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Beschlussvorlage (Maßnahmen gegen das Insektensterben im Verantwortungsbereich der Stadt Lahr)

                                    
                                        Beschlussvorlage
Amt: 602
Stahl

Datum: 08.07.2020 Az.: 60/602 St

Drucksache Nr.: 191/2020

Beratungsfolge

Termin

Beratung

Kennung

Abstimmung

Umweltausschuss

28.07.2020

beschließend

öffentlich

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

Haupt- und Personalamt
Abt. 10/101

Kämmerei

Rechts- und
Ordnungsamt

Betreff:

Maßnahmen gegen das Insektensterben im Verantwortungsbereich der Stadt Lahr

Beschlussvorschlag:

1. Der Umweltausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.
2. Ein Aktionsplan zur Förderung der Artenvielfalt soll im Rahmen des Integrierten
städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) sowie des Flächennutzungsplans
erarbeitet werden.

Anlage(n):
SPD-Antrag "Maßnahmen gegen das Insektensterben im Verantwortungsbereich der Stadt
Lahr", Januar 2020
Gesetzentwurf-zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes, Stand April 2020
Eckpunktepapier zum Volksbegehren "Rettet die Bienen", Oktober 2019•
Auszug aus der Niederschrift vom Umweltausschuss am 16.07.2018

BERATUNGSERGEBNIS

Sitzungstag:

Bearbeitungsvermerk

 Einstimmig  lt. Beschlussvorschlag  abweichender Beschluss (s. Anlage)
 mit Stimmenmehrheit

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

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Sachdarstellung:
Die SPD- Gemeinderatsfraktion hat in einem Antrag an den Oberbürgermeister am 24.1.2020
um einen Bericht gebeten, was die Stadt Lahr in ihrem Verantwortungsbereich tut, um dem
Artensterben entgegenzuwirken und wie die Stadt gedenkt, auf die Maßnahmen des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" zu reagieren.
1.a) Was hat die Stadt Lahr in ihrem Verantwortungsbereich bereits getan, um dem Artensterben entgegenzutreten?
Folgende Aktivitäten wurden bereits umgesetzt in der Zuständigkeit der Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt (Aufzählung ist nicht abschließend):


In der Zuständigkeit der Abteilung werden ca. 250 ha städtische Grünflächen gepflegt
und unterhalten. Diese sind i.d.R. intensiv für Freizeitaktivitäten genutzt. Der hohe
Nutzungsdruck lässt meistens nur intensiv gepflegten Rasen zu, da Extensivwiesen ein
Betreten nicht vertragen. Wo dies möglich ist, werden jedoch Wiesen mit extensiver
Pflege belassen, wie z.B. im Kleinfeld-Park, Grünanlage Ehemalige Kaserne, am Ehemaligen Campingplatz, LGS-Parks, etc.), In Baumscheiben und Staudenbeeten werden
bevorzugt insektenfreundliche Stauden gepflanzt.



Folgende Blühflächen wurden im Bereich der Grünflächen bislang neu angelegt:
o 2016:.Bergfriedhof, Anlage einer 500 qm großen Insektenwiese mit Hecke und
Insektenhotel mit Info zur bienenfreundlichen Grabbepflanzung
o 2017: Ansaat zweier Kreisel (Reichenbach, Fachmarktzentrum Mietersheim) mit
Blühmischungen
o 2017 LGS-Gelände: Ansaat von heimischen Blumenwiesen auf 7,40 ha (Seepark
4,96 ha, Bürgerpark 2,44 ha) in den Randbereichen außerhalb des Rundwegs)
zusätzlich im Seepark ca. 3 ha Wiesen als Ausgleichsflächen (Wiesen im Bereich
der Imker 7.500 qm, Streuobstwiese, Seggenried und Wiesen für Feuerfalter: 2,2
ha)
Frühjahr 2020: Optimierung des Mahdkonzeptes für alle LGS-Parks mit verschiedenen Mahdterminen für Teilflächen, Belassen von Altgrasstreifen für Insektenüberwinterung oder Mahd erst im Frühjahr
o 2017: im Zuge der Landesgartenschau: Ansaat von Blühmischungen auf insgesamt 1260 qm im Stadtgebiet (am Bahnhof, im Mauerfeld, B 415 bei Arena, B 415
Höhe Möbel Singler, Kuhbacher Hauptstraße, Bismarckstraße)
o 2019: Kleinfeldpark – Ansaat eines Teils der Grünflächen (1.700 qm) als extensiv
gemähte Wiesen und Blühstreifen



In Kooperation mit der Volksbank wurden 2019 Infotafeln zu insektenfreundlichen
Begrünung an den Blühflächen aufgestellt.
Ergänzend hierzu wurden im Frühjahr 2020 an 25 städtischen Biotopen und Ausgleichsflächen eigene erklärende Hinweisschilder aufgestellt. Hierdurch sollen Fehlnutzungen,
Müllablagerungen, etc. entgegengewirkt sowie die Akzeptanz für „unordentliche Optik“
erhöht werden.



In Lahr werden über 14.000 städtische Bäume an Straßen, Kindergärten, Schulen, und
in Grünflächen unterhalten. Allein von den ca. 8.000 Straßenbäumen mit schwierigen
Standortverhältnissen sind ca. 55 % heimische Bäume. Müssen Bäume aus Gründen der
Verkehrssicherheit gefällt werden, gibt es i.d.R. einen Ersatz im Verhältnis 1:1.

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Gemäß einem Gemeinderatsbeschluss von 2013 werden bevorzugt heimische Bäume
und Sträucher gepflanzt, wenn der Standort dafür geeignet ist.


Die Stadtverwaltung Lahr hat bislang über 100 Ausgleichsflächen und Biotope hergestellt. Die Abteilung öffentliches Grün und Umwelt koordiniert die dauerhafte Pflege.
Darunter sind aktuell ca. 5 ha extensive Streuobstwiesen und ca. 14 ha extensive
Wiesenflächen (davon 4,5 ha als Biotope ohne rechtliche Verpflichtung). Einige dieser
Wiesenflächen haben sich durch die extensive Pflege inzwischen zu gesetzlich geschützten Biotopen entwickelt. Seit diesem Jahr werden nach Vorgabe der Abteilung in den
meisten Wiesenflächen Altgrasstreifen stehen gelassen, die die Überwinterung von
Insekten ermöglichen sollen.
Aktuell in Bearbeitung sind der weitere Flächenzuwachs im Grüngürtel am nordöstlichen
Ortsrand Hosenmatten (ca. 5 ha Ausgleichs- und CEF-Fläche für das Baugebiet Hosenmatten), Flächen zum Ausgleich der neuen Feuerwache sowie die Aufwertung des
Gereutertalbachs Reichenbach als Ökokontomaßnahme. Darüber hinaus sollen im Spätjahr noch einige weitere Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden.
Im Ökokonto der Stadt sind aktuell sechs Maßnahmen bzw. Flächen als Guthaben eingestellt. Details hierzu können der ausführlichen Vorlage 290/2018 zu Kompensationsflächen entnommen werden. Die aktualisierte Bewertung bzw. Berechnung der verfügbaren
Ökopunkte steht für den Seepark noch aus, dies soll an ein externes Büro vergeben
werden.
Ein GIS-Kataster über Biotop- und Kompensationsflächen ist bei der Abteilung intern in
Arbeit und bereits zu ca. 80 % fertiggestellt.



2015 wurde an der Straße von Sulz zum Langenhard ein Amphibienzaun errichtet, um
den Straßentod von Amphibien bei der Wanderung aus dem Wald zum Naturbad zu verhindern. Seither wird die Betreuung der Amphibienwanderung mit Ehrenamtlichen durch
die Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt koordiniert.



Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerberatung:
Um auf die Bedeutung von heimischen Bäumen hinzuweisen, pflanzt der Oberbürgermeister seit 2012 jährlich den Baum des Jahres in einer städtischen Grünfläche.
Im letzten Jahr wurde auf Initiative des Gemeinderats ein Wettbewerb zu naturnahen
Gärten durchgeführt, eine Wiederholung ist geplant.
Die Anfrage von Bürgern sowie von anderen Dienststellen bei der Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt zu Fragen des Baum-, Arten- und Biotopschutzes nimmt seit
Jahren zu und wird nach Möglichkeit bedient.
Aktive Öffentlichkeitsarbeit kann im Rahmen der begrenzten personellen Kapazitäten
darüber hinaus nur punktuell erfolgen.
Naturschutzverbände und Initiativen werden bei Bedarf nach Kräften von der Stadtverwaltung unterstützt.



Eine Wildkrautbekämpfung in öffentlichen Flächen durch den Bau- und Gartenbetrieb
Lahr (BGL) erfolgt grundsätzlich nur an repräsentativen Stellen mit hohem Ordnungsanspruch. Die Bekämpfung erfolgt dann zu 100 % umweltfreundlich, d.h. ohne Herbizide.
Zum Einsatz kommen stattdessen mechanische Verfahren. Der Einsatz von Insektiziden
und Fungiziden erfolgt nur im begründeten Ausnahmefall.



Der BGL praktiziert seit Jahren im Auftrag der Stadtverwaltung eine naturschonende
Graben- und Gewässerpflege. Dies wird bei Gewässerschauen regelmäßig durch das
Amt für Wasserwirtschaft bestätigt.



Stadtplanungs- und Stadtbauamt nutzen in neuen Bebauungsplänen alle rechtlich verfügbaren Möglichkeiten, um einen hohen Umweltstandard in der Bauleitplanung und
Stadtentwicklung einzuhalten. Regelmäßig wird z.B. eine extensive Dachbegrünung für

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Flachdächer auferlegt, die immer auch zusätzlich zu einer Photovoltaik-Nutzung erfolgen
muss. In den neueren Bebauungsplänen (z.B. Altenberg) wurden bereits frühzeitig
Formulierungen angepasst und nachgeschärft, die eindeutig eine Flächenbegrünung
fordern und Schottergärten ausschließen.
Bei Stellungnahmen zu Bauanträgen werden nach Möglichkeit Privatleuten und Firmen
Hinweise und Empfehlungen zu einer naturnahen Flächennutzung gegeben.


An einigen städtischen Gebäuden wurden in den letzten Jahren freiwillige Maßnahmen
für gebäudebewohnende Tierarten durchgeführt. So wurden z.B. Nistkästen für Mauersegler bislang an der Geroldsecker Schule, Luisenschule sowie an der Tonofenfabrik angebracht. Durch Einbau einer Fassadenöffnung bei einem Wasserhäuschen im Wald am
Altenberg wurde ein Quartierangebot für Fledermäuse geschaffen. Bei Dachsanierungen
oder Neubau von Gebäuden wurden und werden freiwillige Dachbegrünungsmaßnahmen
durchgeführt, z.B. beim Max-Planck-Gymnasium.

1.b) Wie gedenkt die Stadt Lahr, auf die im Eckpunktepapier der Landesregierung zu
dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ genannten 11 Maßnahmenpakete im Bereich
der Stadt Lahr zu reagieren?
Als Reaktion auf das Volksbegehren und das Eckpunktepapier (siehe Anlage) hat die
Landesregierung im Januar einen eigenen Gesetzesentwurf (Gesetz zur Änderung des Naturschutzgesetzes (NatSchG) und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG),
siehe Anlage) vorgelegt, der die 11 Maßnahmenpakete aufgreift und erweitert. Die Gesetzesänderungen sollen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Im Folgenden
werden die Punkte des Maßnahmenpaketes kommentiert, die die Kommunen betreffen, (in
Klammern der entsprechende Paragraph des Gesetzesentwurfes).
1. Artenvielfalt soll als gesetzliches Ziel aufgenommen werden
(Art. 1, Abs. 1, neuer § 1a NatSchG)
Wie andere Kommunen auch so setzt auch die Stadt Lahr die Förderung des Artenschutzes
bereits vielfältig um (siehe Antwort zu 1.a) sowie weitere Punkte).
2. Ausbau des Biotopverbunds
(Art.1, Abs. 7, Änderung § 22 NatSchG, Art. 2, Abs. 1, Abs. 6, neuer § 17d LLG)
Der Gesetzesentwurf konkretisiert den Ausbau der Biotopverbundfläche im Land. Alle öffentlichen Planungsträger sollen „bei ihren Planungen und Maßnahmen die Belange des
Biotopverbundes berücksichtigen. Für die Umsetzung erstellen die Gemeinden […]
Biotopverbundpläne oder passen die Landschafts- oder Grünordnungspläne an.“
Diese Vorgaben wird die Stadtverwaltung selbstverständlich im Rahmen aller Grünordnungspläne sowie bei der Neuaufstellung des Landschaftsplans berücksichtigen.
Es bleibt abzuwarten, ob es zum Flächenziel des Landes weitere ausgestaltende Vorschriften geben wird. Die Bereitstellung von zusätzlichen Fördermitteln durch das Land wäre zu
begrüßen.
3. Erhalt von Streuobstwiesen (Art. 1, Abs. 8, neuer § 33a NatSchG)
Dem Gesetzesentwurf nach sollen Streuobstbestände mit einer Mindestfläche von 1500 qm
erhalten und nur mit Genehmigung umgewandelt werden dürfen.

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Die Abteilung öffentliches Grün und Umwelt betreut aktuell 11städtische Flächen mit ca. 5 ha
extensiver Streuobstwiesen. Diese sind mit Ausnahme einer kleinen Fläche komplett als
Ausgleichsflächen definiert und somit dauerhaft gesichert. Die Pflege (Mahd und Obstbaumschnitt) wird jährlich an lokale Landwirte und den Bau- und Gartenbetrieb Lahr (BGL) beauftragt.
4. Konsequenter Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft, Aufbau eines landesweites Kompensationsflächenkataster (Art. 1, Abs. 4, Änderung § 18 (2) NatSchG)
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg eine
öffentlich einsehbare Plattform zu Kompensationsmaßnahmen im Internet einrichtet. Die
Gemeinden sollen der unteren Naturschutzbehörde „zur Aufnahme in das Kompensationsverzeichnis die vorgesehenen [außerhalb des Baugebietes gelegenen] Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mitteilen“.
Die Stadtverwaltung sorgt selbstverständlich im Rahmen ihrer Zuständigkeit für einen konsequenten naturschutzrechtlichen Ausgleich und Ersatzmaßnahmen im Rahmen des Artenschutzrechtes. Die Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt ist bereits seit längerer Zeit
dabei, parallel zur sonstigen Arbeit ein kommunales Kataster für Kompensations- und
Biotopflächen im Geographischen Informationssystem (GIS, d.h. Karte mit hinterlegter Dateninformation) zu erarbeiten. Die Fertigstellung wird für dieses Jahr angestrebt. Bislang sind
bereits 190 Flächen erfasst. Die Flächenverwaltung und Pflege der städtischen Biotope und
Ausgleichsflächen obliegt der Abteilung Öffentliches Grün und Umwelt. Verstöße und
Schadensfälle können personell nur in ganz begrenzten Einzelfällen verfolgt werden.
5. (Schutzwirkung der Schutzgebiete (…) effektiv gestalten
Auf dieses Ziel des Eckpunktepapiers können die Kommunen lediglich begleitend hinwirken,
da hier vor allem Landkreis und Land zuständig sind.
6. siehe unten
7. Ausbau des Anteil ökologische Landwirtschaft auf 30-40 % bis 2030
(Art. 2, Abs. 6, neuer § 17a, Abs. 7, Änderung § 20 LLG)
Im Gesetzesentwurf wird der Ausbau der ökologischen Landwirtschaft als Ziel, Aufgabe und
Fördermaßnahme des Landes benannt.
Für die kommunale Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen hat der Umweltauschuss am
16.7.2018 die Bevorzugung von ökologisch wirtschaftenden Betrieben bei der Pachtvergabe
abgelehnt.
Die Stadt Lahr wird vor allem im Rahmen der eigenen Beschaffung ihre Vorbildfunktion weiterhin wahrnehmen.
6. Reduzierung von chem. – synthetischen Pflanzenschutzmitteln um 40 – 50 %
& 8. Verbot aller chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel in Privatgärten
(Art. 1, Abs. 9, Änderung § 34 , neuer § 34a NatSchG, Art. 2, Abs. 1, Änderung § 4, § 9,
neuer § 17b und 17c LLG)
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass in Naturschutzgebieten ab 01.01.2022 (für Private
Gärten schon früher) grundsätzlich keine Pestizide mehr angewendet werden dürfen. In
anderen Schutzgebieten dürfen in privaten Gärten keine chemisch-synthetischen Pflanzen

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schutzmittel mehr ausgebracht werden. Die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes
sind einzuhalten, dessen Definition wird neu gefasst.
Nach dem Gemeinderats-Antrag und der Behandlung im Gemeinderat und Umweltausschuss
zum Thema „Verwendung von Pestiziden auf städtischen Flächen in Lahr“ 2018 (Ergebnisprotokoll siehe Anlage) wurden die Beschlüsse des Rates umgesetzt und in die Pachtverträge der Abteilung Liegenschaften und Verwaltungsservice übernommen. Dementsprechend ist die Anwendung von Glyphosat und Neonicotinoiden sowie die Aussaat gentechnisch veränderten Saatguts auf ackerbaulichen Flächen der Stadt Lahr und in städtischen
Kleingärten die generelle Anwendung von Pestiziden nicht gestattet.
In städtischen öffentlichen Grünflächen werden grundsätzlich keine chemischsynthetischen Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt. Bei der stadteigenen Kultur von
Chrysanthemen werden inzwischen vorrangig Nützlinge eingesetzt, jedoch kann hier sowie
bei der Rosenkultur im Stadtpark auf den Einsatz von Fungiziden nicht ganz verzichtet
werden.
Im Stadtwald Lahr werden nach den gängigen Richtlinien nur bei dringendem Bedarf und in
Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde Insektizide eingesetzt, falls eine rechtzeitige Abfuhr ins Sägewerk nicht möglich ist.
- zur Behandlung von Borkenkäfer befallenem Holz am Polter an der Waldstraße, damit diese nicht ausfliegen können.
- zur Schutzspritzung gegen den Nadelnutzholzbohrer während der Flugzeit von am Waldweg lagerndem Stammholz, zur Vermeidung einer großen Wertminderung bzw. entstehenden Unverkäuflichkeit.
Die Förderung von (privaten) standortgerechten Blühstreifen entlang öffentlicher Wege, Gewässer und Gehölzstreifen konnte wegen der Kürzung hierfür beantragter Haushaltsmittel
bislang nicht umgesetzt werden.
9. Artenschutz in Städten und Siedlungsbereichen


öffentliche Grünflächen insektenfreundlich gestalten und pflegen
(Art 1, Abs.2, Änderung § 2 NatSchG)
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Grünflächen sowie das Umfeld von öffentlichen Einrichtungen insektenfreundlich gestaltet und gepflegt werden sollen, soweit keine überwiegenden
öffentlichen Interessen entgegenstehen.
Eine extensive und insektenfreundliche Pflege wird bereits an einigen öffentlichen Grünflächen praktiziert.(s.o) Dies soll auch zukünftig ausgebaut werden, soweit dies jedoch die
Nutzungsintensität, der Flächen- und Finanzrahmen zulassen. An vielen Stellen steht das
erwünschte und erlaubte Betreten und Bespielen von Grünflächen der erfolgreichen Entwicklung von blumenreichen Wiesen entgegen. Extensive Wiesenmahd mit Abfuhr des Mahdgutes oder die Pflege naturnaher Staudenflächen sind entgegen der allgemeinen Meinung
i.d.R. teurer als die bisher überwiegend praktizierte Rasenpflege (Mulchen ohne Abfuhr des
Rasenschnitts). Nicht selten mangelt es zudem an der öffentlichen Akzeptanz und es kommt
zu Bürgerbeschwerden, wenn eine eher „unordentliche“ Optik eintritt.
Um hier auf mehr Verständnis hinzuwirken, hat die Abteilung öffentliches Grün zuletzt an 25
städtischen Blühwiesen, Biotopen und Ausgleichsflächen Informationsschilder verteilt, die
auch auf den pfleglichen Umgang mit diesen Flächen hinweisen.



konsequentes Verbot von Schottergärten
(Art.1, Abs. 6, neuer § 21a NatSchG) )

und

Versiegelung

von

Gärten

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Durch die Formulierung eines gesonderten Paragraphen soll die Gesetzesgrundlage gegen
die Anlage von Schottergärten gestärkt werden.
Nach Einschätzung der Abteilung Bauordnung wird ein effizientes und präventives Vorgehen
gegen Schottergärten jedoch durch andere gesetzliche Regelungen erschwert. So darf die
Genehmigung für die meisten Wohngebäude seit Juli 2019 nur noch im vereinfachten oder
im Kenntnisgabeverfahren erfolgen. Hierfür ist keine Vor-Ort-Abnahme durch die Abteilung
Bauordnung mehr vorgesehen. Selbst wenn gemäß Bebauungsplan ein Freiflächengestaltungsplan vorgelegt werden muss, wird hier selten ein Schottergarten dargestellt. Eine nachträgliche Kontrolle oder der Vollzug gegen einen Schottergarten bzw. eine übermäßige Freiflächenversiegelung ist personell kaum möglich, zudem ist das Durchsetzen einer Rückbauverpflichtung aufgrund der geltenden Widerspruchs- und Durchsetzungsregelungen äußerst
mühsam. Hier könnte der Gesetzgeber durch Anpassung der entsprechenden Gesetze seine
Prioritäten deutlicher machen.
Wie unter 1a) bereits ausgeführt, wurden in neueren Bebauungsplänen (z.B. Altenberg) Formulierungen zum Ausschluss von Schottergärten bereits nachgeschärft.


Eindämmung von Lichtverschmutzung (Art.1, Abs. 5, Änderung § 21 NatSchG)
Das Gesetz sieht vor, zukünftig alle Beleuchtungsanlagen an öffentlichen Straßen, Wegen
und Plätzen mit insektenfreundlicher Beleuchtung auszustatten, soweit Gründe der öffentlichen Sicherheit und Verkehrssicherheit nicht entgegenstehen. Die Umrüstung soll bis 2030
abgeschlossen sein.
Die städtische Straßenbeleuchtung in Lahr wird schon allein aus Gründen der Kosten- und
Energieeffizienz seit Jahren bzw. Jahrzehnten sukzessive auf LED-Beleuchtung umgestellt,
die weitestgehend insektenfreundlich ist. Eine reduzierte Lichttemperatur wird dabei durchgängig verfolgt. Inzwischen sind bereits ca. 70 % umgestellt. Die komplette Umstellung wird
nach Abschätzung der Abt. Tiefbau voraussichtlich in den nächsten 2 bis 3 Jahren erfüllt
sein.
In Bebauungsplänen des Stadtplanungsamtes wird regelmäßig insektenfreundliche
(LED-)Beleuchtung zur Außenbeleuchtung festgesetzt. Im Bebauungsplan „Altenberg, 1. Änderung“ wurde wegen der Nähe zum FFH-Gebiet speziell fledermausfreundliche Beleuchtung
auferlegt.
Gemäß Gesetzesentwurf soll die Beleuchtung der Fassaden öffentlicher Bauten im Sommer
ganztägig, im Winter von 22 bis 6 Uhr unterbleiben. In Lahr sind nur ganz wenige Denkmäler
(z.B. Storchenturm, Altes Rathaus) angeleuchtet, so dass die Verwaltung hier keinen Handlungsbedarf sieht. Bei Neuplanungen wurde bisher bereits grundsätzlich auf eine Fassadenbeleuchtung verzichtet. Auch hier wird niedertemperierte LED-Beleuchtung sukzessive umgesetzt.
Auf die weiteren Punkte des Eckpunktepapiers Nr. 10 (Wissensvermittlung und Forschung –
Ausbau durch das Land) und Nr. 11. Einrichtung eines Dialogforums Landwirtschaft und Naturschutz können die Kommunen lediglich begleitend hinwirken, da hier vor allem Landkreis
und Land zuständig sind.
Eine Wissensvermittlung geschieht bereits durch die Themenwahl in den öffentlichen Sitzungen des Umweltausschusses, sowie in vielfältiger Weise auch durch Ehrenamtliche wie z.B.
NABU, BUND, Freundeskreis Gartenschau, Freundeskreis Stadtpark, LOGL, Interkultureller
Garten etc. Für weitergehende Aktivitäten unter der Regie der Stadt stehen derzeit keine
finanziellen und personellen Kapazitäten zur Verfügung.

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1.c) Welche konkreten Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt sind geplant, wie
z.B. Blühstreifen, Blühinseln, ein nachhaltiges Flächenkonzept, Freiraumkonzept, Verhinderung von Schottergärten, naturnahe Privatgärten, naturnahe Gestaltung von
Grünflächen, Friedhöfen und Waldarealen, Biotopvernetzung, Kontrolle der Ausgleichsflächen, ökologische Aufwertung von Firmengelände, u.a.m.?
Grundsätzlich sollen alle unter 1.a) und 1.b) genannten Aktivitäten fortgeführt werden.
Weiterhin sind geplant:


Friedhöfe und Grünflächen
Weitere Aufwertungsmaßnahmen sind geplant, soweit dies die Nutzungserfordernisse, Flächen- und Finanzrahmen zulassen.



Wald
Im soeben aktualisierten Forsteinrichtungsplan sind ökologisch hochwertige Flächen sowie
solche Flächen ausgewiesen, die sich für eine weitere Aufwertung eignen.
Im Zuge der mittelfristig geplanten Erstellung eines Konzepts für Ökokonto-Maßnahmen im
Wald und der anschließenden Umsetzung sollen diese Potentiale genutzt werden.



naturnahe Firmengelände und Privatgärten:
Für dieses Jahr 2020 war ursprünglich eine Initiative der IHK südlicher Oberrhein mit einer
Vor-Ort-Veranstaltung in Lahr zur naturnahen Gestaltung von Firmengelände geplant. Die
Abt. Öffentliches Grün und Umwelt war hierzu im Kontakt mit der IHK und unterstützte dies.
Ansonsten gibt es nur wenige Handlungsmöglichkeiten gegenüber Privatleuten und Firmen
im Bestand. Eine stärkere Öffentlichkeitsarbeit ist aktuell durch begrenzte Personalkapazität
nicht möglich.



nachhaltiges Flächen- und Freiraumkonzept:
Die Stadt verfolgt seit Jahren eine Bevorzugung der Reaktivierung von Brachen gegenüber
neuen Siedlungserweiterungen. Im Zuge der Neuerstellung des Flächennutzungsplans und
des vorgeschalteten Landschaftsplans werden die Themen der Nachhaltigkeit und des Artenund Naturschutzes intensiv betrachtet werden. Den 2014/2015 erarbeiteten Grünflächenleitplan gilt es dabei ebenfalls anhand der tatsächlichen Entwicklungen fortzuführen. In zeitnaher
Vorbereitung zum Bereich Artenschutz empfiehlt das Umweltministerium Baden-Württemberg
einen sog. „Biodiversitätscheck“ zur effizienten und zielgerichteten Erfassung der besonderen
Artenvorkommen. Hieraus lassen sich in optimaler Weise Maßnahmen zur Biotopvernetzung
und für eine koordinierte Ausgleichsflächenplanung ableiten.



Geplante Ökokonto-Maßnahmen:
Neben umfangreichen konkreten Ausgleichsmaßnahmen zu Bauprojekten in der Stadt Lahr
werden auch regelmäßig Maßnahmen geleistet, welche in das Ökokonto eingebucht werden,
aktuell z.B. die Aufwertung des Gereutertalbachs in Reichenbach. Die aktualisierte Bewertung bzw. Berechnung der verfügbaren Ökopunkte steht für den Seepark noch aus, dies soll
an ein externes Büro vergeben werden. Es ist beabsichtigt, dem Gemeinderat in einer
gesonderten Vorlage einen Überblick über den Stand und die Verwendung des Ökokontos zu
geben.
1.d) Mit welchen Vorgaben sollen die im Besitz der Stadt Lahr befindlichen landwirtschaftlich genutzten Flächen künftig verpachtet werden?
Grundlage für die aktuelle Verpachtung der städtischen Agrarflächen bilden die im Umweltausschuss vom 16.07.2018 beschlossenen Punkte (s.o., siehe Anlage). Bislang zeigten sich
keine weiteren Initiativen, dass weitere Restriktionen bei der Verpachtung städtischer Agrarflächen Eingang finden sollen, die über diese Beschlüsse und allgemeine gesetzliche Grundlagen hinausgehen.

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2. Erarbeitung eines Aktionsplans zur Förderung der Artenvielfalt
Ähnlich wie bei anderen Aktionsplänen (Klimaschutz, Lärm, Verkehr) steht auch hier eine
nachhaltige Entwicklung im Fokus. Wichtig erscheint der Verwaltung, dass ein gesamtstädtisches, mit anderen Handlungsbereichen abgestimmtes Handlungsziel erarbeitet wird. Dazu
sind die bereits vielfältigen, im Vorfeld beschriebenen Maßnahmen einzelner Akteure in einen
Kontext zu bringen. Als erforderliche perspektivische Planung sieht die Verwaltung auch hier
den Landschaftsplan als geeignetes Instrument, um den vorgesehenen Handlungen auch
eine rechtliche Bindung zu geben.
Im Rahmen des Prozesses eines Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK)
und des folgenden Flächennutzungsplans soll ein entsprechender Aktionsplan Bestandteil
werden.

Tilman Petters

Richard Sottru