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Beschlussvorlage (Anlage 0)

                                    
                                        Stadt Lahr L _j

Beschlussvorlage
Amt: 202
Singler

Datum: 22.07.2020 Az.: 922.5111

Drucksache Nr.: 205/2020

Beratungsfolge

Termin

Haupt- und Personalausschuss

14.09.2020

nichtöffentlich

Gemeinderat

28.09.2020

öffentlich

Beratung

Kennung

Abstimmung

Beteiligungsvermerke
Amt
Handzeichen

Eingangsvermerke
Oberbürgermeister

Erster Bürgermeister

Bürgermeister

_____ h 1__L/

?0

Haupt- und Personalamt
Apt. 10/101
y

Kämmerei

Rechts- und
Ordnungsamt

OZ.öii.

Betreff:
Wohnbau Stadt Lahr GmbH;
Betrauungsakte der Stadt Lahr zur Sicherstellung der Erfüllung
gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen in Lahr durch die Wohnbau
Stadt Lahr GmbH

Beschlussvorschlag:
1. Der Gemeinderat beschließt die „Betrauungsakte der Stadt Lahr zur Si­
cherstellung der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen in Lahr
durch die Wohnbau Stadt Lahr GmbH“ nach Maßgabe der beigefügten
Entwürfe.
2. Der Gemeinderat ermächtigt und verpflichtet den Vertreter der Stadt in der
Gesellschafterversammlung der Wohnbau den Beschluss über die Um­
setzung der Betrauungsakte herbeizuführen. Hierzu soll folgender Be­
schluss in der Gesellschafterversammlung gefasst werden:
„Die Geschäftsführung der Wohnbau wird angewiesen, die mit den vorste­
henden Betrauungen ausgesprochenen Gemeinwohlverpflichtungen der
Wohnbau unter Beachtung der inhaltlichen Maßgaben der Betrauung zu
erfüllen.“

Anlaqe(n):
Betrauungsakt - Bareinlage
Betrauungsakt - Sacheinlage
Beihilferecht - Einlagen in die Kapitalrücklage

BERATUNGSERGEBNIS
□ Einstimmig
□

Sitzungstag:

□ It. Beschlussvorschlag

mit Stimmenmehrheit

Bearbeitungsvermerk

□ abweichender Beschluss (s. Anlage)

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthalt.

Datum

Handzeichen

205/2020

Seite - 2 -

Sachdarstellung:

Betrauungsakt zur Sicherstellung der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Ver­
pflichtungen
Nach Artikel 106 Abs. 2 i.V.m. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Eu­
ropäischen Union (AEUV) sind staatliche Beihilfen an sich wirtschaftlich betätigende
Einrichtungen, u.a. unabhängig von deren Gemeinnützigkeit oder Rechtsform, im
Grundsatz nicht zulässig.
Der Begriff der Beihilfe, der sämtliche staatlichen oder aus staatlichen Mitteln ge­
währten direkten oder indirekten Vorteile jeder Art umschreibt, welche durch die Be­
günstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfäl­
schen drohen und hierdurch den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen (kön­
nen), lässt viel Raum für Unklarheiten. Der unionsrechtliche Begriff ist als unbe­
stimmter Rechtsbegriff sehr allgemein gefasst, da möglichst viele beihilferelevante
Sachverhalte erfasst werden sollen.
Der Begriff der „Beihilfe“ ist deutlich weiter auszulegen als der Begriff der „Subventi­
on“, da er nicht nur positive Leistungen umfasst, sondern auch Maßnahmen, die in
verschiedenen Formen die Belastung vermindern, die ein Unternehmen normaler­
weise zu tragen hätte; erfasst werden daher grundsätzlich alle dem Staat (Kommune
als Teil des Staates) zurechenbaren Begünstigungen an Unternehmen. Beihilfen
können daher grundsätzlich bei Verlustausgleichszahlungen, Bürgschaften, Gewäh­
rung von zinsgünstigen Darlehen, Übernahme von Personalkosten usw. vorliegen.
Bei Vorliegen von „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“,
den sog. DAWI können unter bestimmten Voraussetzungen Ausgleichsleistungen er­
bracht werden. DAWI sind marktbezogene Tätigkeiten, die im Interesse der Allge­
meinheit erbracht und von den Mitgliedsstaaten mit besonderen Gemeinwohlver­
pflichtungen verbunden werden. Die Definitionshoheit für die Einordnung einer Maß­
nahme als DAWI obliegt im Bereich der örtlichen Daseinsvorsorge der kommunalen
Selbstverwaltung, welche lediglich einer Missbrauchskontrolle durch die Kommission
unterliegt. Um eine Übereinstimmung möglicher Zuwendungen (z.B. von Verlustaus­
gleichen) u.a. von der Stadt an die Wohnbau mit dem Beihilferecht zu erreichen, ist
es geboten, die Zuwendung von öffentlichen Mitteln durch Umsetzung der Vorgaben
des Freistellungsbeschlusses der Europäischen Kommission durch einen Betrau­
ungsakt (vgl. Anlage) abzusichern. Folgende Kriterien müssen dabei erfüllt sein:
(1)

Der Betrauungsakt muss an das Unternehmen (vorliegend die Wohnbau) ge­
richtet und rechtlich verbindlich sein. Das durch die öffentliche Finanzierung be­
günstigte Unternehmen (Wohnbau) muss tatsächlich und rechtlich verbindlich
mit der Erfüllung klar definierter gemeinschaftlicher Verpflichtungen betraut
sein; dabei handelt es sich um Aufgaben der Daseinsvorsorge, die mit einer be­
stimmten Gemeinwohlverpflichtung verbunden sind. Zuständig für die Betrau­
ung ist der Gemeinderat.

(2)

Die Parameter für den Kostenausgleich müssen zuvor objektiv und transparent
aufgestellt werden. Hierzu muss die mögliche Ausgleichsleistung nachvollzieh­
bar berechnet werden können. Die entsprechenden Festlegungen müssen im
Vorhinein getroffen werden. Dies geschieht durch die entsprechenden Vorga­
ben im Betrauungsakt i. V m. dem Jahreswirtschaftsplan der Wohnbau.

Drucksache 205/2020

Seite - 3 -

3)

Der Ausgleich darf nur die Kosten der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Ver­
pflichtungen unter Berücksichtigung von Einnahmen und einem angemessenen
Gewinn umfassen. Der Nachweis der Kontrolle erfolgt durch den Jahresab­
schluss und das Testat eines Wirtschaftsprüfers.

(4)

Es ist dem Verbot der Überkompensierung und der Verpflichtung zur Rückzah­
lung zu viel geleisteter Ausgleichszahlungen Rechnung zu tragen. Für Aufga­
ben, die nicht DAWI sind, darf keine Ausgleichszahlung erfolgen. Wenn DAWI
nur einen Teil der Tätigkeiten eines Unternehmens ausmachen, müssen die
Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Erbringung der betref­
fenden DAWI und der Ausführung der anderweitigen Aufgaben gemäß den
Bestimmungen der Transparenzrichtlinie in den Büchern getrennt ausgewiesen
werden. Außerdem ist anzugeben, nach welchen Parametern die Zuordnung
der Einnahmen und Ausgaben erfolgt. Die mit den anderen Tätigkeiten als den
DAWI verbundenen Kosten müssen alle variablen Kosten, einen angemesse­
nen Beitrag zu den Fixkosten und eine angemessene Kapitalrendite abdecken.

Die vorgenannten Kriterien sind in Form eines Betrauungsaktes schriftlich niederzu­
legen, welcher zukünftig die Finanzierungssituation der Wohnbau beihilferechtlich
absichert.
Die in § 2 des Gesellschaftsvertrags definierten Aufgaben der Wohnbau erfolgen im
öffentlichen Interesse. Daneben erfüllt die Wohnbau ggf. Aufgaben, die vom Markt
gleichermaßen angeboten werden und die nicht als DAWI angesehen werden kön­
nen.
Die Betrauung erfolgt grundsätzlich für die Dauer von max. 10 Jahren.
In Bezug auf die Umsetzung der Betrauungsakte ist die Geschäftsführung der Wohn­
bau durch Beschluss der Gesellschaftsversammlung anzuweisen, die mit den Be­
trauungen ausgesprochenen Gemeinwohlverpflichtungen der Wohnbau unter Beach­
tung der inhaltlichen Maßgaben der Betrauungen zu erfüllen.
Das sog. Beihilferecht ist zwingend zu beachten, da Beihilfen grundsätzlich verboten
sind und immer ein Risiko der Rückforderung durch die Europäische Kommission be­
inhalten. Daneben besteht bei Verstößen ein Flaftungsrisiko für die öffentliche Hand
einerseits und die Geschäftsführung sowie dem Aufsichtsrat öffentlicher Unterneh­
men andererseits.
Die Notwendigkeit für den Abschluss von zwei Betrauungsakten sowie deren beihilfe­
rechtliche Prüfung können der beigefügten Anlage entnommen werden.
Die Betrauungsakte haben keine erkennbaren unmittelbaren finanziellen Auswirkun­
gen für die Stadt Lahr oder die Wohnbau.

Öffentlicher Auftrag
(Betrauungsakt)
der Stadt Lahr, vertreten durch den Oberbürgermeister,
auf der Grundlage
des
BESCHLUSSES DER KOMMISSION
vom 20.12.2011
über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro­
päischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichszahlungen zugunsten be­
stimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirt­
schaftlichem Interesse betraut sind
(2012/21/EU, ABI. L 7/3 vom 11.01.2012)
- Freistellungsbeschluss -,
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistun­
gen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
(2012/C 8/02, ABI. EU Nr. C 8/4 vom 11.01.2012)
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über den Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichs­
leistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011)
(2012/C 8/03, ABI. C 8/15 vom 11.01.2012)
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über die Annahme des Inhalts eines Entwurfs für eine Verordnung der Kommission über Deminimis-Beihilfen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse
(2012/C 8/04, ABI. C 8/23 vom 11.01.2012)
der
VERORDNUNG (EU) 360/2012 DER KOMMISSION
vom 25.04.2012
über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro­
päischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allge­
meinem wirtschaftlichem Interesse erbringen
(ABI. L 114/8 vom 26.04.2012)
und der
Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16.11.2006 über die Transparenz der finanziel­
len Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie
über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen.
(ABI, EU Nr.L 318/17 vom 17.November 2006 )

Präambel
Die soziale Wohnungswirtschaft in Deutschland ist in vielen Bereichen als Dienstleistung von
allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (sog. „DAWI“) unter bestimmten Voraussetzungen
beihilferechtlich privilegiert. Bei den meisten Sachverhalten ist bereits der Tatbestand der
Beihilfe nicht gegeben. Neben Gründen aus dem satzungsrechtlichen Verhältnis zwischen
der Stadt Lahr und der Wohnbau Stadt Lahr GmbH fehlender einseitiger Begünstigung liegt
in den meisten Fällen keine Wettbewerbsverfälschung bzw. kein grenzüberschreitender Ef­
fekt vor.
Nach Aussage der Kommission ist das Kriterium der Beeinträchtigung des Handels nur dann
erfüllt, wenn das begünstigte Unternehmen wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet, die den Han­
del zwischen Mitgliedstaaten berühren. Die Kommission zog bislang daraus den Schluss,
dass damit „viele lokal erbrachte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der beihilfe­
rechtlichen Vorschriften ausgenommen sein dürften“.
Diese zurückhaltende Praxis gegenüber Fällen ohne grenzüberschreitenden Charakter wird
auch durch die neuere Beihilfepolitik der Kommission bestätigt. Zudem stellte die Kommissi­
on in ihrem Maßnahmenpaket zur Anwendung der Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen
von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse klar, dass - soweit sich eine Tätigkeit auf die
Örtlichkeit beschränkt und damit überwiegend für die eigene örtliche Bevölkerung angeboten
wird - entsprechende DAWI als nicht binnenmarktrelevante Dienstleistungen anzusehen
sind.
In diesen Fällen sieht die Kommission eine Beihilfe nicht als gegeben an, da die Zuwendun­
gen den zwischenstaatlichen Handel nicht beeinträchtigten.
Hilfsweise und unabhängig davon, ob im vorliegenden Zusammenhang ein Beihilfetatbe­
stand gegeben ist, erlässt die Stadt Lahr gegenüber der Wohnbau Stadt Lahr GmbH nach­
folgenden Betrauungsakt.
Der Betrauungsakt konkretisiert den durch den Gesellschaftsvertrag der Stadt Lahr statuier­
ten Gegenstand und Zweck der Wohnbau Stadt Lahr GmbH, Dienstleistungen von allgemei­
nem wirtschaftlichem Interesse zu erbringen, um damit den Anforderungen des Europäi­
schen Beihilferechts Rechnung zu tragen. Die Stadt Lahr bedient sich im vorliegenden Fall
der Wohnbau Stadt Lahr GmbH bei der Bereitstellung von Wohnraum für die Bevölkerung zu
angemessenen Bedingungen, insbesondere für solche Personen, die sich nicht am Markt mit
Wohnraum zu angemessenen Bedingungen (sozialer Wohnungsbau) versorgen können. Die
Stadt Lahr bzw. die Wohnbau Stadt Lahr GmbH handeln dabei im Rahmen der kommunalen
Daseinsvorsorge. Es handelt sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse.

§1

Beauftragtes Unternehmen, Art der Dienstleistungen
(zu Art. 4 der Freistellungsentscheidung)
(1) Die Stadt Lahr beauftragt die Wohnbau Stadt Lahr GmbH mit der Erbringung nachste­
hender Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse:
Sozialer Wohnungsbau
• Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen der Gebäude Kanadaring 27/29,
Kanadaring 31/33, Kanadaring 37/39, Kanadaring 41/43, Kanadaring 55/57, Kana­
daring 59/61, Kanadaring 63/65, Kanadaring 67/69, Kanadaring 71/73 und Kanada­
ring 75/77 in 77933 Lahr, wobei die Mieten auch nach den geplanten Modernisie­
rungsmaßnahmen unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen werden.
(2) Daneben erbringt die Wohnbau Stadt Lahr GmbH Dienstleistungen, die nicht zu den
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zählen.
(3) Die Betrauung ist auf das Stadtgebiet der Stadt Lahr beschränkt.
(4) Die Betrauung tritt am Tage der Unterzeichnung in Kraft und erfolgt auf die Dauer von 10
Jahren. Die Betrauung endet vor diesem Zeitpunkt, wenn die Stadt Lahr die gemeinwirt­
schaftliche Verpflichtung, die Gegenstand dieser Betrauung ist, aus zwingenden Gründen
(Gesetz, Rechtsprechung) nach anderen, mit dieser Betrauung unvereinbaren Rechts­
vorschriften regeln muss. Gilt dies nur für Einzelpflichten dieser Betrauung oder von Tei­
len von Einzelpflichten dieser Betrauung, so gilt die Betrauung im Übrigen fort. Die Stadt
Lahr kann diese Betrauung aufheben, wenn hierfür ein wichtiger Grund gegeben ist, der
die Fortsetzung der Betrauung für die Stadt Lahr unzumutbar macht.

§2
Art der Ausgleichszahlung
(zu Art. 5 der Freistellungsentscheidung)
(1) Die Stadt Lahr leistet der Wohnbau Stadt Lahr GmbH für die in § 1 (1) genannten Dienst­
leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eine Einlage in die Kapitalrückla­
ge in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. €. Die Einlage wird in drei Einzahlungen zu jeweils
600.000 € gestaffelt. Die erste Einzahlung erfolgt im Jahr 2020, die zweite im Jahr 2021
und die dritte im Jahr 2022. Die Höhe der Einlage ist damit summenfixiert und die genau­
en Einlagezeitpunkte werden im Beschluss der Gesellschafterversammlung festgelegt.
(2) Der Umfang der Ausgleichszahlungen in Form der Einlage in die Kapitalrücklage darf
nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der Dienst­
leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verursachten Nettokosten abzu­
decken.
(3) Die zu berücksichtigenden Kosten enthalten sämtliche, durch die Erbringung der Dienst­
leistungen nach § 1 (1) verursachten variablen Kosten und einen angemessenen Beitrag
zu den Fixkosten. Können Fixkosten nicht eindeutig den Tätigkeiten nach § 1 (1) und (2)
zugeordnet werden, sind diese nach einem sachgerechten Schlüssel aufzuteilen.
(4) Die Wohnbau Stadt Lahr GmbH hat in ihren Jahresabschlüssen die Kosten und Einnah­
men getrennt nach Dienstleistungen gemäß § 1 (1) und (2) auszuweisen. Dabei ist anzu­
geben, welcher Aufteilungsschlüssel gemäß (2) zugrunde gelegt wurde.

§3

Vermeidung von Überkompensierung
(zu Art. 6 der Freistellungsentscheidung)
(1) Um sicherzustellen, dass durch die Ausgleichszahlung in Form der Kapitaleinlage keine
Überkompensierung für die Erbringung der Dienstleistungen nach § 1 (1) entsteht, führt
die Wohnbau Stadt Lahr GmbH nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres den Nachweis
über die Verwendung der Mittel. Dies geschieht durch die Vorlage des Jahresabschlus­
ses und das Testat einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Prüfung der Jahresrech­
nung hat sich nach Artikel 6 des Freistellungsbeschlusses auch auf die Tatsache zu er­
strecken, ob die Mittel EU-beihilferechtskonform verwendet worden sind. Die geprüfte
Jahresrechnung nebst Testat ist der Stadt Lahr unverzüglich nach ihrer Erstellung zur
Verfügung zu stellen.
(2) Die Stadt Lahr ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen prüfen
zu lassen.
(3) Die Stadt Lahr fordert die Wohnbau Stadt Lahr GmbH gegebenenfalls zur Erstattung
überhöhter Vergünstigungen auf. Übersteigt die Überkompensation die durchschnittliche
jährliche Vergünstigung nicht um mehr als 10 %, so kann sie auf den nächsten Zeitraum
übertragen und auf die für diesen Zeitraum zu gewährende Vergünstigung aufgeschlagen
werden.

§4
Vorhalten von Unterlagen
(zu Art. 8 der Freistellungsentscheidung)
Unbeschadet weitergehender Vorschriften sind sämtliche Unterlagen, anhand derer sich
feststellen lässt, ob die gewährte Begünstigung mit den Bestimmungen der Freistellungsent­
scheidung vereinbar sind für die Dauer des Betrauungsaktes, mindestens jedoch für einen
Zeitraum von 10 Jahren aufzubewahren.

§5

Hinweis auf den Grundlagenbeschluss und Inkrafttreten
Der Gemeinderat Stadt Lahr hat in seiner Sitzung am TT.MM.JJJJ den Erlass dieses öffentli­
chen Auftrages (Betrauungsakt) beschlossen. Die Betrauung erfolgt für den in § 1 (4) ange­
gebenen Zeitraum. Die Betrauung tritt am Tage der Unterzeichnung in Kraft.

Stadt Lahr, TT.MM.JJJJ

Oberbürgermeister Stadt Lahr

Öffentlicher Auftrag
(Betrauungsakt)
der Stadt Lahr, vertreten durch den Oberbürgermeister,
auf der Grundlage
des
BESCHLUSSES DER KOMMISSION
vom 20.12.2011
über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro­
päischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichszahlungen zugunsten be­
stimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirt­
schaftlichem Interesse betraut sind
(2012/21/EU, ABI. L 7/3 vom 11.01.2012)
- Freistellungsbeschluss -,
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistun­
gen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
(2012/C 8/02, ABI. EU Nr. C 8/4 vom 11.01.2012)
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über den Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichs­
leistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011)
(2012/C 8/03, ABI. C 8/15 vom 11.01.2012)
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION
über die Annahme des Inhalts eines Entwurfs für eine Verordnung der Kommission über Deminimis-Beihilfen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse
(2012/C 8/04, ABI. C 8/23 vom 11.01.2012)
der
VERORDNUNG (EU) 360/2012 DER KOMMISSION
vom 25.04.2012
über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro­
päischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allge­
meinem wirtschaftlichem Interesse erbringen
(ABI. L 114/8 vom 26.04.2012)
und der
Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16.11.2006 über die Transparenz der finanziel­
len Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie
über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen.
(ABI. EU Nr. L 318/17 vom 17. November 2006)

Präambel
Die soziale Wohnungswirtschaft in Deutschland ist in vielen Bereichen als Dienstleistung von
allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (sog. „DAWI“) unter bestimmten Voraussetzungen
beihilferechtlich privilegiert. Bei den meisten Sachverhalten ist bereits der Tatbestand der
Beihilfe nicht gegeben. Neben Gründen aus dem satzungsrechtlichen Verhältnis zwischen
der Stadt Lahr und der Wohnbau Stadt Lahr GmbH fehlender einseitiger Begünstigung liegt
in den meisten Fällen keine Wettbewerbsverfälschung bzw. kein grenzüberschreitender Ef­
fekt vor.
Nach Aussage der Kommission ist das Kriterium der Beeinträchtigung des Handels nur dann
erfüllt, wenn das begünstigte Unternehmen wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet, die den Han­
del zwischen Mitgliedstaaten berühren. Die Kommission zog bislang daraus den Schluss,
dass damit „viele lokal erbrachte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der beihilfe­
rechtlichen Vorschriften ausgenommen sein dürften“.
Diese zurückhaltende Praxis gegenüber Fällen ohne grenzüberschreitenden Charakter wird
auch durch die neuere Beihilfepolitik der Kommission bestätigt. Zudem stellte die Kommissi­
on in ihrem Maßnahmenpaket zur Anwendung der Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen
von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse klar, dass - soweit sich eine Tätigkeit auf die
Örtlichkeit beschränkt und damit überwiegend für die eigene örtliche Bevölkerung angeboten
wird - entsprechende DAWI als nicht binnenmarktrelevante Dienstleistungen anzusehen
sind.
In diesen Fällen sieht die Kommission eine Beihilfe nicht als gegeben an, da die Zuwendun­
gen den zwischenstaatlichen Handel nicht beeinträchtigten.
Hilfsweise und unabhängig davon, ob im vorliegenden Zusammenhang ein Beihilfetatbe­
stand gegeben ist, erlässt die Stadt Lahr gegenüber der Wohnbau Stadt Lahr GmbH nach­
folgenden Betrauungsakt.
Der Betrauungsakt konkretisiert den durch den Gesellschaftsvertrag der Stadt Lahr statuier­
ten Gegenstand und Zweck der Wohnbau Stadt Lahr GmbH, Dienstleistungen von allgemei­
nem wirtschaftlichem Interesse zu erbringen, um damit den Anforderungen des Europäi­
schen Beihilferechts Rechnung zu tragen. Die Stadt Lahr bedient sich im vorliegenden Fall
der Wohnbau Stadt Lahr GmbH bei der Bereitstellung von Wohnraum für die Bevölkerung zu
angemessenen Bedingungen, insbesondere für solche Personen, die sich nicht am Markt mit
Wohnraum zu angemessenen Bedingungen (sozialer Wohnungsbau) versorgen können. Die
Stadt Lahr bzw. die Wohnbau Stadt Lahr GmbH handeln dabei im Rahmen der kommunalen
Daseinsvorsorge. Es handelt sich um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse.

§1

Beauftragtes Unternehmen, Art der Dienstleistungen
(zu Art. 4 der Freistellungsentscheidung)
(1) Die Stadt Lahr beauftragt die Wohnbau Stadt Lahr GmbH mit der Erbringung nachste­
hender Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse:
Sozialer Wohnungsbau
•

Erstellung von 11 Wohnungen in der Leopoldstr.39 in 77933 Lahr für Zwecke des so­
zialen Wohnungsbaus und Vermietung dieses Wohnraums nach dem Landeswohnraumförderungsgesetz Baden-Württemberg

(2) Daneben erbringt die Wohnbau Stadt Lahr GmbH Dienstleistungen, die nicht zu den
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zählen.
(3) Die Betrauung ist auf das Stadtgebiet der Stadt Lahr beschränkt.
(4) Die Betrauung tritt am Tage der Unterzeichnung in Kraft und erfolgt auf die Dauer von 10
Jahren. Die Betrauung endet vor diesem Zeitpunkt, wenn die Stadt Lahr die gemeinwirt­
schaftliche Verpflichtung, die Gegenstand dieser Betrauung ist, aus zwingenden Gründen
(Gesetz, Rechtsprechung) nach anderen, mit dieser Betrauung unvereinbaren Rechts­
vorschriften regeln muss. Gilt dies nur für Einzelpflichten dieser Betrauung oder von Tei­
len von Einzelpflichten dieser Betrauung, so gilt die Betrauung im Übrigen fort. Die Stadt
Lahr kann diese Betrauung aufheben, wenn hierfür ein wichtiger Grund gegeben ist, der
die Fortsetzung der Betrauung für die Stadt Lahr unzumutbar macht.

§2
Art der Ausgleichszahlung
(zu Art. 5 der Freistellungsentscheidung)
(1) Die Stadt Lahr leistet der Wohnbau Stadt Lahr GmbH für die in § 1 (1) genannten Dienst­
leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eine Einlage in die Kapitalrückla­
ge in Form einer Sacheinlage. Eingelegt werden die Grundstücke Flurstück 24324/12
(1.130 mz) und 24324/13 (110 m2) mit einem Verkehrswert von 248.000,00 €. Der redu­
zierte Einlagewert in Höhe 223.200,00€ resultiert daraus, dass die Wohnbau Stadt Lahr
GmbH gemäß einem notariellem Kaufvertrag für die genannten Grundstücke eine Zah­
lung in Höhe von 24.800,00 € an die Stadt Lahr leistet. Die Höhe der Sacheinlage ist da­
mit summenfixiert und der Einlagezeitpunkt wird festgelegt.
(2) Der Umfang der Ausgleichszahlungen in Form der Einlage in die Kapitalrücklage darf
nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der Dienst­
leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verursachten Nettokosten abzu­
decken.
(3) Die zu berücksichtigenden Kosten enthalten sämtliche, durch die Erbringung der Dienst­
leistungen nach § 1 (1) verursachten variablen Kosten und einen angemessenen Beitrag
zu den Fixkosten. Können Fixkosten nicht eindeutig den Tätigkeiten nach § 1 (1) und (2)
zugeordnet werden, sind diese nach einem sachgerechten Schlüssel aufzuteilen.
(4) Die Wohnbau Stadt Lahr GmbH hat in ihren Jahresabschlüssen die Kosten und Einnah­
men getrennt nach Dienstleistungen gemäß § 1 (1) und (2) auszuweisen. Dabei ist anzu­
geben, welcher Aufteilungsschlüssel gemäß (2) zugrunde gelegt wurde.

§3

Vermeidung von Überkompensierung
(zu Art. 6 der Freistellungsentscheidung)
(1) Um sicherzustellen, dass durch die Ausgleichszahlung in Form der Kapitaleinlage keine
Überkompensierung für die Erbringung der Dienstleistungen nach § 1 (1) entsteht, führt
die Wohnbau Stadt Lahr GmbH nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres den Nachweis
über die Verwendung der Mittel. Dies geschieht durch die Vorlage des Jahresabschlus­
ses und das Testat einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Prüfung der Jahresrech­
nung hat sich nach Artikel 6 des Freistellungsbeschlusses auch auf die Tatsache zu er­
strecken, ob die Mittel EU-beihilferechtskonform verwendet worden sind. Die geprüfte
Jahresrechnung nebst Testat ist der Stadt Lahr unverzüglich nach ihrer Erstellung zur
Verfügung zu stellen.
(2) Die Stadt Lahr ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen prüfen
zu lassen.
(3) Die Stadt Lahr fordert die Wohnbau Stadt Lahr GmbH gegebenenfalls zur Erstattung
überhöhter Vergünstigungen auf. Übersteigt die Überkompensation die durchschnittliche
jährliche Vergünstigung nicht um mehr als 10 %, so kann sie auf den nächsten Zeitraum
übertragen und auf die für diesen Zeitraum zu gewährende Vergünstigung aufgeschlagen
werden.

§4
Vorhalten von Unterlagen
(zu Art. 8 der Freistellungsentscheidung)
Unbeschadet weitergehender Vorschriften sind sämtliche Unterlagen, anhand derer sich
feststellen lässt, ob die gewährte Begünstigung mit den Bestimmungen der Freistellungsent­
scheidung vereinbar sind, für die Dauer der Betrauung, mindestens jedoch für einen Zeit­
raum von 10 Jahren aufzubewahren.

§5
Hinweis auf den Grundlagenbeschluss und Inkrafttreten
Der Gemeinderat Stadt Lahr hat in seiner Sitzung am TT.MM.JJJJ den Erlass dieses öffentli­
chen Auftrages (Betrauungsakt) beschlossen. Die Betrauung erfolgt für den in § 1 (4) ange­
gebenen Zeitraum. Die Betrauung tritt am Tage der Unterzeichnung in Kraft.

Stadt Lahr, TT.MM.JJJJ

Oberbürgermeister Stadt Lahr

vbw • Herdweg 52/54 • 70174 Stuttgart

Ihre Gesprächspartnerin
Evelyn Chaitas
Rechtsanwältin
(Syndikusrechtsanwältin)
Stv. Leitung Rechtsabteilung
Telefon 0711 16345-116
chaitas@vbw-online.de

Wohnbau Stadt Lahr GmbH
Herrn Ulrich Glatt
Goethestraße 13
77933 Lahr

Stuttgart. 02.07.2020

Beihilferecht / Einlagen in die Kapitalrücklage durch kommunale Gesellschafterin

Sehr geehrter Glatt,
wir beziehen uns auf Ihre E-Mails vom 16.06.2020 und 25.06.2020.
I. Sachverhalte und Auftrag
Im Folgenden gilt es, nachstehend aufgeführte zwei Sachverhalte beihilferechtlich zu prüfen:
•

Die Wohnbau Stadt Lahr GmbH (im Folgenden „Wohnbau Lahr") plant auf Grundstü­
cken der Stadt Lahr die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 11 öffentlich geförder­
ten Wohnungen. Alle 11 Wohnungen werden nach den Bedingungen des Landeswohnraumförderprogrammes BaWü errichtet und vermietet. Die beiden Grundstücke werden
von der Stadt Lahr in die Wohnbau Lahr durch Einlage in die Kapitalrücklage einge­
bracht. Aus steuerlichen Gründen sieht die aktuelle Planung vor, dass die Grundstücke
von der Wohnbau Lahr zu einem Teilbetrag von 10 % des Verkehrswertes durch nota­
riellen Kaufvertrag erworben und sodann zu dem „Restverkehrswert“ als Sacheinlage in
die Kapitalrücklage der Wohnbau Lahr eingebracht werden.

*

Mehrere Gebäude des Kanadarings, welche sich in einem förmlich festgelegten städti­
schen Sanierungsgebiet befinden, weisen Missstände und Mängel im Sinne des § 177
BauGB auf, die durch Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen behoben wer­
den sollen. Zur Finanzierung der Maßnahmen erhält die Wohnbau Lahr Fördermittel aus
dem Förderprogramm „soziale Stadt“ in Höhe von 35 % der förderfähigen Investitions­
kosten. Die Wohnbau Lahr hat die mit der Bewilligung der öffentlichen Mittel verbunde­
nen Bedingungen und Auflagen sowie die bestehenden Vorschriften der Sanierung zu
beachten. Den Zielsetzungen des Förderprogrammes „soziale Stadt“ entsprechend, soll
besonders hinsichtlich sozialer Kriterien der Wohnumfeldgestaltung, Vermietung und
seniorenfreundlicher Wohnraumanpassung Rechnung getragen werden. Dafür soll die
Wohnbau Lahr durch ihre kommunale Gesellschafterin, die Stadt Lahr, eine weitere Ka­
pitaleinlage in Form von Bareinlagen in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. € erhalten. Die
Einlage soll in 3 Tranchen erfolgen. In den Jahren 2020, 2021 und 2022 sollen jeweils
600.000 € als Bareinlagen in die Kapitalrücklage erbracht werden.

vbw Verband
baden-württembergischer
Wohnungs- und
Immobilienunternehmen e.V,

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Die Miethöhen im Wohngebiet Kanadaring wurden bereits im Jahr 2014 durch Be­
schluss des Aufsichtsrates begrenzt, damit die Mieter nach durchgeführten Sanierungs­
maßnahmen und den dann rechtlich möglichen Mieterhöhungen nicht durch zu massive
Mieterhöhungen aus dem Wohngebiet verdrängt werden. Die derzeit festgesetzten Miet­
höhen (Kaltmieten) liegen daher unter den aktuellen Sätzen der kommunalen Arbeits­
förderung und sind nach Wohnungsgröße gestaffelt. Auch nach den geplanten Moder­
nisierungsmaßnahmen in den Jahren 2020, 2021, 2020 sollen auch weiterhin die recht­
lichen Mieterhöhungspotentiale nicht vollständig ausgeschöpft werden. Das heißt, die
Mieten werden auch nach den geplanten Modernisierungsmaßnahmen unter der orts­
üblichen Vergleichsmiete liegen, es wird also weiterhin eine vergünstige Vermietung und
keine Vermietung zu Marktpreisen stattfinden. Mittel aus dem Landeswohnraumförderprogramm werden innerhalb der Modernisierungsmaßnahme jedoch nicht eingesetzt.
Sie bitten um rechtliche Erläuterung der Frage, ob und wie die Einlagen in die Kapitalrücklage
mit dem europäischen Beihilferecht in Einklang stehen und um die Entwürfe der jeweiligen Be­
trauungsakte.
II. Rechtslage allgemein
Häufig reicht die Kommune Haushaltsmittel oder eigene, zu Kommunalkreditkonditionen aufge­
nommene Darlehensmittel an ihre Eigengesellschaft weiter, um diese mit Kapital für anste­
hende Investitionen (z.B. Neubauvorhaben) auszustatten. Führt eine Kommune einem Unter­
nehmen Kapital durch eine Einlage in die Kapitalrücklage zu, so ist aus beihilferechtlicher Sicht
von Bedeutung, aber nicht ohne weiteres erkennbar, ob die Kommune in ihrer „Eigenschaft als
Staat“ oder aber als Unternehmer handelt. Je nachdem, kann die Kapitalmaßnahme ein
kommunalpolitisch gewollter marktunüblicher Vorteil zugunsten des Unternehmens und
damit eine Beihilfe oder aber eine beihilferechtlich unproblematische marktübliche In­
vestition sein.
Für die Prüfung dieser Frage bestehen unter anderem drei Möglichkeiten.
1. De-minimis-Verordnung
Die sog. De-minimis-Verordnung nimmt bestimmte, dem Grunde nach als Beihilfe zu beurtei­
lende Tatbestände von der Notifizierung aus. Bei geringen Zuwendungen eines Mitgliedstaates
an Unternehmen geht die EU-Kommission davon aus, dass diesen Maßnahmen regelmäßig
nicht die Eignung zukommt, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel in der EU zu be­
einträchtigen.
Die nach der De-minimis-Verordnung 1407/2013 zulässige Beihilfeobergrenze liegt bei einem
Betrag von 200.000 € brutto in drei Steuerjahren. Dieser Zeitraum versteht sich fließend, sodass
bei jeder neuen Bewilligung einer De-minimis-Beihilfe die Gesamtsumme des laufenden Steu­
erjahres sowie die in den vorangegangenen zwei Steuerjahren gewährten De-minimis-Beihilfen
maßgeblich sind.

- 3-

Die DAW!-De-minimis-Verordnung (zu dem Begriff der DAWI siehe weiter unten unter Punkt 3.)
setzt die Geringwertigkeitsschweile für Beihilfen zugunsten von Unternehmen, die mit DAWI
betraut sind, auf 500.000 € brutto über drei Steuerjahre herauf.
Da vorliegend der De-minimis-Schwellenwert von 200.000 € bzw. 500.000 € brutto, bezogen
auf drei Steuerjahre, überschritten ist, gehen wir auf diese Möglichkeit im Folgenden nicht weiter
ein.
2. Private-Investor-Test
Mit dem von der EU-Kommission entwickelten sog. Private-Investor-Test wird untersucht, ob
ein - freilich hypothetischer - unabhängiger privater Investor anstelle der Kommune ebenfalls
eine bestimmte Kapitalzuführung unter Renditegesichtspunkten vornehmen würde. Ist dies der
Fall, ist die Kapitalzuführung unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten unproblematisch. Der
Private-Investor-Test gilt dementsprechend zunächst überall dort als bestanden, wo sich ein
unabhängiger privater Kapitalgeber tatsächlich zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen und
gleichem Umfang an einer Kapitalmaßnahme zugunsten eines bestimmten Unternehmens be­
teiligt.
Der Private-Investor-Test ist im Kern eine betriebswirtschaftliche Berechnung anhand der
erwarteten Zahlungsströme und beruht auf einem Vergleich der Unternehmenswerte des be­
treffenden Unternehmens, einmal mit und einmal ohne die Kapitalmaßnahme. Ein Privater an­
stelle des Staates - hier der Stadt Lahr - würde die entsprechende Investition nur tätigen, wenn
der Unternehmenswert mit der Kapitalmaßnahme höher ist als ohne und dieser Unternehmens­
wert gleichzeitig positiv ist. Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Berechnung des Unterneh­
menswertes wird die Mindestrendite einer Investition mit vergleichbarem Risiko ermittelt und als
Diskontierungszinssatz zur Abzinsung der erwarteten Zahlungsströme eingesetzt. Daher bringt
nur ein positiver Unternehmenswert zum Ausdruck, dass das betroffene Unternehmen eine ri­
sikoäquivalente Mindestrendite auf das zusätzlich eingesetzte Kapital erwirtschaftet.
Ob eine marktübliche Kapitalrendite erwartet werden kann, muss im Rahmen einer Prognose
beurteilt werden. Relevanter Zeitpunkt für diese Beurteilung ist der Zeitpunkt der Entscheidung
über die Gewährung des investierten Kapitals.
WICHTIG: Ein Private-Investor-Test ist von vornherein dann nicht bestanden, wenn sich das
betreffende Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, insbesondere nicht in der Lage wäre,
sich das erforderliche Kapital auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen oder aber die Kapitalzufüh­
rung allein dazu dient, strukturell unrentable Tätigkeiten zu übernehmen oder weiterzuführen.
Allgemein kann festgehalten werden: Ein privater Investor würde einem Unternehmen der Da­
seinsvorsorge ohne langfristige Renditeaussicht nicht wiederholt Verlustausgleichszahlun­
gen/Kapitaleinlagen zuweisen, sondern das Unternehmen liquidieren oder verkaufen.
Fällt der Private-Investor-Test im Ergebnis negativ aus, weil beispielsweise im Szenario mit der
geplanten Kapitalmaßnahme ein negativer Unternehmenswert zu erwarten wäre, so würde
durch diese Maßnahme eine Beihilfe gewährt.

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3. Freistellungsbeschluss
Ein Private-Investor-Test wäre vorliegend nicht notwendig, wenn die nachfolgend dargestellte
Möglichkeit greifen würde. Eine EU-rechtswidrige Beihilfe liegt nämlich auch dann nicht vor,
wenn die Beihilfen unter den Freistellungsbeschluss der Europäischen Kommission vom
20.12.2011 fallen. Anzuwenden ist der Freistellungsbeschluss auf Unternehmen, die Dienst­
leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erbringen.
Die DAWI-Regelungen betreffen den beihilferechtlichen Sonderfall, dass eine staatliche Bei­
hilfe, gleich welcher Art, als Ausgleich gewährt wird, um die defizitäre Erbringung von „Dienst­
leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ durch ein Unternehmen zu kompensie­
ren, das mit der Erbringung dieser Dienstleistungen vom Staat betraut wurde.
Sofern es Anhaltspunkte gibt, dass eine (vermeintliche) staatliche Beihilfe für eine DAWI ge­
währt werden soll, gilt es somit zunächst zu fragen, ob wirklich eine DAWI im Sinne des EUBeihilferechts vorliegt. Handelt es sich im konkreten Fall um eine DAWI, ist im Rahmen der
Prüfung der einzelnen Merkmale einer Beihilfe besonderes Augenmerk darauf zu richten, ob
die sogenannten Altmark-Trans-Kriterien (siehe dazu weiter unten) erfüllt sind.
Der Begriff der DAWI wird im AEUV in Art. 14 und Art. 106 Abs. 2 erwähnt, jedoch nicht definiert.
Unionsrechtlich wird also nicht vorgegeben, was als DAWI anzusehen ist und was nicht. Viel­
mehr haben die Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum bei der Frage, ob eine
Dienstleistung als DAWI anzusehen ist. Die Befugnisse der Kommission beschränken sich hier­
bei darauf, zu kontrollieren, dass dem Mitgliedstaat bei der Festlegung der Dienstleistung als
DAWI kein offenkundiger Fehler unterlaufen ist, und zu prüfen, ob die Ausgleichsleistungen
staatliche Beihilfen umfassen. Die Kommission geht bei dieser Prüfung auf „offenkundige Feh­
ler“ bei der DAWI-Festlegung davon aus, dass DAWI im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen
Tätigkeiten immer „besondere Merkmale" aufweisen. Das bedeutet, dass Dienstleistungen
erbracht werden müssen, die nicht im eigenen gewerblichen Interesse des erbringenden
Unternehmens, sondern im Interesse der Allgemeinheit liegen und daher ohne die Be­
trauung von diesem nicht, oder jedenfalls nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den
gleichen Konditionen erbracht würden.
Für die wohnungswirtschaftliche Praxis kann festgehalten werden, dass die Tätigkeiten, die
durch die soziale Wohnraumförderung nach Maßgabe des LWoFG gefördert werden sollen,
vom Mitgliedstaat Deutschland als DAWI anerkannt sind. Ferner fallen diese Tätigkeiten unter
den Begriff des sozialen Wohnhaus im Sinne des Art. 2 Nr. 1 lit. c) des Freistellungsbeschlus­
ses.
Wichtig und im Einzelfall aufwändig ist aber die Abgrenzung zu weiteren wirtschaftlichen
Tätigkeiten im Immobilienbereich, die bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oft­
mals vorhanden sind.
Zur Veranschaulichung dieser wichtigen Abgrenzung möchten wir folgendes Praxisbeispiel aus
dem Leitfaden zum EU-Beihilferecht, Band 3, Seite 70 ff des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit
und Wohnungsbau Baden-Württemberg zitieren:

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„Praxisbeispiel: Sozialer Wohnungsbau
Die W-GmbH ist eine 100 %-ige Tochter der Stadt S. Sie hat den satzungsmäßigen Zweck,
Aufgaben des Immobilienmanagements für die Stadt wahrzunehmen und Wohnraum für die
Allgemeinheit zu schaffen und zu verwalten. In Ausführung dieses Satzungszwecks errichtet
die W-GmbH Wohngebäude im Stadtgebiet mit Sozialwohnungen, die zu vergünstigten Preisen
an Geringverdiener vermietet werden, wie auch mit Wohnungen, die zu Mietpreisen in markt­
üblicher Höhe angeboten werden. Die Erträge aus der marktüblichen Vermietung werden teil­
weise verwendet, um die nicht kostendeckende vergünstigte Vermietung zu finanzieren. Trotz­
dem verbleibt in diesem Bereich eine Unterdeckung, die von der Stadt regelmäßig durch Kapi­
talzuführungen ausgeglichen wird. Auf Initiative der Stadt hat die W-GmbH außerdem die Auf­
gabe übernommen, ein neues Gewerbegebiet am Stadtrand zu entwickeln. Ziel ist die Ansied­
lung eines großen Internethändlers, der bundesweit auf der Suche nach neuen Logistikflächen
ist und konkret an die Stadt mit der Bitte um Unterstützung herangetreten ist. Auch diese Ent­
wicklungsmaßnahme wird nach derzeitiger Planung nicht kostendeckend erbracht werden kön­
nen. Dem Stadtkämmerer stellt sich die Frage, wie die Finanzierung der Gesellschaft beihilfen­
rechtlich abgesichert werden kann.
Im Hinblick auf eine mögliche Betrauungslösung sind zunächst die Geschäftsfelder zu ermitteln,
die sich als DAWI einordnen lassen. Dies trifft auf die vergünstigte Vermietung ohne weiteres
zu, nicht jedoch auf die Vermietung zu Marktpreisen, da hierfür kein Marktversagen zu beobach­
ten ist. Auch die Erschließung des neuen Gewerbegebietes wird man im konkreten Fall nicht
als DAWI einordnen können. Zwei könnte man verbeten, dass an der Ansiedlung großer Un­
ternehmen ein Allgemeininteresse besteht, da hiermit regelmäßig auch Gewerbesteuerzahlun­
gen verbunden sind, die wiederum der Allgemeinheit zumindest potenziell zugutekommen. Ge­
gen ein Marktversagen spricht aber, dass die Bereitstellung ausreichender Gewerbeflächen re­
gelmäßig auch ohne finanzielle Interventionen der öffentlichen Hand möglich ist. Dies gilt hier
umso mehr, als die Erschließung der Ansiedlung eines bereits vorhandenen konkreten Interes­
senten dienen soll. In anderen Konstellationen kann die Erschließung eines Gewerbegebiets
beihilfenfrei sein.
Im Praxisbeispiel müssen zur Bestimmung des Bedarfs an Ausgleichsleistungen für die ver­
günstigte Vermietung die Geschäftsfelder rechnerisch getrennt werden, d. h. die auf die ver­
günstigte und die marktübliche Vermietung entfallenden Vollkosten und Einnahmen sind zu se­
parieren. Dies umfasst nicht nur eine Abgrenzung nach den einzelnen Gebäuden, sondern mög­
licherweise auch eine Trennung innerhalb von einheitlichen Bauvorhaben, wenn Gebäude so­
wohl vergünstigte, wie marktüblich vermietete Wohnungen beinhalten. Gleiches gilt für die Er­
fassung der Gemeinkosten, hier im Wesentlichen die Verwaltungskosten der W-GmbH. Diese
sind im Zweifel nach den Verursachungsanteilen zu schlüsseln, die auf die einzelnen Ge­
schäftsfelder entfallen. Die Ausgleichsleistungen selbst umfassen hier nicht nur die Kapitalzu­
führungen der Stadt, sondern auch die von der Stadt geduldete Quersubventionierung der ver­
günstigten Vermietung durch die marktüblichen Mieteinnahmen. Beide Leistungen sind im Be­
trauungsakt entsprechend zu definieren und die zur Berechnung erforderlichen Parameter sind
anzugeben. Von dieser Betrachtung ausgenommen werden muss hingegen die Erschließung
des Gewerbegebietes für den konkreten Ansiedlungswilligen. Dieser Tätigkeitsbereich der WGmbH kann nicht mit DAWi-Ausgleichsleistungen gefördert werden und muss grundsätzlich
kostendeckend arbeiten oder (falls das nicht möglich ist) perspektivisch eingestellt werden. Je­
denfalls muss dieser Bereich rechnerisch separiert werden. “

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Das Praxisbeispiel verdeutlicht, dass DAWI im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen Tätigkei­
ten immer „besondere Merkmale" aufweisen müssen. Das bedeutet, dass Dienstleistungen er­
bracht werden müssen, die nicht im eigenen gewerblichen Interesse des erbringenden Unter­
nehmens, sondern im Interesse der Allgemeinheit liegen und daher ohne die Betrauung von
diesem nicht oder jedenfalls nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Konditionen
erbracht würden.
Ausgleichszahlungen für Maßnahmen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus müssen nicht
bei der Europäischen Kommission angemeldet werden, wenn die sonstigen in dem Freistel­
lungsbeschluss genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Diese sind:
Erstens muss es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit handeln.
Zweitens muss dem jeweiligen Unternehmen die Erbringung von DAWI im Wege eines oder
mehrerer Betrauungsakte übertragen worden sein (Artikel 4). Die Form des Betrauungsaktes
kann von den Mitgliedstaaten frei gewählt werden, je nach der politischen und administrativen
Organisation. Im deutschen Recht kommen hierfür insbesondere Gesetze, Verordnungen, Ver­
waltungsakte (z.B. Zuwendungsbescheide) oder aber öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche
Verträge in Betracht.
In jedem Fall muss der Betrauungsakt folgende Angaben enthalten:
• Gegenstand und Dauer der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen;
• das Unternehmen und gegebenenfalls das betreffende Gebiet;
• Art etwaiger dem Unternehmen durch die Bewilligungsbehörde gewährter ausschließli­
cher oder besonderer Rechte;
• Beschreibung des Ausgleichsmechanismus und Parameter für die Berechnung;
• Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen;
• Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahlungen so­
wie einen Verweis auf den Freistellungsbeschluss.
Drittens muss sichergestellt sein, dass keine Überkompensation stattfindet und in der Folge
keine Quersubventionierungen erfolgen. Mithin darf die Höhe der Ausgleichsleistungen unter
Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht über das hinausgehen, was erforderlich
ist, um die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Netto­
kosten abzudecken, wobei im Freistellungsbeschluss näher beschrieben ist, was unter Netto­
kosten zu verstehen ist.
Hinsichtlich der dritten Voraussetzung (Höhe der Ausgleichszahlung) gilt es, Folgendes zu be­
achten: Wenn die jeweilige DAWI nur einen Teil der Tätigkeiten des Unternehmens ausmacht,
müssen gemäß Art. 5 Nr. 9 des Freistellungsbeschlusses die Kosten und Einnahmen in Verbin­
dung mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem In­
teresse von allen anderen Tätigkeiten getrennt ausgewiesen werden (getrennte Buchfüh­
rung). Hierdurch sollen Überkompensierungen in transparenter Weise offengelegt und in der
Folge damit einhergehende Quersubventionierungen unternehmerischer Tätigkeiten außerhalb
der DAWI vermieden werden. Sollten Sie zu diesem Punkt noch weitergehende Fragen haben,
dürfen Sie sich gerne an unsere Prüfungsabteilung wenden.

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Wie bereits erwähnt, ist - sofern eine Ausgleichszahlung für eine DAWI erfolgen soll - weiterhin
zu prüfen, ob die Altmark-Trans-Kriterien erfüllt sind. Der EuGH hat in seinem Urteil vom
24.07,2003 (Altmark-Trans-Urteil, Rs. C-280/00) festgelegt, dass unter bestimmten Vorausset­
zungen staatliche Leistungen an Unternehmen, die mit der Erbringung von DAWI vom Staat
beauftragt werden, keine staatlichen Beihilfen i.S.v. Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellen.
•

Gemäß dem ersten Altmark-Trans-Kriterium muss das Unternehmen tatsächlich mit der
Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen (DAWI) betraut sein und diese Ver­
pflichtungen müssen klar definiert sein (Stichwort: transparenter Betrauungsakt).

•

Ferner müssen die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor ob­
jektiv und transparent aufgestellt werden, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen
wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, ge­
genüber konkurrierenden Unternehmen wirtschaftlich begünstigt (Stichwort: Transpa­
renz und Objektivität der Ausgleichsparameter).

•

Des Weiteren darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um
die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichti­
gung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfül­
lung dieser Verpflichtung ganz oder teilweise zu decken (Stichwort: Nettomehrkos­
tenprinzip).

•

Schließlich muss die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaft­
licher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall im Rahmen eines Verga­
beverfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgen, das die Auswahl desjenigen
Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit
erbringen kann. Andernfalls ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grund­
lage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittlich gut geführtes Un­
ternehmen, das so angemessen ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirt­
schaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verbind­
lichkeit hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus
der Erfüllung dieser Verpflichtung zu berücksichtigen sind (Stichwort: objektiver Kos­
tenmaßstab).

WICHTIG:
Ist auch nur eine dieser vier Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich bei der staat­
lichen Ausgleichszahlung um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Sie müs­
sen deshalb vor ihrer Gewährung bei der Europäischen Kommission angemeldet werden
(sog. Notifizierung). Die Kommission prüft dann, ob eine Genehmigungsvorschrift ein­
greift, auf deren Grundlage sie die Beihilfe genehmigen kann.
Eine Anmeldung ist nur dann nicht erforderlich, wenn ausnahmsweise die Vorausset­
zungen des Freistellungsbeschlusses eingreifen. Dies bedeutet im Umkehrschluss:
Wenn alle Altmark-Trans-Kriterien erfüllt sind, kann der Tatbestand der Beihilfe verneint
werden, mit der Folge, dass keine Anmeldepflicht besteht.
Es ist daher Folgendes festzuhalten: Sollen Kapitalmaßnahmen der Gesellschafter-Kom­
mune an ihr kommunales Wohnungsunternehmens erfolgen, ist vor jeder Maßnahme zu

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prüfen, ob diese für die Erbringung von DAWI gewährt wird. Ist dies der Fall - und kommt
keine der anderen genannten Möglichkeiten (De-minimis-Verordnung/Private-lnvestorTest) zum Tragen - bedarf es zwingend eines Betrauungsaktes, welcher ebenfalls vor
der Erbringung der jeweiligen Kapitalmaßnahme bzw. der DAWI zu erfolgen hat.
4. Erfordernis eines rechtsverbindlichen Rechtsakts
Die Errichtung eines Betrauungsaktes durch eine Gemeinde hat Auswirkungen auf den Haus­
halt, da auf Basis des Betrauungsaktes Mittel der Gemeinde an ein Unternehmen gewährt wer­
den. Insoweit ist für den Beschluss eines Betrauungsaktes innerhalb der Gemeinde der Ge­
meinderat zuständig. Dies ergibt sich aus §§ 44, 24 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg
(im Folgenden „GemO"), wonach der Bürgermeister zuständig ist für die Geschäfte der laufen­
den Verwaltung und in allen anderen Fällen der Gemeinderat beschließen muss. Zwar können
dem Bürgermeister mit der Hauptsatzung weitere (auch haushaltswirksame) Aufgaben übertra­
gen werden. Soweit es sich allerdings um ein Rechtsgeschäft von „erheblicher wirtschaftlicher
Bedeutung“ gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 13 GemO handelt, ist eine Übertragung auf den Bürger­
meister unzulässig. Daher verbleibt es hinsichtlich der Beschlussfassung über einen Betrau­
ungsakt in der Regel bei der Zuständigkeit des Gemeinderates.
Art. 4 Satz 1 des Freistellungsbeschlusses der EU-Kommission sieht vor, dass die DAWI dem
betrauten Unternehmen verbindlich auferlegt werden muss. Ein Beschluss des Gemeinderates
bindet aber grundsätzlich nur den Bürgermeister als ausführendes Organ der Gemeinde und
hat damit für sich genommen keine Außenwirkung. Um also dem betrauten Unternehmen
die mit der Betrauung verbundenen Pflichten verbindlich aufzuerlegen, bedarf es einer Umset­
zung durch den Bürgermeister. Art. 4 des Freistellungsbeschlusses regelt diesbezüglich nur,
dass die Mitgliedstaaten die Form selbstständig festlegen können.
III. Rechtslage konkret
Wie bereits unter II.3. festgehalten, sind die Tätigkeiten, die durch die soziale Wohnraumförderung nach Maßgabe des LWoFG gefördert werden, vom Mitgliedstaat Deutschland als DAWI
anerkannt. Das von der Wohnbau Lahr geplante Vorhaben bezüglich der Errichtung eines Mehr­
familienhauses mit 11 öffentlich geförderten Wohnungen auf den Grundstücken der Stadt Lahr
stellt insofern eine DAWI dar. Eine beihilferechtliche Konformität kann gemäß des Freistellungs­
beschlusses durch Erlass eines entsprechenden Betrauungsaktes erreicht werden.
Gleiches gilt für die Sanierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen des Kanadarings. Zwar
werden im Rahmen dieser Maßnahmen keine Mittel aus dem Landeswohnraumförderprogramm eingesetzt, jedoch werden die Mieten gemäß der uns von Ihnen vorliegenden Angaben
auch nach den geplanten Modernisierungsmaßnahmen unter der ortsüblichen Vergleichsmiete
liegen, es wird also weiterhin eine vergünstige Vermietung und keine Vermietung zu Marktprei­
sen stattfinden. Auch dies lässt sich entsprechend dem oben zitieren Praxisbeispiel aus dem
Leitfaden zum EU-Beihilferecht des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Ba­
den-Württemberg unter den Begriff sozialer Wohnungsbau bzw. als DAWI einordnen. Auch bei
diesem Sachverhalt ist also eine Betrauungslösung möglich.

IV. Entwürfe Betrauungsakte
Wie von Ihnen gewünscht, haben wir unter Zugrundelegung der genannten Kriterien die ent­
sprechenden Betrauungsakte für die zwei vorliegenden Sachverhalte entworfen, welchen Sie
in Anlage 1 und Anlage 2 zu diesem Schreiben finden.
Das EU-Beihilferecht gibt eine konkrete Form des Betrauungsaktes nicht vor. Es gibt insofern
keinen „Standard-Betrauungsakt“. Einem Beschluss des Gemeinderates fehlt es an der für eine
Betrauung erforderlichen Rechtsverbindlichkeit, weil diesem Beschluss keine Rechtswirkung
nach außen zukommt. Insofern ist noch ein weiterer Rechtsakt, also der Betrauungsakt an sich,
erforderlich.
Aus einem Betrauungsakt muss nach Art. 4 der Freistellungsentscheidung Folgendes hervor­
gehen:
«
•
•
•
•
•

Gegenstand und Dauer der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung;
Unternehmen;
gegebenenfalls betreffendes Gebiet;
Art etwaiger, dem Unternehmen durch die Bewilligungsbehörde gewährter ausschließ­
licher oder besonderer Rechte;
Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahiungen;
Ausgleichsmechanismen und Parameter für die Berechnung, Übenwachung und Ände­
rung der Ausgleichsleistungen.

Gewährt der Mitgliedstaat einem Unternehmen auf der Grundlage der Freistellungsentschei­
dung eine Beihilfe, muss der Betrauungsakt darüber hinaus auf die Freistellungsentscheidung
Bezug nehmen, damit der Erbringer der DAWI über die rechtliche Grundlage seiner Betrauung
informiert ist und die Einhaltung der Bestimmungen auch selbst überprüfen kann. Dies haben
wir in unserem Entwurf berücksichtigt.
Weil das Ausmaß, in dem eine staatliche Ausgleichsmaßnahme den innergemeinschaftlichen
Wettbewerb und Handel beeinträchtigt, auch von der Dauer der Betrauung abhängt, sieht die
Freistellungsentscheidung eine Betrauungsdauer von höchstens zehn Jahren vor.
Zu den Regelungen unserer Entwürfe im Einzelnen folgende Anmerkungen, wobei sich diese
sowohl auf Anlage 1 als auch auf Anlage 2 beziehen:
Präambel

-

Die Voransteliung einer Präambel ist nicht zwingend. Der Inhalt der Präambel
geht jedoch darauf zurück, dass in manchen Fällen einer Ausgleichsleistung
keine Wettbewerbsverfälschung im Sinne des Beihilferechts gegeben ist.
Hiervon geht - je nach Sachverhalt - auch der Prüfungsstandard IDW700
aus. Zwar spricht grundsätzlich die Vermutung dafür, dass sich Beihilfemaß­
nahmen auf den Handel auswirken, jedoch sollte diese Möglichkeit der Argu­
mentation nicht unter den Tisch fallen. Nach Maßgabe des Inhalts der Präam­
bel ergeht der Betrauungsakt damit nur vorsorglich.

§ 1 (1)

-

In § 1 (1) haben wir die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Inte­
resse (DAWI) inhaltlich präzisiert.

-

10

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§1(2)

-

Die Regelung dient der Abgrenzung gegenüber solchen Dienstleistungen, die
keine Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstel­
len.

§1(4)

-

Der Betrauungsakt kann für eine maximale Dauer von zehn Jahren erteilt wer­
den.

§2(1)

-

Die Höhe der Ausgleichsleistung ist im Vorhinein aufgrund einer entsprechen­
den betriebswirtschaftlichen Planung festzulegen und darf dabei unter Be­
rücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht über das hinausgehen,
was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen
Verpflichtungen verursachten Nettokosten abzudecken, wobei in der Freistel­
lungsentscheidung näher beschrieben ist, was unter Nettokosten zu verste­
hen ist (Art. 5). Um die Nettokosten zutreffend ermitteln zu können, muss ein
betrautes Unternehmen, das nicht nur betrauten Tätigkeiten nachgeht, son­
dern sich noch in andererWeise wirtschaftlich betätigt und hierdurch Aufwand
(und gegebenenfalls Erträge) erzeugt, eine Trennungsrechnung führen. Das
heißt, der (geplante) Aufwand für die betraute Tätigkeit ist vom Aufwand für
andere Tätigkeitsbereiche buchhalterisch zu trennen. Hierdurch sollen Über­
kompensierungen in transparenter Weise offengelegt und in der Folge damit
einhergehende Quersubventionierungen unternehmerischer Tätigkeiten au­
ßerhalb der DAWI vermieden werden. Sollten Sie hierzu noch Fragen haben,
wenden Sie sich bitte an unsere Prüfungsabteilung (Ansprechpartner: Herr
Fritz, E-Mail: fritz@vbw-online.de, Tel.: 0711 16345 - 150).

§ 2 (2), (3)

-

Diese Regelungen lehnen sich an die Freistellungsentscheidung an. Da die
Wohnbau Lahr auch Leistungen außerhalb der DAWI erbringt, bedarf es einer
Regelung dazu, wie die Fixkosten zwischen beiden Bereichen sachgerecht
aufgeteilt werden.

§3(1)

-

Die Problematik der auf Grundlage eines Betrauungsakts gewährten Aus­
gleichszahlungen liegt darin, dass eine Überkompensierung nicht entstehen
darf bzw. der Betrag einer Überkompensierung nur dann auf die folgende Aus­
gleichsperiode angerechnet werden darf, wenn die Überkompensierung ma­
ximal 10 % der jährlichen Ausgleichssumme beträgt, wobei die der Dienstleis­
tung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zurechenbaren Kosten auch
eine angemessene Rendite beinhalten dürfen. Letztlich bedarf es - wie be­
reits ausgeführt - einer getrennten Buchführung, wenn bei dem betrauten Un­
ternehmen die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
nur einen Teil der Tätigkeiten des Unternehmens ausmachen, um die Einnah­
men und Ausgaben im Zusammenhang mit der betreffenden Dienstleistung
von den anderweitigen Leistungen abzugrenzen. Sollten Sie hierzu noch Fra­
gen haben, wenden Sie sich bitte an unsere Prüfungsabteilung (Ansprech­
partner: Herr Fritz, E-Mail: fritz@vbw-online.de, Tel.: 0711 16345 - 150).

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§3(2)

-

-

Die Möglichkeit der Übertragung einer Überkompensation, die maximal 10 %
beträgt, auf den nächsten Zeitraum resultiert aus Art. 6 der Freistellungsent­
scheidung.

Bitte überprüfen Sie die Daten in den Entwürfen für die Betrauungsakte auf Ihre Richtigkeit und
tragen die noch fehlenden Angaben nach.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen