Beschlussvorlage (Anpassung der Gebühren für die Kindertagesbetreuung und Änderung der Kinderbetreuungssatzung)
25. Mai 2023
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 502 Sachbearbeitung: Rottenecker-Zerrer Drucksache Nr.: 74/2023 Az.: 460.15 An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen 201 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Verwaltungs- und Vorlagenkonfe- 12.04.2023 renz Freigabe nichtöffentlich Freigabe Ausschuss für Soziales, Schulen 26.04.2023 und Sport vorberatend nichtöffentlich 10 Ja-Stimmen 2 Nein-Stimmen 11 Enthaltungen Ortschaftsrat Sulz vorberatend öffentlich 5 Ja-Stimmen 04.05.2023 6 Nein-Stimmen 1 Enthaltung Ortschaftsrat Kuhbach 09.05.2023 vorberatend öffentlich 2 Ja-Stimmen 7 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Ortschaftsrat Langenwinkel 16.05.2023 vorberatend öffentlich 7 Ja-Stimmen 3 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Ortschaftsrat Kippenheimweiler 23.05.2023 vorberatend öffentlich 7 Ja-Stimmen 2 Nein-Stimmen 1 Enthaltung Ortschaftsrat Reichenbach 24.05.2023 vorberatend öffentlich 5 Ja-Stimmen 4 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Ortschaftsrat Mietersheim 11.05.2023 vorberatend öffentlich 2 Ja-Stimmen 7 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Ortschaftsrat Hugsweier 25.05.2023 vorberatend öffentlich 5 Ja-Stimmen 2 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Haupt- und Personalausschuss 12.06.2023 vorberatend nichtöffentlich 10 Ja-Stimmen 5 Nein-Stimmen 0 Enthaltungen Gemeinderat 26.06.2023 beschließend öffentlich Drucksache 74/2023 Seite 2 Betreff: Anpassung der Gebühren für die Kindertagesbetreuung und Änderung der Kinderbetreuungssatzung Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat beschließt: 1. Die Kinderbetreuungsgebühren werden zum 01.09.2023 um durchschnittlich 7,5% erhöht. 2. Die Kinderbetreuungssatzung und das Gebührenverzeichnis (Anlage 1) werden neu gefasst. Zusammenfassende Begründung: Die Kita-Gebühren wurden zuletzt zum 01.01.2018 angepasst. Seitdem sinkt die finanzielle Beteiligung der Eltern an der Kindertagesbetreuung bei gleichzeitig ansteigenden Betriebskosten kontinuierlich ab. Die fehlenden Finanzmittel müssen für die städtischen Einrichtungen sowie die Kindertageseinrichtungen der kirchlichen und freien Träger aus dem städtischen Haushalt aufgebracht werden. Eine Erhöhung der Gebühren für die Kindertagesbetreuung ist daher geboten und in einem Umfang von durchschnittlich 7,5% vertretbar. Durch die Folgen der Corona-Pandemie und die aktuellen starken Preissteigerungen sind insbesondere Familien finanziell stark belastet. Deshalb war das vorübergehende Aussetzen einer Gebührenerhöhung ein Zeichen familienfreundlicher Kommunalpolitik. Die Neufassung der Kinderbetreuungssatzung trägt diesem Anliegen Rechnung. Die Ausgestaltung einer möglichst familienfreundlichen Gebührengestaltung wird weiterhin von einer Expertengruppe begleitet. Drucksache 74/2023 Seite 3 Sachdarstellung Aktuelle Situation und Handlungsnotwendigkeit: Der Betrieb der Kindertageseinrichtungen (Kitas) unter Pandemiebedingungen mit wiederkehrenden Einschränkungen und kurzfristigen Betreuungsausfällen belastete seit 2020 alle Familien erheblich. Daher wurden seit dem 01.01.2018 die Gebühren für die Kindertagesbetreuung in Lahr trägerübergreifend nicht erhöht. Außerdem wurde ab 2020 über den zeitweisen Erlass von Kita-Gebühren sowie Erstattungsregelungen bei längeren Einrichtungsschließungen oder Betreuungsausfällen eine Entlastung bewirkt. Gleichzeitig sind die Betriebskosten der Einrichtungen in den vergangenen Jahren gestiegen und die Haushaltslage hat sich deutlich verändert. Die finanzwirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen führen zu Defiziten im Ergebnishaushalt und die dauernde Leistungsfähigkeit des Haushalts wird durch die Aufsichtsbehörde kritisch beurteilt. Begleitet von den Unwägbarkeiten der aktuellen Krisensituation sind daher konsolidierende Maßnahmen zum Erhalt und ggf. der Wiedererlangung der finanziellen Leistungsfähigkeit erforderlich. Mit der Stadtkämmerei wurde bereits Ende 2021 für das Kindergartenjahr 2022/2023 eine Gebührenanpassung in einem Umfang von durchschnittlich 7,5% vorbesprochen und mit der Erstellung einer Gebührenkalkulation auf der Basis der Haushaltszahlen begonnen. Angedacht war auch eine Festschreibung einer regelmäßigen Anpassung ab 2024 im 2 Jahres-Rhythmus um 45%, um größere Sprünge bei den Gebührenanpassungen in Zukunft zu vermeiden. Außerdem wurde eine Notwendigkeit dafür gesehen, Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen, deren Kita-Gebühren nicht im Rahmen eines gesetzlichen Förderanspruchs übernommen werden können, zu entlasten. Eine Expertengruppe mit interessierten Mitgliedern aus dem Ausschuss für Soziales, Schulen und Sport hat sich hierzu wiederholt seit dem 24.02.2022 intensiv mit dem Fachamt ausgetauscht und verschiedene Ansätze für eine zusätzliche Entlastungsregelung diskutiert. Zielsetzung sollte eine möglichst einfache Antragstellung mit relevanter Entlastung sein. Letztlich wurde aus dieser Runde auch ein Antrag der Gemeinderatsfraktionen von SPD und Freien Wählern initiiert, eine Gebührenerhöhung vorübergehend auszusetzen und auch in der Landespolitik die Diskussion zur Gebührenfreiheit von Kitas voranzubringen. Im Rahmen der Podiumsdiskussion am 12.12.2022 im Schlachthof war jedoch keine Bereitschaft seitens des Landes erkennbar, dieses Thema aufzugreifen. Die Kita-Gebühren werden in Lahr nach der Zahl der Kinder in einer Familie festgesetzt, die ein kostenpflichtiges Betreuungsangebot nach der Kinderbetreuungssatzung der Stadt Lahr besuchen. Die Abstufung sieht so aus: 1 Kind = volle Gebühr, 2 Kinder erhalten jeweils 25% Ermäßigung, 3 Kinder jeweils 50% Ermäßigung, 4 und mehr Kinder jeweils 65% Ermäßigung. Diese „allgemeine Geschwisterermäßigung“ wurde zum 01.09.2012 eingeführt. Die Einführung wurde damals vom Gesamtelternbeirat sehr unterstützt, weil damit alle Familien mit mehreren Kindern ohne aufwändige Antragstellung finanziell entlastet werden konnten. Bis zum Ende des Kindergartenjahrs 2018/2019 gab es in Lahr einheitliche Betreuungsentgelte für jedes Kind einer Familie, die auf Antrag einkommensabhängig unter Vorlage entsprechender Nachweise im Rahmen der Familienförderungsrichtlinien ermäßigt werden konnten. Diese Familienförderungsrichtlinien galten nach Einführung der allgemeinen Geschwisterermäßigung vorübergehend für Familien mit einem Kind und einer Ermäßigung von 25% noch bis zum 31.08.2017 fort und wurden dann wegen nur noch sehr geringer Inanspruchnahme aufgehoben. Drucksache 74/2023 Seite 4 Zielsetzung: Die Kita-Gebühren sollen Eltern angemessen an den Betriebskosten der Kitas beteiligen, aber eine zu starke wirtschaftliche Belastung der Familien vermeiden. Der Städte- und Gemeindetag sowie die Kirchen gehen von einer Zielgröße von 20% Kostenbeteiligung aus und geben jährliche Empfehlungen für die Höhe von Regelbetreuung für Kinder von drei Jahren bis zur Einschulung sowie Krippenbetreuung bis zu 6 Stunden täglich ab. Diese Richtgröße von ca. 20% legt auch das Land Baden-Württemberg bei der Bemessung der Finanzausgleichszahlungen für die Kindertageseinrichtungen zu Grunde. Nach den Haushaltsplanzahlen 2022 liegt der städtische Kostendeckungsgrad beim Gebührenaufkommen nur bei 12,2% Im Rahmen einer kostenbasierten Gebührenkalkulation hat die Stadtkämmerei die Kosten pro Betreuungsplatz in städtischen Kitas und Horten ermittelt (Anlage 2 und 3). Da Kindertageseinrichtungen über die Gebührenerhebung keine vollständige Kostendeckung erzielen können, dient dieses Ergebnis der politischen Entscheidung für ein bestimmtes Gebührenniveau. Ausgehend vom Grundangebot Regelbetreuung mit 31 Wochenstunden, 25 Kindern pro Gruppe bei 1,86 Fachkraftstellen und einem Mindest-Raumbedarf von 2,2m² pro Kind, werden dann für alle weiteren Betreuungsformen die entsprechenden Faktoren gewichtet und in Relation zueinander abgebildet. Damit werden Gebührentatbestände ermittelt und ausgehend von der Gebühr für das Grundangebot dann für jede Betreuungsform berechnet. Die Kita-Gebühren sind in Lahr für durchschnittlich 218 Betriebstage bei einer Zahlweise von 11 Monaten bemessen. Im Rahmen der bestehenden Förderverträge mit den Trägern der kirchlichen und freien Kindertageseinrichtungen kompensiert die Stadt Lahr Betriebsdefizite, ebenso wie bei den eigenen Kindertageseinrichtungen, vollständig aus dem städtischen Haushalt. Es liegt daher im Interesse der Stadt Lahr, trägerübergreifend eine angemessene Kostenbeteiligung der Familien im Blick zu behalten. Die Aufwendungen für die Kita-Gebühren können von den Gebührenzahlern im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Gleichzeitig wird das Einkommensniveau vieler Familien in Lahr eher niedrig eingeschätzt. 20% der Kinder in städtischen Einrichtungen erhalten zurzeit gesetzliche Leistungen in Form von Kostenübernahmen für die Kindertagesbetreuung. Die Jugendhilfe übernimmt die Kita-Gebühren für das notwendige Betreuungsangebot in vollem Umfang bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen (Wohngeld, Kinderzuschlag, Grundsicherung – SGB II). Der Kreis der Anspruchsberechtigen wurde in den letzten Jahren durch Anpassung der Einkommensgrenzen und Transferleistungen kontinuierlich erweitert. Ebenso werden Gebühren für Mittagessen im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaktes bei Vorliegen der Voraussetzungen übernommen. Mit der Einführung des „Wohngeld Plus“ wird sich der Kreis der Anspruchsberechtigten nochmals erweitern, so dass der Bedarf für eine weitergehende zusätzliche Entlastungsregelung erneut geprüft wird, wenn Erfahrungswerte hierzu vorliegen. Maßnahmen: Ein Kindergartenplatz in der Regelbetreuung soll lt. Empfehlung von Städte- und Gemeindetag sowie den Kirchen im laufenden Kita-Jahr 139 Euro monatlich für eine Familie mit einem Kind im Haushalt kosten. In Lahr betragen die Gebühren bisher 102 Euro monatlich für Familien mit einem betreuten Kind. Für einen Krippenplatz werden 410 Euro monatlich für eine Familie mit einem Kind im Haushalt empfohlen, in Lahr liegen die Gebühren bei 239 Euro für ein betreutes Kind. Da den Empfehlungen das „Württemberger Modell“ zu Grunde liegt, bei dem alle haushaltangehörigen Kinder einer Familie für die Ermittlung von Ermäßigungsstufen berücksichtigt werden, während bei der städtischen Geschwisterer- Drucksache 74/2023 Seite 5 mäßigung nur die Kinder einer Familie in einem kostenpflichtigen Betreuungsverhältnis berücksichtigt werden, liegt in Lahr der Anteil der Vollzahler oder in geringen Ermäßigungsstufen im Vergleich etwas höher. Da die Stadt Lahr mit den genannten Sätzen im interkommunalen Vergleich (Anlage 4) im unteren Bereich liegt, ist aus Sicht der Verwaltung eine Gebührenanpassung in der Größenordnung von durchschnittlich 7,5% vertretbar. Der Gesamtelternbeirat hat sich gegen eine Erhöhung der Gebühren ausgesprochen. Bereits jetzt wird aus Personalnot in einzelnen Einrichtungen vorübergehend eine verkürzte Regelbetreuung mit guter Akzeptanz umgesetzt. Mit der Einführung von Halbtagsbetreuung, die sowohl dem Personalmangel als auch der relativ geringen Auslastung von Regelangeboten an Nachmittagen Rechnung trägt, wird eine sehr preisgünstige Grundversorgung etabliert. Aufgrund der überall knappen Personalbesetzungen ergeben sich bei Personalausfällen häufig Betreuungseinschränkungen und -ausfälle. Daneben treten vermehrt Belastungen durch besonders herausfordernde Kinder in den Kitas auf. Hinsichtlich einer satzungskonformen Verankerung anstelle von Einzelbeschlüssen zu diesen Problemlagen wird Handlungsbedarf gesehen. Daher wurden Erstattungsregelungen und konkrete Handlungsoptionen in die Kinderbetreuungssatzung neu aufgenommen. Alternativ geprüfte Maßnahmen: Die Vorschläge der Expertengruppe wurden hinsichtlich der gewünschten Podiumsdiskussion zum Thema generelle Gebührenfreiheit in Baden-Württemberg und dem Verzicht auf eine Festschreibung von regelmäßigen Anpassungsintervallen aufgegriffen. Im weiteren Verlauf werden andere Modelle zur Gebührenbemessung und deren finanzielle Auswirkungen ermittelt. Bei einem weitergehenden Aussetzen der Gebührenanpassung würde der städtische Zuschussbedarf für die Kindertagesbetreuung im Rahmen der allgemeinen Kostensteigerungen für Personal insbesondere auch im Hinblick auf die jüngsten Tarifabschlüsse, Sachaufwand, Energiekosten und Investitionen kontinuierlich überproportional ansteigen. Damit ginge eine starke Mehrbelastung für die städtische Haushaltssituation einher, für die eine spätere Kompensation nicht absehbar wäre. Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☒ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt Begründung: Das jährliche Gebührenaufkommen lag bei den städtischen Kitas und Horten 2021 bei 1,38 Mio Euro und bei den freien Trägern von Kindertageseinrichtungen ca. 2,02 Mio Euro, zusammen 3,4 Mio Euro. 1% Gebührenerhöhung bedeuten gesamtstädtisch Mehreinnahmen aller Kindertageseinrichtungen von 34.000 Euro, bei durchschnittlich 7,5% ab September wären dies noch ca. 85.000 Euro im Jahr 2023 und ca. 255.000 Euro ab 2024. Im Jahr 2022 wurden für das Kita-Jahr 2021/2022 Erstattungen der Gebühren in Höhe von lediglich 650 Euro vorgenommen. Gesamtstädtisch ergäbe sich ein ungefährer Betrag von 1.625 Euro pro Jahr, nach der Gebührenanpassung von ca. 1.750 Euro. Drucksache 74/2023 Guido Schöneboom Seite 6 Senja Dewes Anlage(n): Anlage 1 Satzung mit Gebühren Anlage 2 Kalkulation Kitas Anlage 3 Kalkulation Horte Anlage 4 Interkommunaler Vergleich Anlage 0 Anlage 5 Vergleich Regelkindergarten Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.