage Amt: 50 Töpfer Datum: 19.06.2019 Az.: Drucksache Nr.: 77/2019 1. Ergänzung Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Ausschuss für Soziales, Schulen und Sport 17.07.2019 vorberatend nichtöffentlich Gemeinderat 22.07.2019 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Standort und Nutzungskonzept für den historischen Zugwaggon Beschlussvorschlag: Der Umsetzung des Nutzungskonzeptes „Kulturwaggon“ in zentraler Lage in der Innenstadt wird zugestimmt. Anlage(n): Anlage 1_Roßplatz Variante 1 Anlage 2_Roßplatz Variante 2 Anlage 3_Beispielbilder Gestaltung LGS Anlage 4_Präsentation BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 77/2019 1. Ergänzung Seite - 2 - Sachdarstellung: I. Rückblick: Das Jugendcafé „Wildberry“ bei der Landesgartenschau Mit Eröffnung der LGS nahm auch das Jugendcafé „Wildberry“ seinen Betrieb auf. Als Räumlichkeit diente ein historischer Zugwaggon von der SWEG, welcher zum Café umgebaut wurde. Mit anfangs vier und ab Juni 2018 fünf Öffnungstagen entwickelte sich das Café zum Erfolgsprojekt. Unter Anleitung servierten 30 ehrenamtliche Jugendliche in wechselnden Schichten warme und kalte Getränke sowie Backwaren. Des Weiteren engagierten sich Jugendliche der GeorgWimmer-Schule. Das Café wurde zu einem bedeutenden Treffpunkt für junge Menschen und Generationen in Lahr. Im Gesamten waren an der Planung, dem Umbau sowie dem Betrieb ca. 100 Personen aus verschiedenen Institutionen beteiligt. In alle Vorgänge rund um das Café wurden junge Menschen eingebunden, die bedeutende Lern- und Erfahrungsprozesse (z.B. im handwerklichen, gastronomischen, sozialen Bereich) erleben durften. Nach dem Ende der LGS wurden der Waggon und das Zubehör (z.B. Terrasse) übergangsweise unter anderem bei der SWEG eingelagert. Bei den beteiligten Jugendlichen kristallisierte sich der Wunsch nach einer Fortführung des Betriebes im Zugwaggon heraus. Der Jugendgemeinderat hat sich in seiner Sitzung am 07.02.2019 für einen zentralen Standort des Waggons ausgesprochen. Die Café-Arbeit mit den Jugendlichen wird seit Dezember 2018 in einem Anschlussprojekt im Schlachthof übergangsweise fortgeführt bis der Waggon seinen endgültigen Standort gefunden hat, um das Engagement aufrecht zu erhalten und zu fördern. II. Nutzungskonzept für einen „Kulturwaggon“ in zentraler Lage Die kontinuierliche Begleitung eines Cafébetriebes von Seiten der städtischen Kinder- und Jugendarbeit ist aufgrund des hohen Betreuungsaufwandes nicht leistbar. Daher wurden innerhalb des Dezernates II Gespräche geführt, um eine gemischte Nutzung des Waggons anzudenken. Im Folgenden die konzeptionellen Überlegungen: Der „Kulturwaggon“ fungiert als öffentlichkeitswirksames Symbol der kulturellen Bildungsarbeit, der Jugend und als Ort der Begegnung. Es entsteht ein neuer Kreativ- und Kulturplatz in zentraler Lage, der auf verschiedene Art und Weise genutzt werden kann. Der Waggon bietet ca. 40 Plätze (abhängig von der Bestuhlung, denkbar wären z.B. Hocker oder einfache Klappstühle). Folgende Nutzungen sind unter anderem angedacht: - Lesungen und Vorträge - Haus- und Wohnungskonzerte - Plattform für künstlerische Projekte von Kulturschaffenden - kulturelle Veranstaltungen, z. B. Ortenauer Puppenparade - Präventionsveranstaltung, z.B. vom Projekt Schutzengel - Sektempfang von Gästen der Stadt - temporäre Anmietung für Events und Ausstellungen - Differenzierungsangebote von Kindertageseinrichtungen - Jugendprojekte, z.B. punktuelle Fortführung des Cafébetriebes - Ferienangebote - Projekte für Schulklassen - interkulturelle Angebote - Beratungsgespräche - ggfs. Anmietung durch Privatpersonen Die Überlegungen sind zwischen dem Ersten Bürgermeister und den Amtsleitungen des Dezernats II abgestimmt. Eine dauerhafte Nutzung des Waggons für die Bürgerinnen und Bürger Lahrs wird von allen befürwortet. Die Verwaltung des Waggons soll über die Musikschule erfolgen. Drucksache 77/2019 1. Ergänzung Seite - 3 - III. Standort Der Jugendgemeinderat hat sich mehrfach für einen zentralen Standort in der Innenstadt ausgesprochen, konkret wurde dabei beispielsweise der Rathausplatz oder Urteilsplatz benannt - wichtig ist vorrangig die Zentralität, nicht der genaue Standort. Bei der Planung berücksichtigt werden muss, dass der Waggon auf Schienen gebettet und aufwendig transportiert wird, sodass eine mehrfache Umsetzung nicht möglich ist. Das Stadtplanungsamt hat mehrere Standorte in der Innenstadt untersucht. Der Waggon selbst hat eine Größe von 12,34 m und eine Breite von 3,06 m ohne die Treppen, die in entgegengesetzten Richtungen angebracht sind, um die Holzterrasse anzubinden. Die Terrasse ist 7,30 m auf 4,50 m groß und wurde ebenfalls berücksichtigt, da sie die nutzbare Fläche im Freien ergänzt. Der Waggon sollte hinsichtlich seiner Größe und Dominanz nicht unterschätzt werden. Er verfügt über keine Heizung. Marktplatz Der Marktplatz scheidet aus, weil dort der Wochenmarkt stattfindet und er die Bühne für die Chrysanthema für die musikalischen Großveranstaltungen aufnimmt. Auch aus gestalterischen Gründen wird der Standort nicht empfohlen, weil die Proportionen nicht stimmig wären. Die Platzfläche ist im Verhältnis zur umgebenden Bebauung zu groß. Ein Waggon würde sich darauf im Alltag verlieren. Sonnenplatz Der Platz ist relativ klein und von gepflegten historischen Gebäuden umgeben. Der Waggon mit seiner Größe und Höhe würde die Blickbeziehungen stören, daher wurde der Standort aussortiert. Rathausplatz Allgemein gibt es eine Unzufriedenheit über die Situation vor dem Rathaus. Grundsätzlich könnte der Waggon dort aufgestellt werden, allerdings würde er mit seiner Größe zahlreiche andere Nutzungen des Platzes einschränken. Die derzeitigen Überlegungen des Seniorenbeirates und des Jugendgemeinderates und die vorgesehene planerische Befassung mit dem Ziel einer Steigerung des Aufenthaltswertes würden dadurch stark eingeschränkt werden. Möglich wäre, den Waggon in die anstehenden Entwurfs- und Diskussionsprozesse als Baustein einzubinden, dann müsste aber geklärt werden, ob die Einschränkung bei Großveranstaltungen akzeptabel ist. Urteilsplatz Auf dem Urteilsplatz gibt es den historischen Bezug, dass hier mal ein „Bähnle“ fuhr. Der Platz ist 2008/2009 qualitätsvoll neu gestaltet worden. Auf Grund der Bebauung und der Straße auf der Südseite wäre nur eine Aufstellung in Längsrichtung möglich. Das heißt, dass diese Ausrichtung somit stark betont werden würde. Mit der Pflasterung wurde aber versucht, dem entgegenzuwirken. Die Gestaltungsmaxime „reduce to the max“, also ein weitgehend freier Platz, würde durch eine Aufstellung des Waggons aufgegeben werden. Ein Sommerkino wäre nicht mehr möglich und die Außengastronomie würde abgewertet werden, weil die Sichtbeziehungen, die häufig das Sitzen im Freien interessant machen, durch den Waggon behindert wären. Aus gestalterischen Gründen wird eine Aufstellung dort nicht befürwortet. Roßplatz Dieser Platz trägt seinen Namen heute zu unrecht. Es ist kein Platz, sondern ein Parkplatz für Pkw, weitestgehend ohne Aufenthaltsqualität und städtisches Leben. Im südlichen Bereich gibt es gastronomische Betriebe, die in den Sommermonaten eine Außenbewirtung anbieten. Die Gestaltung ist aus den 80er Jahren und wird durch die darunterliegende Tiefgarage eingeschränkt (z.B. durch Lüftungsbereiche, keine Möglichkeit der Baumbepflanzung etc.). Bei der Platzierung des Waggons auf dem Roßplatz würden in der Konsequenz öffentliche Parkplätze wegfallen. Bei Va- Drucksache 77/2019 1. Ergänzung Seite - 4 - riante 1 (siehe Anlage) wären es 14, bei Variante 2 mit einem quer gestellten Waggon wären es sieben. Die Verwaltung ist der Meinung, dass dies vertretbar ist, da gegenwärtig an einem Ausbau des öffentlichen Parkplatzangebotes im Bereich Turm-/Zollamtstraße gearbeitet wird. Dort können komfortable Parkplätze in guter Zuordnung zur Fahrerschließung angeboten werden, die die wegfallenden kompensieren. Die Verwaltung spricht sich für die Variante 2 aus, da ein quergestellter Waggon die Raumsituation großzügiger wirken lässt als sie tatsächlich ist. Die Lüftungsbereiche im nördlichen Abschnitt können so gut integriert werden. Durch das Nutzungskonzept wird der Waggon auch sehr häufig ohne Betrieb sein. Die eingezeichneten Parkplätze können genutzt werden, wenn ein kleinerer Personenkreis den Waggon in Anspruch nimmt. Wird eine größere Gesellschaft erwartet, können weitere Stellplätze auch zeitweise gesperrt werden. Eine weitergehende Idee ist, auf 14 Stellplätze zu verzichten und dort ein öffentliches Kinderspielangebot zu realisieren. Seit langem gibt es den Wunsch, ein attraktives Spielangebot in der Innenstadt anzubieten. Der Kauf von brachliegenden Grundstücken scheiterte an den hohen Bodenpreisen im Zentrum. Hier wäre nun die Möglichkeit, beide Nutzungen miteinander zu verknüpfen. Es gibt keine Konkurrenz zu anderen regelmäßigen Veranstaltungen, da die Fläche eben bisher als Parkplatz genutzt wurde. Ähnlich der Landesgartenschau könnten Sonnensegel im Sommer für den erwünschten Schatten sorgen. Mittelhohe Pflanzbeete – wie sie auch auf dem LGS-Gelände zu finden sind - würden die Situation deutlich aufwerten. Begrünte Wände wären eine Alternative zu nicht möglichen Baumpflanzungen. Beispielfotos von der LGS sind beigefügt. IV. Neue Erkenntnisse im Austausch mit der Lahrer Jugend Nachdem sich in der Sitzung des Jugendgemeinderates vom 10. April 2019 herauskristallisierte, dass verschiedene Meinungen zu der Standortfrage des Waggons herrschen, wurde vereinbart eine Arbeitsgruppe tagen zu lassen. Zum entsprechenden Termin am 14. Mai 2019 kamen Mitglieder des Jugendgemeinderates, Vertreter/-innen der Fraktionen und der Verwaltung zusammen. Von Seiten des Stadtplanungsamtes erfolgte eine Visualisierung der Standorte Rathausplatz, Urteilsplatz und Roßplatz. Bei einer Begehung vor Ort mit beispielhafter Darstellung des Waggons durch Zaun- und Lattengerüste konnten sich die Teilnehmer/-innen einen Eindruck verschaffen. Wieder aufgegriffen wurde das Thema des Standortes in der Jugendgemeinderatssitzung am 6 Juni 2019. Es erfolgte eine Abstimmung mit dem folgenden Ergebnis: 11 Stimmen für den Roßplatz und 5 Stimmen für den Rathausplatz. Keine Stimmen wurden für den Urteilsplatz vergeben und es gab keine Enthaltungen. Der Jugendgemeinderat spricht sich somit in der Mehrheit für den Roßplatz aus und sieht den Rathausplatz als Alternative. Fazit Der Waggon ist recht groß und durch seine Höhe auch dominant. Die Zeitfenster einer Nutzung werden in der Nachmittags- und Abendzeit liegen. Auch eine tägliche Nutzung ist nicht zu erwarten. Es sollte daher ein Standort gewählt werden, bei dem die Proportionen von Bebauung zur Platzfläche durch den Waggon nicht gestört werden. Die verschiedenen Großveranstaltungen – vor allem die Chrysanthema – schränken die Möglichkeiten stark ein, wenn diese unverändert weitergeführt werden sollen. Unter der Vorgabe einer Aufstellung in der Innenstadt ist aus Sicht des Stadtplanungsamtes nur der Roßplatz ein Standort, der so vorbereitet werden könnte, dass der Waggon hier zu einer Aufwertung beiträgt. Die anderen Plätze in der Innenstadt sind weniger geeignet, da ein so großes Element nur sehr schwer nachträglich noch integriert werden kann. Drucksache 77/2019 1. Ergänzung Seite - 5 - Ausgelöst durch die Standortsuche könnte aber auch die Chance ergriffen werden, die Platzsituation des Roßplatzes aufzuwerten. Kombiniert mit einem öffentlichen Spielplatz könnte ein attraktiver Aufstellungsstandort entstehen. Guido Schöneboom Erster Bürgermeister Sabine Fink Amtsleitung Senja Töpfer Amtsleitung