Beschlussvorlage ( Klimaschutz in den eigenen Liegenschaften)
19. Dezember 2016
Beschlussvorlage Amt: 603 Martinelli Datum: 08.11.2016 Az.: 60/603GMKa/Ot/Ma Drucksache Nr.: 314/2016 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Umweltausschuss 24.11.2016 vorberatend nichtöffentlich Technischer Ausschuss 30.11.2016 vorberatend öffentlich Gemeinderat 19.12.2016 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Klimaschutz in den eigenen Liegenschaften Beschlussvorschlag: 1. Der Gemeinderat beschließt die Ergebnisse aus dem von der Ortenauer Energieagentur GmbH und dem Gebäudemanagement der Stadt Lahr erstellten Klimaschutzteilkonzept für die stadteigenen Gebäude als Richtlinie. 2. Der Sanierungszeitplan soll bei künftigen Haushaltsberatungen als Grundlage dienen. Anlage(n): Abschlussbericht BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 314/2016 Seite - 2 - Begründung: Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Für Neubauten gelten ab 2019 die Vorgaben aus dem Energieeinspargesetz (EnEG). Demnach dürfen neue Gebäude nur noch nach dem Niedrigstenergiestandard gebaut werden. Um auch den Wärmebedarf der Bestandsgebäude nachhaltig zu reduzieren, sollen die bestehenden Gebäude im Jahr 2050 maximal noch 20% vom Energiebedarf aus dem Jahr 2008 verbrauchen dürfen. Dieser verbleibende Wärmebedarf muss überwiegend durch erneuerbare Energien erzeugt werden. Die meisten Bauteile haben eine Lebensdauer von über 35 Jahren, sodass diese auch noch im Jahr 2050 in den Gebäuden verbaut sein werden und somit auch den energetischen Zustand ab diesem Zeitpunkt beeinflussen. Daher ist es wichtig, dass die Ziele der Bundesregierung schon jetzt bei der Planung der Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Es geht also darum, bereits heute die Grundsteine für den erforderlichen Energiestandard im Jahr 2050 zu legen, da der bauliche Zustand in 34 Jahren von den kommenden Entscheidungen abhängt. Sollten die energetischen Anforderungen nicht in den bevorstehenden Baumaßnahmen umgesetzt werden, müsste die Stadt Lahr diese Bauteile – obwohl sie im Jahr 2050 ff. grundsätzlich noch haltbar und funktionstüchtig wären – dann nochmal austauschen bzw. erneuern. Es würden überflüssiger Handlungsbedarf und erhöhte Kosten entstehen. Stattdessen ist ein vorausschauendes Handeln ratsam, bei dem die Kosten für einen erneuten Austausch gespart werden, indem eine frühere, zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin notwendig werdende, anspruchsvollere Sanierung durchgeführt wird. Zu diesem Zweck reichte das Gebäudemanagement im Jahr 2014 einen Förderantrag beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem Projektträger Jülich (PTJ) für das zu erstellende Klimaschutzteilkonzept für die eigenen Gebäude ein. Nachdem der Förderantrag auf Gewährung einer Bundeszuwendung auf Ausgabenbasis in Höhe von 45.339 € (50%ige Förderquote) im Jahr 2015 bewilligt worden war, wurde die Ortenauer Energieagentur mit der Erstellung des Klimaschutzteilkonzeptes beauftragt. Der zugrundeliegende Werkvertrag wurde am 05.08.2015 unterzeichnet, womit direkt im Anschluss mit der Bearbeitung begonnen werden konnte. Im Zuge der Konzepterstellung wurden zunächst die Basisdaten der 45 energierelevantesten Gebäude der Stadt in einer Tabelle erfasst. Danach fanden Objektbegehungen durch den Auftragnehmer unter Begleitung des Gebäudemanagements statt. Dabei sind unter Zuhilfenahme der Gebäudepläne zusätzliche Informationen aufgenommen worden (Geometrie des Gebäudes, technische Gebäudeausrüstung, überschlägige Hüllflächenaufnahme u.w.m.). Im Anschluss wurden die Daten ausgewertet, wobei entsprechend der Erkenntnisse Sanierungsoptionen und -fahrpläne erstellt werden konnten. Außerdem wurden die dazugehörigen Investitionskosten nach einem vereinfachten Verfahren, d.h. unter Verwendung von Kostenkatalogen, ermittelt. Die Ergebnisse dieser Grobanalyse sind in je einem Basisbericht für die jeweiligen Gebäude zusammenfassend dargestellt. Darüber hinaus wurden für sechs dieser Gebäude Feinanalysen angestellt, in denen der bauliche und wärmetechnische Zustand der Bauteile detailliert beschrieben und die Gebäudehülle wärmeschutztechnisch eingestuft und bewertet wurde. Zudem wurde der Ist-Zustand der Heizungsanlagen, des Heizsystems, der Warmwasseraufbereitung, der raumlufttechnischen Drucksache 314/2016 Seite - 3 - Anlagen sowie der Kühlaggregate und der Beleuchtung dargestellt und Vorschläge für nicht investive und investive Energieeinsparmaßnahmen unterbreitet. Den einzelnen Sanierungsempfehlungen liegen Investitionsrechnungen zugrunde, die durch Einsparberechnungen wirtschaftlich beurteilt werden. Bei der Sanierung bestimmter Bauteile sollte auf deren Wirkung im Zusammenhang mit anderen Gewerken geachtet werden. Einzelmaßnahmen sind möglicherweise nur von großem Nutzen, wenn sie zusammen mit anderen Sanierungen stattfinden - beispielsweise die gemeinsame Realisierung der Außenwandanschlüsse zum Dach, zu den Fenstern, zur Dämmschürze und der Lüftungsanlage (um unnötige Luft- und Wärmeverluste zu vermeiden). Andererseits gibt es jedoch auch Maßnahmen, die ohne Berücksichtigung anderer Gewerke und für sich alleinstehend Sinn machen, wie z.B. die Dämmung der obersten Geschoss- oder Kellerdecke. Ungeachtet dessen ist eine vorbeugende Instandhaltungs- und Instandsetzungsplanung - gerade bei Heizungsanlagen - unumgänglich, um für plötzliche Störungen und Ausfälle gewappnet zu sein und nicht ad-hoc Entscheidungen treffen zu müssen, mit der womöglich die Chance auf ein klimafreundlicheres Heizsystem vertan wird. Das Klimaschutzteilkonzept empfiehlt außerdem den Austausch von ungeregelten Heizungspumpen und die Installation von weiteren PV-Anlagen auf den kommunalen Dächern. Außerdem wird der zusätzliche Einbau von Zählervorrichtungen angeregt. Für einige Gebäude fehlen derzeit noch Unterzähler, sodass der gebäudebezogene Energieverbrauch nur näherungsweise anhand von Schätzungen oder Umlageschlüsseln bestimmt werden kann. Eine Erweiterung der vorhandenen Gebäudeleittechnik dahingehend, dass nicht nur die Technik gesteuert, sondern auch Verbrauchszahlen zurückgemeldet werden, bietet ebenfalls Optimierungspotential. Dies erleichtert und beschleunigt die Erkennung von größeren Verbrauchsabweichungen, die möglicherweise durch Rohrbrüche o.ä. verursacht sein können. Fazit: Im Moment haben die 45 analysierten Gebäude einen Heizwärmebedarf von 9.850 MWh, der jährliche Kosten von ungefähr 560.000 € und einen CO 2-Ausstoß von 2.100 t zur Folge hat. Würde die Stadt rund 1,35 Mio. € pro Jahr in die eigenen Gebäude investieren, so könnte dieser Bedarf auf ca. 2.360 MWh im Jahr 2050 gesenkt werden mit Energiekosteneinsparungen von über 420.000 € und einer Reduzierung des CO 2-Ausstoßes um 76% pro Jahr. Wenn die jetzigen Energieträger an geeigneten Standorten durch Holzpellets, Hackschnitzel oder Fernwärme ersetzt werden, so würde der Heizungstausch sogar eine Senkung des CO 2Ausstoßes um 98% bewirken. Dadurch würde die Stadt nicht nur den Erwartungen der Bundesregierung gerecht werden, sondern auch einen nennenswerten Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels leisten. Außerdem könnten damit auch die vom Gemeinderat beschlossenen klimapolitischen Ziele des European Energy Awards und des integrierten Klimaschutzkonzeptes der Stadt Lahr umgesetzt werden. Mit Einhaltung des im Abschlussbericht dargestellten Sanierungsplanes 2050 können die ausgewählten Gebäude in einen vorbildlichen Zustand versetzt werden. Zur Entscheidung der einzelnen Sanierungsmaßnahmen sind die Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit nachzuweisen. Einige Sanierungsvorschläge sind bereits in vorhergehenden Konzepten enthalten und teilweise bereits in der Finanzplanung vorgesehen. So sind beispielsweise im Schulsanierungsprogramm einige energetische Maßnahmen enthalten. Drucksache 314/2016 Seite - 4 - Zur Finanzierung der energetischen Maßnahmen sind der Einsatz von Contracting und die Möglichkeit einer Inanspruchnahme von Fördermitteln (z.B. KfW-Förderung) zu prüfen. Durch das Klimaschutzteilkonzept für die stadteigenen Gebäude hat sowohl die Verwaltung als auch der Gemeinderat eine Übersicht über die erforderlichen Arbeiten. Der Energiebericht stellt dazu ein Instrument dar, mit dem der Erfolg der Maßnahmen aufgezeigt und überwacht werden kann. Tilman Petters Silke Kabisch