Beschlussvorlage (Antrag der Fraktion Linke Liste Lahr & Tierschutzpartei zum Thema „Beendigung von Feuerwerk“)
Sitzung: Gemeinderat (11. Sitzung)
16. November 2020
Beschlussvorlage (Antrag der Fraktion Linke Liste Lahr & Tierschutzpartei zum Thema „Beendigung von Feuerwerk“)
Beschlussvorlage (Anlage 0)
Beschlussvorlage (Konkretisierung des Fraktionsantrages)
Beschlussvorlage (Rechtsgutachten Kanzlei Geulen&Klinger)
Beschlussvorlage (Städtische Karte Denkmale Innenstadt)
16. November 2020
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Beschlussvorlage (Antrag der Fraktion Linke Liste Lahr & Tierschutzpartei zum Thema „Beendigung von Feuerwerk“)
Beschlussvorlage (Rechtsgutachten Kanzlei Geulen&Klinger)Beschlussvorlage (Anlage 0)Beschlussvorlage (Städtische Karte Denkmale Innenstadt)Beschlussvorlage (Konkretisierung des Fraktionsantrages)
Beschlussvorlage Amt: 30 Tilebein Datum: 23.09.2020 Az.: 107.25 Drucksache Nr.: 260/2020 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Haupt- und Personalausschuss 02.11.2020 vorberatend nichtöffentlich Ziffer 1.2: 8 Ja-Stimmen 7 Nein-Stimmen Ziffer 1.3: 4 Ja-Stimmen 11 Nein-Stimmen Gemeinderat 16.11.2020 beschließend öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen 602 302 303 Feuerwehr Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Antrag der Fraktion Linke Liste Lahr & Tierschutzpartei zum Thema „Beendigung von Feuerwerk“ Beschlussvorschlag: Zu den Ziffern 1.2 und 1.3 des Fraktionsantrages ergeht folgender abgeänderter Beschluss: 1.2 Der Gemeinderat appelliert an den Oberbürgermeister, die gesetzlichen Vorgaben im Sprengstoffrecht im Rahmen der Zuständigkeit der Stadt Lahr möglichst strikt anzuwenden. 1.3 Die Stadtverwaltung möge eine Karte erstellen, die aufzeigt, wo es im Stadtgebiet durch das Abbrennen von Feuerwerk zur Gefährdung von Menschen, Tieren und Sachgütern kommen kann. Der Gemeinderat nimmt die Darstellungen zur Kenntnis. Anlage(n): Konkretisierung des Fraktionsantrages Rechtsgutachten Kanzlei Geulen&Klinger Städtische Karte Denkmale Innenstadt Anlage 0 BERATUNGSERGEBNIS Sitzungstag: Bearbeitungsvermerk Einstimmig lt. Beschlussvorschlag abweichender Beschluss (s. Anlage) mit Stimmenmehrheit Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 260/2020 Seite - 2 - Sachdarstellung: In der Gemeinderatssitzung vom 11.05.2020 stellte die Fraktion Linke Liste Lahr & Tierschutzpartei folgende Beschlüsse zur Abstimmung: 1.1 Die Stadt möge als positives Beispiel vorangehen und auf eigene Feuerwerke verzichten. Bei Bedarf sind alternative Veranstaltungen wie Licht-Shows oder Musik-Events denkbar. 1.2 Die bestehenden gesetzlichen Vorgaben sind strikt anzuwenden. Sie erlauben keine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier. Sach- und Umweltschäden sind zu vermeiden. 1.3 Die Stadtverwaltung möge eine Karte erstellen, die aufzeigt, wo es im Stadtgebiet durch das Abbrennen von Feuerwerk zur Gefährdung von Menschen, Tieren und Sachgütern kommen kann. Mit Beschluss des Gemeinderates vom 11.5.2020 hat die Stadt Lahr selbst auf die Verwendung von Feuerwerk verzichtet. Die Beschlussvorschläge Nr. 1.2 und 1.3 wurden zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen. Der zulässige abgewandelte Beschlussvorschlag könnte insofern lauten: 1.2 Der Gemeinderat appelliert an den Oberbürgermeister, die gesetzlichen Vorgaben im Sprengstoffrecht im Rahmen der Zuständigkeit der Stadt Lahr möglichst strikt anzuwenden. 1.3 Die Stadtverwaltung möge eine Karte erstellen, die aufzeigt, wo es im Stadtgebiet durch das Abbrennen von Feuerwerk zur Gefährdung von Menschen, Tieren und Sachgütern kommen kann. Grundsätzliches: Die kommunalen Aufgaben im Sprengstoffrecht fallen als Pflichtaufgabe nach Weisung in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters. Hierzu kann Folgendes berichtet werden: Pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 2 (Feuerwerk) dürfen in der Zeit vom 2. Januar bis 30. Dezember nur durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 oder § 27 des Sprengstoffgesetzes (SprengG), eines Befähigungsscheines nach § 20 des SprengG oder einer Ausnahmebewilligung nach § 24 Abs. der 1. Sprengstoffverordnung (zukünftig SprengV) abgebrannt werden gemäß § 23 Abs. 2 1.SprengV. Privatpersonen dürfen ohne Ausnahmebewilligung im Zeitraum 2. Januar bis 30. Dezember kein Feuerwerk abbrennen. Die erforderlichen Ausnahmebewilligungen hierfür werden von der Stadt Lahr grundsätzlich nicht erteilt. Ein zusätzliches Verbot für diesen Zeitraum ist daher aufgrund der Gesetzeslage nicht notwendig. An Silvester sind nach § 23 Absatz 2 Satz 2 der 1. SprengV volljährige Personen berechtigt, Feuerwerkskörper der Kategorie F2 zu zünden. Dies gilt nicht für Minderjährige. Das Abbrennen von Feuerwerk in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinderund Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen ist verboten (§ 23 Abs. 1 der 1. SprengV). Besonders brandempfindliche Bauten finden sich in der Lahrer Kernstadt nicht. Dennoch wurde die in der Anlage befindliche Karte erstellt, welche Denkmale in der Kernstadt und solche im Bereich der Kasernenbauten im Süden aufführt. Auch diese Denkmale sind vorwiegend nicht aus Holz oder gar mit einem Reetdach ausgestattet, womit die besondere Brandempfindlichkeit nach aktuellen Erkenntnissen ausscheidet. Das Erstellen einer Karte für das Drucksache 260/2020 Seite - 3 - gesamte Stadtgebiet, in der alle potentiell brandempfindlichen Gebäude wie z.B. auch Holzschuppen oder alte Tabakscheunen aufgezeigt und beurteilt werden, bindet erhebliche Kapazitäten der Abteilung Bauordnung und des Brandschutzes. Auf Grund der bereits bestehenden Verbotsregelung nach § 23 Abs. 2 S. 2 der 1.SprengV kann die Verwaltung einen Mehrwert einer solchen Karte nicht erkennen und möchte sich deswegen gegen den Beschlussvorschlag Nr. 1.3 des Fraktionsantrages aussprechen. Weitere Einschränkungen: Die Anwendung der polizeilichen Generalklausel für diesen Regelungsbereich wird in anderen Städten erwogen und teilweise auch genutzt. Es wird auch die Rechtsmeinung vertreten, dass das Sprengstoffrecht für den Gefahrenabwehrbereich grundsätzlich abschließende Regelungen trifft (VG Oldenburg, Beschl. v. 19.7.2019 – 5 B 2073/19) Für Lahr sieht die Stadtverwaltung momentan kein Handlungserfordernis. Hierzu bedürfte es einer sogenannten konkreten Gefahr. Dies gilt sowohl für den Erlass einer an eine bestimmte Person gerichtete Verbotsverfügung, als auch für den Erlass einer an einen Personenkreis gerichtete Allgemeinverfügung. Eine konkrete Gefahr setzt eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Beeinträchtigung an polizeilich geschützten Rechtsgütern führt. Konkret ist eine Gefahr dann, wenn sich die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes aus einem bestimmten einzelnen Sachverhalt ergibt. Bereits aus der Definition der konkreten Gefahr lässt sich ableiten, dass derartige Maßnahmen nicht ohne Bezug zu einem Einzelfall erlassen werden können. D.h. auf die Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) gestützte Maßnahmen lassen sich erst dann treffen, wenn sich die Situation vor Ort so darstellt, dass das Abbrennen von Feuerwerk mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt eines Schadens befürchten lässt. Eine Abfrage bei den Kolleginnen und Kollegen der Landespolizei und den Ämtern und Abteilungen im Hause ergab keine ausreichende Grundlage, nach der sich eine hinreichende polizeiliche Gefahrenlage ergäbe. Der VGH Kassel leitet in seinem Urteil vom 13.5.2016 – 8 C 1136/15.N aus den gesetzlichen Anforderungen an Feuerwerksköper der Kategorie 2 bis 4 nachvollziehbar ab, dass die hervorgerufenen Geräuschimmissionen durch Feuerwerk der Kategorie 2 nicht im Bereich der Gesundheitsgefahr, sondern der Belästigung liegen. Damit wird die polizeirechtlich relevante Gefahrenschwelle zumindest durch die Geräuschwirkungen nicht erreicht. Allgemeinverfügungen aus anderen Städten stützen sich darauf, dass in der Innenstadt typischerweise die Sicherheitsabstände nicht eingehalten würden, gehäuft unzulässige Pyrotechnik verwendet wird oder gar Sicherheitskräfte attackiert würden.1 Solche Negativerfahrungen bestehen in Lahr nicht in ausreichendem Maße, um über die polizeiliche Generalklausel tätig werden zu können. Auswertung der Polizeieinsätze über den Jahreswechsel 2019/2020 Im Zeitraum 31.12.2019 bis einschließlich 01.01.2020 zählte das Polizeirevier Lahr auf der Gemarkung Lahr insgesamt zwölf Einsätze/Vorgänge die im Zusammenhang mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern anfielen. Die Einsätze/Vorgänge lassen sich wie folgt klassifizieren: - Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB (6 mal) 1 Exemplarisch: https://www.hannover.de/content/download/750706/18832704/file/Allgemeinverf%C3%BCgung+Feuerwerksk%C3%B6rp er.pdf Drucksache 260/2020 Seite - 4 - - Fehlalarm (1 mal) - Brand ohne strafbare Handlung (1 mal) - Streitigkeit (1 mal) - Sonstiges (3 mal) Die insgesamt zwölf protokollierten Einsätze/Vorgänge lassen sich wiederum nach der Unmittelbarkeit unterscheiden. Insgesamt standen sieben der zwölf protokollierten Einsätze/Vorgänge in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern. Fünf der zwölf protokollierten Einsätze/Vorgänge hatten hingegen nur mittelbar mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu tun. Die Betrachtung von weiter zurückliegenden Zeiträumen war nicht möglich, da die Vorgänge aus früheren Jahreswechseln aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr einsehbar sind. Auch das Thema Brandgefahr vermag weitere Verbote in Lahr nach dem Polizeirecht nicht zu begründen. Auswertung der Feuerwehreinsätze über die letzten drei Jahreswechsel Jahreswechsel 2017 auf 2018 Jahreswechsel 2018 auf 2019 Insgesamt drei Feuerwehreinsätze im Zeitraum 31.12.2017 bis einschließlich 01.01.2018; kein Zusammenhang mit dem Abbrennen von Feuerwerk erkennbar. Insgesamt vier Feuerwehreinsätze im Zeitraum 31.12.2018 bis einschließlich 01.01.2019; kein Zusammenhang mit dem Abbrennen von Feuerwerk erkennbar. Jahreswechsel 2019 auf 2020 Insgesamt sechs Feuerwehreinsätze im Zeitraum 31.12.2019 bis einschließlich 01.01.2020; lediglich vier der sechs Feuerwehrsätze konnten auf das Abbrennen von Feuerwerk zurückgeführt werden. Lediglich bei zwei Einsätzen war das Abbrennen der Feuerwerkskörper unmittelbar für den Feuerwehreinsatz verantwortlich. Bei den anderen beiden Feuerwehreinsätzen sorgte das Abbrennen von Feuerwerkskörpern lediglich mittelbar für die Feuerwehreinsätze. Auf Basis dieser Zahlen sieht die Stadtverwaltung im Rahmen der Pflichtaufgaben nach Weisung keinen Anlass für Verbote von Feuerwerk mit ausschließlicher Knallwirkung nach § 24 Absatz 2 S. 1 Nr. 2 der 1. SprengV in „bestimmten dicht besiedelten Gebieten“, also in der Innenstadt. Der Behörde steht hier ein Ermessensspielraum zu, welcher in den hierfür bestehenden Grenzen auszuüben ist. Konkret sind die jeweils kollidierenden Interessen so in einen Ausgleich zu bringen, dass der Grad der Beeinträchtigung die Einschränkung der Freiheit rechtfertigt. Dabei sind Tierwohlbelange nicht zuletzt nach Art. 20a GG ebenso mit einbezogen worden. Drucksache 260/2020 Seite - 5 - Im Rahmen des Ermessens ist klarzustellen, dass nicht jede Beeinträchtigung eine Handlung der Gefahrenabwehrbehörde nachsichziehen muss. Guido Schöneboom Erster Bürgermeister Mats Tilebein Amtsleiter