Beschlussvorlage (Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung))
Sitzung: Gemeinderat (10. Sitzung)
24. Oktober 2016
24. Oktober 2016
Beschlussvorlage Amt: 202 Singler Datum: 15.08.2016 Az.: 965.2 Drucksache Nr.: 161/2016 Beratungsfolge Termin Beratung Kennung Abstimmung Haupt- und Personalausschuss 12.09.2016 vorberatend nichtöffentlich Haupt- und Personalausschuss 10.10.2016 vorberatend nichtöffentlich Gemeinderat 24.10.2016 beschließend öffentlich Ortschaftsrat Hugsweier öffentlich Ortschaftsrat Kippenheimweiler öffentlich Ortschaftsrat Kuhbach öffentlich Ortschaftsrat Langenwinkel öffentlich Ortschaftsrat Mietersheim öffentlich Ortschaftsrat Reichenbach öffentlich Ortschaftsrat Sulz öffentlich Beteiligungsvermerke Amt Handzeichen Eingangsvermerke Oberbürgermeister Erster Bürgermeister Bürgermeister Haupt- und Personalamt Abt. 10/101 Kämmerei Rechts- und Ordnungsamt Betreff: Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat beschließt die als Anlage beigefügte Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung). Anlage(n): Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer (Hebesatzsatzung) Hebesatzsatzung - Synopse BERATUNGSERGEBNIS Einstimmig Sitzungstag: lt. Beschlussvorschlag mit Stimmenmehrheit Bearbeitungsvermerk abweichender Beschluss (s. Anlage) Ja-Stimmen Nein-Stimmen Enthalt. Datum Handzeichen Drucksache 161/2016 Seite - 2 - Begründung: 1. Allgemeines Die kommunale Finanzhoheit umfasst die Einnahmen- und die Ausgabenhoheit sowie die Haushaltshoheit (Etatrecht). Finanzhoheit ist das hoheitliche Recht einer Gebietskörperschaft zur eigenständigen Gestaltung der Finanzwirtschaft, also die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines geordneten Haushaltswesens. Ziel ist es, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erforderlichen Mittel zu beschaffen, zu verwalten und sie zur Erfüllung dieser Aufgaben einzusetzen. Die Entscheidungen über Art, Zeitpunkt, Umfang der Aufgabenerfüllung sowie über deren Finanzierung sind dem Bereich der Finanzpolitik zuzurechnen. Die kommunale Finanzhoheit hat zunächst den Sinn, der Gemeinde eine ausreichende Finanzausstattung zu geben (Einnahmenseite). Sie schafft damit die Grundlage für eigenverantwortliche Entscheidungen im Bereich der Aufgabenerfüllung (Ausgabenseite). Das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben wird über die Haushaltsplanung erzielt und mit dem Haushaltsvollzug (Ausführung) in Geldvorgänge umgesetzt. Diese Rechte dienen der Regelung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft; sie sind unabdingbare Voraussetzung für eine eigenständige Verwaltungstätigkeit im Sinne des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 GG. Sie gehören deshalb zum essentiellen Kern der Selbstverwaltung und fallen unter die institutionelle Garantie dieser Bestimmung. Die gemeindliche Finanzhoheit kann sich nicht darin erschöpfen, dass die Gemeinde das, was sie einnimmt, nach ihren Bedürfnissen verwendet, sondern sie besteht auch darin, dass die Gemeinde sich in eigenverantwortlicher Regelung ihrer Finanzen auf die ihr obliegenden Verpflichtungen einstellt. Zu der Ausgabenverantwortung muss die Einnahmenverantwortung kommen. Gemeindliche Finanzhoheit ist nur dann gegeben, wenn die Gemeinde nicht nur über ihre Ausgaben, sondern auch über die Höhe ihrer Einnahmen selbständig entscheiden kann. Dies bedeutet, dass den Gemeinden ein gewisser Spielraum für die Erhöhung und Erhebung von Einnahmen verbleiben muss. Aus Sicht des kommunalen Selbstverwaltungsrechts ist entscheidender Wert auf eigene Steuerquellen zu legen. Das kommunale Steuersystem muss die örtliche Verbundenheit zwischen Gemeinde und Steuerzahler berücksichtigen. Die eigenständige Festsetzung der Einnahmen schafft ein besonderes Verantwortungsbewusstsein, das sich positiv auf die Ausgabengebarung auswirkt. Gleichzeitig bewirkt dies ein finanzpolitisches Spannungsverhältnis zwischen einem möglichst hohen Niveau der öffentlichen Leistungen und einer möglichst geringen Abgabenbelastung. Dies fördert auch das Interesse und die Beteiligung der Bürger an der bürgerschaftlichen Selbstverwaltung in stärkerem Maße, als wenn die Mittel der Gemeinden anonym aus staatlichen Zuweisungen stammen. Die kommunalen Aufgaben sind – anders als die öffentlichen Aufgaben von Bund und Land – von den örtlichen Verhältnissen abhängig. Sie kommen in besonderem Maße den Einwohnern zugute. Dies ist zugleich die Voraussetzung dafür, dass es sich um eine öffentliche Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft handelt. … Drucksache 161/2016 Seite - 3 - Für die Benutzung von öffentlichen Einrichtungen und für die Inanspruchnahme von Verwaltungseinrichtungen werden für die entstehenden Vorteile von den einzelnen Benutzern Benutzungs- und Verwaltungsgebühren erhoben, die als spezielle Entgelte Vorrang vor den allgemeinen Deckungsmitteln haben. Die Grundstückseigentümer haben für wirtschaftliche Vorteile aus bestimmten öffentlichen Einrichtungen Beiträge zu leisten. Zwar stellen die Steuern im Gegensatz zu den Gebühren und Beiträgen keine leistungsbezogenen speziellen, sondern allgemeine Deckungsmittel ohne konkrete Gegenleistung der öffentlichen Hand dar. Aber die örtliche Bindung der kommunalen Aufgaben legt es nahe, bei kommunalen Steuern an örtliche Tatbestände anzuknüpfen. Solche Anknüpfungspunkte, die Struktur und das Gemeindeleben entscheidend bestimmen, die zugleich auch die örtliche Wirtschaftskraft prägen sind: - Gewerbe und Industrie, Grundbesitz, die Einwohner unter Berücksichtigung ihres Einkommens. Alle drei Elemente verursachen zugleich finanzielle Belastungen der Gemeinde. Daher bietet sich an, sie als wichtigste Faktoren für ein gemeindliches Steuersystem heranzuziehen. Die kommunalen Steuereinnahmen setzen sich zusammen aus der Grundsteuer A und B, der Gewerbesteuer abzüglich der Gewerbesteuerumlage, dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer sowie Einnahmen aus kommunalen Verbrauchs- und Aufwandssteuern (Hundesteuer, Vergnügungssteuer, …). Dabei bilden die Gewerbesteuereinnahmen sowie der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer die beiden größten Einnahmeblöcke. 2. Grundsteuer Die Grundsteuer ist eine kraft Bundesrechts geregelte Realsteuer, welcher der inländische Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes, und zwar die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie gleichstehenden Betriebsgrundstücke (Grundsteuer A) und die sonstigen Grundstücke sowie die gleichgestellten Betriebsgrundstücke (Grundsteuer B) unterliegen. Ihre Erhebung geht auf die reichseinheitliche Regelung der Realsteuern durch die Realsteuerreform von 1936 zurück und ist als sog. „Sollertragssteuer“ konzipiert. Ihr Ertrag steigt seit Jahren nur sehr leicht an. Ursache sind die veralteten, zu niedrigen Einheitswerte der Grundstücke sowie der stetige Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen. Die Grundsteuer ist eine Steuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 GG. Der Bund besitzt die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Die Gesetzgebungskompetenz für die Verwaltung liegt nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG bei den Ländern. Hiernach kann die den Landesbehörden zustehende Verwaltung durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden übertragen werden. Das ist durch die Kommunalabgabengesetze zum Teil geschehen. Nach § 9 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg (KAG) liegt die Ertragshoheit bei den Gemeinden. Die Verwaltungshoheit ist auf Länder und Gemeinden aufgeteilt. … Drucksache 161/2016 Seite - 4 - Das Besteuerungsverfahren gliedert sich dabei in drei voneinander abhängige Stufen. In der ersten Stufe, dem Einheitswertverfahren, wird vom Lagefinanzamt der Einheitswert festgestellt. Dieser wird unverändert nach den Wertverhältnissen zum 01.01.1964 festgestellt. In der zweiten Stufe, dem Steuermessbetragsverfahren, wird – ebenfalls vom Finanzamt – der Steuermessbetrag festgestellt. In der dritten Stufe des Verfahrens wird von den Gemeinden die Grundsteuer festgesetzt. Grundlage für diese Festsetzung ist der Steuermessbetrag, auf den der vom Gemeinderat zu bestimmende Hebesatz angewandt wird. Die Nichtanpassung der Wertverhältnisse führt dazu, dass sich Wertveränderungen bei den Immobilien in der Grundsteuer nicht widerspiegeln, und die Bemessungsgrundlage keiner automatischen Dynamik unterliegt, die dafür sorgen könnte, dass die Grundsteuer mit der allgemeinen Teuerung für die Infrastruktur-Leistungen Schritt hält. Zuletzt wurde der Hebesatz für die Grundsteuer A und B zum 01.01.2011 auf 390 v.H. angehoben. Grundsteuerreform: Der Bundesfinanzhof (BFH) hält nach einem Urteil vom 30. Juni 2010 die geltende Bewertung des Grundvermögens für nicht mehr zeitgemäß und damit möglicherweise für verfassungswidrig. Die Richter des BFH machten ihre Einwände grundsätzlich an zwei Punkten fest. Einerseits an der Tatsache, dass für Grund, Boden und Gebäude in Deutschland bis dahin seit 46 Jahren die gleichen Werte galten und dass das Alter von Immobilien sich nicht negativ auf ihren Wert auswirke. Dies sei keine Bewertung, die den heutigen Gegebenheiten gerecht werde. Andererseits gebe es unterschiedliche Einheitswerte als Grundlage der Besteuerung in Deutschland West und in Deutschland Ost: Die West-Werte datierten aus dem Jahr 1964, die Ost-Werte stammen von 1935. Zudem werde die Grundsteuer A grundsätzlich in Frage gestellt, da ihr Erhebungsaufwand als zu hoch eingestuft werden könne. 20,7% der Erhebungskosten entfielen auf die Grundsteuer A während deren Anteil am Steueraufkommen jedoch nur 4,7% betrage (bspw. In Rheinland-Pfalz und Bayern). Zwischenzeitlich hat der BFH mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig sind. Die Vorlage wird in erster Linie an der Tatsache gemessen, dass die letzte Hauptfeststellung des Einheitswertes zum 01.01.1974 mit Wirkung auf den 01.01.1964 erfolgte. Das Bundesverfassungsgericht hat Bund und Länder schon aufgefordert, Stellung zu nehmen. Unter dem Druck der möglichen Entscheidung des Verfassungsgerichts haben sich die Finanzminister der Länder in ihren Positionen bereits angenähert. Bei der Finanzministerkonferenz am 03. Juni 2016 konnten jedoch immer noch keine einheitliche Linie gefunden werden. Die Bundesländer Bayern und Hamburg votierten gegen die übrige einheitliche Haltung der Länder. Ob der Bund angesichts dieser Konstellation bald eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen wird bleibt abzuwarten. … Drucksache 161/2016 Seite - 5 - 2.1. Entwicklung des Grundsteuerhebesatzes in der Stadt Lahr 1974 1975 – 1984 1985 – 1990 1991 – 1992 1993 1994 – 2009 2010 2011 Grundsteuer A 220 v.H. 250 v.H. 270 v.H. 270 v.H. 300 v.H. 330 v.H. 330 v.H. 390 v.H. Grundsteuer B 220 v.H. 250 v.H. 270 v.H. 300 v.H. 300 v.H. 330 v.H. 360 v.H. 390 v.H. 2.2. Interkommunaler Vergleich Die Abgabenumfrage des Städtetags Baden-Württemberg für das Jahr 2016 ergab für die Städtetagsgruppe B (Kreisangehörige Städte > 15.000 Einwohner) einen durchschnittlichen Hebesatz bei der Grundsteuer B von 384 v.H.. Der durchschnittliche Hebesatz (Grundsteuer B) der Städte in BadenWürttemberg ab 40.000 Einwohner (38 St.) liegt bei 389 v.H. Der Höchstwert beträgt dabei 560 v.H. und der Tiefstwert bei 255 v.H.. Hebsätze Städtetagsgruppe B 14 12 10 8 2015 6 2016 4 2 255 300 310 320 325 335 340 350 355 360 365 370 375 380 385 390 395 400 405 410 420 425 430 440 445 450 480 490 520 560 0 Lahr Bei den Großen Kreisstädten im Ortenaukreis liegen die Grundsteuerhebesätzen im Jahr 2016 wie folgt: Offenburg Kehl Achern Oberkirch Grundsteuer B 420 v.H. 430 v.H. 350 v.H. 360 v.H. … Drucksache 161/2016 Seite - 6 - nachrichtlich: Ettenheim Friesenheim Gengenbach Haslach Hausach Kippenheim Neuried Renchen Rheinau Schuttertal Seelbach 340 v.H. 320 v.H. 445 v.H. 420 v.H. 360 v.H. 300 v.H. 330 v.H. 320 v.H. 320 v.H. 340 v.H. 420 v.H. 2.3. Auswirkungsrechnungen Bei einer Anhebung der Grundsteuer B von derzeit 390 v.H. auf 420 v.H. beträgt die jährliche Mehrbelastung in dieser Gruppe für jedes Steuerobjekt 7,69 % des bisherigen Steuerbetrages. Die Anhebung entspricht in etwa der Preissteigerungsrate seit der letzten Anhebung zum 01.01.2011. Die Grundsteuer gehört zu den laufenden Lasten und damit auch zu den Betriebskosten eines Grundstücks, die auf die Miete umgelegt werden können. Im Gebiet der Stadt Lahr unterlagen zum 01.01.2016 18.467 Objekte (=Grundstücke und Eigentumswohnungen) mit sehr unterschiedlichen Belastungen der Besteuerung. Zum 01.01.2011 waren es noch 17.432 Objekte. Die Grundsteuerbelastung und damit auch die Auswirkungen der Hebesatzerhöhung hängen von den jeweiligen festgesetzten Einheitswerten ab. Diese können nach Art, Ausstattung und Baujahr des Objektes erheblich differieren. Messbetrag 218.994,64 € 37.628,60 € Mietwohngrundstücke überw. privat gen. Grdst. überw. gewerbl. gen. 51.432,24 Grdst. Geschäftsgrundstücke 573.443,90 Einfamilienhäuser 574.633,41 Zweifamilienhäuser 197.396,75 sonstige bebaute 6.581,01 Grundstücke unbebaute Grundstücke 40.170,69 Grundsteuer B gesamt 1.700.281,24 390 v.H. 854.079,10 € 146.751,54 € 420 v.H. 919.777,49 € 158.040,12 € € 200.585,74 € 216.015,41 € € € € 2.236.431,21 € 2.241.070,30 € 769.847,33 € 2.408.464,38 € 2.413.460,32 € 829.066,35 € € 25.665,94 € 27.640,24 € € € 156.665,69 € 6.631.486,84 € 168.716,90 € 7.141.601,21 € … Drucksache 161/2016 Seite - 7 - Berechnung Grundsteuer B - Beispiele Steuermessbetrag Mietwohngrundstück 403,36 € 390,00 v.H. 1.573,10 € Erhöhung Steuermessbetrag Geschäftsgrundstück 5.347,81 € 390,00 v.H. 20.856,46 € Erhöhung Steuermessbetrag Geschäftsgrundstück 329,63 € 390,00 v.H. 1.285,56 € Erhöhung Steuermessbetrag Geschäftsgrundstück 16.591,88 € 390,00 v.H. 64.708,33 € Erhöhung Steuermessbetrag Einfamilienhaus 85,08 € 390,00 v.H. 331,81 € Erhöhung Steuermessbetrag Einfamilienhaus (2-Zimmer-Wohnung) 27,56 € 390,00 v.H. 107,48 € Erhöhung Steuermessbetrag Einfamilienhaus (3-Zimmer-Wohnung) 44,38 € 390,00 v.H. 173,08 € Erhöhung Steuermessbetrag Einfamlienhaus (4-Zimmer-Wohnung) 82,32 € 390,00 v.H. 321,05 € Erhöhung Steuermessbetrag Zweifamilienhaus 178,31 € 390,00 v.H. 695,41 € Erhöhung 420,00 v.H. 1.694,11 € 121,01 € 420,00 v.H. 22.460,80 € 1.604,34 € 420,00 v.H. 1.384,45 € 98,89 € 420,00 v.H. 69.685,90 € 4.977,56 € 420,00 v.H. 357,34 € 25,52 € 420,00 v.H. 115,75 € 8,27 € 420,00 v.H. 186,40 € 13,31 € 420,00 v.H. 345,74 € 24,70 € 420,00 v.H. 748,90 € 53,49 € … Drucksache 161/2016 Seite - 8 - Auswirkungen einer Grundsteueranpassung auf die Bevölkerung: Die Grundsteuer ist bei Mietwohngrundstücken Bestandteil der Nebenkosten. Es ist daher davon auszugehen, dass bei Mietwohngrundstücken die Grundsteuer über die Mietnebenkosten an die Mieter weiter gegeben wird, so dass damit sowohl Hauseigentümer als auch Mieter und damit nahezu alle Bevölkerungsschichten an einer Erhöhung beteiligt werden. Bei keiner anderen kommunal bestimmten Einnahmeart ist eine derartig breite Beteiligung gegeben. Betrachtet man – bei einer Gesamterhöhung von rd. 510.000 € - den Anteil von 60,5 % (= rd. 308.500 €), der auf Wohngrundstücke entfällt, und bezieht diesen auf die Wohnbevölkerung von Lahr, dann ergeben sich pro Einwohner noch 6,90 € pro Jahr! Und auch dieser Betrag verteilt sich durchaus sozial gerecht. Personen mit bescheideneren Wohnverhältnissen bezahlen deutlich weniger als 6,90 € pro Jahr, entsprechend bezahlen Eigentümer größerer Häuser und luxuriöseren Wohnungen deutlich mehr. a) Auswirkungen auf Unternehmen im Allgemeinen Rund 36,7 % der Grundsteuer bzw. 2,62 Mio. € werden von Unternehmen/Unternehmern erbracht. Anhand einiger Beispielsfälle mittelgroßer Unternehmen in Lahr, die aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht genannt werden dürfen, wurde eine zusätzliche Belastung von bis zu 1.600 € jährlich errechnet. Bei einigen Firmen mit größerem Immobilienbesitz kann die zusätzliche Belastung auch bis zu 5.000 € jährlich liegen. Tatsächlich erhöht sich die Steuerquote und damit die Nettobelastung der Unternehmen allerdings deutlich weniger, da die Grundsteuer als Betriebsausgabe vom steuerpflichtigen Gewinn abgezogen werden kann und damit die Körperschaftssteuer- und Gewerbesteuerbelastung sinkt. Seit der Unternehmenssteuerreform zum 01.01.2008 liegt die Gesamtsteuerbelastung der Unternehmen in Lahr bei 29,48 %. Somit liegt die tatsächliche Nettobelastung im vorgenannten Beispiel bei rd. 1.100 € pro Jahr bzw. die Erhöhung, die im privaten Bereich bei 7,69 % liegt, liegt hier effektiv nur bei 5,25 %. Die Bruttozusatzbelastung der Wirtschaft würde rd. 187.000 € betragen, die Nettozusatzbelastung beim Gewerbesteuerhebesatz von 390 v.H. rd. 132.000 €. Bezieht man dies auf die rd. 21.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze, dann ergibt sich eine Zusatzbelastung von 6,29 € pro Arbeitsplatz und Jahr! Als Fazit kann festgehalten werden, dass eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes B auf 420 v.H. für die Unternehmen eine erträgliche Zusatzbelastung darstellen würde. … Drucksache 161/2016 Seite - 9 - b) Auswirkungen auf Unternehmen im Flughafenareal West Die Stadt Lahr kehrt das auf dem Flughafenareal West angefallene Grundsteueraufkommen nach Abzug der Finanzausgleichsbelastung an den Zweckverband Industrie- und Gewerbepark Raum Lahr (ZV IGP) aus. Im Jahr 2015 betrug das dortige Grundsteuerbruttoaufkommen 322.927,79 €. Nach Abzug der Finanzausgleichsbelastung hat die Stadt Lahr 170.510,01 € an den ZV IGP abgeführt. Ausgehend von einer Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B um 7,69 % ist für das Flughafenareal mit einem um rd. 25.000 € höheren Bruttoaufkommen zu rechnen. Nach Abzug der Finanzausgleichsbelastung fließt dem ZV IGP somit netto rd. 13.000 € zusätzliche Grundsteuer zu. Dieser zusätzliche Ertrag trägt beim Zweckverband zur Aufgabenfinanzierung bei und stärkt dessen Eigenfinanzierungskraft. Gleichzeit entlastet eine Anhebung des Grundsteuerhebesatzes den Haushalt der Stadt Lahr, da diese mit 45 % an den Umlagen zur Finanzierung des ZV IGP beiträgt. 3. Anpassungsvorschlag Die Grundsteuer als Objektsteuer unterliegt keiner Anpassung aufgrund eingetretener Preissteigerungen. Diese können von den Kommunen nur durch Anpassung der Hebesätze ausgeglichen werden. Neben dem Ausgleich der eingetretenen Preissteigerungen sind die mit dem Bevölkerungswachstum der vergangenen Jahre eingetretenen Kostensteigerungen aufzufangen. Der Bevölkerungszuwachs in den letzten drei Jahren lag bei annähernd 1.600 Einwohnern. Alleine innerhalb des letzten Jahres ist die Bevölkerung von Lahr um fast 700 Menschen angewachsen. Die Prognosen lassen ein weiteres Bevölkerungswachstum in den kommenden Jahren erwarten. Mit dem Anstieg der Bevölkerung steigen auch die Kosten einer Kommune wie z.B. für die Kinderbetreuung (inkl. Kleinkindbetreuung) aber auch zunehmend Kosten für alte Menschen. Insbesondere die Ausgaben für die Kinderbetreuung stiegen in den vergangenen Jahren deutlich an und werden auch weiterhin aufgrund des Bevölkerungswachstums und gesetzlicher Vorgaben ansteigen. Der erforderliche zusätzliche Personalbedarf lässt diese Ausgabenposition weiterhin deutlich ansteigen. Diese Kostensteigerungen können nicht vollständig durch Ausgabeneinsparungen aufgefangen werden. Neben dem Vorschlag der Gebührenerhöhung für die Kinderbetreuung soll die Allgemeinheit an der teilweisen Finanzierung dieser Ausgaben über eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes B beteiligt werden. Mit dem beschriebenen Bevölkerungswachstum verbunden ist auch die Ausweitung des Angebots an Bauflächen in den letzten Jahren. Beispiele hierfür die Baugebiete Hosenmatten II, Heubühl, Hexenmatt und Hagedorn. Dies führt zu einem deutlichen Anstieg der vom Bau- und Gartenbetrieb zu betreuenden Infrastruktur und somit ebenfalls zu einem erhöhtem Personalbedarf mit entsprechenden Personalmehraufwendunden. … Drucksache 161/2016 Seite - 10 - Als Ausfluss des gestiegenen Sicherheitsbedürfnisses der Bürger erfolgte inzwischen die dauerhafte Einrichtung des Kommunalen Ordnungsdienstes. Damit einher gehen gestiegene Personalkosten. Darüber hinaus wurde der Personalbestand bei der Abteilung Bauordnung aufgestockt um eine bessere Bauüberwachung im Stadtgebiet sicherstellen zu können. Die beschriebenen Aufwandssteigerungen lassen sich in Summe zwischenzeitlich nicht mehr durch Einsparungen an anderer Stelle oder gestiegene Einnahmen ausgleichen. Gegenfinanzierungsmaßnahmen wie die Erhöhung der Grundsteuer B sind aus Sicht der Verwaltung unerlässlich. Mit Wirkung zum 01.01.2017 wird daher eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B vorgeschlagen. Der Hebesatz soll auf 420 v.H. angehoben werden. Durch die Erhöhung rechnet die Verwaltung mit zusätzlichen Einnahmen von rund 510.000 € brutto. Nach Abzug der Finanzausgleichbelastung verbleibt als Nettoeinnahmen hiervon rund 240.000 €. 3.1. Hebesatzsatzung zur Anpassung der Grundsteuerhebesätze Der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung der Hebesätze ist bis zum 30.06. eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen. Nach diesem Zeitpunkt kann der Hebesatz nicht mehr rückwirkend erhöht werden (§ 25 GrStG). Damit die Hebesatzänderungen unabhängig von einer rechtzeitigen Beschlussfassung über den Haushalt 2017 in jedem Fall wirksam werden und zeitgerecht umgesetzt werden können, ist die Änderung der Hebesätze in einer eigenen Hebesatzsatzung mit Wirkung ab 01.01.2017 zu beschließen. Der Satzungstext liegt diesem Beschluss bei. Dr. Wolfgang G. Müller Oberbürgermeister Jürgen Trampert Stadtkämmerer