Beschlussvorlage (badenova AG & Co. KG; Änderung des Gesellschaftsvertrages)
23. Oktober 2023
Beschlussvorlage Federführende Stelle: 202 Sachbearbeitung: Singler Drucksache Nr.: 196/2023 Az.: 922.5222 An der Vorlagenerstellung beteiligte Stellen Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Verwaltungs- und Vorlagenkonfe- 27.09.2023 renz vorberatend nichtöffentlich Freigabe Haupt- und Personalausschuss 09.10.2023 vorberatend nichtöffentlich Einstimmig Gemeinderat 23.10.2023 beschließend öffentlich Betreff: badenova AG & Co. KG; Änderung des Gesellschaftsvertrages Beschlussvorschlag: 1. Der Gemeinderat stimmt der Neufassung des Gesellschaftsvertrages der badenova AG & Co. KG gemäß beigefügter Anlage zu. 2. Der Gemeinderat ermächtigt den Vertreter der Stadt die zum Vollzug der Beschlussziffer 1 in der Gesellschafterversammlung der badenova AG & Co. KG erforderlichen Erklärungen abzugeben und Beschlüsse herbeizuführen. Zusammenfassende Begründung: Der Gesellschaftsvertrag der badenova AG & Co. KG soll geändert werden, um künftig sogenannte Inhousevergaben zu ermöglich. Drucksache 196/2023 Seite 2 Sachdarstellung Aktuelle Situation und Handlungsnotwendigkeit: Der aktuelle Gesellschaftsvertrag lässt keine ausschreibungsfreien Direktvergaben der beteiligten Kommunen an die badenova AG & Co. KG zu. Zielsetzung: Ermöglich von ausschreibungsfreien Direktvergaben an das Unternehmen. Maßnahmen: Änderung des Gesellschaftsvertrages. Alternativ geprüfte Maßnahmen: Keine Erwartete finanzielle und personelle Auswirkungen: ☒ Die Maßnahme hat keine finanziellen oder personellen (i.S.v. Personalmehrbedarf) Auswirkungen Begründung: A.) Ausgangslage An der badenova AG & Co. KG sind über 100 Kommunen der Region direkt oder indirekt beteiligt. Die badenova AG & Co. KG erbringt für ihre Gesellschafterkommunen insbesondere über ihre Tochtergesellschaften eine Vielzahl an Leistungen im Bereich der Energie-, Wasser und Wärmeversorgung. So ist die badenovaNETZE GmbH als Netzbetreiberin von Gas-, Strom- und Wassernetzen in den Kommunen tätig. Daneben erbringt sie aber auch weitere Dienstleistungen in diesem Zusammenhang, wie die Betriebsführung im Abwasserbereich oder aber bei der öffentlichen Straßenbeleuchtung. Während der Betrieb von Energie- und Wassernetzen im Rahmen von Konzessionen ausgeschrieben wird, fallen die weiteren Dienstleistungen unter das allgemeine Vergaberecht. Das GWB sieht für öffentliche Auftraggeber vor, dass bei einer Inhouse-Vergabe im Rahmen des § 108 GWB keine öffentliche Ausschreibung vorgenommen werden muss, sondern ausnahmsweise ein Unternehmen direkt beauftragt werden kann. Voraussetzung hierfür ist die Inhousefähigkeit des beauftragten Unternehmens, bei dem die folgenden Kriterien vorliegen müssen: Drucksache 196/2023 • Das Kontrollkriterium (1) o Öffentliche Auftraggeber kontrollieren gemeinsam das Unternehmen wie eine eigene Dienststelle • das Wesentlichkeitskriterium (2) o 80% der Tätigkeiten dienen der Ausführung von Aufgaben, mit denen die öffentlichen Auftraggeber das Unternehmen betraut haben. • das Beteiligungskriterium (3) o Keine relevante unmittelbar oder mittelbare private Kapitalbeteiligung an dem Unternehmen Um die Herausforderungen der kommunalen Gesellschafter der badenova AG & Co. KG zu erleichtern, soll der Gesellschaftsvertrag der badenova AG & Co. KG so angepasst werden, dass durch die Kontrolle über die badenova AG & Co. KG die badenovaNETZE GmbH als inhousefähiges Unternehmen direkt von allen kommunalen Gesellschaftern beauftragt werden kann. Dies soll eine weitere Möglichkeit eröffnen, Aufträge leichter an ein kommunales Unternehmen zu erteilen, so dass die Wertschöpfung im kommunalen Bereich bleibt. Es besteht allerdings keinerlei Zwang, Inhousevergaben durchzuführen. Es eröffnet lediglich eine weitere Möglichkeit. Nach einem von der badenova AG & Co. KG beauftragten Rechtsguten der Rechtsanwaltskanzlei Wurster Weiß Kupfer Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Freiburg (W2K) sind die Kriterien 2 und 3 bei der badenovaNETZE GmbH, die überwiegend öffentliche Infrastrukturleistungen erbringt, erfüllt. Um auch das 1. Kriterium für eine Inhousefähigkeit zu erfüllen, bedarf es geringfügiger Änderungen des Gesellschaftsvertrages der badenova AG & Co. KG, die zu einer Stärkung des Einflusses der kommunalen Gesellschafter gegenüber der Thüga AG als Mitgesellschafterin führen. Die zur Herstellung der Inhousefähigkeit der badenovaNETZE GmbH erforderliche Änderung des Gesellschaftsvertrags soll zum Anlass genommen werden, auch weitere sinnvolle Anpassungen vorzunehmen, insbesondere um den Aufsichtsrat der badenova & Co. KG von nicht aufsichtsratsrelevanten Themen zu entlasten. B.) Änderung des Gesellschaftsvertrages Der Gesellschaftsvertrag mit allen Änderungsvorschlägen ist als Anlage 1 der Drucksache … beigefügt. Anlage 2 enthält die künftige Fassung des Gesellschaftsvertrags im Lesemodus (ohne kenntlich gemachte Änderungen). Die Änderungsvorschläge wurden zwischen der Stadt Freiburg, der Thüga AG und der badenova AG & Co. KG abgestimmt. Die Formulierungen zur Herstellung der Inhouse-Fähigkeit wurden von der Kanzlei W2K erarbeitet. Im Folgenden sind die wesentlichen Änderungen erläutert: § 8 Abs. 2 lit. l) - Gesellschafterversammlung Neben der badenovaNETZE GmbH und der badenovaWÄRMEPLUS GmbH & Co.KG hat die badenova AG & Co. KG ihre Holdingstruktur erweitert und die Geschäftseinheiten Markt & Energiedienstleistungen (Vertrieb) und Erneuerbare Energien in eigene Gesellschaften übertragen. Daher soll der Katalog der in § 8 Abs. 2 lit. l) um die badenova Energie GmbH und die badenova EE GmbH (aktuell noch ein Arbeitstitel. Der Firmennamen wird sich noch ändern) erweitert werden. Seite 3 Drucksache 196/2023 § 8 Abs. 2 lit. r) - Gesellschafterversammlung Um die badenovaNETZE GmbH inhousefähig zu machen, müssen die kommunalen Gesellschafter das Unternehmen kontrollieren können. Hierzu gehört auch ein maßgeblicher Einfluss auf die strategischen Ziele der Gesellschaft, der über den neu eingefügten Zustimmungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung sichergestellt werden soll. § 8 Abs. 3 (neu) - Gesellschafterversammlung Durch die Neuaufnahme dieser Regelung soll das Kontrollkriterium bei der Inhousevergabe sichergestellt werden. Die Zustimmungsbefugnis zu Stimmabgaben in Gesellschafterversammlungen von Beteiligungsunternehmen der badenova AG & Co. KG liegt beim Aufsichtsrat. Um aber bzgl. der badenovaNETZE GmbH die kommunale Kontrollmöglichkeit sicherzustellen, sollen die Gesellschafter Beschlussgegenstände auf die Ebene der Gesellschafterversammlungen verlagern können. Diese Möglichkeit soll durch diese Regelung geschaffen werden. § 10 Abs. 5 (neu) – Vorsitz und Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung Korrespondierend zu der Erweiterung der Kompetenz der Gesellschafterversammlung in § 8 Abs. 3 (neu) soll auch bei der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung die kommunale Kontrollmöglichkeit bei Entscheidungen bzgl. der badenovaNETZE GmbH sichergestellt werden. Neben der Mehrheit muss auch die Mehrzahl (Köpfe) der kommunalen Gesellschafter zustimmen. Sofern diese doppelte Zustimmungsmehrheit nicht erreicht werden kann, findet eine zweite Abstimmung statt, bei der dann ausschließlich die kommunalen Kommanditisten stimmberechtigt sind. Des Weiteren soll sichergestellt werden, dass mit den neu geschaffenen Regelungen zur Inhousefähigkeit keine weiteren Sonderrechte von einzelnen Gesellschaftern geschaffen werden. § 12 Abs. 3 – Vorsitz im Aufsichtsrat Bis dato wurden die Aufgaben des Präsidiums in Einzelbeschlüssen geregelt. Diese Einzelbeschlüsse sollen nunmehr zur Erleichterung der Nachvollziehbarkeit in einer Geschäftsordnung geregelt werden können. § 13 Abs. 8 – Einberufung und Beschlussfassung des Aufsichtsrats Bisher gab es keine Regelung im Gesellschaftsvertrag, bis wann die Niederschriften der Aufsichtsratssitzungen den Mitgliedern zu übersenden sind. Dies soll nunmehr geregelt werden. Niederschriften werden regelmäßig als Tagesordnungspunkt der nächstfolgenden Aufsichtsratssitzung aufgenommen, etwaige Berichtigungswünsche sind bis spätestens zu diesem Zeitpunkt vorzubringen. § 14 Abs. 2 (neu) – Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat, Ausschüsse Damit das Kontrollkriterium durch die kommunalen Gesellschaftervertreter im Aufsichtsrat sichergestellt werden kann, müssen diese die Informationen im Aufsichtsrat an die kommunalen Kommanditisten weitergeben können, die sie gewählt haben. Seite 4 Drucksache 196/2023 § 15 Abs. 1 – Aufgaben des Aufsichtsrats Aufgrund der Holdingstruktur der badenova AG & Co. KG sollen Berichtspflichten der Geschäftsführung sichergestellt werden, damit die Gesellschafter auch über die Geschäftseinheiten der badenova AG & Co. KG informiert werden. Dies wird durch eine Erweiterung auf die aktuellen Geschäftseinheiten erreicht. Auch wird das Wording aktualisiert und von „Geschäftsfelder“ auf „Geschäftseinheiten“ angepasst. § 15 Abs. 2 lit. c) – Aufgaben des Aufsichtsrats Die allgemeinen Tarifpreise im Wasserbereich werden gemeinsam mit den betroffenen Kommunen (derzeit Freiburg und Lahr) festgelegt. Einer Kontrolle durch den Aufsichtsrat bedarf es daher nicht mehr. Allgemeine Tarifpreise bei der Wärmeversorgung gibt es nicht. Da aber die Wärmeversorgung künftig einen immer größeren Umfang einnehmen wird, sollte der Aufsichtsrat die Möglichkeit haben, über die Grundsätze der Ermittlung der Wärmepreise mitzubestimmen. So kann sichergestellt werden, dass diese für das Unternehmen auskömmlich sind. § 15 Abs. 2 lit. h) - Aufgaben des Aufsichtsrats Die badenova AG & Co. KG wird in Gesellschafterversammlungen von Beteiligungsunternehmen aufgrund der gesetzlichen Vertretungsbefugnis von der Geschäftsführung vertreten. Daher bedarf es lediglich einer Regelung bzgl. der Besetzung von Aufsichtsräten. § 15 Abs. 2 lit. i) – Aufgaben des Aufsichtsrats Die Stimmabgabe in Beteiligungsunternehmen der badenova AG & Co. KG ist ein wesentlicher Punkt, um auch in Tochter- oder Enkelgesellschaften ausgelagerte Aufgaben zu kontrollieren. Allerdings kann dies auch dazu führen, dass sich der Aufsichtsrat mit einer Vielzahl von Stimmabgaben befassen muss, die keine Relevanz für den Konzern haben. Schon bisher sah der Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit vor, die Geschäftsführung durch Beschluss zu ermächtigen, eigenständig über die Beschlussfassung in Tochter- und Enkelgesellschaften zu entscheiden, hat allerdings zahlreiche Gegenstände von dieser Möglichkeit ausgenommen. Hier soll eine etwas größere Flexibilität ermöglicht werden, indem ausnahmsweise auch die Entscheidung über die bislang ausgenommenen Beschlussgegenstände auf die Geschäftsführung übertragen werden kann. Dabei spielt insbesondere die Wesentlichkeit der Beteiligungsgesellschaft für den badenova-Konzern eine Rolle. Unbenommen bleibt die Möglichkeit des Aufsichtsrats, diese Delegation auf die Geschäftsführung jederzeit wieder zurück zu nehmen. Hierbei sollen die starren Grenzen der bisherigen Regelung gelockert werden, damit der Aufsichtsrat flexibler entscheiden kann. § 15 Abs.2 lit. j) – Aufgaben des Aufsichtsrats Der Verzicht auf fällig Ansprüche ist ein klassisches Kerngeschäft der Geschäftsführung, da nur diese im Einzelfall beurteilen kann, ob bestehende Ansprüche durchsetzbar sind und insbesondere das wirtschaftliche Risiko abschätzen kann. Daher soll der Aufsichtsrat um diese Aufgabe entlastet werden. Seite 5 Drucksache 196/2023 § 15 Abs.2 lit. l)– Aufgaben des Aufsichtsrats Die Geschäftsführung sollte in die Lage versetzt werden, selbstständig darüber entscheiden zu können, wem eine Handlungsvollmacht zu erteilen ist. Ebenso sollte ein etwaig erforderlicher Widerruf einer Prokura schnell und unbürokratisch umsetzbar sein. Daher soll nur noch die Erteilung einer Prokura von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig sein. § 16 – Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder Der Aufsichtsrat hatte bereits im Jahr 2023 beschlossen, dass keine Auslagen der Mitglieder neben der Vergütung mehr erstattet werden sollen. Dies soll nun auch im Gesellschaftsvertrag so umgesetzt werden. § 18 - Wirtschaftsplan und mittelfristige Planung Die Wirtschaftsplanung soll vom Wortlaut her an das Reporting der badenova AG & Co.KG und des Gesamtkonzerns angepasst werden. So werden die aktuellen Geschäftseinheiten dargestellt. Darüber hinaus wird § 18 Abs. 2 gestrichen und in § 18 Abs. 1 integriert. Inhaltlich ändert sich durch diese Anpassung nichts, es bleibt wie bisher bei einem Wirtschaftsplan für das kommende Jahr und einer mittelfristigen Planung für vier weitere Jahre. Dies soll lediglich vom Wortlaut her einfacher und klarer dargestellt werden. § 20 Abs. 2 – Verteilung von Gewinn und Verlust Die Besetzung des Sachverständigenbeirats soll weiterhin grundsätzlich bei den Hauptgesellschaftern liegen. Allerdings soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass auch der Aufsichtsrat Mitglieder bestellen kann, wenn die Hauptgesellschafter von ihrem Recht keinen Gebrauch machen. Dies soll den Ablauf bei der Bestellung von neuen Mitgliedern vereinfachen. C.) Rechtsaufsicht Die Änderung des Gesellschaftsvertrags wurde von der Stadt Freiburg mit dem Regierungspräsidium Freiburg vorabgestimmt. Das Regierungspräsidium sieht das Vorhaben als rechtlich zulässig an und hat bestätigt, dass die Gesellschaftsvertragsänderung kein Genehmigungs- bzw. Vorlageerfordernis seitens der Rechtsaufsicht auslöst. D.) Verfahren und Zeitplan Über die Änderung des Gesellschaftsvertrags soll die Gesellschafterversammlung der badenova AG & Co. KG in ihrer nächsten turnusgemäßen Wintersitzung (voraussichtlich (17. November 2023) entscheiden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten die Vertreter der badenova-Kommanditisten alle erforderlicheren Gremienbeschlüsse für die erforderliche Beschlussfassung eingeholt haben Seite 6 Drucksache 196/2023 Seite 7 Die Verwaltung schlägt vor dem Beschlussvorschlag zuzustimmen. Markkus Ibert Oberbürgermeister Markus Wurth Stadtkämmerer Anlage(n): Gesellschaftsvertrag badenova - Änderungsmodus Gesellschaftsvertrag badenova Lesemodus Anlage0 Hinweis: Die Mitglieder des Gremiums werden gebeten, die Frage der Befangenheit selbst zu prüfen und dem Vorsitzenden das Ergebnis mitzuteilen. Ein befangenes Mitglied hat sich in der öffentlichen Sitzung in den Zuhörerbereich zu begeben und in der nichtöffentlichen Sitzung den Beratungsraum zu verlassen. Einzelheiten sind dem § 18 Abs. 1-5 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg zu entnehmen.