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Beschlussvorlage (Anlage 4 - Vorschlag des Landes für die Verordnung zum Schutz freilebender Katzen (Antragsanlage 2))

                                    
                                        Die Landesbeauftragte für Tierschutz

Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Baden-Württemberg · Postfach 10 34 44 · 70029 Stuttgart
Datum
Name
Durchwahl
Aktenzeichen

27.07.2018
Dr. Stubenbord
0711 126-2403
SLT-9185.85
(Bitte bei Antwort angeben)

Vorschlag für eine kommunale Katzenschutzverordnung nach § 13b Tierschutzgesetz
Vorbemerkung:
Durch das am 13. Juli 2013 in Kraft getretene 3. Änderungsgesetz zum Tierschutzgesetz (TierSchG) ist ein neuer § 13b in das Gesetz eingefügt worden. Darin wurden die
Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung den unkontrollierten freien
Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen zu beschränken oder zu verbieten, soweit dies
zur Verhütung erheblicher Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den in dem betroffenen Gebiet freilebenden Katzen erforderlich ist. Durch Rechtsverordnung vom
19. November 2013 hat die Landesregierung von Baden-Württemberg diese Ermächtigung auf die Städte und Gemeinden des Landes übertragen. Der Erlass einer
Katzenschutzverordnung dient ebenfalls der Umsetzung des Staatsziels Tierschutz
nach Artikel 20a Grundgesetz, mit dem der ethische Tierschutz Verfassungsrang
erlangte.
Mittlerweile bestehen schon in vielen Gemeinden und Städten wie Köln, Essen,
Darmstadt und Wiesbaden Katzenschutzverordnungen, die nach § 13b TierSchG
erlassen wurden. Die Stabsstelle der Landesbeauftragten für Tierschutz stellt nachfolgend einen aktualisierten Vorschlag vor, um Gemeinden in Baden-Württemberg bei
der Formulierung und Begründung für eine solche kommunale Katzenschutzverordnung zu unterstützen. Dieser Vorschlag wird auf Wunsch als Word-Dokument zur
Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie auch den von uns verfassten FAQ-Katalog.
Wir freuen uns, wenn Ihre Gemeinde mit gutem Beispiel vorangeht, sodass auch
weitere Städte in Baden-Württemberg dies als Anstoß nehmen, selbst tätig zu werden.

Kernerplatz 10 · 70182 Stuttgart · Telefon 0711 126-0 · Telefax 0711 126-2255 · poststelle@mlr.bwl.de
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Verordnung der Gemeinde/Stadt … zum Schutz freilebender Katzen
(Katzenschutzverordnung – KatzenschutzVO)
Vom Datum des Erlasses
Auf Grund von § 13b des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch … geändert worden ist,
in Verbindung mit der Verordnung der Landesregierung über die Übertragung der
Ermächtigung nach § 13b des Tierschutzgesetzes vom 19. November 2013 (GBl. S.
362) wird verordnet:
§ 1 Regelungszweck, Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung dient dem Schutz von freilebenden Katzen vor erheblichen
Schmerzen, Leiden oder Schäden, die auf eine hohe Anzahl dieser Katzen innerhalb des Gebietes der Gemeinde/Stadt … zurückzuführen sind.
(2) Diese Verordnung gilt für das gesamte Gebiet der Gemeinde/Stadt … .
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung ist eine
1. Katze ein männliches oder weibliches Tier der Unterart Felis silvestris catus,
2. freilebende Katze eine Katze, die nicht oder nicht mehr von einem Menschen
gehalten wird,
3. Katzenhalterin oder Katzenhalter eine natürliche Person, die die tatsächliche
Bestimmungsmacht über eine Katze in eigenem Interesse und nicht nur ganz
vorübergehend ausübt und das wirtschaftliche Risiko des Verlusts des Tieres
trägt,
4. Halterkatze die Katze einer Katzenhalterin oder eines Katzenhalters,
5. freilaufende Halterkatze eine Halterkatze, der unkontrolliert freier Auslauf gewährt wird und die nicht weniger als 5 Monate alt ist.

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§ 3 Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für freilaufende
Halterkatzen
(1) Freilaufende Halterkatzen sind von ihren Katzenhalterinnen und Katzenhaltern
durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt zu kastrieren und mittels Mikrochip
oder Ohrtätowierung eindeutig und dauerhaft zu kennzeichnen sowie zu registrieren.
(2) Die Registrierung erfolgt, indem neben den Daten des Mikrochips oder der
Ohrtätowierung Name und Anschrift der Katzenhalterin oder des Katzenhalters
in das kostenfreie Haustierregister von Tasso e.V. oder in das kostenfreie
Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes (FINDEFIX) eingetragen
werden.
(3) Der Gemeinde ist auf Verlangen ein Nachweis über die durchgeführte Kastration und Registrierung vorzulegen.
(4) Von der Kastrationspflicht nach Absatz 1 können auf Antrag durch die Gemeinde Ausnahmen zugelassen werden. Die übrigen Bestimmungen hinsichtlich der Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht in den Absätzen 1 bis 3
bleiben unberührt.
(5) Eine von der Katzenhalterin oder dem Katzenhalter personenverschiedene Eigentümerin oder ein personenverschiedener Eigentümer hat die Ausführungen
der Halterpflichten nach Absatz 1 bis 3 zu dulden.
§ 4 Maßnahmen gegenüber Katzenhalterinnen und Katzenhaltern
(1) Wird eine entgegen § 3 Absatz 1 unkastrierte Halterkatze von der Gemeinde
oder einer oder einem von ihr Beauftragten im Gemeindegebiet angetroffen,
soll der Katzenhalterin oder dem Katzenhalter von der Gemeinde aufgegeben
werden, das Tier kastrieren zu lassen. Bis zur Ermittlung der Katzenhalterin
oder des Katzenhalters kann die Katze durch die Gemeinde oder einer oder
einem von ihr Beauftragten in Obhut genommen werden. Ist zur Ergreifung der
Katze das Betreten eines Privat- oder Betriebsgeländes erforderlich, sind die
Grundstückseigentümer oder Pächter verpflichtet, dies zu dulden und die Gemeinde oder eine oder einen von ihr Beauftragten bei einem Zugriff auf die
Katze zu unterstützen. Mit der Ermittlung der Katzenhalterin oder des Katzenhalters soll unverzüglich nach dem Aufgreifen der Katze begonnen werden.
Dazu ist insbesondere eine Halterabfrage bei den in § 3 Absatz 2 genannten
Registern zulässig.

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(2) Ist eine nach Absatz 1 angetroffene unkastrierte Halterkatze darüber hinaus
entgegen § 3 Absatz 1 nicht gekennzeichnet und registriert und kann ihre Halterin oder ihr Halter nicht innerhalb von 48 Stunden identifiziert werden, kann
die Gemeinde die Kastration auf Kosten der Katzenhalterin oder des Katzenhalters durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt durchführen lassen. Nach der
Kastration soll die Katze wieder in die Freiheit entlassen werden. Die Entlassung in die Freiheit soll an der Stelle erfolgen, an der die Katze aufgegriffen
worden ist.
(3) Eine von der Katzenhalterin oder dem Katzenhalter personenverschiedene Eigentümerin oder ein personenverschiedener Eigentümer hat die Maßnahmen
nach Absatz 1 und 2 zu dulden.
§ 5 Maßnahmen gegenüber freilebenden Katzen
(1) Die Gemeinde oder eine von ihr Beauftragte oder ein von ihr Beauftragter kann
freilebende Katzen kennzeichnen, registrieren und kastrieren lassen. Zu diesen Zwecken darf die freilebende Katze in Obhut genommen werden. Nach
der Kastration kann die Katze wieder in die Freiheit entlassen werden. Die Entlassung in die Freiheit soll an der Stelle erfolgen, an der die Katze aufgegriffen
worden ist.
(2) Ist für Maßnahmen nach Absatz 1 das Betreten eines Privat- oder Betriebsgeländes erforderlich, gilt § 4 Absatz 1 Satz 3 entsprechend.
§ 6 Inkrafttreten
Die Verordnung tritt sechs Monate nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Stadt/Gemeinde …, den … (Datum)

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Erläuterungen
§ 13b TierSchG
Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zum Schutz freilebender Katzen
bestimmte Gebiete festzulegen, in denen
1. an diesen Katzen festgestellte erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden auf die hohe Anzahl
dieser Tiere in dem jeweiligen Gebiet zurückzuführen sind und
2. durch eine Verminderung der Anzahl dieser Katzen innerhalb des jeweiligen Gebietes deren
Schmerzen, Leiden oder Schäden verringert werden können.
In der Rechtsverordnung sind die Gebiete abzugrenzen und die für die Verminderung der Anzahl der
freilebenden Katzen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Insbesondere können in der Rechtsverordnung
1. der unkontrollierte freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen in dem jeweiligen Gebiet verboten
oder beschränkt sowie
2. eine Kennzeichnung und Registrierung der dort gehaltenen Katzen, die unkontrollierten freien
Auslauf haben können, vorgeschrieben
werden. Eine Regelung nach Satz 3 Nummer 1 ist nur zulässig, soweit andere Maßnahmen, insbesondere solche mit unmittelbarem Bezug auf die freilebenden Katzen, nicht ausreichen. Die Landesregierungen können ihre Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen.

A. Allgemein
An dieser Stelle erfolgt nochmals der Hinweis, dass der vorliegende Textentwurf als
Grundlage für eine an die speziellen Bedürfnisse und den örtlichen Gegebenheiten
der Gemeinde anzupassende Katzenschutzverordnung dienen soll. Anpassungen
und Änderungen, die durch die Gemeinde an dem Verordnungstext vorgenommen
werden, sind auch in der Begründung zur Verordnung entsprechend zu berücksichtigen.
I. Zielsetzung
Zweck einer Katzenschutzverordnung ist der Schutz freilebender Katzen in Gebieten,
in denen diese in hoher Anzahl auftreten und z.B. infolge von Krankheiten und Unterernährung erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden ausgesetzt sind. "Schutz"
i.S. von § 13b Satz 1 TierSchG bedeutet, dass das Leben, das Wohlbefinden und die
Unversehrtheit dieser Tiere geschützt werden sollen. Daraus ergibt sich auch, dass
zur Verminderung oder Begrenzung hoher Katzenpopulationen nur tierschutzgerechte
Maßnahmen getroffen werden dürfen. Eine Tötung der Katzen zur Populationseindämmung und somit ohne vernünftigen Grund ist verboten und nach § 17 Nummer 1
TierSchG strafbar.

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Nach § 13b Satz 3 Nummer 1 TierSchG kann der unkontrollierte freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen verboten oder beschränkt werden. Eine solche Regelung
stellt jedoch einen schwerwiegenden Eingriff u.a. in das Eigentum der Katzenhalter
dar. Deshalb ist in Satz 4 vorgesehen, dass vor Erlass einer solchen Anordnung
andere Maßnahmen, insbesondere solche mit unmittelbarem Bezug auf die freilebenden Katzen, getroffen worden sein müssen, und sich gezeigt haben muss, dass sie
für eine dauerhafte Populationsverminderung nicht ausreichen. Die amtliche Begründung zu § 13b nennt dazu in erster Linie den Ansatz „Einfangen-KastrierenFreisetzen“ (s. BT-Drs. 17/10572, S. 32). Dieser unmittelbar auf die freilebenden
Katzen bezogene Maßnahmenkatalog muss also vorher durchgeführt worden sein.
Auch muss sich gezeigt haben, dass diese Maßnahmen für eine dauerhafte Verminderung der Katzenanzahl nicht ausreichen, insbesondere weil die Fortpflanzungskette
durch die Zuwanderung von außen kommender, fortpflanzungsfähiger Katzen aufrechterhalten wird. Lediglich weniger einschneidende Regelungen, insbesondere die
in § 13b Satz 3 Nummer 2 TierSchG erwähnte Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Halterkatzen im Schutzgebiet, stehen nicht unter diesem Vorbehalt.
Für die Aufnahme einer Kastrationspflicht in die Katzenschutzverordnung bedarf es
zunächst als Nachweis einer Dokumentation, dass eine hohe Katzenpopulation
(Kolonien freilebender Katzen) und damit einhergehende Tierschutzprobleme
(Schmerzen, Leiden, Schäden) bestehen. Die Daten und Informationen hierzu können u.a. bei den örtlichen Katzenschutzvereinen, Tierheimen, sonstigen Tierschutzorganisationen und bei Veterinären eingeholt werden. Daher sollten diese Organisationen von Anfang an hinzugezogen und mit diesen zusammengearbeitet werden.
Der Nachweis der Kausalität zwischen einer großen Anzahl freilebender Katzen und
den Tierschutzproblemen (Schmerzen, Leiden, Schäden) wird vom Gesetzgeber
vermutet und muss nicht dargelegt werden (vgl. amtl. Begr., BT-Drs. 17/10572,
S. 32).
Als nächsten Schritt bedarf es der Feststellung, dass andere Maßnahmen als die jetzt
zu erlassende Katzenschutzverordnung nicht ausreichend waren. Als solche anderen
Maßnahmen werden in § 13b Satz 4 TierSchG gezielte Maßnahmen in Bezug auf die
freilebenden Tiere (Einfangen-Kastrieren-Freisetzen) genannt. Daneben können auch
Aufklärungsmaßnahmen mittels Flyer, Veranstaltungen, etc. der Katzenhalter, bzw.
das Hinwirken auf eine freiwillige Beschränkung des Auslaufs oder freiwillige Unfruchtbarmachung durchgeführt werden. Hier ist wiederum die obige Dokumentation
der Katzenschutzorganisationen, Tierheime, Veterinäre, etc. heranzuziehen.
Sobald diese Phase der Dokumentation und der Feststellung der Erforderlichkeit und
Verhältnismäßigkeit einer Katzenschutzverordnung abgeschlossen ist, kann eine
Katzenschutzverordnung mit Kastrationspflicht für das gesamte Gemeindegebiet

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gemäß § 13b TierSchG beschlossen werden. Eine Schutzgebietsbestimmung nach
§ 13b Satz 1 und 2 TierSchG kann entfallen, da die Landesregierungen mit den
Gemeinden bereits die kleinste Gebietseinheiten ermächtigt haben, sodass eine
weitere Rechts- bzw. Gebietszersplitterung nicht sinnvoll bzw. effektiv erscheint.
Der Erlass einer Katzenschutzverordnung wird langfristig eine Reduzierung der
Anzahl freilebender Katzen zur Folge haben, die auch eine Reduzierung des Katzenleids zur Folge hat (vgl. auch Ausführungen amtl. Begr., BT-Drs. 17/10572, S. 32).
Durch die Reduzierung der Anzahl freilebender Katzen werden auch die Gemeinden
und Tierschutzvereine dauerhaft entlastet, weil sie sich als Folge der Verringerung
der Anzahl an freilebenden Katzen um weniger (auch verletzte und unterversorgte)
Tiere kümmern müssen.
II. Inhalt
Zentraler Inhalt dieser Katzenschutzverordnung ist die Einführung einer Kastrations-,
Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Halterkatzen, denen unkontrolliert
Auslauf gewährt wird. Katzenhalterinnen und Katzenhalter, die ihrer Katze freien
unkontrollierten Auslauf gewähren, müssen nach dieser Verordnung ihre Katze bei
einer Tierärztin oder einem Tierarzt kastrieren lassen. Die Kastrationskosten betragen
bei einem männlichen Tier etwa 70 Euro, bei einem weiblichen etwa 130 Euro. Das
tierärztliche Einsetzen eines Transponders (Mikrochips) kostet etwa 30 Euro. Die
Registrierung ist dagegen kostenlos möglich.
Darüber hinaus sollten der Gemeinde Befugnisse eingeräumt werden, die eine Kontrolle und Durchsetzung dieser Pflichten ermöglichen.
Optional können zusätzlich Maßnahmen gegenüber freilebenden, halterlosen Katzen
aufgenommen werden.
Die Aufnahme eines Ordnungswidrigkeitentatbestandes in die Katzenschutzverordnung ist aus Sicht der Stabsstelle nicht zulässig, da es an einer gesetzlichen Grundlage hierfür fehlt. Die Bußgeldtatbestände sind abschließend in § 18 TierSchG geregelt. Danach sind grundsätzlich Verstöße gegen Regelungen in Verordnungen, die
aufgrund des Tierschutzgesetzes erlassen wurden, auch Ordnungswidrigkeiten. In
§ 18 Absatz 1 Nummer 3 TierSchG wird die Rechtsverordnung nach § 13b TierSchG
jedoch nicht genannt. Solange der Gesetzgeber § 13b TierSchG nicht in diese Aufzählung mit aufnimmt, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für eine Regelung
eines Ordnungswidrigkeitentatbestandes in einer Katzenschutzverordnung.

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Letztlich ist es die Entscheidung der Gemeinde, welche Maßnahmen sie im Rahmen
von § 13b TierSchG für erforderlich hält, um den Schutzzweck der Verordnung, die
Verminderung der Anzahl der freilebenden Katzen zu erreichen. Der Bestimmtheitsgrundsatz und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind hierbei zu beachten.
III. Alternativen
Vorrausetzung einer Katzenschutzverordnung mit einer Kastrationspflicht von freilaufenden Halterkatzen ist, dass andere Maßnahmen mit dem Ansatz EinfangenKastrieren-Freisetzen nicht zur Reduzierung der Katzenproblematik beigetragen
haben. Erst dann ist eine Verordnung mit einer Kastrationspflicht basierend auf § 13b
TierSchG zulässig. Demgegenüber können Regelungen, mit denen weniger stark in
Grundrechte der Tierhalter eingegriffen wird, insbesondere eine generelle Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht, für alle freilaufenden Halterkatzen auch schon
vorher basierend auf § 13b TierSchG in Kraft gesetzt werden.
Die Möglichkeit, eine Verordnung nach dem Polizei- und Ordnungsrecht zu erlassen,
bleibt grundsätzlich bestehen. Die Abgrenzung zu solchen Verordnungen richtet sich
nach den Zwecken, die der Verordnungsgeber hauptsächlich verfolgt. Verordnungen,
deren hauptsächliches Ziel im Schutz von Leben, Gesundheit und Wohlbefinden
freilebender Katzen besteht, sind tierschutzrechtlicher Natur und auf § 13b TierSchG
zu stützen. Bei polizei- und ordnungsrechtlichen Katzenschutzverordnungen geht es
in erster Linie nicht um den Schutz der freilebenden Katzen, sondern um andere
Gefahren: Verwilderte Katzen sind, wenn sie in großer Zahl auftreten, häufig krank
und scheiden dann in hohem Maße Krankheitserreger aus, was die Ausbreitung von
Katzenkrankheiten begünstigt und so auch die Gesundheit von freilaufenden Halterkatzen und damit zugleich das Eigentum der Halter gefährdet. Hohe Populationen
können auch dazu beitragen, dass Zoonosen auf den Menschen vermehrt übertragen
werden. Auch können große Populationen verwilderter Katzen eine Gefahr für Vögel,
Kleinsäuger und Reptilien darstellen und deren Bestände beeinträchtigen. Schließlich
lassen sich auch Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht ausschließen.
Besteht das hauptsächliche Ziel des Verordnungsgebers darin, für diese Gefahren
eine Regelung zu treffen, so kann er Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungsgebote weiterhin in Form polizei- und ordnungsrechtlicher Verordnung erlassen.

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B. Einzelbegründung
zu § 1
Sinn und Zweck einer Verordnung nach § 13b TierSchG ist es, mit tierschutzgerechten Maßnahmen eine Verminderung der Anzahl freilebende Katzen zu erreichen, um
so die durch die hohe Anzahl bedingten Schmerzen, Leiden und Schäden dieser
Tiere zu verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, muss verhindert werden, dass „aus
den Reihen der in einem Besitzverhältnis stehenden Hauskatzen unkastrierte Tiere
zuwandern beziehungsweise die Fortpflanzungskette aufrecht erhalten“ (so die amtl.
Begr., BT-Drs. 17/10572, S. 32). In einer Rechtsverordnung nach § 13b TierSchG
können und sollen diejenigen Regelungen getroffen werden, die bestimmt und geeignet sind, diese Ziele zu erreichen und die die Halterinnen und Halter von Hauskatzen
nicht mehr als nach den Umständen erforderlich und verhältnismäßig belasten.
zu § 2
§ 2 definiert die in den folgenden Paragraphen verwendeten Begriffe.
Nummer 3
Katzenhalterin oder Katzenhalter im Sinne dieser Verordnung ist, wer Halterin oder
Halter im Sinne von § 2 Nummer 1 TierSchG ist. Die dafür wesentlichen Kriterien
sind: eine tatsächliche nicht ausschließlich in fremdem Interesse und nach fremden
Weisungen ausgeübte Bestimmungsmacht über das Tier und seine Lebensbedingungen sowie eine gewisse zeitliche Verfestigung dieser tatsächlichen Beziehung (vgl.
VGH München, Beschluss vom 03.07.2007, 25 ZB 06.1362; OVG Münster, Urt. v.
08.11.2007, 20 A 3908/06). Das Eigentum am Tier ist keine notwendige Voraussetzung, kann aber als Indiz für eine Halterstellung gewertet werden. Halter im Sinne der
Verordnung können weiter nur natürliche Personen sein.
Nummer 5
Einen unkontrollierten, freien Auslauf haben Katzen, wenn sie sich außerhalb der
Einwirkungsmöglichkeiten ihrer Halter frei bewegen können. Dazu gehört, dass die
Halterin oder der Halter weder durch Sicht-, noch durch Hör- oder durch taktilen
Kontakt (z.B. unüberwindbarer Zaun) auf ihr Bewegungsverhalten Einfluss nehmen
und sie dementsprechend auch nicht daran hindern kann, dass sie sich an der Vermehrung freilebender Katzen beteiligt.

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zu § 3
§ 3 regelt die Pflichten der Katzenhalterinnen und Katzenhalter, die ihren Katzen
unkontrollierten Freigang gewähren.
Absatz 1
Zentraler Inhalt der Katzenschutzverordnung ist die Kastrations-, Kennzeichnungsund Registrierungspflicht freilaufender Katzen. Sie wird in § 13b Satz 2 Nummer 1
und Nummer 2 als zu verordnende Regelungsmöglichkeit insbesondere aufgeführt.
Diese Pflicht betrifft nur die Katzenhalterinnen und Katzenhalter, die ihren Katzen
freien unkontrollierten Auslauf gewähren.
Die Regelung ist, trotz des schweren Eingriffs, den ein mittelbar ausgelöster Zwang
zur Kastration für das Eigentum einer Halterin oder eines Halters bedeutet, und trotz
der damit auch für das Tier verbundenen Belastungen durch den Eingriff als solchen,
verhältnismäßig. Das öffentliche Interesse, die Zahl auf dem Gemeindegebiet befindlicher freilebender Katzen dauerhaft zu vermindern, überwiegt. Bei der Abwägung mit
den entgegenstehenden Belangen ist auch zu bedenken, dass die Kastration einer
Hauskatze sowohl für das Tier selbst als auch für dessen Halter Vorteile hat: bestimmte Infektionen können so verhindert werden; tätliche Auseinandersetzungen mit
anderen Katzen und daraus resultierende Verletzungen werden weniger häufig und
intensiv; das sexuell bedingte weitläufige Herumstreunen und z.T. tagelange Wegbleiben bzw. Abwandern von Katzen werden vermieden. Zugleich reduziert sich die
Gefahr für die Tiere, im Straßenverkehr zu verunglücken. Für Fälle, in denen dennoch
die privaten Interessen, die einer Kastration entgegenstehen, das öffentliche Interesse ausnahmsweise überwiegen, findet sich in Absatz 4 eine Regelung zur Ausnahme
des Kastrationsgebots. Die Kastration darf nur durch eine Tierärztin bzw. einen
Tierarzt erfolgen (vgl. § 6 TierSchG).
Die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht ist erforderlich, um den Vollzug zu
überprüfen. Es ist nahezu unmöglich, bei einer nicht gekennzeichneten Katze festzustellen, wer ihre Halterin oder ihr Halter ist und ob diese oder dieser gegen ihre oder
seine Verpflichtungen nach Absatz 1 verstoßen hat. Das öffentliche Interesse daran,
dies feststellen zu können, hat Vorrang vor etwaigen privaten Interessen, die einer
Kennzeichnung und Registrierung entgegenstehen können. Tierschutzrechtliche
Belange stehen in der Regel nicht entgegen, denn die Kennzeichnung mittels Mikrochip ist ein harmloser Eingriff und dient auch dem Schutz des Tieres, das dann im
Falle seines Entlaufens, aber auch bei Unfällen schnell und sicher wieder der Halterin
oder dem Halter zugeordnet werden kann. Die Kennzeichnung erfolgt in der Regel
durch tierärztliche Injektion eines Mikrochips oder Ohrtätowierung.

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Absatz 2
Für die Registrierung eignet sich das verbandliche Haustierregister Tasso e.V. oder
das Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes e.V FINDEFIX. Bei den genannten Tierschutzregistern handelt es sich um die beiden größten kostenfreien
Haustierregister in Deutschland. Die Begrenzung auf zwei Haustierregister ist erforderlich, da ansonsten der Zweck der Registrierung, also das schnelle Zuordnen der
Tiere zu der Halterin oder dem Halter, durch Prüfung mehrerer, diverser Register
nicht erreicht werden kann.
Aus Sicht der Stabsstelle wird daher empfohlen, kein weiteres Register seitens der
Gemeinde zu verwenden.
Absatz 3
Absatz 3 enthält die Ermächtigung der Gemeinde, auf Verlangen ein Nachweis über
die durchgeführte Kastration und Registrierung zu erhalten.
Absatz 4
Die Regelung in Absatz 4 dient der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in
Fällen, in denen die Interessen der Halterin oder des Halters, möglicherweise aber
auch tierschutzrechtliche Belange, gegenüber den öffentlichen Belangen ausnahmsweise als vorrangig zu bewerten sind. Von der Kastrationspflicht können daher auf
Antrag Ausnahmen zugelassen werden.
Absatz 5
Absatz 5 regelt die Duldungspflicht einer oder eines möglicherweise personenverschiedenen Eigentümerin oder Eigentümers hinsichtlich der Halterpflichten nach
Absatz 1 bis 3.
zu § 4
§ 4 regelt die Maßnahmen, die gegenüber Katzenhalterinnen und Katzenhalter getroffen werden können, die ihren Katzen entgegen § 3 Absatz 1 weiter unkontrolliert
freien Auslauf gewähren.
Absatz 1
Für den Fall, dass die Halterkatze zwar gekennzeichnet und registriert, jedoch nicht
kastriert ist, regelt Satz 1, dass bei Antreffen einer solchen Katze von der Gemeinde

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oder einer oder einem von ihr Beauftragten (z.B. der örtliche Tierschutzverein, etc.),
die Gemeinde die Kastration der Katze gegenüber der Katzenhalterin oder dem
Katzenhalter anordnen soll. Die Anordnung kann unmittelbar mit einer Pflicht zur
Vorlage eines Nachweises über die durchgeführte Kastration der Katze im Sinne des
§ 3 Absatz 3 verbunden werden. Da die Katzenhalterin oder der Katzenhalter bereits
zumindest objektiv gegen § 3 Absatz 1 verstoßen hat, ist eine solche Maßnahme
erforderlich und auch verhältnismäßig und dient der effektiven Durchsetzung der in
§ 3 Absatz 1 festgelegten Halterpflicht.
Nach Satz 2 kann die Gemeinde oder eine von ihr Beauftragte oder ein von ihr Beauftragter bis zur Ermittlung der Halterin oder des Halters die Katze in Obhut nehmen.
Satz 3 regelt die Befugnis der Gemeinde oder einer oder einem von ihr Beauftragten,
dass diese oder dieser, falls notwendig, Privat- oder Betriebsgelände betreten darf,
um die Katze zu ergreifen. Grundstückseigentümer bzw. Pächter haben diese Maßnahmen zu dulden und den Zugriff zu unterstützen, indem sie notfalls Verschläge,
Garagen, etc. aufsperren bzw. zugänglich machen.
Satz 4 und 5 verpflichtet die Gemeinde, unverzüglich mit der Ermittlung der Katzenhalter zu beginnen, insbesondere durch eine Halterabfrage bei den in § 3 Absatz 2
genannten Registern.
Absatz 2
Sind die nach Absatz 1 angetroffenen Katzen darüber hinaus entgegen § 3 Absatz 1
nicht gekennzeichnet und die Halter innerhalb 48 Stunden nicht identifiziert, ist die
Gemeinde befugt, die Kastration auf Kosten der Halter durchführen lassen. Eine
Kastrationsanordnung nach Absatz 1 an die Halterin oder den Halter ist aufgrund der
fehlenden Kennzeichnung und Registrierung nicht möglich. Das öffentliche Interesse
daran, dass die Katze nicht mehr zur Aufrechterhaltung der Fortpflanzungskette
beitragen kann, erfordert es in diesem Fall, sie ohne längere Ermittlungen zu kastrieren. Dies geschieht deshalb im Wege der unmittelbaren Ausführung. Für die Verhältnismäßigkeit dieses Eingriffs spricht auch, dass in diesem Fall sowohl die Pflicht zur
Kastration als auch die Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung zumindest in
objektiver Hinsicht verletzt worden sind. Die Durchführung der Kastration ist einer
Tierärztin oder einem Tierarzt vorbehalten.
Soweit keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Einbehalten der Katze rechtfertigen können, ist die Katze an der Stelle, an der die Katze aufgegriffen wurde wieder
in die Freiheit zu entlassen.

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Absatz 3
Absatz 3 regelt wie auch § 3 Absatz 5 die Pflicht des personenverschiedenen Eigentümers oder der personenverschiedenen Eigentümerin, die entsprechenden Maßnahmen zu dulden.
zu § 5
§ 5 regelt Maßnahmen gegenüber freilebenden Katzen, also Katzen, die nicht bzw.
nicht mehr von Menschen gehalten werden.
Absatz 1
Die Gemeinden oder eine von ihr Beauftragte oder ein von ihr Beauftragter können
nach Absatz 1 diese Katzen kennzeichnen, registrieren und kastrieren lassen. Im
Gegensatz zu § 4 Absatz 2 steht es in ihrem Ermessen, ob sie die freilebende Katze
wieder in die Freiheit entlässt oder ob sie diese zur Weitervermittlung behält.
Absatz 2
Ist für das Aufgreifen der Katze das Betreten von Privat- oder Betriebsgeländes
erforderlich, so gilt die Duldungspflicht nach § 4 Absatz 1 Satz 2 entsprechend.
zu § 6
Die Vorschrift dient ebenfalls der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Den Katzenhalterinnen und Katzenhaltern soll die Möglichkeit eingeräumt werden,
sich innerhalb von sechs Monaten nach der Inkrafttreten der Verordnung auf die
Neuregelungen einzustellen und die nötigen Vorkehrungen treffen zu können.

Gez. Dr. Julia Stubenbord