Informationsvorlage (Bericht Arbeitsstand Mobilitätsnetzwerk Januar 2019 - August 2020)
Sitzung: Technischer Ausschuss (10. Sitzung)
4. November 2020
4. November 2020
Bericht zum Arbeitsstand im Mobilitätsnetzwerk Januar 2019 – August 2020 Erstellt vom Netzwerkmanagement endura kommunal GmbH Frau Sarah Berberich Bericht zum Arbeitsstand im Mobilitätsnetzwerk Januar 2019 – August 2020 Seite 2 Kurzbezeichnung des Gesamtprojekts Für nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum gibt es bundesweit verhältnismäßig wenige vorbildliche Konzepte. Die Kommunen spüren diesen Mangel. Sie erleben ihn in Form von steigenden Pendlerzahlen und Staus. Er erweist sich als Hindernis für die kommunale Klimapolitik. Auch die Bürgerschaft fordert inzwischen vehement bezahlbare und auf den Bedarf abgestimmte Angebote. Allerdings kann die einzelne Kommune in ihrem Einflussbereich nur sehr eingeschränkte Lösungen bieten, denn: „Mobilität endet nicht an der Gemarkungsgrenze“ Dieser Satz ist der Ausgangspunkt des Mobilitätsnetzwerks Ortenau ̶ und er charakterisiert auch die Zusammenarbeit. Im bundesweit ersten Mobilitätsnetzwerk stehen nicht die einzelne Kommune und ihre Effizienzgewinne im Vordergrund. Erfolge können alle Beteiligten nur gemeinsam erzielen. Maßnahmen müssen (gemarkungs-)grenzüberschreitend erfolgen. Das Bundesumweltministerium unterstützt diese kommunale Vernetzungsarbeit und gemeinsame Konzepterstellung für drei Jahre mit einer Förderquote von ca. 60%. Am Schnittpunkt von Digitalisierung, Klimaschutz und Energieeffizienz trifft das Thema Mobilität den Nerv der Zeit. Die Bürgermeister der beteiligten Kommunen haben darum das Mobilitätsnetzwerk von Beginn an als politische Aufgabe verstanden und beteiligen sich aktiv an der Netzwerkarbeit. Beschreibung der bisher durchgeführten Arbeiten Eine Übersicht der Ereignisse und Ergebnisse der ersten anderthalb Projektjahre sind im Anhang auf einem Zeitstrahl zusammengefasst. Auch ein Ausblick auf die kommenden Jahre ist integriert. Hervorzuheben sind neben der konkreten Facharbeit vor allem diese Aktivitäten: 1. Mit dem Aufbau einer gemeinsamen Arbeitsstruktur hat das Mobilitätsnetzwerk Neuland betreten. Die rechtlich aufwändige Gründung der GbR, die bewusste Integration von großen und kleineren Kommunen, die Schaffung einer gemeinsamen Internet-Plattform, eine wiedererkennbare Gestaltung: Das alles ließ nach und nach ein Gemeinschaftsgefühl wachsen. 2. Sehr schnell haben sich die Kommunen auf drei Themenschwerpunkte geeinigt: - Multimodale Systeme: Mobilitätsstationen im interkommunalen Verbund - Gemeindeübergreifender Radverkehr und die verstärkte Nutzung von Pedelecs und E-Bikes - Vernetzung der Nahmobilitätsangebote in einer App Diese drei Ziele verfolgt das Netzwerk mit entsprechenden fachlichen Beratern. So ist gewährleistet, dass personelle Ressourcen effizient eingesetzt werden. Jeder der drei Bericht zum Arbeitsstand im Mobilitätsnetzwerk Januar 2019 – August 2020 Seite 3 Geschäftsführer des Mobilitätsnetzwerks hat die Schirmherrschaft über eines der Themen übernommen. Erste konkrete Ergebnisse und Ausblick Themenschwerpunkt Multimodale Systeme: Mobilitätsstationen im interkommunalen Verbund Mobilitätsstationen sind Orte, an denen sich verschiedene Verkehrsträger treffen. Sie ermöglichen beispielsweise den Umstieg von einem Bus in ein Carsharing-Fahrzeug oder auf ein Leih-Pedelec. Der Bau solcher Mobilitätsstationen in allen Netzwerkkommunen soll dazu führen, dass Bürgerinnen und Bürgern eine Alternative zum privaten Auto geboten wird. Die Arbeit erfolgt in den gemeinsam definierten Arbeitspaketen: - Potenzialanalyse - Standortbestimmung - Definition von Ausstattungsmerkmalen - Umsetzungskatalog - Vorbereitung der Baudurchführung - Vorbereitung Betrieb Die ersten vier dieser Pakete sind in Arbeit. Stakeholder aus Wirtschaft und kommunalen Verkehrsbetrieben haben am Entscheidungsprozess teilgenommen. Eine einheitliche Kartengrundlage der potenziellen Standorte für Mobilitätsstationen soll den Gemeinderäten in Kürze zur Kenntnisnahme vorgelegt werden, damit auf dieser Grundlage die weitere Ausarbeitung des Konzepts, der baulichen Umsetzung und der Betriebsführung einschließlich der Bereitstellung der Haushaltsmittel erfolgen kann. Die Station kann verschiedene Größen annehmen und bezogen auf die Anzahl der Fahrzeuge unterschiedlich ausgestattet sein. Im Netzwerk herrscht Konsens darüber, dass in jeder Kommune möglichst mindestens eine Mobilitätsstation mit Carsharing und Fahrradverleihsystem gebaut werden soll. Ziel ist es, die ersten Mobilitätsstationen im zweiten Halbjahr 2022 in die Ausschreibung zu bringen. Dabei wollen sich die Akteure des Mobilitätsnetzwerks offen halten, gemeinsam auszuschreiben, um auf diese Weise günstigere Preise zu bekommen. Die Änderung der Rechtsform des Mobilitätsnetzwerks ist hierfür Grundlage und wird in den nächsten Monaten fokussiert angegangen. Zur baulichen Umsetzung der Mobilitätsstationen ist in den einzelnen Gemeinden die Bereitstellung von Haushaltsmitteln erforderlich. Das Netzwerk arbeitet aktiv an der Identifikation möglicher Fördermittel-Angebote, aktuell kann von einer Förderquote zwischen 50 und 75 % je Mobilitätsstation ausgegangen werden. Die Antragsstellung erfolgt im Herbst 2021. Mit einem Zuwendungsbescheid ist nicht vor Sommer 2022 zu rechnen, sodass erst im zweiten Halbjahr 2022 ausgeschrieben werden kann. Der Erfolg der Mobilitätsstationen hängt von der Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger ab, die Mobilitätsangebote zu nutzen. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig viel Energie in gute Öffentlichkeitsarbeit zu stecken, eine der wichtigen Aufgaben im Mobilitätsnetzwerk in den kommenden zwei Jahren. Bericht zum Arbeitsstand im Mobilitätsnetzwerk Januar 2019 – August 2020 Seite 4 Themenschwerpunkt Gemeindeübergreifender Radverkehr und die verstärkte Nutzung von Pedelecs und E-Bikes Um spätere Maßnahmen bedarfsgerecht zu planen, begann die Arbeit in diesem Thema mit einer Umfrage: Mitarbeiter von Unternehmen und aus der kommunalen Verwaltung wurden per Fragebogenaktionen gebeten, ihre Wünsche und Anforderungen zu beschreiben. 4000 ausgefüllte Fragebögen sind inzwischen eingegangen und wurden ausgewertet. Die Ergebnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt separat in den Gremien vorgestellt. Themenschwerpunkt Vernetzung der Nahmobilitätsangebote in einer App Der Aufbau einer Mobilitäts-App ist eine technisch und organisatorisch herausfordernde Aufgabe. Darum erwies sich hier der interne Wissensaufbau als besonders wichtig, auch um verschiedene technische Möglichkeiten (z.B. Whitelabel oder individuelle Lösung) kompetent gegeneinander abwägen zu können. Ab Dezember 2019 wurde die interne Arbeit durch externe Workshops ergänzt. Mit Stakeholdern aus Politik, Verkehrswesen und Öffentlichkeit diskutierten Netzwerkmitglieder mögliche Funktionalitäten und ihre Priorisierung. Der technische Aufbau und der operative Betrieb der App sollen regional bis überregional erfolgen, um eine möglichst große Nutzerzahl zu erreichen. Dazu befinden sich aktuell Kreis- & Landesebene in enger Abstimmung miteinander. Sobald eine konkrete Aussage gemacht werden kann wird diese Information in die Gremien gebracht. Feedback der teilnehmenden Kommunen Allgemein lässt sich feststellen, dass die Arbeit im Netzwerk die interkommunalen Kontakte vertieft hat. Fragen werden auf kurzem Weg geklärt. Das gilt auch über die Netzwerkthemen hinaus. Während der Workshops betonen die Teilnehmer immer wieder, wie wichtig der gegenseitige Erfahrungsaustausch ist. Kleinere Kommunen, die nicht viele Ressourcen für das Netzwerk freistellen können, profitieren von den Erfahrungen der größeren. Die großen Kreisstädte erhalten einen Einblick in die Situation im Umland. Ergebnisse, Schwierigkeiten, Herausforderungen Am Beginn der Netzwerkarbeit stand ein komplexer Gründungsprozess. Auch wenn der finanzielle Eigenanteil der Gemeinden nicht sehr groß ist: Die Gemeinderäte haben die Angelegenheit ernst genommen. In sieben Kommunen hat das Netzwerkmanagement das Projekt direkt in einer Gemeinderatssitzung präsentiert. In allen zehn Kommunen wurde über eine Beteiligung im Gemeinderat abgestimmt. Bericht zum Arbeitsstand im Mobilitätsnetzwerk Januar 2019 – August 2020 Seite 5 Der anschließende Aufbau des bundesweit ersten Mobilitätsnetzwerks war naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden. Fragen nach zweckmäßigen Strukturen und realistischen Aufgaben wurden intensiv diskutiert. Darüber hinaus begegneten die teilnehmenden Kommunen vielen skeptischen Blicken. Interne und externe Akteure mussten von der Daseinsberechtigung eines Mobilitätsnetzwerks überzeugt werden. Auch aus diesem Grund war es wichtig, schnell konkrete Ziele zu definieren und kompetente Berater/Fachbüros zu finden. Dank des Engagements der Netzwerkbeauftragen, der Bürgermeister und der Fachverwaltungen hatte sich das Netzwerk schon nach wenigen Monaten als Institution etabliert. Trotz der zeitintensiven Ausschreibungen und der Bietergespräche gelang die Vergabe noch im Juni 2019. Nach dem erfolgreichen ersten Projektjahr steht das Netzwerk vor neuen Herausforderungen: 1. Vorbereitung der Realisierungsphase: Da die konzeptionellen Ansätze Fortschritte machen, stellt sich die Frage, wie der rechtliche und wirtschaftliche Rahmen für die bauliche und technische Umsetzung sowie den Betrieb von neuen Mobilitätsangeboten gestaltet sein soll. Hierzu werden im Mobilitätsnetzwerk Ortenau Lösungsvorschläge und Entscheidungshilfen für die kommunalen Gremien entwickelt, sodass Gemeinderatsbeschlüsse zur Umsetzung auf fachlich, rechtlich und wirtschaftlich fundierten Grundlagen erfolgen können. 2. Austausch mit weiteren Kommunen der Regionen: Inzwischen hat sich die gute Arbeit des Mobilitätsnetzwerks herumgesprochen. In der Region haben mehrere Kommunen Interesse, sich an der Arbeit des Netzwerks zu beteiligen. Aus fördertechnischen Gründen ist allerdings ein nachträglicher Beitritt nicht möglich. Darum gilt es, passende Formen der Zusammenarbeit zu finden. 3. Reaktionen auf überregionales Interesse: Die Lösungsansätze des Netzwerks für nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum finden ein großes Echo. Landespolitische Gremien haben Kontakt aufgenommen. Auch kommunale Vertreter aus anderen Bundesländern suchen den Erfahrungsaustausch. Darauf müssen die Netzwerkkommunen und das Netzwerkmanagement adäquat reagieren.