Beschlussvorlage (Öffentliche Betrauung (interner Organisationsakt) für die nectanet GmbH zur Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Betrauungsakt))
Sitzung: Gemeinderat (9. Sitzung)
23. Oktober 2023
23. Oktober 2023
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 201 Sachbearbeitung: Dinger Drucksache Nr.: 173/2023 Az.: 20/201-Dg An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen ZS03 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Verwaltungs- und Vorlagenkonfe- 20.09.2023 renz vorberatend nichtöffentlich Freigabe Haupt- und Personalausschuss vorberatend nichtöffentlich 12 Ja-Stimmen 09.10.2023 0 Nein-Stimmen 2 Enthaltungen Gemeinderat 23.10.2023 beschließend öffentlich Betreff: Öffentliche Betrauung (interner Organisationsakt) für die nectanet GmbH zur Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Betrauungsakt) Beschlussvorschlag: Die Stadt Lahr beauftragt die nectanet GmbH mit Wirkung zum 1. November 2023 mit der Erbringung von Dienstleistungen, die von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sind, im Wege eines öffentlichen Auftrags (Betrauungsakt). Der Text des öffentlichen Auftrags (Betrauungsakt) ist als Anlage beigefügt. Zusammenfassung: Der neue Betrauungsakt entspricht inhaltlich vollumfänglich dem im Jahr 2014 verabschiedeten Betrauungsakt und wurde von der Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB aus Stuttgart gefertigt. Drucksache 173/2023 Seite 2 Sachdarstellung 1. Öffentliche Beauftragung (Betrauungsakt) a) Allgemeines Der Landkreis Ortenaukreis und verschiedene Städte und Gemeinden sind Gesellschafter der gemeinsamen Gesellschaft "nectanet GmbH". Diese Gesellschaft hat von dem Landkreis Ortenaukreis und den beteiligten Städten und Gemeinden die freiwillige Aufgabe der Wirtschaftsförderung im Interesse der Allgemeinheit übernommen. Unternehmensgegenstand ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur der Ortenau durch eine gezielte Förderung der Wirtschaft, insbesondere mittels eines regionalen Standortmarketings (nach innen und außen), die Entwicklung und Betreuung des vorhandenen Unternehmensbestandes, die Akquisition ansiedlungswilliger Unternehmen, die Information, Kooperation und Koordination in allen Bereichen der regionalen Wirtschaftsförderung sowie die Förderung der regionalen Identität. Für die Erfüllung ihrer Aufgaben erhält die nectanet GmbH nach § 16 ihres Gesellschaftsvertrags Umlagen derjenigen Gesellschafter, die Städte und Gemeinden sind, sowie Fixbeiträge der Gesellschafter, die nicht Gemeinden sind (Handwerkskammer Freiburg, Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein). Darüber hinaus erhält die nectanet GmbH Mittel von Unternehmen aus der Region, die nicht Gesellschafter sind und dem Wirtschaftsbeirat der Gesellschaft beigetreten sind. Die Finanzierung der nectanet GmbH unterliegt den Vorschriften des EU-Beihilfenrechts. Danach sind Beihilfen an Unternehmen grundsätzlich verboten und nur ausnahmsweise zulässig, insbesondere wenn sie bei der Europäischen Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden. Die Europäische Kommission hat hierzu am 20. Dezember 2011 den sog. „Freistellungsbeschluss“ (Beschluss der Kommission über die Anwendung von Artikel 106 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2011) 9380), ABl. EU Nr. L 7/3 vom 11. Januar 2012) erlassen. Danach können Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (in der Regel Leistungen der Daseinsvorsorge), nach Art. 106 Abs. 2 AEUV von der sog. Notifizierungspflicht (Anzeige- und Genehmigungspflicht) zur Europäischen Kommission freigestellt werden. Der Freistellungsbeschluss enthält verschiedene Voraussetzungen, bei deren Erfüllung Zuwendungen an Unternehmen zur Finanzierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge zwar Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen, aufgrund der gesetzlichen Freistellung aber nicht der Notifizierungspflicht nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV unterliegen und deshalb nicht bei der Europäischen Kommission zur vorherigen Prüfung und Genehmigung angemeldet werden müssen („Prinzip der Legalausnahme“). b) Auswirkungen auf die nectanet GmbH Vorliegend kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Hinblick auf die nectanet GmbH die Finanzierung durch ihre Gesellschafter bei gebotener vorsichtiger Auslegung des Beihilfentatbestands eine Beihilfe i.S.v. Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen kann. Um die Voraussetzungen des Freistellungsbeschlusses zu erfüllen mit der Folge, dass die Finanzierung der nectanet GmbH nicht bei der Europäischen Kommission anzumelden ist, soll die Finanzierung der Gesellschaft durch die Gesellschafter auf der Grundlage eines entsprechend ausgestalteten Betrauungsakts für die nectanet GmbH erfolgen. Die Gesellschafter haben bereits im Jahr 2014 einen entsprechenden Betrauungsakt verabschiedet. Dieser ist aufgrund der Vorgaben des Freistellungsbeschlusses bis 31. Oktober 2023 befristet. Um einem Verstoß gegen das EU-Beihilfenrecht durch die Finanzierung der nectanet GmbH auch weiterhin vorzubeugen, bedarf es eines neuen, ab 1. November 2023 geltenden Betrauungsakts, der Drucksache 173/2023 Seite 3 auf eine Laufzeit von maximal 10 Jahren beschränkt ist. Der neue Betrauungsakt entspricht inhaltlich vollumfänglich dem im Jahr 2014 verabschiedeten Betrauungsakt und wurde von der Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB aus Stuttgart gefertigt. In dem Betrauungsakt, der nach dem Freistellungsbeschluss erforderlich ist, sind folgende Parameter für die Leistungen und finanziellen Zuwendungen vorab festzulegen: (1) Öffentlicher Auftrag Der Betrauungsakt muss an die nectanet GmbH gerichtet und rechtlich verbindlich sein. (2) Berechnung der Ausgleichsleistungen Die Finanzierungsbeiträge für die nectanet GmbH müssen nachvollziehbar berechnet und die Festlegungen müssen im Vorhinein getroffen werden. Dies geschieht durch den Betrauungsakt in Verbindung mit dem Gesellschaftsvertrag und dem Finanz- und Wirtschaftsplan. (3) Vermeidung von Überkompensation und Kontrolle Die Verwendung der Mittel muss von der nectanet GmbH im Jahresabschluss nachgewiesen werden. Der Entwurf des als Anlage beigefügten Betrauungsakts basiert auf dem aktuellen Muster des Landkreistags Baden-Württemberg und ähnlichen Vorgängen verschiedener Landkreise und Kommunen. Er ermöglicht für die hier in Rede stehende Finanzierung der nectanet GmbH die Freistellung von der Notifizierungspflicht bei der Europäischen Kommission. Die Beschlussfassung über den Entwurf des Betrauungsakts hat in den jeweils zuständigen Gremien der einzelnen Gesellschafter der nectanet zu erfolgen. Dabei entspricht es der ganz herrschenden Auffassung, dass kommunalrechtlich für die Beschlussfassung über den Erlass eines Betrauungsakts jeweils der Kreistag bzw. der Gemeinderat und nicht der Landrat bzw. (Ober)Bürgermeister zuständig ist. Markus Ibert Oberbürgermeister Markus Wurth Stadtkämmerer Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☒ Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen ☐ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50.000 EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20.000 EUR Drucksache 173/2023 Seite 4 ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen mehr als 50.000 Euro und/oder die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich mehr als 20.000 Euro Begründung: Anlage(n): Betrauungsakt nectanet GmbH Anlage0 Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.