Beschlussvorlage (Anmietung und Bewirtschaftung einer Gemeinschaftsunterkunft zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in der Gutleutstraße 42, 77933 Lahr/Schwarzwald - Abschluss eines Mietvorvertrags )
Sitzung: Gemeinderat (12. Sitzung)
18. Dezember 2023
18. Dezember 2023
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 302 Sachbearbeitung: Lehmann Drucksache Nr.: 129/2023 Az.: An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen 201 / 603 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Verwaltungs- und Vorlagenkonfe- 21.11.2023 renz vorberatend nichtöffentlich Freigabe Haupt- und Personalausschuss vorberatend nichtöffentlich 14 Ja-Stimmen 04.12.2023 1 Nein-Stimme 0 Enthaltungen Gemeinderat 18.12.2023 beschließend öffentlich Betreff: Anmietung und Bewirtschaftung einer Gemeinschaftsunterkunft zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in der Gutleutstraße 42, 77933 Lahr/Schwarzwald - Abschluss eines Mietvorvertrags Beschlussvorschlag: 1. Der Gemeinderat beauftragt die Stadtverwaltung, unter den in der Begründung aufgeführten Bedingungen einen Mietvorvertrag mit der „Areal Gutleutstraße GbR“ abzuschließen. Der Oberbürgermeister wird ermächtigt, den später daraus resultierenden Hauptmietvertrag zu unterzeichnen. 2. Der Gemeinderat beschließt die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für: - Mietausgaben (Kaltmiete) in Höhe von 268.000 €/Jahr. - Bewirtschaftungskosten (v.a. Betriebskosten) in Höhe von 230.000 €/Jahr. Dafür entfallen die Bewirtschaftungskosten für die Flugplatzstr. 101 in Höhe von 40.000 €/Jahr. - Aufwand für Gebäudereinigung in Höhe von 7.000 €/Jahr bei täglicher Reinigung von Montag - Sonntag und feiertags und Vergabe an ein Dienstleistungsunternehmen. Dafür entfallen die Gebäudereinigungskosten für die Flugplatzstr. 101 in Höhe von ca. 3.700 €/Jahr. - Sonstige Bewirtschaftungskosten (Sicherheitsdienst, Rundfunkbeitrag) von 27.800 €/Jahr. Dafür entfallen die sonstigen Bewirtschaftungskosten für die Flugplatzstr. 101 in Höhe von 13.000 €/Jahr. - Unterhaltungskosten in Höhe von 40.000 €/Jahr. Dafür entfallen die Gebäudeunterhaltungsaufwendungen für die Flugplatzstr. 101 in Höhe von 17.000 €/Jahr. - Personalaufwendungen in Höhe von 40.000 €/Jahr für den Hausmeisterservice (Stellenbedarf 30 Stunden wöchentlich (77%)). Dafür entfallen die Personalkosten für den Hausmeistereinsatz für die Flugplatzstr. 101 in Höhe von 20.000 €/Jahr (Stellenbedarf 15 Stunden wöchentlich (38%). Drucksache 129/2023 Seite 2 Die erwarteten, laufenden Mehrausgaben belaufen sich demzufolge auf 519.000 €/Jahr. - Einmalige Ablösung der Zentralküche in Höhe von 10.000,00 €. Es sind Erträge durch die Einweisungsverfügungen durch 302 zu erwarten. Diese sind noch zu kalkulieren Bei der letzten Anpassung der Satzung über die Benutzung von Gemeinschaftsunterkünften im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Kostendeckung bei 26%. Anm.: für den Haushalt im Jahr 2027 werden die Mittel anteilig freigegeben. Zusammenfassende Begründung: Aufgrund des Abbruchs des Gebäudes Flugplatzstr. 101, das derzeit als Notunterkunft für (unfreiwillig) obdachlose Frauen und Paare dient, muss bis 2027 ein Ersatzstandort geschaffen werden. Ebenso wird Wohnraum für von Obdachlosigkeit bedrohte Familien benötigt. Beide Personenkreise (Familien zumindest anteilig) könnten im Gebäude Gutleutstraße 42 auf 1.530 m² Mietfläche untergebracht werden. Die Gesamtfläche der Flugplatzstraße 101 beträgt 587m². Männliche Einzelpersonen sollen nicht in der Gutleutstraße 42 untergebracht werden. Drucksache 129/2023 Seite 3 Sachdarstellung Aktuelle Situation und Handlungsnotwendigkeit: Die Unterbringung von obdachlosen Menschen ist gemäß §§ 1,3 Polizeigesetz Baden-Württemberg zur Wahrung der Sicherheit und Ordnung Pflichtaufgabe der Städte und Gemeinden. Die Unterkunft soll vor den Unbilden des Wetters schützen und darf nur als vorübergehend angesehen werden. Es handelt sich bei der Unterkunft um eine Notunterkunft – eine dauerhafte Nutzung soll abgewendet werden. Derzeit sind Frauen und Paare zur Vermeidung der (unfreiwilligen) Obdachlosigkeit in der Flugplatzstraße 101 untergebracht. Im Zusammenhang mit der Überplanung des gesamten Gebiets muss ein Ersatzgebäude für diese Unterkunft gefunden werden. Der Abbruch des Gebäudes Flugplatzstr. 101 konnte nur noch auf das Jahr 2027 hinausgezögert werden. Daher ist es erforderlich, neue Räumlichkeiten anzumieten oder zu errichten. Das Gebäude in der Gutleutstraße 42, das derzeit durch das Landratsamt für die Unterbringung von geflüchteten Familien genutzt wird, stellt sich als geeignetes Gebäude für die Unterbringung von Frauen und Paaren dar. Erste Vorgespräche, das Mietverhältnis nach Ablauf des Vertrags mit dem Landratsamt zu übernehmen, wurden mit dem Grundstückseigentümer geführt. Die Unterbringung alleinstehender Männer kann derzeit über die Biermannstraße 3 und Karl-KammerStraße 4/2 erfolgen. Eine Unterbringung in der Gutleutstraße 42 ist nicht vorgesehen. Eine Kalkulation der Gebühren kann derzeit noch nicht erfolgen. Die Gebührenberechnung wird rechtzeitig erfolgen und die Satzung über die Benutzung von Gemeinschaftsunterkünften der Stadt Lahr/Schwarzwald entsprechend angepasst. Zielsetzung: Mit der Anmietung der Gutleutstraße 42 ab September 2027 verfügt die Stadt Lahr über den notwendigen Ersatz für das Gebäude Flugplatzstraße 101, welches dann zurückgebaut und abgebrochen werden kann. Zudem verfügt die Stadt Lahr mit dem Gebäude Gutleutstraße 42 über eine gewisse zusätzliche Kapazität an Unterbringungsmöglichkeiten für von Obdachlosigkeit bedrohte Familien. Maßnahmen: s. o. Alternativ geprüfte Maßnahmen: Ein Erwerb oder Neubau eines Gebäudes kommen derzeit aus finanziellen Gründen nicht in Betracht (vgl. Wirtschaftlichkeitsvergleich in der Anlage). Auch ein alternatives, vergleichbar geeignetes Mietobjekt konnte nicht lokalisiert werden – ebenso bieten andere, im Zusammenhang mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine der Stadt angebotenen Unterkünfte, keine adäquaten Gegebenheiten (näheres hierzu in der Begründung). Drucksache 129/2023 Seite 4 Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☐ Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen ☒ Die finanziellen/personellen Auswirkungen können aufgrund ihrer Komplexität nicht sinnvoll in der Übersichtstabelle dargestellt werden und sind daher in der Sachdarstellung oder als Anlage beigefügt ☐ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen weniger als 50.000 EUR und die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich weniger als 20.000 EUR ☒ Die einmaligen (Investitions-)Kosten betragen mehr als 50.000 Euro und/oder die dauerhaft entstehenden Folgekosten inklusive der Personalmehrkosten betragen jährlich mehr als 20.000 Euro Begründung: 1) Einleitung Die Zahl an obdachlosen Personen nimmt weiter zu. Insbesondere im Bereich der Frauen, Paare und Familien ist ein Anstieg zu verzeichnen. Dazu kommt, dass die Flugplatzstraße 101 stark sanierungsbedürftig und zur Realisierung der im Bebauungsplan Gartenhöfe vorgesehenen Flächen abzubrechen ist. Das Landratsamt Ortenaukreis ist bis September 2027 Mieter der Gutleutstraße 42. Der Vorvertrag ist wichtig, um den Vertragsabschluss nach Vertragsablauf zu sichern und verlässlich einen Ersatzstandort für das abzubrechende Gebäude zu haben. Insbesondere ist für die Personengruppe Frauen, Paare und Familien eine zentrale Unterkunft wichtig, da der Aufwand ansonsten nicht zu bewältigen ist und ausreichend Einzelwohnungen nicht vorhanden sind. 2) Vorgehensweise der Verwaltung (Immobiliensuche, Objektbesichtigungen): Als im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine ausbrach, mussten die westeuropäischen Staaten eine große Anzahl flüchtender Menschen aufnehmen. Zunächst war noch unklar, wie, in welcher Form und in welchem Ausmaß Notunterkünfte bereitgestellt werden müssen. Vorsorglich hat die Stadt Lahr umgehend die Initiative ergriffen und verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten untersucht. Vor diesem Hintergrund wurde der Markt sondiert und Kontakt zu verschiedenen Grundstückseigentümern aufgenommen, um eine Wohnraumnutzung von deren potentiell in Frage kommenden Immobilien in Erwägung zu ziehen und zu überprüfen. Von einzelnen Wohnungen bis hin zu Etagen, Gebäudeteilen und ganzen Häusern wurden in kurzer Abfolge Objekte besichtigt, die jedoch nur in eingeschränktem Maße geeignet gewesen wären. Zudem gelang es letztendlich, über private Wohnraumvermittlungen von einer Inbetriebnahme einer großen Gemeinschaftsunterkunft zunächst Abstand nehmen zu können. Mit dem Wegfall der Obdachlosenunterkunft in der Flugplatzstr. 101 im Jahr 2027 und der erwarteten Zunahme der von Obdachlosigkeit bedrohten Familien, müssen allerdings spätestens dann Ersatz- und zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden. 3) Pläne, Flächenaufstellung, Belegungsformen (evtl. mehrere Varianten), baulicher Zustand: Drucksache 129/2023 Seite 5 Im Rahmen dieser Untersuchung wurde die Stadt Lahr auch auf das ehemalige Kenk-Gebäude in der Gutleustraße 42 aufmerksam. Das vormalige Pflegeheim wurde von der Areal Gutleustraße GbR erworben und zu Wohnzwecken umgebaut. Anschließend wurde ein Großteil des Gebäudes - mit Ausnahme der Tierarztpraxis - an das Landratsamt Ortenaukreis vermietet, um dort Personen nach dem FlüAG (Flüchtlingsaufenthaltsgesetz) mit Wohnraum versorgen zu können. Der Ortenaukreis hat mit der Areal Gutleustraße GbR einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen. Danach wird das Haus insgesamt neu vermarktet. Die Stadt würde dort ideale Gegebenheiten zur Unterbringung von ansonsten obdachlos werdenden Menschen vorfinden. Auf rund 1.750 m² Nutzungsfläche bzw. 1.530 m² Mietfläche erlauben Wohneinheiten in unterschiedlichster Größe und Form vielfältige Belegungsvarianten, die unterschiedlichsten Anforderungen, Formationen und Bedürfnissen gerecht werden können (vgl. die als Anlage beigefügten Pläne/Grundrisse). Die Stadt erhält das Haus in frisch renoviertem Zustand. Beschädigungen oder übermäßige Abnutzungen, die auf die vorangegangene Nutzung zurückzuführen sind, werden beseitigt. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die Stadt einwandfreie und taugliche Bedingungen vorfindet, um dem vorgesehenen Mietzweck nachkommen zu können. Für eine noch optimalere und im Vergleich zum Flüchtlingsheim des Landratsamtes abweichende Belegung müssten allerdings einmalige Umbauarbeiten vorgenommen werden. Außerdem sind eine Zentralküche einzubauen (oder alternativ vom LRA abzulösen) und die Gemeinschaftsflächen auszustatten. Die hierfür anfallenden Investitionen trägt die Stadt Lahr, da es sich um nutzerbedingte Anpassungen handelt und der Mietpreis der Areal Gutleustraße GbR diese Kosten nicht abdeckt. Aufgrund der derzeitigen Beschaffenheit und Nutzungsform der Räumlichkeiten ist zum aktuellen Zeitpunkt nur von kleineren Anpassungen vor der Erstbelegung auszugehen. Weitere erforderliche Anpassungen stellen sich ggf. im Betrieb der Unterkunft heraus. Die Belegung soll durch Frauen, Paare und Familien stattfinden. Die verschiedenen Wohneinheiten und Etagen bieten die Möglichkeit, den verschiedenen Anforderungen und Problematiken auf angemessene Art und Weise zu begegnen und entsprechende Belegungskonzepte zu entwickeln. 4) Bewirtschaftung der Immobilie, Trägerschaft, Organisationsstruktur und Hausverwaltung: Die Belegung der Unterkunft erfolgt per Einweisung durch die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Einrichtungsleitung, die für die städtischen Gemeinschaftsunterkünfte zuständig ist und bislang auch die Flugplatzstr. 101 betreut, wird auch diese Unterkunft mit übernehmen. Die Gebäudebewirtschaftung obliegt der Abteilung Gebäudemanagement (GM). Neben den zusätzlichen Stellenanteilen für die Gebäudereinigung und den Hausmeisterservice (Infrastrukturelles GM) ist davon auszugehen, dass es in allen Sachgebieten dieser Organisationseinheit zu Personalmehraufwendungen kommen wird. Sowohl im gebäudebewirtschaftenden Kaufmännischen GM Drucksache 129/2023 Seite 6 als auch im gebäudeunterhaltenden Technischen GM. Eine genaue Prognose ist hier schwierig und abhängig von verschiedenen Faktoren wie Nutzungsverhalten, Beschädigungen, Anforderungen an die kaufmännische Steuerung und Organisation, Betriebs- und Nebenkostenzuordnungen, Abschluss und Betreuung von Versorgungsverträgen uvm. 5) Mietbedingungen und Kaufoption: Der Mietvertrag soll für eine feste Laufzeit von 15 Jahren abgeschlossen werden. Darüber hinaus hat der Eigentümer einer zweimaligen Verlängerungsoption um je fünf Jahre zugestimmt, die die Stadt einseitig ziehen kann. Ansonsten verlängert sich das Mietverhältnis von Jahr zu Jahr, sofern es nicht von einer Vertragspartei mit einer Frist von 12 Monaten gekündigt wird. Die Grundmiete ergibt sich aus der folgenden Staffelmiete mit anschließender Indexmiete: 1.-3. Mietjahr: 22.290,- €/monatlich (14,57 €/m²) 4.-6. Mietjahr: 23.610,- €/monatlich (15,43 €/m²) 7.-9. Mietjahr: 25.000,- €/monatlich (16,34 €/m²) Die Konditionen sind an den laufenden Mietvertrag mit dem Ortenaukreis angelehnt. Unter Berücksichtigung einer jährlichen Preissteigerung von rund 2% bis ins Jahr 2027 und einer Kostenumlage von 0,27 €/m² für die nachzurüstende Brandmeldeanlage sind die Mietbedingungen dieselben. In Summe erhält die Stadt im Vergleich zum Ortenaukreis außerdem eine um 135 m² größere Mietfläche sowie 16 anstatt 13 oberirdische Stellplätze. Im Anschluss erhöht oder ermäßigt sich die Miete auf schriftliches Verlangen entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindizes für Deutschland, sobald sich der Index im Vergleich zur letztmaligen Anpassung um mehr als 5% verändert hat. Weiterhin hat sich der Eigentümer bereit erklärt, der Stadt ein dinglich im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht einzuräumen. Die Ausübung dieser Option muss spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit schriftlich geltend gemacht werden. Der Kaufpreis ist dann zu verhandeln. 6) Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bzw. Vergleich von Alternativen: Das Mietangebot wurde anhand einer Wirtschaftlichkeits- und Vergleichsberechnung überprüft. Die der Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegten Daten unterliegen einigen Prognosen. Das Mietangebot wurde einer eigenen Herstellung einer entsprechenden Immobilie gegenübergestellt. Wesentliche Faktoren, welche die Kosten einer eigenen Herstellung bestimmen sind die Herstellungskosten mit den daraus abzuleitenden Abschreibungskosten für die Abnutzung (AfA) des Gebäudes, die Finanzierungskosten (Fremdkapitalzinssatz i. V. m. der gewählten Darlehensform), die Unterhaltungskosten und die Kosten für den Verwaltung der Immobilie sowie die allgemeine Preissteigerung. Der Berechnung zu Grunde gelegt wurden die von der Areal Gutleustraße GbR genannten Daten sowie angemessenen allgemeine Rechengrößen (AfA: 2 %; Fremdkapitalzins: 3,3 %; Instandhaltung ca. 50 Tsd. €/Jahr, Verwaltung ca. 22 Tsd. €/Jahr; Preissteigerung: 2 %/Jahr). Bei einer Betrachtung der Belastung im Ergebnishaushalt ergibt sich bei einer eigenen Herstellung einer Immobilie eine durchschnittliche kostendeckende Miete in Höhe von 19,09 €/m² für den Betrachtungszeitraum von 15 Jahren. Die durchschnittliche kostendeckende Miete für die Drucksache 129/2023 Seite 7 Anmietung des Objektes in der Gutleutstraße über den Vertragszeitraum von 15 Jahren beläuft sich auf 20,21 €/m². Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bei einer eigenen Herstellung aufgrund hoher Zinsen die durchschnittliche kostendeckende Miete in den ersten Jahren überproportional hoch ist und über den Nutzungszeitraum stetig abnimmt. Dagegen steigt bei einer Anmietung die durchschnittliche kostendeckende Miete aufgrund von Preissteigerungen kontinuierlich über den Nutzungszeitraum. Im Ergebnishaushalt ist bedingt durch die fehlenden Tilgungen, welche sich im Finanzhaushalt niederschlagen, bei einer eigenen Herstellung von einer geringeren jährlichen Belastung auszugehen, wodurch sich eine geringere kostendeckende Miete ergibt. Jedoch sind im Finanzhaushalt bei einer eigenen Herstellung Tilgungen für die Investitionskredite zu berücksichtigen. Um die unterschiedlichen Zahlungszeitpunkte berücksichtigen zu können, bietet sich aufgrund der langfristigen Betrachtung vorliegend eine dynamische Wirtschaftlichkeitsberechnung mit der Kapitalwertmethode an, wobei durch eine Abzinsung der Kosten der Zeitfaktor angemessen berücksichtigt wird. Die Kapitalwertmethode oder Barwertmethode ist eine Methode der dynamischen Investitionsrechnung, um Investitions- oder Handlungsalternativen betriebswirtschaftlich zu bewerten – und dabei den Zeitfaktor zu berücksichtigen. Danach ist bei einer Mietdauer von 15 Jahren die Anmietung wirtschaftlicher als eine eigene Herstellung der Immobilie. Nach einer Nutzungsdauer von ca. 35 Jahren sind – sofern die Prognosen wie angenommen eintreten – die Anmietung und die eigene Herstellung als gleich wirtschaftlich zu beurteilen Ab einer Nutzungsdauer von 35 Jahren ist die eigene Herstellung im Mittelwert günstiger als eine Anmietung. In Anbetracht dieser Erkenntnisse können die Mietbedingungen daher als angemessen eingestuft werden. Weitere Argumente für eine Anmietung sind: - Größere finanzielle Planungssicherheit durch die Übertragung des Baukostenrisikos auf den Vermieter bzw. dessen grundsätzlichen Instandhaltungsverpflichtung an Dach & Fach - Damit auf den Mietgebrauch begrenzte Instandhaltungsverpflichtung der Stadt - Höhere Flexibilität durch die zeitlich begrenzte Nutzungsdauer - Keine Eigentümerverantwortung, z.B. auch hinsichtlich der Verwertung des bebauten Grundstücks, wenn der Bedarf zum Mietvertragsende wegfallen sollte (Umnutzung, Rückbau) - Faktisch verfügt die Stadt derzeit nicht über die notwendigen Ressourcen bzw. über ein geeignetes Grundstück, auf dem eine Gemeinschaftsunterkunft gebaut werden könnte Es wird empfohlen, dem Beschlussvorschlag zuzustimmen. Guido Schöneboom Lucia Vogt Erster Bürgermeister Leiterin Ordnungsamt Anlage(n): Anlage 0 Drucksache 129/2023 Seite 8 Gutleutstr. 42 Grundriss Erdgeschoss Gutleutstr. 42 Grundriss 1. OG Gutleutstr. 42 Grundriss 2. OG Wirtschaftslichkeitsberechnung Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.