Beschlussvorlage (3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013)
Sitzung: Gemeinderat (8. Sitzung)
28. Juli 2014
Beschlussvorlage (Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen)
Beschlussvorlage (1. Arbeitsbereiche - Verantwortlichkeiten)
Beschlussvorlage (2. Sachbericht der Gemeinwesenarbeit Lahr-West 2013)
Beschlussvorlage (3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013)
28. Juli 2014
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Beschlussvorlage (Arbeitsgemeinschaft Sozialarbeit Lahr-West: Fortführung der Gemeinwesenarbeit gemäß den aktuellen und zukünftigen Erfordernissen und Entwicklungsperspektiven im Lahrer Westen)
Beschlussvorlage (3. Jahresbericht des Projektes "Viel-Stimmig" 2013)Beschlussvorlage (2. Sachbericht der Gemeinwesenarbeit Lahr-West 2013)Beschlussvorlage (1. Arbeitsbereiche - Verantwortlichkeiten)
Jahresbericht des Projektjahres 2013 des Projektes „Viel-Stimmig!“ der Stadt Lahr im Rahmen des Programmes „Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration“ Berichtszeitraum: 01.01.2013 – 31.12.2013 Projektleitung und Kontakt: Andreas May Stadt Lahr - Bürgerzentrum K2 Gemeinwesenarbeit Lahr-West Kanadaring 2, 77933 Lahr Telefon: 07821 - 94082 / 94086 E-Mail: Andreas.May@lahr.de Seite | 1 Einleitung Das Projekt „Viel-Stimmig!“ des Programms „Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration“ der Baden-Württemberg Stiftung in Kooperation mit dem Ministerium für Integration (Az 1.45400.12) wurde am 01.01.2013 offiziell gestartet. Die Projektleitung und Projektdurchführung obliegt der Gemeinwesenarbeit Lahr-West des Amtes für Soziales, Schulen und Sport der Stadt Lahr und wird in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern vorgenommen. Zentrales Ziel des Projektes ist zum einen die Steigerung der Wahlbeteiligung bei Personen mit und ohne Migrationshintergrund bei politischen Wahlen (Bundestagsund Oberbürgermeisterwahl 2013, Kommunalwahl und Europawahl 2014) und zum anderen die Erhöhung des Migrantenanteils in lokalen politischen Gremien und Parteien im Zuge eines politischen Empowerments. Über die genaue Projektkonzeption und die geplante Projektumsetzung geben der Projektantrag sowie die beim ersten Zwischenbericht zur Verfügung gestellte PowerPoint-Präsentation einen umfänglichen Überblick, so dass an dieser Stelle auf weiterführende Erläuterungen verzichtet werden kann. Im Folgenden wird nun der bisherige Verlauf des Projektes im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2013 skizziert und dargestellt. Projektstart und Projektverlauf 2013 In den ersten Wochen und Monaten 2013 stand zunächst einmal eine recht zeitintensive „Vorstellungsrunde“ des Projektes „Viel-Stimmig!“ bei allen potentiellen Kooperationspartnern und Multiplikatoren auf dem Programm. Neben einer Vielzahl von Einzelpersonen waren dies zum Beispiel: - Lahrer Stadtverwaltung und Verwaltungsspitze - Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. (Ortsgruppe Lahr) - Gemeinderat der Stadt Lahr - Interkultureller Beirat der Stadt Lahr - Scheffel-Gymnasium Lahr - Otto-Hahn-Realschule Seite | 2 - Netzwerk „Migration und Integration“ - Wohngebietsrunde Kanadadring - Ortsverwaltungen Kippenheimweiler und Langenwinkel - Jugendgemeinderat - Rektorenkonferenz - Bürger Aktiv Lahr e. V. (Migrantenselbstorganisation) - Volkshochschule Lahr - Ortschaftsrat Langenwinkel, Kippenheimweiler und Hugsweier - lokale Pressevertreter (Badische Zeitung, Lahrer Zeitung) Die Resonanz und Rückmeldungen in den verschiedenen Gremien und Einrichtungen war durchweg positiv; lediglich bei den Ortschaftsräten von Langenwinkel, Kippenheimweiler und Hugsweier gab es einige Bedenken bzgl. der Ambitionen und Umsetzbarkeit der Projektziele, da dort zum Teil noch die negativen Erfahrungen bzgl. der Aktivierungs- und Mobilisierungsmöglichkeiten bei Personen mit Migrationshintergrund zu überwiegen scheinen. Insgesamt erklärten sich erfreulicherweise alle bereit, gemäß den jeweiligen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, aktiv bei dem Projekt mitzuwirken. Die beiliegenden Zeitungsartikel dokumentieren diese Anfangsphase des Projektes z. T. recht ausführlich und gewährleisten somit einen exemplarischen Überblick. Bei der konkreten Planung, Ausgestaltung und Umsetzung der einzelnen Projektbausteine im Jahr 2013 konnten sich die verschieden Akteure und Kooperationspartner ganz unterschiedlich in das Projekt einbringen und dieses entscheidend mitbestimmen und prägen. Besonders großes Engagement legte dabei der Interkulturelle Beirat an den Tag: Im Zuge eines Work-Shops am 23.03.2013 wurde hier eine Arbeitsgruppe „VielStimmig!“ gebildet, welche sich 2013 mehrmals traf und insbesondere die verstärkte Mobilisierung von Personen mit Migrationshintergrund zur Teilnahme an den Bundestags- und Oberbürgermeisterwahlen am 22.09.2013 anvisierte. Hierfür wurden eigens mehrsprachige Plakate und Werbebanner erstellt, die zur Teilnahme an den Wahlen animieren sollten. Zudem wurde in Kooperation mit der Lokalpresse auch eine Interview-Reihe erstellt, die der Frage nachging, weshalb man wählen gehen sollte (vgl. hierzu die beiliegenden Presseartikel). Bei einem Wohngebietsfest Seite | 3 am 07.09.2013 im Wohngebiet Kanadaring bot der Interkulturelle Beirat zudem einen Info-Stand zur Bundestagswahl an, bei dem man mit Hilfe des Wahl-O-Mats auch die jeweiligen politischen Präferenzen und Standpunkte genauer ausloten konnte. Auch der Ortsverein der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. setzte sich mit Unterstützung des Projektes „Viel-Stimmig!“ für ein politisches Empowerment von Personen mit Migrationshintergrund ein. So konnte z. B. einer Gruppe von jugendlichen Spätaussiedlern/-innen eine Teilnahme an politischen Bildungsseminaren der Konrad-Adenauer-Stiftung ermöglicht werden. Einige der Teilnehmer/-innen werden infolgedessen nun bei den kommenden Gemeinderatswahlen 2014 tatsächlich kandidieren und haben sich zudem innerhalb der Partei um einen aussichtsreicheren Listenplatz bemüht. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 war die Landsmannschaft zudem ebenfalls sehr bestrebt, durch persönliche Ansprache und verschiedene Veranstaltungen die Wahlbeteiligung zu verbessern. Im schulischen Bereich existiert auch ein großes Interesse bzgl. einer Mitwirkung an dem Projekt. Allerdings benötigte der organisatorische Vorlauf hier - wie erwartet doch etwas mehr Zeit, so dass die konkreten Kooperationen und Aktivitäten nun Anfang 2014 mit der Otto-Hahn-Realschule sowie mit einer 8. und 10. Klasse des Scheffel-Gymnasiums begonnen werden. Für Schulklassen ab der Klassenstufe 8 konnte überdies mit der Landeszentrale für politische Bildung für Mai 2014 die Durchführung eines kommunalpolitischen Planspieles vereinbart werden. Und auch die Lahrer Volkshochschule wird sich ab dem Programmjahr 2013/2014 in das Projekt „Viel-Stimmig!“ einklinken und mehrere Seminare für junge Erstwähler und bisherige Nichtwähler anbieten. Der Jugendgemeinderat der Stadt Lahr ist ebenfalls bei „Viel-Stimmig!“ mit dabei und startete in Abstimmung mit dem städtischen Kinder- und Jugendbüro auf seiner Facebook-Seite einen Wahlaufruf zur Teilnahme an der Bundestags- und Oberbürgermeisterwahl 2013. Zusätzlich hatten einige der Jugendgemeinderäte auch Interesse bekundet, als Wahlhelfer aktiv zu werden. Nachdem im Dezember 2013 die Neuwahlen des Jugendgemeinderats anstanden und durchgeführt wurden, wird man mit den neuen Jugendvertreter/-innen nun 2014 sicherlich weitere spannende Ideen und Maßnahmen planen und umsetzen können. Seite | 4 Dem Verein Bürger Aktiv Lahr und der evangelischen Luthergemeinde ist auch sehr viel daran gelegen, die politische Teilhabe und Mitbestimmung von Migranten/innen entscheidend zu verbessern. In enger Kooperation mit „Viel-Stimmig!“ wurde infolgedessen ein Bürger-Forum zur Bundestagswahl 2013 geplant und organisiert, welches am 21.08.2013 stattfand. Die Kandidatinnen und Kandidaten der im Bundestag etablierten Parteien des Wahlkreises Emmendingen/Lahr standen hier den Bürgerinnen und Bürger im Zuge einer moderierten Diskussionsrunde zu Themen wie Integration, Soziale Gerechtigkeit und Zukunftssicherung ausführlich Rede und Antwort (vgl. beiliegende Zeitungsartikel). Zudem engagierten sich auch einige Mitglieder von Bürger Aktiv Lahr mit großem Zeitaufwand für eine Verbesserung der Wahlbeteiligung, indem sie unterstützungsbedürftigen Migrantinnen und Migranten beim Vollzug der Briefwahl behilflich waren. 2013 wurden in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung auch zwei Seminare „Kommunalpolitik für Migrantinnen und Migranten“ angeboten und durchgeführt. Thematisch ging es im ersten Seminar um ein niederschwelliges Kennenlernen der lokalen politischen Akteure und der jeweiligen potentiellen Mitwirkungsmöglichkeiten. Im zweiten Seminar wurde mit Hilfe eines politischen Planspieles der politische Aushandlungsprozess verdeutlicht und probeweise eingeübt. Beide Seminare waren gut besucht und für die Teilnehmer/-innen sehr informativ und lehrreich. Des Weiteren wurde 2013 auch zweimal ein Besuch des Landtages BadenWürttembergs organisiert und durchgeführt (Besuch des Integrationsausschusses und einer Anhörung zum Wahlrecht für EU-Bürger) sowie eine Wanderausstellung des Deutschen Bundestages in der Volksbank Lahr zum Anlass genommen, interessierte Migrantinnen und Migranten mit den demokratischen Institutionen und Verfahren vertrauter zu machen. Eine Anfrage zum Besuch des Europäischen Parlamentes wurde ebenfalls erfolgreich auf den Weg gebracht, so dass man im April 2014 nun mit einer größeren Gruppe diese wichtige Europäische Institution genauer kennenlernen kann. Zudem ist auch eine politische Bildungsfahrt nach Berlin geplant, die wohl ebenfalls 2014 durchgeführt werden kann. Seite | 5 Jahresbilanz 2013 und weitere Planungen Das Projekt „Viel-Stimmig!“ konnte 2013 erfolgreich gestartet und etabliert werden. Erfreulicherweise erklärten sich von Anfang an viele verschiedene Personen, Gremien und Einrichtungen bereit, sich aktiv in das Projekt einzubringen und an der Erreichung der ja ambitionierten Projektziele mitzuwirken, so dass man im Grunde schon diese „Aktivierung“ von diversen Mitstreitern und Multiplikatoren als ein erstes geglücktes „politisches Empowerment“ bezeichnen darf. Trotz der vielfältigen Anstrengungen und Maßnahmen zur Steigerung der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013 (Wahlaufrufe, Plakatierungen, Wahl-O-MatAktion, Bürger-Forum, Zeitungsinterviews, Info-Stand beim Mieterfest, BriefwahlHelfer, u. v. a. m.) ließ sich allerdings die Wahlbeteiligung in Lahr leider nicht sonderlich verbessern: Mit nur 58,1 Prozent sank diese gesamtstädtisch sogar noch um 1,1 Prozent im Vergleich zum Ergebnis von 2009. In den für „Viel-Stimmig!“ besonders relevanten Wohngebieten Kanadaring (- 3,1%) und Schornsiedlung (- 3,8 %) sank die Wahlbeteiligung ebenfalls, während diese zumindest im Ortsteil Langenwinkel (+ 1,6 %) leicht anstieg. Insofern ist eine eindeutige Bilanzierung hier nur sehr schwierig vorzunehmen: Der Interpretationsmöglichkeit, dass nahezu sämtliche Bemühungen quasi wirkungslos „verpufft“ sind, kann entgegengehalten werden, dass ohne diese Bemühungen die Wahlbeteiligung eventuell sogar noch schlechter ausgefallen wäre. Schlussfolgern kann man sicherlich, dass eine bloße „Aufklärungskampagne“ bzgl. des konkreten Wahlvorganges (was? wann? wo? wie? wer?) zur Steigerung der Wahlbeteiligung nicht hinreichend ist und dass hierfür wohl eine tiefergreifende und umfassende politische Bildungsarbeit von Nöten wäre. Des Weiteren spielt in diesem Zusammenhang sicherlich auch der jeweilige Ausprägungsgrad des sozio-ökonomischen Status und des individuellen Bildungsniveaus eine ganz entscheidende Rolle. Unter dem Stichwort „Prekäre Wahlen“ liegt hierzu mittlerweile eine äußerst interessante Bertelsmann-Studie vor (Prekäre Wahlen – Milieus und soziale Selektivität der Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2013), die wissenschaftlich belegt, dass überdurchschnittlich viele der sogenannten „Wahlverweigerer“ aus sozial schwachen Milieus stammen. Das Resümee der Studie lässt sich gewiss auch auf Lahr und insbesondere auf die Wohngebiete Kanadaring und Schornsiedlung übertragen: „Je schwieriger die soziale Situation in einem Stadtviertel, desto niedriger die Wahlbeteiligung. Wahlmüde sind vor allem Seite | 6 Menschen in sozial schwachen Regionen, in denen die Arbeitslosigkeit hoch, die Wohnverhältnisse schlechter, der Bildungsgrad und die Kaufkraft niedrig sind.“ 1 Ein besonderes Highlight war im ersten Projektjahr natürlich die Organisation und Durchführung des Bürger-Forums im Gemeindehaus der Luthergemeinde (s. o.). Bei dieser Veranstaltung konnte eine Vielzahl von Migrantinnen und Migranten erstmalig live eine spannende politische Diskussionsrunde mitverfolgen und sogar persönlich mit den Bundestags-Kandidaten ins Gespräch kommen. Aber auch die vermeintlich kleineren Dinge, die das Projekt mitangestoßen hat, sollten nicht übersehen werden, so zum Beispiel die überaus gelungene Interview-Serie in der Badischen Zeitung (vgl. die beiliegenden Zeitungsartikel) oder die Seminarreihe „Kommunalpolitik für Migrantinnen und Migranten“. Stellt man infolgedessen in Rechnung, dass das Projekt erst ein Jahr am Laufen ist und zudem nicht gerade einfache Zielsetzungen verfolgt, kann man mit dem ersten Projektjahr insgesamt zufrieden sein. Auch die nächsten Projektschritte sind bereits detaillierter geplant und vorbereitet (z. B: Besuch des Europa-Parlamentes und des Bundestages, Start der konkreten Kooperation mit den Schulen und der VHS, diverse Aktionen und Maßnahmen in Hinblick auf die Kommunal- und Europawahlen 2014, Kommunalpolitisches Planspiel in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, Info-Bus der Landesregierung zur Europawahl, Fortführung der Seminarreihe „Kommunalpolitik für Migrantinnen und Migranten“, usw.), so dass das Projekt auch 2014 einen relativ guten Verlauf zu nehmen vermag. Grundsätzlich ist das Projekt dabei natürlich weiterhin in elementarer Weise auf eine gute Mitwirkung und Zusammenarbeit mit den verschiedenen Kooperationspartnern und Multiplikatoren angewiesen. Dies verlangt von vielen ein hohes Maß an zusätzlichem Engagement und ehrenamtlicher Mitarbeit, welches hoffentlich über die gesamte Projektdauer erbracht werden kann. Zu berücksichtigen ist hierbei auch der hohe zeitliche Aufwand des Projektes: Die Organisation, Leitung und Durchführung des Projektes profitiert zwar sehr davon, dass die Gemeinwesenarbeit Lahr-West bereits seit vielen Jahren ein fester und unverzichtbarer Bestandteil der Lahrer Integrationsarbeit ist und infolgedessen eben auch sehr gut in den lokalen Netzwerken bekannt und präsent ist. Gleichwohl hat das 1 www.spiegel.de/politik/deutschland/datenlese-deutschland-die-zwei-klassen-demokratie-a-938299.html Seite | 7 Projekt bislang doch sehr viel mehr Zeit beansprucht als ursprünglich veranschlagt. Insofern ist hier zukünftig doch noch stärker auf ein optimiertes Zeit- und Ressourcenmanagement zu achten, welches insbesondere auch die Aufwändigkeit der einzelnen Projektbausteine genauer analysiert und im Blick behält. Gez.: Andreas May, 20.01.2014